Prävention viraler Atemwegserkrankungen: RSV, Influenza und COVID-19 im Fokus

Akute Atemwegserkrankungen, die beispielsweise durch das Respiratorische Synzytial-Virus oder durch Influenzaviren ausgelöst werden, treten zumeist saisonal auf, während COVID-19 (ausgelöst durch das Schwere Akute Respiratorische Syndrom-Coronavirus-2 (SARS-CoV-2)) oftmals ganzjährig zu Krankheitshäufungen führt. Alle drei ähneln sich durchaus bzgl. ihrer Symptome und Risikogruppen. Diese viralen Infektionen können mitunter zu schweren Krankheitsverläufen, Hospitalisierungen und sogar zum Tod führen.

Antivirale Therapien gegen Influenza oder COVID-19 sind oftmals speziellen Indikationen vorbehalten, weshalb bei einer Vielzahl der Patienten nur eine symptomatische Therapie durchgeführt werden kann. Umso wichtiger sind daher aktive Immunisierungs-strategien zur Prophylaxe. In Deutschland stehen mittlerweile für alle drei Erkrankungen Impfungen zur Verfügung, wobei die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) Impfempfehlungen für die jeweiligen Zielgruppen ausspricht. Im Folgenden werden wichtige Aspekte zu diesen Erkrankungen, den Risikogruppen und empfohlenen Impfstrategien in Deutschland zusammengefasst.


Kursinfo
VNR-Nummer 2760709125104780016
Zeitraum 30.11.2025 - 29.11.2026
Zertifiziert in D,A
Zertifiziert durch Akademie für Ärztliche Fortbildung Rheinland Pfalz
CME-Punkte 4 Punkte (Kategorie I)
Zielgruppe Ärzte
Referent Prof. Dr. med. Martina Prelog
Redaktion CME-Verlag
Veranstaltungstyp Fachartikel
Lernmaterial Handout (pdf), Lernerfolgskontrolle
Fortbildungspartner Moderna Germany GmbH
Bewertung 4.3 (318)

Epidemiologie und Pathogenese viraler Atemwegserkrankungen

Zu den wichtigsten Erregern viral bedingter akuter respiratorischer Erkrankungen (ARE) zählen RSV, Influenzaviren und SARS-CoV-2.

RSV

Das RS-Virus, aus der Familie der Pneumoviridae, mit den zwei Subtypen (RSV-A und RSV-B) unterscheidet sich aufgrund der Antigenstruktur des Oberflächen-G-Proteins und verfügt über ein negatives, einzelsträngiges RNA-Genom. Die Übertragung erfolgt in erster Linie durch Tröpfcheninfektion, jedoch können Schmierinfektionen durch kontaminierte Oberflächen und Hände ebenso zur Übertragung beitragen. Das Virus infiziert zunächst die Epithelzellen der oberen Atemwege, kann sich aber auch auf die unteren Atemwege ausbreiten. Während der jährlichen saisonalen Häufung typischerweise zwischen Oktober und März zirkulieren Virusstämme beider Gruppen, wobei RSV-A meist dominiert. Wesentlich für das Eindringen des Virusgenoms in die Wirtszelle ist das hochkonservierte Fusionsprotein (F-Protein). Das F-Protein bindet an die Wirtszelle, und durch eine Konformationsänderung von Präfusionskonformation (PreF) zur Postfusionskonformation (PostF) verschmelzen Virus- und Zellmembran, und das virale Erbgut kann in die Zelle zur Vermehrung entlassen werden. PreF stellt eine ideale Angriffsstelle für neutralisierende Antikörper dar und ist daher die geeignete Zielstruktur für aktuell verfügbare Impfstoffkandidaten und für monoklonale Antikörper, die in der Prävention bei Säuglingen eingesetzt werden.

Saisonale Influenzaviren

Die weltweit verbreiteten Influenzaviren gehören zur Familie der Orthomyxoviridae. Sie besitzen ein einzelsträngiges, segmentiertes RNA-Genom. Für den Menschen sind saisonal vor allem das Influenza-A- und -B-Virus (Influenza-A-Virus, IAV; Influenza-B-Virus, IBV) relevant. Charakterisiert werden die IAV durch ihre Oberflächenproteine Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA) sowie das Matrix-(M2-) Ionenkanalprotein. Die Heterogenität von IAV ist in den heute bekannten 18 HA- und 9 NA-Varianten begründet und fließt zur Unterscheidung mit in die IAV-Bezeichnung ein, beispielsweise A (H1N1). HA ist für die Bindung von IAV an die Wirtszelle verantwortlich und ermöglicht die Fusion mit der Zellmembran. NA unterstützt die Infektion und ermöglicht die Ausschleusung von Viren aus infizierten Zellen. Die hohe genetische Variabilität durch das segmentierte Genom und die Heterogenität der HA- und NA-Variantenkombinationen durch Rekombinationen von HA und NA (Antigenshift) und Punktmutationen in den antigenen Strukturen (Antigendrift) sind maßgeblich für die Wandlungsfähigkeit von IAV und der Grund, weshalb Impfstoffe regelmäßig angepasst werden müssen.

SARS-CoV-2

Das ebenfalls weltweit vorkommende einzelsträngige RNA-Virus SARS-CoV-2 gehört zur Familie der Coronaviridae und ist verantwortlich für COVID-19. Hauptübertragungsweg ist auch hier die Tröpfcheninfektion. SARS-CoV-2 besitzt vier essenzielle Strukturproteine: Das Spike-(S-), das Membran-(M-), das Envelope-(E-) und das Nucleocapsid-(N-)Protein. Kritisch für den Infektionszyklus von SARS-CoV-2 ist das aus der Lipidhülle des Virus ragende Spike-(S-)Protein, das mit der Rekombinanten-Bindungsdomäne (RBD) an den Angiotensin-Converting-Enzym-2- (ACE2-)Rezeptor der Wirtszelle bindet und eine Membranfusion auslöst. Das Spike-Protein und dabei vor allem RBD als Teil des S1-Segementes ist Angriffspunkt neutralisierender Antikörper und somit auch die Zielstruktur von Impfstoffen und therapeutischen monoklonalen Antikörpern. In Deutschland stehen an die jeweilig zirkulierenden SARS-CoV-2-Varianten stammangepasste protein- und mRNA-basierte (messenger Ribonukleinsäure; mRNA) Impfstoffe zum Schutz vor COVID-19 zur Verfügung.

Akute respiratorische Erkrankungen (ARE) und Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit

ARE können die Gesellschaft durch die notwendige medizinische Betreuung, durch Arbeitsausfälle und potenzielle Komplikationen erheblich belasten. Die Krankheitslast resultiert aus den direkten Symptomen, der Beeinträchtigung der Lebensqualität und der Überlastung des Gesundheitssystems. Insbesondere für vulnerable Gruppen stellen ARE eine erhebliche Gefahr für schwere Krankheitsverläufe, Exazerbation von Grunderkrankungen und eine erhöhte Mortalität dar. Analysen des RKI und des Infektionsradars des Bundesministeriums für Gesundheit dokumentieren die Krankheitslast schwerer akuter Atemwegsinfektionen (SARI) durch RSV, Influenzaviren und SARS-CoV-2 in Deutschland über mehrere Saisons hinweg, wobei alle drei Erreger in ihren mitunter parallel auftretenden Wellen substanziell zu Hospitalisierungen beitragen können. Für Menschen ab 60 Jahre wurden in der Saison 2023/2024 in Deutschland schätzungsweise bis zu 43.100 COVID-19-bedingte Hospitalisierungen sowie bis zu 27.500 Influenza- und 9.700 RSV-bedingte Hospitalisierungen berichtet.

Durch RSV verursachte Krankheitslasten

RSV wird hauptsächlich durch Tröpfchen bei Husten, Niesen und Sprechen sowie durch Schmierinfektion über Hände und kontaminierte Oberflächen übertragen. Typischerweise treten RSV-Infektionen zyklisch und mit klarer Saisonalität auf. Beginnend im Oktober steigen die Fallzahlen bis Januar/Februar des Folgejahres an, gefolgt von einem Rückgang bis März. Der Gipfel der RSV-Saison hat sich in den letzten zwei Jahren über etwa vier bis acht Wochen im Januar/Februar erstreckt. In Deutschland besteht seit Juli 2023 eine bundesweite Meldepflicht für laborbestätigte RSV-Infektionen. Rechtsgrundlage ist Paragraph 7 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Die größte Krankheitslast durch RSV besteht bei Säuglingen und Kleinkindern sowie bei Senioren, wobei bestimmte chronische Vorerkrankungen, wie kardiorespiratorische Grunderkrankungen oder Diabetes, das Risiko schwerer Verläufe in jedem Alter erhöhen. Die Bedeutung von RSV bei Erwachsenen wurde lange unterschätzt – daher begründen neuere Analysen gezielte Impfempfehlungen für ältere und vulnerable Gruppen jeden Alters. Schätzungen zufolge gab es im Jahr 2019 bei Kindern im Alter von null bis 60 Monaten weltweit 33 bis 60 Millionen RSV-assoziierte Erkrankungen der unteren Atemwege („lower repiratory tract disease”, LRTD), davon drei bis sechs Millionen Hospitalisierungen. In einer Publikation aus dem Jahr 2022 wird von weltweit über 26.300 RSV-assoziierten LRTD mit Todesfolge bei Kindern unter fünf Jahren berichtet. Man geht davon aus, dass bis zum Ende des zweiten Lebensjahres über 95 % der Kinder Kontakt mit RSV hatten. RSV hinterlässt keine lebenslange Immunität, die Abwehrmechanismen sind unvollständig und werden durch die Immunevasionsmechanismen von RSV ineffizient. Daher geht man von Reinfektionen mindestens alle zwei bis drei Jahre aus. Bei Erwachsenen verläuft eine RSV-Infektion mitunter asymptomatisch oder als milder respiratorischer Infekt der oberen Luftwege. Ein Etagenwechsel in die tieferen Atemwege ist bei immunoseneszenten oder immungeschwächten Personen häufiger. Die Hospitalisierungsrate aufgrund RSV-bedingter Erkrankungen steigt mit zunehmendem Lebensalter an. Vor allem bei älteren Erwachsenen ab 60 Jahren kann die Infektion zu schweren beatmungspflichtigen LRTD oder sogar zum Tod führen. Dabei spielen neben dem Alter insbesondere chronische, immunsupprimierende Grunderkrankungen eine entscheidende Rolle. Eine Studie aus den USA, in der in den Jahren 1999 bis 2003 über vier Saisons Daten erhoben wurden, zeigt, dass eine RSV-Infektion bei jährlich 3 bis 7 % der gesunden älteren Erwachsenen und bei 4 bis 10 % der Erwachsenen mit bestimmten immunsupprimierenden Risikofaktoren auftrat. Zudem verdeutlicht die Studie, dass auch die Rate der RSV-bedingten Hospitalisierungen mit dem Alter und mit einer immunsupprimierenden Grunderkrankung ansteigt. Studien legen nahe, dass die Krankheitsbelastung durch RSV-Infektionen speziell in Bezug auf das kardiovaskuläre Risiko, auf Exazerbation von Grunderkrankungen, chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) oder auch Asthma mitunter vergleichbar oder sogar höher sein kann als bei der Influenza. RSV-Infektionen erfordern tendenziell eine um ein bis drei Tage längere Krankenhausaufenthaltsdauer als bei der Influenza. Eine RSV-Erkrankung mit schwerer Hypoxie und respiratorischer Insuffizienz führt zu häufigeren Aufnahmen auf eine Intensivstation mit einer 30 % höheren Risikoratio im Vergleich zu Influenza. Auch besteht eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Notwendigkeit einer invasiven Beatmung oder High-Flow-Sauerstofftherapie. Eine gezielte ursächliche Therapie bei einer RSV-Infektion gibt es derzeit nicht. Insbesondere bei älteren Menschen kann sich eine RSV-Infektion langfristig auf die Konstitution und Lebensqualität auswirken - mit kognitiven und physischen Einschränkungen bei Alltagsaktivitäten oder einer erhöhten Pflegebedürftigkeit. Darüber hinaus stellt die Infektion eine Belastung für die Gesundheitssysteme dar: Gerade während der Wintermonate kommt es zu einer erhöhten Frequenz von Besuchen in den Notaufnahmen und vermehrten Exzesskonsultationen in der Praxis. So wurden in der Saison 2023/2024 deutschlandweit 57.093 labordiagnostisch bestätigte RSV-Fälle an das RKI gemeldet, was einer kumulativen Inzidenz von 68 RSV-Fällen pro 100.000 Einwohner entspricht. Übermittelt wurden zudem 168 Todesfälle mit RSV-Infektion, von diesen entfielen 90,5 % auf ältere Erwachsene ab 60 Jahre. Gerade hier wird die Krankheitslast durch RSV häufig unterschätzt – so ist das relative Risiko für einen schweren RSV-Verlauf bei Erwachsenen ab 60 Jahren erhöht. Gründe hierfür können die unspezifischen Symptome sein, die denen anderer Atemwegsinfektionen sehr ähneln, eine fehlende Routinetestung sowie ein zu geringes Bewusstsein innerhalb der Bevölkerung und unter dem ärztlichen Personal. Eine weitere Problematik besteht in der rechtzeitigen Diagnostik, da insbesondere Erwachsene das RSV im oberen Atemtrakt nachweisbar nur kurz replizieren und oftmals trotz einer schweren RSV-assoziierten tiefen Atemwegsinfektion RSV im Nasopharynx durch Antigenschnelltests oder PCR nicht mehr nachweisbar ist. Eine verbesserte Diagnostik sowie eine klare Kostenübernahme, Überwachung und ein gesteigertes Bewusstsein für das Risiko und die Folgen einer RSV-Infektion sind daher entscheidend, um RSV frühzeitig zu erkennen und noch besser: Präventionsmaßnahmen optimal zu nutzen.

Durch Influenza verursachte Krankheitslasten

In Deutschland treten die vorwiegend durch Tröpfcheninfektionen ausgelösten saisonalen Influenzawellen in variabler Stärke meist im Winterhalbjahr zwischen der Kalenderwoche (KW) 40 und KW 20 des Folgejahres auf - mit Spitzenlasten nach dem Jahreswechsel. In den Tropen und Subtropen finden Influenzainfektionshäufungen das ganze Jahr über statt. Alle Altersgruppen können betroffen sein, davon vor allem Schulkinder und junge Erwachsene, jedoch bestehen auch hier ein deutlich erhöhtes Erkrankungsrisiko und schwerere Krankheitsverläufe für ältere, Personen mit chronischen Erkrankungen jeglichen Alters und für Schwangere. Laut des US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (CDC) erreichten die saisonalen Influenza-bedingten ARE in der Saison 2024/2025 einen 15-Jahres-Höchststand. So wurden 545.026 US-Amerikaner zwischen September 2024 und August 2025 aufgrund von Influenza hospitalisiert. Dies führte zu erheblichen direkten und indirekten Kosten sowie zu weitreichenden Beeinträchtigungen des täglichen Lebens und der Arbeit. Influenzakomplikationen können z. B. Exazerbationen bestehender Herz-Lungen-Erkrankungen auslösen und postinfektiöse Komplikationen verursachen. Eine kanadische Studie konnte zeigen, dass das Risiko für einen Myokardinfarkt in den ersten sieben Tagen nach einer Influenzadiagnose auf das mehr als Sechsfache erhöht ist, bei RSV auf das mehr als Dreifache und bei anderen viralen Erregern ebenfalls häufig erhöht ist. Ein Grund dafür ist, dass durch die viral bedingte systemische Inflammation das thrombogene System insbesondere auf Basis von präformierten arteriosklerotischen Läsionen aktiviert wird und so zur Gefäßokklusion im kardialen und zerebralen arteriellen Bereich führen kann. Bei älteren Erwachsenen können vermehrt stationäre Verläufe und intensivmedizinische Behandlungen notwendig werden. Jährliche Empfehlungen, Surveillance und saisonale Analysen zur Influenza werden in Deutschland zentral über das RKI bereitgestellt. So ergibt sich aus diesen Daten, dass die Influenza-bedingte Sterblichkeit stark zwischen den einzelnen Saisons schwanken kann. In der Saison 2016/2017 wurden 723 Todesfälle mit Influenzainfektion an das RKI übermittelt, in der Saison 2017/2018 waren es 1.674 Todesfälle und in der Saison 2018/2019 wurden 954 Todesfälle gemeldet. Daten des RKI und amtliche Statistiken zeigen in starken Influenzajahren eine deutliche Übersterblichkeit.

Durch SARS-CoV-2 verursachte Krankheitslasten

COVID-19-Infektionswellen verlaufen saisonal auf der Nordhalbkugel mit Herbst-/Winterspitzen, jedoch sind auch Off-Season-Anstiege möglich. Hauptübertragungsweg sind Aerosole. Zu den Symptomen zählen vorrangig Schnupfen, Husten, Halsschmerzen, Fieber und Atemnot. Darüber hinaus können weitere, mitunter schwer verlaufende neurologische Symptome, Magen-Darm-Beschwerden, auch Herz-Kreislauf-Störungen, Nierenfunktionsstörungen oder Hautmanifestationen vielseitiger Art auftreten. Ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf, einschließlich Pneumonien, Verschlechterung bestehender chronischer Erkrankungen, Hospitalisierungen, intensivmedizinische Behandlung, Herzversagen, selten auch Tod, besteht bei Personen ab 60 Jahren sowie immunsupprimierten Menschen und Patienten mit bestimmten chronischen Vorerkrankungen jeden Alters. Bei Kindern wurden Kawasaki-Syndrom-ähnliche Multisysteminflammationserkrankungen (Multisystem Inflammatory Syndrome in Children, MIS-C, bzw. Paediatric Inflammatory Multisystem Syndrom, PIMS) oftmals mit schwerer kardialer Beteiligung beobachtet. In den Pandemiejahren 2020 bis 2022 starben in Deutschland rund 161.500 Menschen mit laborbestätigter SARS-CoV-2-Infektion. Über akute Infektionen hinaus verursacht SARS-CoV-2 eine Belastung des Gesundheitssystems durch Langzeitfolgen, insbesondere durch das Long-/Post-COVID-Syndrom mit anhaltenden Beschwerden und einem hohen Versorgungsbedarf, was zur COVID-19-Gesamtkrankheitslast beiträgt.

Behandlungskonzepte bei ARE

Therapeutische Maßnahmen bei einer durch diese drei Viren ausgelösten Erkrankungen stehen nur begrenzt zur Verfügung. Eine Behandlung typischer Krankheitszeichen wie Husten, Fieber sowie Kopf-, Hals- und/oder Gliederschmerzen erfolgt bei unkomplizierten Verläufen und Personen, die keiner Risikogruppe angehören, häufig symptomatisch. Bei Risikopersonen können, je nach viraler Infektion und vorliegender Grunderkrankung, neben Hygienemaßnahmen auch Virostatika, neutralisierende Antikörper, Glukokortikoide, Beatmungstherapien und eine Thromboembolieprophylaxe nach ärztlichem Ermessen eingesetzt werden. Bei SARS-CoV-2 ist Nirmatrelvir/Ritonavir zugelassen zur Behandlung von COVID-19 bei Erwachsenen, die keine zusätzliche Sauerstoffzufuhr benötigen und ein erhöhtes Risiko haben, einen schweren COVID-19-Verlauf zu entwickeln. Bei Influenza ergeben sich darüber hinaus als therapeutische Angriffspunkte Neuraminidase-Hemmer oder M2-Blocker. Eine Prävention durch aktive Impfstrategien könnten daher am wirksamsten vor (schweren) Erkrankungen durch diese ARE-Erreger sein.

Impfstoffe zur aktiven Immunisierung gegen RSV

Bis Ende 2022 stand in Deutschland nur der relativ kurzlebige monoklonale RSV-Antikörper Palivizumab für eine passive Immunisierung in der Pädiatrie zur Verfügung. Nirsevimab, ein durch die YTE-Modifikation, die einen vorzeitigen Abbau im Lysosom verhindert, langlebiger monoklonaler Antikörper gegen PreF, ist sowohl als Primärprophylaxe für alle Neugeborenen und Säuglinge zur Prävention in ihrer ersten RSV-Saison als auch zur Sekundärprophylaxe für Kinder bis zu 24 Monaten, die sich noch in ihrer ersten RSV-Saison befinden, jedoch Risikofaktoren für eine schwere RSV-Erkrankung aufweisen, seit Oktober 2022 von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zugelassen. Aktive RSV-Impfstoffe für alle Altersgruppen existieren erst seit wenigen Jahren. In Deutschland sind RSV-Impfungen seit 2023/2024 verfügbar und werden von der STIKO schrittweise in die Impfempfehlungen aufgenommen. Im Jahr 2023 wurden in der Europäischen Union (EU) erstmals zwei rekombinante proteinbasierte RSV-Impfstoffe zur aktiven Immunisierung gegen RSV zugelassen: der adjuvantierte Impfstoff RSVPreF3-OA (GSK) und der nicht adjuvantierte, bivalente (RSV-A und RSV-B) Impfstoff RSVPreF (Pfizer). Der adjuvantierte Impfstoff RSVPreF3-OA ist zugelassen zum Schutz vor RSV-Infektionen (LRTD) für Erwachsene im Alter von 60 Jahren und älter sowie für Erwachsene im Alter von 50 bis 59 Jahren mit erhöhtem Risiko für eine RSV-Erkrankung. Der nicht adjuvantierte Impfstoff RSVPreF ist zugelassen zur aktiven Immunisierung gegen Erkrankungen der unteren Atemwege (LRTD) in Personen ab einem Alter von 18 Jahren und zusätzlich zur Immunisierung Schwangerer von der 24. bis zur 36. Schwangerschaftswoche zum passiven Schutz des Säuglings bis zu einem Alter von sechs Monaten. Beide proteinbasierten RSV-Impfstoffe beinhalten das rekombinante, in der PreF-Konformation stabilisierte Fusionsprotein (F) aus der Lipidhülle des RS-Virus. Ein seit August 2024 in der EMA zugelassener mRNA-basierter Impfstoff (mRNA-1345, Moderna) ist mit Stand September 2025 indiziert für die aktive Immunisierung von Erwachsenen im Alter von 60 Jahren und älter sowie Erwachsenen im Alter von 18 bis 59 Jahren mit erhöhtem Risiko für RSV-assoziierte LRTD. Der Wirkstoff ist eine einzelsträngige mRNA mit 5’-Cap-Struktur, die für das in der PreF-Konformation stabilisierte RSV-A-Fusionsprotein F kodiert. Alle drei verfügbaren RSV-Impfstoffe induzieren die Produktion von neutralisierenden Antikörpern gegen das PreF und verhindern somit eine Fusion von RSV mit den respiratorischen Epithelzellen des Menschen. Eine Simulationsstudie aus den USA zu einer Impfstrategie zeigte, dass bei älteren Erwachsenen eine 66%ige Durchimpfung mit einem adjuvantierten proteinbasierten RSV-Impfstoff die ambulante Versorgung um bis zu 53,6 %, Hospitalisierungen um bis zu 60,5 % und RSV-bedingte Todesfälle um bis zu 60,4 % reduzieren könnte. Dieser gesundheitsökonomische Einfluss der RSV-Impfung spiegelt sich in Modellierungsergebnissen aus der wissenschaftlichen Begründung zur RSV-Impfempfehlung des RKI wider, die auf drei hypothetischen Impfstrategien in Personen ab 60, ab 65 Jahren bzw. ab 75 Jahren beruht.

STIKO-Empfehlungen: RSV-Impfstoffe

Bezüglich RSV empfiehlt die STIKO für alle Personen ≥75 Jahre eine einmalige RSV-Impfung möglichst vor der RSV-Saison als Standardimpfung. Eine präferenzielle Empfehlung für einen der Impfstoffe kann nicht ausgesprochen werden. Außerdem empfiehlt die STIKO für Personen im Alter von 60 bis 74 Jahren mit einer schweren Grunderkrankung oder die in einer Einrichtung der Pflege leben und somit ein deutlich erhöhtes Risiko für einen schweren RSV-Krankheitsverlauf haben ebenfalls eine einmalige RSV-Impfung als Indikationsimpfung. Zu den Grunderkrankungen, die mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf einer RSV-Erkrankung assoziiert sind, gehören schwere Formen von u. a. chronischen Erkrankungen der Atmungsorgane, chronischen Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen, chronischen neurologischen und neuromuskulären Erkrankungen, hämatoonkologischen Erkrankungen, Diabetes mellitus mit Komplikationen sowie einer schweren angeborenen oder erworbenen Immundefizienz. Leichte oder unkomplizierte bzw. medikamentös gut kontrollierte Formen dieser chronischen Erkrankungen gehen nach aktuellem Wissensstand nicht mit einem deutlich erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf einer RSV-Erkrankung einher. Unter der Voraussetzung, dass eine Indikation zur Impfung sowohl gegen Influenza als auch gegen RSV besteht, kann die Influenzaimpfung gleichzeitig mit dem mRNA-basierten oder den proteinbasierten RSV-Impfstoffen verabreicht werden. Der mRNA-basierte RSV-Impfstoff kann ebenso gleichzeitig mit mRNA-basierten COVID-19-Impfstoffen verabreicht werden. Die Injektion soll jeweils an unterschiedlichen Gliedmaßen erfolgen. Für andere mRNA-Impfstoffe (Impfstoffe gegen COVID-19) sind keine schwerwiegenden Unverträglichkeiten bei der Co-Administration mit der Influenzaimpfung beschrieben [14, 17]. In Ergänzung zu den Empfehlungen der STIKO gibt es Stellungnahmen von medizinischen Fachgesellschaften. Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) sieht aufgrund des hohen Risikos von onkologischen Patienten die Indikation zur Immunisierung gegen RSV unabhängig vom Alter. Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) empfiehlt in einem Positionspapier nach individueller Beratung den Einsatz der RSV-Impfung bei Erwachsenen jeden Alters mit schweren pulmonalen oder kardiovaskulären Vorerkrankungen und bei Erwachsenen mit einer deutlichen Einschränkung der Immunabwehr.

Influenzaimpfstoffe

Die jährliche Schutzimpfung gegen Influenza mindert Erkrankungen, Hospitalisierungen und die Sterblichkeit und ist zentraler Baustein zur Kontrolle der saisonalen Krankheitslast durch Influenza. Das RKI bündelt hierzu fortlaufend Evidenz, Saisondaten und Impfempfehlungen. Dabei wird zwischen Impfstoffen gegen die saisonale Influenza und nicht saisonalen Influenzaimpfstoffen unterschieden, die bei drohenden Influenzapandemien Anwendung finden. In Deutschland stehen für die saisonale Influenzaimpfung mehrere Impfstoffe zur Verfügung, die sich vor allem in ihrem Herstellungsverfahren, ihrer Zusammensetzung und ihren Zielgruppen unterscheiden. So kommen abgetötete Influenzaviren, ei- oder zellkulturbasierte Impfstoffe sowie nasale lebendattenuierte Influenzaimpfstoffe („live attenuated influenza vaccine”, LAIV) zum Einsatz. LAIV stehen Kindern und Jugendlichen im Alter von zwei bis einschließlich 17 Jahren neben den Totimpfstoffen zur Verfügung und werden als Nasenspray verabreicht. Es besteht keine präferenzielle Empfehlung der STIKO, sodass der Lebendimpfstoff und die Totimpfstoffe unter Berücksichtigung möglicher Kontraindikationen bei dieser zugelassenen Altersgruppe gleichermaßen angewendet werden können. Lediglich in Situationen, in denen die Injektion des Totimpfstoffes problematisch ist (z. B. Spritzenphobie, Gerinnungsstörungen), sollte präferenziell LAIV verwendet werden. Grippeimpfungen oder frühere Infektionen führen im Körper zur Bildung von spezifischen Antikörpern, die sich gegen das HA-Protein richten und dieses blockieren, sodass das Virus keine Zellen mehr infizieren kann. Aufgrund der frequenten Antigendrift vor allem des HA-Oberflächenproteins der Influenzaviren, verursacht z. B. durch Punktmutationen, kann es zu einer Immunevasion kommen, wobei das Immunsystem nicht mehr in der Lage ist, die neuen Virusvarianten effektiv zu erkennen. Dieses Phänomen ist der Grund für neue Grippewellen und dafür, warum Menschen wiederholt an Grippe erkranken können. Eine regelmäßige saisonale Impfstoffanpassung ist daher notwendig. In diesem Zusammenhang ist auch die sog. Eiadaptation bei der hühnereibasierten Herstellung von saisonalen Influenzavakzinen relevant, die seit Jahrzehnten die Standardmethode darstellt: Während der Virusvermehrung auf der Hühnereimembran kann es durch Anpassungsprozesse des Virus an aviäre Strukturen und damit zu Punktmutationen kommen, die insbesondere im HA-Protein zu für die Immunogenität relevanten Veränderungen führen. Dadurch unterscheiden sich die für die Impfstoffherstellung vermehrten Viren von dem ursprünglichen zirkulierenden Stamm, was zu einer schlechteren Immunerkennung und abgeschwächten Schutzwirkung des Impfstoffes führen kann. Eine Lösung für diese Problematik kann sich durch die Vermehrung der Influenzaviren in Säugetierzellkulturen ergeben, wodurch die Wahrscheinlichkeit von Mutationen reduziert wird und die Übereinstimmung mit den zirkulierenden Viren verbessert werden kann. Die bundesweite Influenzaimpfquote für Deutschland lag im Berichtszeitraum 2023/2024 trotz Standardimpfempfehlung bei 38,2 % für alle Personen ab 60 Jahre, bei 30,9 % für alle Personen mit Grunderkrankung ab 18 Jahre und bei 21,3 % für alle Schwangeren (eine Dosis) trotz der Indikationsimpfempfehlung. Das RKI erhebt die saisonalen Influenzaimpfquoten für die Standardimpfung bei Personen ab 60 Jahren seit der Influenzasaison 2008/2009. Seitdem ist die Impfquote von anfänglich 51 % auf zuletzt 38 % in der Saison 2023/2024 gefallen, unterbrochen von einem vorübergehenden Anstieg in der Saison 2020/2021 bedingt durch das erhöhte Infektionsbewusstsein im Rahmen der COVID-19-Pandemie. Bei der Indikationsimpfung gegen Influenza bei Personen ab sechs Monaten mit Grunderkrankungen ist eine ähnliche Entwicklung zu beobachten. Hier wird die jährliche Impfquote seit der Saison 2014/2015 erhoben. Sie lag beispielsweise bei Erwachsenen mit einer Indikation bereits zu Beginn bei nur 35 % und sank im Laufe der Jahre auf zuletzt 31 % in der Saison 2023/2024.

STIKO-Empfehlungen: Saisonale Influenza

Impfempfehlungen der STIKO für die saisonale Influenza richten sich nach den aktuellen von der WHO empfohlenen Antigenkombination und sind an jeweils spezifische Personengruppen gerichtet, wobei der präferierte Impfzeitpunkt jährlich im Herbst vor Beginn der Influenzasaison liegt. Da für Personen ab 60 Jahre eine zunehmende Immunseneszenz angenommen wird, werden dieser Bevölkerungsgruppe Hochdosis- oder MF-59-adjuvantierte Impfstoffe empfohlen. Der Hochdosisimpfstoff enthält eine vierfach höhere Antigenmenge als der Standardimpfstoff, um die Immunantwort zu verstärken. Der MF-59-adjuvantierter Impfstoff enthält ein Adjuvans als Wirkverstärker, der die Immunantwort ebenfalls verbessert. Mehrere Studien zeigen eine deutlich bessere vergleichbare Impfeffektivität von weiterentwickelten Impfstoffen (z. B. Hochdosisimpfstoff, MF-59-adjuvantierter Impfstoff, zellbasierter Impfstoffe) im Vergleich zu Standard impfstoffen hinsichtlich PCR-bestätigter Influenzfälle und Hospitalisierungen bei Älteren. Quadrivalente Influenzaimpfstoffe sind seit September 2023 von der WHO nicht mehr empfohlen, da die B/Yamagata-Linie seit März 2020 nicht mehr nachgewiesen wurde.

COVID-19-Impfstoffe

Experten schätzen, dass die während der Pandemie entwickelten COVID-19-Impfstoffe rund 1,6 Millionen Menschen das Leben gerettet haben. Auch wenn die WHO seit Mai 2023 das Ende der internationalen gesundheitlichen Notlage für COVID-19 erklärt hat, zirkuliert das Virus weiterhin in der Bevölkerung. Aufgrund der weltweit zunehmenden Populationsimmunität steigt der Immunselektionsdruck auf das Virus, was Genommutationen vor allem in der rekombinanten Bindungsdomäne (RBD) und der S1-Domäne des Spike-Proteins zur Folge hat. Dadurch zeigen präformierte Antikörper eine geringere Neutralisationsaktivität gegen das Spike-Protein. Die Zirkulation neuer Varianten erfordert eine rasche Anpassung der Impfstoffe. Laut RKI soll zur Impfung gegen SARS-CoV-2 derzeit ein zugelassener mRNA- oder proteinbasierter Impfstoff mit einer jeweils von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Variantenanpassung verwendet werden. Diese liegt derzeit für die Variante Omikron LP.8.1. vor. Diese Variante unterscheidet sich von der Omikron-Variante des vorigen Jahres 2024/25 sKP.2 durch sechs Mutationen und von LN.1 durch insgesamt neun Mutationen. Laut WHO sollen Personen mit einem adaptierten Impfstoff gegen LP.8.1. geimpft werden, wenn dieser verfügbar ist. Die bundesweite Impfquote gegen SARS-CoV-2 für Deutschland lag im Berichtszeitraum 2023/2024 bei 20,9 % für alle Personen ab 60 Jahre und bei 14,3 % für alle Personen mit Grunderkrankung ab 18 Jahre, die mindestens eine Impfdosis erhalten hatten. Zur Prävention sind in Deutschland aktuell (Stand August 2025) mRNA- und proteinbasierte COVID-19-Impfstoffe zugelassen und verfügbar. Spikevax® (Moderna) und Comirnaty® (BioNTech/Pfizer) sind mRNA-basierte adaptierte Impfstoffe zur Vorbeugung von COVID-19. Die protein-basierten Impfstoffe (Bimervax®, HIPRA, und Nuvaxovid®, Novavax) beruhen auf Matrix-M-adjuvantierte rekombinante Proteinbestandteile des SARS-CoV-2-Spike-Proteins. Darüber hinaus wurde im Februar 2025 ein neuartiger, selbstamplifizierender COVID-19-mRNA-Impfstoff (Zapomeran, Arcturus Therapeutics und CSL) für Personen ab 18 Jahre in der EU zugelassen. Die gesonderte Bewertung der STIKO steht derzeit (Stand 28.08.2025) noch aus.

STIKO-Empfehlungen: COVID-19

Mit dem Übergang von der pandemischen zur endemischen Phase des SARS-CoV-2- bedingten Infektionsgeschehens wurde die COVID-19-Impfung in die Routineimpfempfehlungen der STIKO integriert. Seit der Saison 2023/2024 wird bestimmten Personengruppen mit einem erhöhten Risiko für schwere COVID-19-Verläufe eine jährliche Auffrischimpfung mit dem adaptierten Impfstoff vorzugsweise im Herbst empfohlen. Dazu zählen Personen im Alter ≥60 Jahre, Bewohner in Einrichtungen der Pflege sowie Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf in Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Außerdem Personen ab dem Alter von sechs Monaten mit einer Grundkrankheit, die mit einem erhöhten Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf einhergeht, Personen jeden Alters mit einem erhöhten arbeitsbedingten Infektionsrisiko in der medizinischen und/oder pflegenden Versorgung mit direktem Patienten- oder Bewohnerkontakt und Familienangehörige und enge Kontaktpersonen ab dem Alter von sechs Monaten von Personen, bei denen durch eine COVID-19-Impfung keine schützende Immunantwort zu erwarten ist. Es wird dabei eine Basisimmunität gegen SARS-CoV-2 durch mindestens drei Spike-Proteinexpositionen vorausgesetzt, wobei mindestens eine durch eine Impfung erfolgt sein sollte. Durch das weitreichende Infektionsgeschehen in der Pandemie ist von einer annähernd 100%igen Basisimmunität bei der erwachsenen Bevölkerung auszugehen.

Exkurs: mRNA-Impfstoffe als Grundlage moderner Impfstrategien

mRNA-basierte Impfstoffe gehören zu den neueren Impftechnologien und enthalten genomisches Material, die die Bauanleitung eines viralen Proteins kodieren, wogegen der Körper gezielt eine Immunantwort aufbauen soll. Im Fall von COVID-19 ist dies die mRNA, die für das Spike-Protein (S) von SARS-CoV-2 kodiert. Bei der mRNA-basierten RSV-Impfung handelt es sich um die kodierenden mRNA-Sequenzen für das PreF-Protein von RSV. Damit die mRNA vom Körper aufgenommen werden kann, wird sie in sogenannte Lipidnanopartikel (LNP) verpackt, die die mRNA vor Degradation schützen und die Aufnahme in die Zielkörperzellen fördern. Gleichzeitig fördern die LNP durch Aktivierung von Toll-like-Rezeptoren der antigenpräsentierenden Zelle die entzündliche Immunantwort auf die neuen Antigene und gelten als Wirkverstärker der Immunantwort. Die für die Aktivierung des Immunsystems notwendige entzündliche Antwort wird oft als lokale Nebenwirkung (z. B. Rötung, Schwellung oder Schmerzhaftigkeit an der Injektionsstelle) oder seltener als systemische Reaktion (z. B. Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen oder Schüttelfrost) wahrgenommen. In den Zellen wird die mRNA in das Zielprotein am Ribosom in das entsprechende Protein translatiert. Das so hergestellte Protein kann über MHC-I- und MHC-II- Moleküle (major histocompatibility; MHC) den zytotoxischen CD8+ T-Zellen bzw. den CD4+ Helfer-T-Zellen präsentiert werden. Die spezifischen zytotoxischen T-Zellen sind relevant für die virale Clearance und die Entfernung des Virus aus dem Körper, während die spezifischen Helfer-T-Zellen eine wichtige Hilfe für die Spike-spezifischen B-Zellen darstellen. Dadurch kommt es zu einer effizienten B-Zell-Immunantwort mit Bildung von neutralisierenden Antikörpern und Reifung der Bindungsfähigkeit (Avidität) dieser Antikörper. Außerdem werden langlebige Gedächtniszellen gebildet. Hierdurch entsteht eine ausbalancierte humorale und zelluläre Immunantwort. Somit ist das Immunsystem vorbereitet, wenn das zirkulierende Virus in den Organismus gelangt, und kann gezielt dagegen ankämpfen. Die über die Impfung eingebrachte mRNA wird nach kurzer Zeit (i. d. R. innerhalb weniger Stunden bis weniger Tage) abgebaut, gelangt nicht in den Zellkern und kann das Wirtsgenom nicht verändern. Die Vorteile der mRNA-Technologie liegen in der Skalierbarkeit, Schnelligkeit und Flexibilität. Das bedeutet somit eine schnelle Stammanpassungen und die Fähigkeit, komplexe Proteinstrukturen zu kodieren oder sogar Kombinationsimpfstoffe zu generieren.

Entwicklung von Kombinationsimpfstoffen – ein Ausblick

Kombinationsimpfstoffe können helfen, Impftermine zu reduzieren und die Impfquoten zu steigern, insbesondere bei älteren Erwachsenen und Risikogruppen. Beispiele für in Deutschland aktuell zugelassene Kombinationsimpfstoffe für Erwachsene sind: Tdap-IPV-Kombination zum Schutz vor Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten und Poliomyelitis sowie der MMR-Impfstoff, der vor Masern, Mumps und Röteln schützt und für Erwachsene empfohlen wird, die nach 1970 geboren sind und deren Impfstatus unklar ist. Es existiert außerdem eine Formulierung für die MMR-Impfung in der Kombination mit dem attenuierten Varizella-Zoster-Virus-Oka-Impfstamm. In der Pädiatrie findet der sechsfache Kombinationsimpfstoff gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Poliomyelitis, Hämophilus influenzae b und Hepatitis B Anwendung. Bezüglich respiratorischer Erkrankungen befinden sich derzeit mRNA und proteinbasierte Kombinationsimpfstoffe gegen Influenza und SARS-CoV-2 in der Entwicklung.

Fazit

  • Die RS- und Influenzaviren sowie SARS-CoV-2 zählen zu den gesundheitsökonomisch wichtigsten Erregern viral bedingter ARE.
  • ARE und LRTD können besonders ältere Erwachsene, Schwangere, Kinder, aber auch vulnerable Personen mit Vorerkrankungen signifikant gefährden.
  • Da therapeutische Maßnahmen bei ARE nur begrenzt zur Verfügung stehen, kann eine Prophylaxe durch passive und vor allem aktive Impfstrategien der wirksamste Schutz vor (schweren) Erkrankungen sein.
  • Verfügbare ARE-Impfstoffe weisen ein robustes Immunogenitäts- und akzeptables Sicherheitsprofil auf und stellen damit eine effektive Option zur Risikoprävention dar.
  • Für Deutschland gibt die STIKO am RKI regelmäßig aktualisierte und wissenschaftlich fundierte Impfempfehlungen im Zusammenhang mit den wichtigsten viralen ARE-Erregern heraus.

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