Einführung
Um das Ziel einer signifikanten Lebensverlängerung bei gleichzeitig guter Lebensqualität bei möglichst vielen Patienten mit einem Prostatakarzinom zu erreichen, hat sich das Spektrum der wirksamen Arzneimittel und die Anzahl prognoserelevanter Biomarker in den letzten Jahren deutlich erweitert. Erste Daten zeigen, dass auch die Darmgesundheit die Tumorprogression beeinflussen kann. Obwohl die Evidenzlage eine alleinige Androgendeprivationstherapie nicht mehr rechtfertigt, werden immer noch viele Patienten mit einem Prostatakarzinom nicht mit einer Dual- oder Tripeltherapie behandelt, wie es die Leitlinien empfehlen. Eine immer weiter personalisierte Medizin erfordert bei möglichst allen Patienten vor Therapiebeginn eine Keimbahntestung, um das Potenzial der entsprechenden Medikamente voll ausschöpfen zu können. Der Preis für eine Lebensverlängerung sind aber häufig noch Nebenwirkungen mit negativen Auswirkungen auf die Lebensqualität. Im Folgenden werden interessante Daten zum lokal begrenzten Prostatakarzinom, zum mCRPC und zum mHSPC vorgestellt und kommentiert.
Darmgesundheit und Prostatakarzinom
Dass es relevante Wechselwirkungen zwischen dem Darmmikrobiom und verschiedenen Organsystemen gibt und die Ernährung im Hinblick auf Zusammensetzung und Aktivität des Mikrobioms eine wichtige Rolle spielt, ist mittlerweile wissenschaftlich gut belegt. Ob die Verbesserung der Darmgesundheit auch bei Patienten mit einem Prostatakarzinom relevante Effekte induziert, wurde erstmals in einer kontrollierten doppelblinden und placebokontrollierten Studie untersucht. Dazu wurden 212 Patienten mit einem mittleren Alter von 74,5 Jahren und einem Prostatakarzinom unter aktiver Überwachung mit ansteigendem PSA-Wert rekrutiert. Die PSA-Dynamik wurde vier Monate vor Baseline und vier Monate danach dokumentiert. Bei 180 Teilnehmern konnten die PSA-Werte vor Baseline und zum Ende des Beobachtungszeitraumes mit MRT-Befunden (Magnetresonanztomografie) korreliert werden, wobei im MRT in zehn Fällen eine Regression, in 164 Fällen eine Stabilisierung und in sechs Fällen eine Progression diagnostiziert wurde. Bei allen Patienten mit Progression im MRT war der PSA-Anstieg überdurchschnittlich erhöht. Alle Patienten erhielten eine phytochemische Nahrungsergänzung mit standardisierten Extrakten aus Ingwer, Cranberry, Drachenfrucht, Kurkuma, Brokkoli und grünem Tee. Danach erfolgte die Randomisierung im Verhältnis 1 : 1 in zwei Vergleichsgruppen, die zusätzlich entweder für weitere vier Monate mit Placebo behandelt wurde oder mit einer Mischung aus fünf Lactobacillus-Probiotika und den Präbiotika Inulin und Vitamin D. Bei allen Patienten kam es innerhalb der vier Monate vor Baseline zu einem PSA-Anstieg. In den vier Monaten nach Randomisierung konnte in der Gruppe mit zusätzlicher Pro- und Präbiotikagabe eine signifikante Reduktion der PSA-Progression dokumentiert werden. Gleichzeitig kam es in der Probiotikagruppe zu einer Verbesserung der urologischen Symptomatik gemäß International Prostate Symptom Score (IPSS) und der erektilen Dysfunktion gemäß International Index of Erectile Function (IIEF).
ENZA-P-Studie: Kombination von Lu-PSMA und Enzalutamid im mCRPC
[177Lu]Lu-PSMA-617 (PSMA: Prostataspezifisches Membranantigen) hat sich in späten Therapielinien zur Behandlung des Prostatakarzinoms als sehr effektiv erwiesen. In der ENZA-P-Studie wurde untersucht, ob die Kombination mit Enzalutamid bei Patienten mit einem metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) sowohl das Gesamtüberleben als auch die Lebensqualität verbessern kann. Im Hintergrund stand die Hypothese, dass Enzalutamid das Ansprechen auf [177Lu]Lu-PSMA-617 verbessert, weil Enzalutamid die Expression von PSMA erhöht und weil die Kombination von zwei Substanzen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen Therapieresistenzen überwinden kann. Primärer Endpunkt der Studie war das PSA-progressionsfreie Überleben. Einschlusskriterien waren mCRPC mit ansteigendem PSA und Spiegeln >5 ng/ml, keine vorherige gegen das mCRPC gerichtete Chemotherapie, ≥2 Risikofaktoren für einen frühen Progress unter Enzalutamid und ein positives 68Ga-PSMA-PET/CT (PET/CT: Positronenemissionstomografie/Computertomografie). Die Kombination beider Wirkstoffe führte im primären Endpunkt im Vergleich zur aktiven Kontrolle zu einer deutlichen Risikoreduktion [HR 0.40 (95%-KI 0.28–0.59)] und im Gesamtüberleben (OS) zu einem medianen Vorteil von acht Monaten. Die Nebenwirkungen waren auch unter der Kombination nicht substanziell erhöht, was darauf zurückgeführt wird, dass die Patienten nicht intensiv vorbehandelt waren.
Finale OS-Analyse der TALAPRO-2-Studie bei Patienten mit mCRPC
In der TALAPRO-2-Studie wurde erstmals ein Poly-ADP(Adenosindiphosphat)-Ribose-Polymerase-(PARP-)Inhibitor mit einem Androgenrezeptor-Antagonisten der zweiten Generation kombiniert. Es wurden insgesamt 805 „all-comer”-Patienten mit einem First-Line-mCRPC, einem ECOG-Status (Eastern Cooperative Oncology Group) von 0 oder 1 und einer laufenden Androgendeprivationstherapie (ADT) eingeschlossen. Die Patienten wurden im Verhältnis 1 : 1 randomisiert aufgeteilt und entweder mit dem PARP-Inhibitor Talazoparib und Enzalutamid oder mit Placebo und Enzalutamid behandelt. Primärer Endpunkt war das radiologische progressionsfreie Überleben (rPFS), das im Rahmen eines verblindeten unabhängigen zentralen Reviews (BICR) bestimmt wurde. Im Gegensatz zur heutigen Behandlungspraxis waren nur wenige Patienten (5 bis 6 %) im hormonsensiblen Stadium mit einem Androgenrezeptor-Signalweginhibitor (ARPI) vorbehandelt. Der primäre Endpunkt rPFS (radiologisches Progressionsfreies Überleben) war mit einer Verbesserung von 13,6 Monaten signifikant. Aktuell wurden die finalen Daten zum Gesamtüberleben (OS) vorgestellt, und auch hier ergab sich eine Verbesserung mit einem Median von 8,8 Monaten mit einer signifikanten Risikoreduktion von 20,4 % [HR 0.796 (0.661–0.958); P = 0.0155]. Die nach Mutationsstatus stratifizierte Analyse des Gesamtüberlebens ergab bei den Patienten ohne Breast-Cancer-(BRCA-) Mutation (mit einem Vorteil von im Median 11,3 Monaten) noch eine signifikante Verbesserung, bei den Patienten ohne homologe Rekombinationsreparatur-(HRR-) Mutationen war die Verbesserung von 9,2 Monaten aber nicht mehr statistisch signifikant. Bei der Analyse der Arzneimittelsicherheit ergaben sich keine neuen Signale. Im Kombinationsarm wurden 75,9 % (302 von n = 398) Nebenwirkungen vom Grad 3 bis 4 im Vergleich zu 44,6 % (179 von n = 401) im Enzalutamidarm dokumentiert.
IRONMAN-Registerstudie: Bedeutung des PSA-Ansprechens beim mHSPC
In dieser multinationalen Registerstudie wurde an 1219 Patienten mit einem metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinom untersucht, inwieweit die Größenordnung des PSA-Abfalles unter der Therapie eine prognostische Aussage über den weiteren Erkrankungsverlauf erlaubt. 75 % der Patienten waren de novo metastasiert, 88 % waren mit einer Doublette aus ADT und ARPI vorbehandelt, 12 % mit einer Tripeltherapie mit Docetaxel. Die stratifizierte Auswertung zum Gesamtüberleben in Abhängigkeit vom PSA-Nadir zeigte, dass die Patienten, deren PSA-Wert sehr stark abfällt mit einem Nadir <0,1 ng/ml nach zwölf Monaten, am meisten von der Therapie mit einer Verbesserung des Gesamtüberlebens profitieren. Liegt der PSA-Nadir nach zwölf Monaten bei ≥0,2 ng/ml, ist die Prognose deutlich schlechter, und das mediane Überleben beträgt 29 Monate. Dieser Effekt ist unabhängig davon, welcher ARPI in der Vorbehandlung eingesetzt wurde und ob die Patienten eine Tripeltherapie hatten oder nicht. Diese Erkenntnisse haben für die Patientenberatung eine große Bedeutung.
ARCHES-Langzeitergebnisse
Nach der Präsentation der primären Auswertung der ARCHES-Studie im Jahr 2018 und einem Update 2021 wurden aktuell die Daten zum 5-Jahres-Follow-up vorgestellt. Patienten mit einem mHSPC wurden in dieser Studie entweder mit einer Doublette aus ADT und Enzalutamid oder nur mit einer ADT behandelt. Nach einem medianen Follow-up von 61,4 Monaten wurde ein signifikanter Überlebensvorteil zugunsten der Doublette mit einer Hazard ratio von 0.70 (95%-KI 0.58–0.85; P <0.001) dokumentiert. Dieser günstige Effekt war sowohl bei Patienten mit hohem als auch niedrigem Tumorvolumen sowie allen anderen Subgruppen nachweisbar. Neue Safety-Signale wurden nicht dokumentiert. Im Rahmen der Kombinationsbehandlung mit ADT und Enzalutamid betrug die Quote an Nebenwirkungen vom Grad 3 bis 4 46 % (263 von n = 572) im Vergleich zu 28,4 % (163 von n = 574) bei den nur mit einer ADT behandelten Patienten. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Hypertonie, kognitive Einschränkungen, Fatigue sowie Stürze und konsekutive Frakturen.
AMPLITUDE-Studie
Die Kombination des PARP-Inhibitors Niraparib mit dem ARPI Abirateron/Prednison wurde bereits in der MAGNITUDE-Studie bei Patienten mit einem mCRPC untersucht. Mit der AMPLITUDE-Studie wurde die gleiche Kombination bei Patienten im früheren Stadium des mHSPC eingesetzt. Alle Patienten mussten HRR-Mutationen (Homologe Rekombinationsreparatur) haben. Eine Vorbehandlung mit Docetaxel (≤6 Zyklen) war erlaubt und wurde bei 16 % der Patienten auch dokumentiert. 696 Patienten wurden im Verhältnis 1 : 1 randomisiert und entweder mit Niraparib, Abirateron/Prednison (AAP) und einer ADT oder mit Placebo, Abirateron/Prednison und ADT behandelt. Als primärer Endpunkt wurde das rPFS definiert. Stratifikationskriterien waren BRCA2 vs. Cyclin-abhängige Kinase 12 (CKD12) vs. alle anderen Mutationen, Vortherapie mit Docetaxel (ja oder nein) sowie das Tumorvolumen (hoch oder niedrig). Der primäre Studienendpunkt wurde durch Niraparib, AAP und ADT erreicht mit einer Risikoreduktion für eine radiologische Progression oder Tod von 48 % [HR = 0.52 (95%-KI 0.37–0.72); P < 0.0001] in der Subgruppe mit BRCA-Mutation und von 37 % [HR = 0.63 (95%-KI 0.49–0.80); P = 0.0001] in der Gesamtkohorte mit allen HRR-Mutationen. Die Subgruppenanalyse zeigte keine Abhängigkeit der Wirksamkeit von einer Docetaxel-Vorbehandlung, von viszeraler Metastasierung oder vom Tumorvolumen. Die etwas bessere Wirkung von Niraparib, AAP und ADT bei den BRCA-mutierten Patienten im Vergleich zur HRR-mutierten Gesamtkohorte zeigte sich auch bei der Zeit bis zur symptomatischen Progression. Für die Auswertung zum Gesamtüberleben reicht der Nachbeobachtungszeitraum noch nicht aus, es zeigte sich aber bereits bei der ersten Interimsanalyse ein positiver Trend sowohl bei den BRCA-mutierten und den HRR-mutierten Patienten, wobei auch hier die BRCAm-Gruppe (Breast Cancer Antigen) etwas besser anspricht. Patienten mit BRCA- oder Checkpoint-Kinase-2- (CHEK2-)Mutationen scheinen im Vergleich zu den anderen Mutationstypen besonders gut anzusprechen, allerdings ist die statistische Aussagekraft wegen der teilweise geringen Fallzahlen zu gering. Die Analyse der Nebenwirkungen ergab erwartungsgemäß in der mit Niraparib behandelten Gruppe mit 75 % (261 von n = 347) Nebenwirkungen vom Grad 3 bis 4 eine höhere Quote als im Kontrollarm mit 59 % (205 von n = 348). Der Unterschied bei der Quote der Therapieabbrüche wegen Nebenwirkungen war aber mit 15 % und 10 % im Vergleich zur MAGNITUDE-Studie nicht groß. Die häufigsten Nebenwirkungen unter dem PARP-Inhibitor waren Anämie und Hypertonie. Insgesamt unterstützen diese Studienergebnisse die frühe genomische Testung von Patienten mit einem mHSPC, um sie frühzeitig mit der am besten geeigneten Therapie behandeln zu können.
Stadieneinteilung und Entwicklung des Prostatakarzinoms
Von der Erstdiagnose eines lokalisierten oder lokal fortgeschrittenen Prostatakarzinoms oder eines de novo metastasierten hormonsensitiven Karzinoms bis zum Stadium des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms werden verschiedene Tumorstadien durchlaufen, für die zahlreiche spezifische und evidenzbasierte Therapieoptionen mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen entwickelt und zugelassen wurden, die allerdings nicht in allen Ländern verfügbar sind. Generelle Zielsetzung ist es, die Entstehung eines mCRPC, das mit dem größten Leidensdruck assoziiert ist, so lange wie möglich hinauszuzögern, das Leben zu verlängern und den Patienten bis dahin die bestmögliche Lebensqualität zu erhalten. Die Dynamik der Entwicklung des Prostatakarzinoms und die Komplexität der neuen Behandlungsmethoden machen im Rahmen einer gemeinsamen Entscheidungsfindung eine gute und verständliche Kommunikation mit den Patienten zu einer besonderen Herausforderung. Das gilt insbesondere für die immer mehr personalisierten Therapieoptionen, die zum Beispiel nur bei bestimmten Mutationen der homologen Rekombinationsreparatur (HRR) eine besonders gute Wirksamkeit entfalten. Die Aufklärung des HRR-Mutationsstatus sollte bei Patienten mit einem Prostatakarzinom deshalb so früh wie möglich erfolgen, um die optimale Therapie zu finden, sie rechtzeitig einzusetzen und den Patienten damit die Chance eines normal langen Lebens zu ermöglichen.
Aktuelle klinische Studien beim lokal begrenzten Prostatakarzinom mit Hochrisiko-BCR
Bei 20 bis 50 % der Patienten mit einem lokal begrenzten Prostatakarzinom kommt es innerhalb von zehn Jahren nach einer radikalen Prostatektomie und/oder einer perkutanen Strahlentherapie (EBRT) zu einem biochemischen Rezidiv (BCR). Diese Patienten haben ein hohes Metastasierungs- und Mortalitätsrisiko. Dabei ist zu berücksichtigen, dass viele dieser Patienten zwar in der konventionellen Bildgebung als noch nicht metastasiert gelten, im PSMA-PET/CT aber bereits einen positiven Befund haben. Die Evidenzlage für den frühen Einsatz von ARPI bei dieser Klientel mit einem biochemischen Rezidiv nach bereits erfolgter Prostatektomie und/oder Strahlentherapie ist begrenzt. Deshalb wurden Patienten aus dieser Klientel für mehrere klinische Studien rekrutiert, die den Stellenwert einer Behandlung mit ADT und ARPI zusätzlich zur Standardtherapie untersuchen und deren Ergebnisse in nächster Zeit veröffentlicht werden. Die PROTEUS-Studie rekrutierte Hochrisikopatienten im Anschluss an eine radikale Prostatektomie und einem PSA-Wert <0,2 ng/ml, die zusätzlich zu einer ADT für ein Jahr entweder mit Apalutamid oder Placebo behandelt wurden. Weitere Studienprojekte sind ENZARAD mit EBRT (External Beam Radiotherapy), ADT und Enzalutamid, ATLAS mit EBRT, ADT und Apalutamid und DASL-HiCaP mit EBRT, ADT und Darolutamid.
Nicht metastasiertes Prostatakarzinom mit Hochrisiko-BCR – EMBARK-Studie
In dieser randomisierten doppelblinden Phase-III-Studie mit 1068 Patienten mit einem in der konventionellen Bildgebung nicht metastasierten Prostatakarzinom mit Hochrisiko-BCR wurde die Kombination aus Enzalutamid und dem Gonadotropin-Releasing-Hormon-(GnRH-)Analogon Leuprorelin mit der Kombination aus Placebo und Leuprorelin verglichen. Der nicht verblindete dritte Studienarm mit einer Enzalutamid-Monotherapie wurde auf Wunsch der FDA (Federal Drug Administration) hinzugefügt. Alle drei Studienarme rekrutierten im Verhältnis 1 : 1 : 1. Die Behandlung wurde bei den Patienten ausgesetzt, die nach 36 Wochen einen PSA-Nadir von <0,2 ng/ml erreicht hatten. Eine signifikante Verlängerung des metastasenfreien Überlebens (MFS) durch eine verblindete zentrale Bewertung der konventionellen Bildgebung (BICR) durch die Kombination von Enzalutamid und Leuprorelin im Vergleich zu einer Leuprorelin-Monotherapie wurde als primärer Endpunkt der Studie erreicht. In der Kombinationsgruppe betrug das MFS nach fünf Jahren 87,3 % im Vergleich zu 71,4 % in der Leuprorelin-Monotherapiegruppe. Auch die Patienten mit einer Enzalutamid-Monotherapie profitierten mit einem mittleren MFS von 80 % im Vergleich zur Leuprorelin-Monotherapie [HR = 0.63 (95%-KI 0.46–0.87), P = 0.0049].
ARASTEP-Studie
In dieser zur Zeit noch laufenden Studie mit einer geplanten Anzahl von 750 Prostatakarzinompatienten mit einem Hochrisiko-BCR ohne Metastasen in der konventionellen Bildgebung, aber mindestens einer PSMA-PET/CT-positiven Läsion außerhalb des Beckens wird eine 24-monatige Behandlung entweder mit Darolutamid und ADT oder Placebo und ADT verglichen. Primärer Endpunkt ist das rPFS, wobei die Progression mit dem PSMA-PET/CT und einer verblindeten zentralen Bewertung dokumentiert wird. Diese Studie wird die bisher vorliegende Evidenz zur Wirksamkeit einer durch einen ARPI intensivierten Therapie bei der genannten Patientenklientel ergänzen, die bislang nur mit konventioneller Bildgebung durchgeführt wurden.
Duale Therapie beim metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinom (mHSPC)
Patienten mit einem mHSPC, insbesondere diejenigen, die mit einem hohen Tumorvolumen de novo metastasiert sind, haben eine schlechte Prognose. Trotz der eindeutigen Evidenzlage beschränkt sich die Behandlung bei vielen Patienten mit einem mHSPC immer noch auf eine ADT-Monotherapie. Eine Therapieintensivierung durch ARPI, wie sie auch die neue S3-Leitlinie Prostatakarzinom in Deutschland zur Verlängerung des Gesamtüberlebens evidenzbasiert empfiehlt, wird oftmals nicht oder erst sehr spät eingeleitet. Real-World-Daten aus den USA zeigen, dass 2023 etwa ein Drittel der mHSPC-Patienten nur eine ADT-Monotherapie erhielten. Für eine duale Therapie in Kombination mit einer ADT beim mHSPC sind Abirateron/Prednison, Apalutamid, Enzalutamid und seit Juli 2025 basierend auf den Ergebnissen der ARANOTE-Studie auch Darolutamid zugelassen.
ARANOTE-Studie
Die ARANOTE-Studie wurde konzipiert, um die Wirksamkeit der Doublette aus ADT und Darolutamid (n = 446) im Vergleich zu einer ADT-Monotherapie (n = 223) bei Patienten mit einem mHSPC zu untersuchen. Als primärer Endpunkt war das rPFS definiert, und die Studie war auch auf diesen Endpunkt hin gepowert. Die Hazard Ratio für das rPFS betrug nach einem medianen Follow-up von 25 Monaten 0.54 (95%-KI 0.41–0.71; P < 0.001) zugunsten der Doublette. Das rPFS und andere sekundäre Endpunkte (Zeit bis zur Initiierung einer nachfolgenden Chemotherapie, Zeit bis zur PSA-Progression [HR 0.31 (95%-KI 0.23–0.41)], Zeit bis zur Schmerzprogression [HR 0.72 (95%-KI 0.54–0.96)] wurden dabei unabhängig vom Tumorvolumen ebenfalls verbessert. Darolutamid wirkte sich positiv auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität aus. Darolutamid zeigt klinisch bedeutsame Verzögerungen in den Bereichen Schmerzprogression, allgemeines Wohlbefinden einschließlich des sozialen/familiären Wohlbefindens, des funktionellen Wohlbefindens und der Harnwegssymptome. Darolutamid verlängerte die mediane Zeit bis zur Verschlechterung des FACT-P-Gesamtscores (präspezifizierter explorativer Endpunkt, Functional Assessment of Cancer Therapy – Prostate) im Vergleich zu Placebo um 5,1 Monate [HR 0.76 (95%-KI 0.61–0.94)]. Die größten Vorteile für die gesundheitsbezogene Lebensqualität waren bei den mit Darolutamid behandelten Patienten mit extrem niedrigem PSA-Wert zu verzeichnen. Der mittlere Anteil von Patienten mit einem PSA-Nadir <0,2 ng/ml während der Therapie betrug unter der Dualtherapie 62,6 % im Vergleich zu nur 18,5 % unter der ADT-Monotherapie. Mit Blick auf die Daten zur Arzneimittelsicherheit wurde die gute Verträglichkeit von Darolutamid erneut bestätigt. Es kam zu keiner Zunahme klinisch relevanter Nebenwirkungen durch Darolutamid gegenüber einer ADT. Die Inzidenz für Fatigue betrug in der Darolutamid-Gruppe 5,6 % im Vergleich zu 8,1 % unter Placebo.
Klinische Relevanz des PSA-Ansprechens
Aktuelle Post-hoc-Analysen der ARANOTE-Studie zeigen, dass ein PSA-Nadir von <0,02 ng/ml im „ultra-low”-Bereich mit einem verlängerten rPFS assoziiert ist. mHSPC-Patienten mit einem PSA-Ansprechen >0,2 ng/ml haben dagegen eine deutlich schlechtere Prognose. Die gute PSA-Response unter der Kombinationsbehandlung aus Darolutamid und ADT war unabhängig vom Baseline-PSA nachweisbar und nahm im Laufe des Beobachtungszeitraumes weiter zu. Bei einem Baseline-PSA <4,1 ng/ml erreichten unter der Dualtherapie mehr als zwei Drittel der Patienten (68,9 %) einen Nadir <0,02 ng/ml im „ultra-low”-Bereich. Liegt der Baseline-PSA ≥21,3 ng/ml, beträgt die Rate der Patienten, die unter Darolutamid und ADT einen Nadir von <0,02 ng/ml erreichten, noch immer bei 30,5 %. Nur weniger als 2 % der Patienten mit einem Baseline-PSA ≥4,1 ng/ml, die nur mit einer ADT allein behandelt wurden, erreichten jemals einen Nadir <0,02 mg/dl im „ultra-low”-Bereich. Eine gute PSA-Response unter der Dualtherapie ist auch mit einem besseren klinischen Outcome assoziiert. Bei den Patienten, die einen Nadir <0,02 oder <0,2 ng/ml erreichten, konnte im Vergleich zur Patientengruppe mit einem Nadir ≥0,2 ng/ml auch eine längere Zeit bis zur Schmerzprogression dokumentiert werden. Das unterstreicht die Notwendigkeit einer frühen Dualtherapie mit ARPI und ADT bei Patienten mit einem mHSPC, wie es die S3-Leitlinie auch empfiehlt. Die Korrelation zwischen Nadir und Outcome macht diesen Parameter auch zu einer wertvollen Stütze für die Patientenkommunikation mit Blick auf die Prognose.
Tripeltherapie beim metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinom (mHSPC)
Erste Daten zur Tripeltherapie wurden in der PEACE-1-Studie generiert. Mit dieser Studie sollte gezeigt werden, dass die Hinzunahme von Abirateron besser ist als die Standardtherapie zum Zeitpunkt des Studienbeginnes. Dieser bestand zunächst nur aus einer ADT. Erst danach wurden die CHAARTED-Daten publiziert, die eine ADT plus Docetaxel zur Standardtherapie machten und die Analyse eines Therapiearmes mit einer Dreifachtherapie bestehend aus Abirateron, ADT und Docetaxel ermöglichte. Die Ergebnisse zeigten, dass die Zugabe von Abirateron zu Docetaxel und ADT bei Patienten mit hohem Volumen das Überleben verbesserte, während der Vorteil bei den Patienten mit niedrigem Volumen geringer ausfiel. Entsprechend finden sich die Empfehlungen in den Leitlinien mit dem Hinweis, dass diese Therapie in Europa nicht zugelassen ist. Der Zugang zu einer Therapieintensivierung wird dabei zum Teil vom Metastasierungstyp oder vom Risiko abhängig gemacht.
ARASENS-Studie
Auch die ARASENS-Studie wurde zu einem Zeitpunkt geplant, als die Ergebnisse der meisten Studien zur Dualtherapie noch nicht veröffentlicht waren. Patienten mit einem mHSPC wurden entweder mit einer Kombination aus Darolutamid, ADT und Docetaxel (Therapiearm) oder mit Placebo, ADT und Docetaxel (Kontrollarm) behandelt. Darolutamid verbesserte das Gesamtüberleben (OS) in Kombination mit einer ADT und Docetaxel im Vergleich zu Placebo signifikant mit einer Hazard Ratio von 0.68 (95%-KI 0.57–0.80; P < 0.001). Das entspricht einer Reduktion des Sterberisikos im Beobachtungszeitraum der Studie um 32,5 %. Daten zur Differenzierung des Gesamtüberlebensvorteiles nach Tumorvolumen und Risikoklassifikation wurden nachträglich generiert und zeigten keine relevanten Unterschiede bezüglich des Benefits durch die Dreifachtherapie. Weitere Post-hoc-Analysen zum PSA-Ansprechen zeigten, dass der Anteil von Patienten mit einer nicht mehr nachweisbaren PSA-Konzentration nach Behandlung mit der Dreifachkombination aus Darolutamid, Docetaxel und ADT mehr als doppelt so hoch war (67,3 %) als nach der Zweifachkombination aus ADT und Docetaxel (28,6 %). Die Auswertung der unerwünschten Ereignisse zeigten keinen klinisch relevanten Unterschied in der Inzidenz der Nebenwirkungen. Eine aktuelle Analyse zur Wirksamkeit und Verträglichkeit in den Altersgruppen <75 und ≥75 Jahre zeigte ebenfalls keine Unterschiede.
Arzneimittelsicherheit in der Dual- und Tripeltherapie
Die Kombination von Arzneimitteln mit unterschiedlichen Wirkungsmechanismen bietet nicht nur die Chance auf eine bessere Wirksamkeit, sondern geht auch mit einem potenziell breiteren Nebenwirkungsspektrum sowie dem Risiko einer erhöhten Inzidenz von Nebenwirkungen einher. Unter einer Therapie mit Darolutamid wurde bislang in allen klinischen Studien sowohl in Kombination mit einer ADT als auch mit Docetaxel keine klinisch relevante Erhöhung der Rate an unerwünschten Ereignissen im Vergleich zu Placebo dokumentiert. Es gibt keine direkten Vergleichsstudien nach Art einer klinischen Zulassungsstudie zwischen Abirateron, Apalutamid, Enzalutamid und Darolutamid, allerdings ergeben sich aus den Daten zur Wirksamkeit und Verträglichkeit einzelner klinischer Studien mit ARPI bei einer vergleichbaren Patientenklientel unterschiedliche Nebenwirkungsinzidenzen. Bei einem Vergleich der in den Originalpublikationen berichteten Fatigue-Inzidenzen (alle Schweregrade) des jeweiligen ARPI vs. Placebo von ARCHES (Enzalutamid), ARANOTE (Darolutamid), LATITUDE (Abirateron plus Prednison) und TITAN (Apalutamid) stellt sich die Situation wie folgt dar: Enzalutamid 20 % vs. 15 %, Darolutamid 6 % vs. 6 %, Abirateron plus Prednison 13 % vs. 14 %, Apalutamid 20 % vs. 17 %. In allen Studien erfolgte die Behandlung mit ARPI oder Placebo zusätzlich zu einer ADT. Ein weiterer wichtiger Punkt im Rahmen der Arzneimittelsicherheit ist das Interaktionspotenzial der jeweiligen Wirkstoffe, dessen klinische Relevanz deutlich zunimmt, wenn verschiedene Arzneimittel miteinander kombiniert werden. Patienten mit einem Prostatakarzinom sind in der Regel ältere Menschen, was mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für Komorbiditäten assoziiert ist. Sie nehmen deshalb meist mehrere Medikamente gleichzeitig ein. Vor allem dann, wenn sich unter der Begleitmedikation Substanzen mit einer engen therapeutischen Breite befinden, sollte bei allen der ARPI vor Therapiebeginn überprüft werden, ob klinisch relevante Wechselwirkungen bekannt sind, um gegebenenfalls Dosierungen rechtzeitig anpassen zu können. Darolutamid hat ein geringes Wechselwirkungspotenzial mit anderen Arzneimitteln.
Zukünftige Chancen und Herausforderungen bei der medikamentösen Therapie des mHSPC
Eine frühe Dual- und Tripeltherapie kann die Prognose der Patienten mit einem metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinom deutlich verbessern. Radioliganden, wie [177Lu]Lu-PSMA-617 können in Kombination mit ARPI einen weiteren Beitrag zur Outcomeverbesserung in fortgeschrittenen Krankheitsstadien liefern. PARP-Inhibitoren bieten zusätzliche Chancen bei Patienten mit Mutationen der homologen Rekombinationsreparatur, machen aber eine entsprechende Testung auf Keimbahnmutationen und andere Biomarker notwendig. Eine Herausforderung bleiben zum Beispiel aggressive Prostatakarzinome mit gleichzeitigen Veränderungen der Tumorsuppressionsgene Retinoblastom-Protein (RB), Phosphatase und Tensin homolog (PTEN) und Tumorprotein 53 (TP53), die mit einer erhöhten Therapieresistenz und einer sehr schlechten Prognose assoziiert sind. Eine Folge der leitlinienbasierten und zunehmend personalisierten Therapie des Prostatakarzinoms sind höhere Kosten, die die Gesundheitssysteme zunehmend belasten. Es wird in Zukunft wichtig sein, Ungleichheiten bei der Verfügbarkeit der neuen Arzneimittel abzubauen und damit die Patientenversorgung weiter zu verbessern.
Fazit
- Phytochemische Nahrungsergänzungsmittel und eine Verbesserung des Mikrobioms durch Probiotika führen zu einer signifikanten Verlangsamung des PSA-Progresses.
- [177Lu]Lu-PSMA-617 in Kombination mit Enzalutamid verbesserte in der ENZA-P-Studie bei Patienten mit einem mCRPC das Gesamtüberleben mit einem medianen Vorteil von acht Monaten im Vergleich zur aktiven Kontrolle mit Enzalutamid.
- Die Kombination von Talazoparib und Enzalutamid führte in der TALAPRO-2-Studie bei Patienten mit einem mCRPC zu einer statistisch signifikanten Verlängerung des OS von im Median 8,8 Monaten. Patienten ohne HRR-Mutation profitieren klinisch
- Die IRONMAN-Registerstudie bei Patienten mit mHSPC bestätigte die prognostische Bedeutung des PSA-Nadirs von <0,1 ng/ml nach Behandlung mit einer ADT-ARPI-Doublette oder Tripeltherapie.
- 5-Jahres-Daten der ARCHES-Studie zeigten eine signifikante Reduktion des Sterberisikos um 30 % durch die Kombination von ADT und Enzalutamid bei Patienten mit mHSPC im Vergleich zu einer alleinigen ADT-Behandlung unabhängig von Tumorvolumen und Metastasierungstyp.
- In der AMPLITUDE-Studie wurde erstmals auch bei mHSPC-Patienten mit HRR-Mutationen durch Niraparib, Abirateron/Prednison und ADT das rPFS verlängert, wobei Patienten mit einer BRCA-Mutation vermutlich am meisten profitieren.
- Die Kombination aus Enzalutamid und dem GnRH-Analogon Leuprorelin verlängerte in der EMBARK-Studie bei Patienten mit einem nicht metastasierten Prostatakarzinom mit Hochrisiko-BCR das metastasen-freie Überleben.
- In der ARASTEP-Studie wird die Dualtherapie mit Darolutamid und ADT bei Prostatakarzinompatienten mit Hochrisiko-BCR und mindestens einer PSMA-PET/CT-positiven Läsion untersucht. Primärer Endpunkt ist das rPFS mit einer durch PSMA-PET/CT dokumentierten Progression.
- Die ARANOTE-Studie führte mit der Verlängerung des rPFS bei sehr guter Verträglichkeit zur Zulassung der Dualtherapie mit Darolutamid und ADT zur Behandlung von Patienten mit einem mHSPC. Eine ADT-Monotherapie ist bis auf seltene Ausnahmen für mHSPC-Patienten obsolet.
- Ein PSA-Ansprechen im „ultra-low”-Bereich <0,02 ng/ml nach einer Dualtherapie des mHSPC ist mit einer besonders guten Prognose assoziiert.
- Die ARASENS-Studie hat dokumentiert, dass eine Tripeltherapie mit Darolutamid, ADT und Docetaxel das Gesamtüberleben von Patienten mit einem mHSPC unabhängig von Tumorvolumen und Risikoklassifikation verlängert.
- Nebenwirkungsspektrum und Interaktionspotenzial von ARPI, ADT und Chemotherapeutika sind wichtige Faktoren bei der Planung von Kombinationsbehandlungen vor allem bei älteren Patienten mit Komorbiditäten.
Bildnachweis
Chinnapong – stock.adobe.com