Leipziger Forscher entwickeln klangvolles Therapie-Training für Schmerzpatienten

Beim Jymmin werden Fitnessgeräte so modifiziert, dass die unterschiedlich starken Bewegungen Töne hervorbringen. Dieser Sport-Musik-Mix macht uns unempfindlicher gegenüber Schmerzen.

Beim Jymmin werden Fitnessgeräte so modifiziert, dass die unterschiedlich starken Bewegungen Töne hervorbringen. Dieser Sport-Musik-Mix macht uns unempfindlicher gegenüber Schmerzen.

Allein in Deutschland leiden bis zu 23 Millionen Menschen an länger andauernden oder wiederkehrenden Schmerzen. Etwa 2,2 Millionen deutsche gelten als schmerzkrank. Ihr Leben ist vom Schmerz stark beeinträchtigt. Die Ursachen sind vielfältig: eine Krankheit, Verletzung oder starke körperliche Belastungen können Schmerzen auslösen. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) in Leipzig haben nun eine Fitnessmethode entwickelt, die das Schmerzempfinden beeinflusst. Ein Mix aus Sport und freier musikalischer Improvisation, macht unempfindlich gegenüber Schmerzen.

Beim Jymmin, so nennen die Erfinder ihre Methode, werden Fitnessgeräte so modifiziert, dass die unterschiedlich starken Bewegungen an Bauchmuskeltrainer, Zugstange oder Stepper eine große Variation an Töne hervorbringen. Eine am MPI CBS eigens entwickelte Kompositionssoftware nebst Sensorsystem verarbeiten diese so, dass daraus zeitgleich eine für jeden Sportler und jede Einheit individuelle Begleitmusik entsteht. Die Sportler werden damit zu Komponisten, die Geräte zu ihren Instrumenten.
„Unsere Trainingsmethode verschiebt die Schmerzschwelle nach oben. Bereits nach zehn Minuten Training auf unseren Jymmin-Geräten, konnten die Studienteilnehmer in einem Schmerztest durchschnittlich zehn Prozent, einige gar bis zu 50 Prozent, mehr Schmerz ertragen“, erklärt Thomas Fritz, Leiter der Forschungsgruppe Musikevozierte Hirnplastizität am MPI CBS.

Dass sportliche Aktivität generell die Schmerzschwelle steigen kann ist lange bekannt. Beim Jymmin ist dieser Effekt jedoch deutlich stärker ausgeprägt als bei herkömmlichem Kraftsport. Den Grund dafür sehen die Leipziger vor allem in einer erhöhten Ausschüttung von Endorphinen während des Trainings. Diese Hormone wirken als eine Art körpereigener Schmerzhemmer. Je höher ihr Spiegel, desto toleranter sind wir gegenüber Schmerzen. Die Kombination aus körperlicher Verausgabung und Musikmachen scheint dabei besonders effektiv unser Endorphinsystem anzuregen.

Wie stark sich das Schmerzempfinden durch diese Methode manipulieren lässt, scheint vor allem vom individuellen Schmerzempfinden abhängig zu sein. Anwender, die bereits ein weniger ausgeprägtes Schmerzempfinden haben, profizieren besonders von der neuen Methode. Die Forscher vermuten, dass bei diesen Teilnehmern generell Endorphine effektiver ausgeschüttet werden als bei schmerzsensibleren.
„Aus diesen Effekten ergeben sich für das Jymmin zahlreiche Einsatzmöglichkeiten“, so Fritz. Zum einen für die Menschen, die an akuten oder chronischen Schmerzen leiden. Gerade in Rehakliniken könnten die Geräte wertvolle Dienste leisten, indem sie die Schmerzen der Patienten verringern und ein effektiveres Therapie-Training ermöglichten. „Sie erreichen im Training schlichtweg später ihre Schmerzschwelle.“ Eine aktuelle Studie an chronischen Schmerzpatienten am MPI CBS deute zudem bereits an, dass Jymmin auch Angstzustände verringern und damit einer der wesentlichen Ursache chronischer Schmerzen entgegenwirken kann.
Dass Jymmin generell zahlreiche positive Effekte auf unseren Körper und unser seelisches Wohlempfinden haben, hatten bereits frühere Studien am MPI CBS entdeckt. Sie hatten gezeigt, dass sich dadurch nicht nur der Arbeitsaufwand beim Fitness-Training verringert, sondern auch die persönliche Stimmung und Motivation steigt. Sogar die Musik selbst empfanden sie während des Sports als schöner und begeisterten sich für Musikstile, die sonst außerhalb ihres persönlichen Musikrepertoires liegen.

Weitere Informationen:
http://www.cbs.mpg.de/Jymmin-Mix-Sport-und-Musik-weniger-Schmerzen Zur vollständigen Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften
http://rokito.de/ref/jymmin/ Mehr zum Jymmin, der neuen Fitnessmethode, die Sport und Musikmachen miteinander kombiniert

Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften
Stephanstraße 1a
04103 Leipzig
Sachsen
Deutschland

Pressemeldung Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften vom 15.2.2018

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