Update: Muskelverletzungen im Profisport – Erfahrungen aus 45 Jahren Sportlerbetreuung

Insbesondere im Profisport ist eine optimale Diagnostik und Therapie von Muskelverletzungen wichtig, damit der betroffene Sportler rasch sein Training wieder aufnehmen kann und einsatzbereit ist.

Von entscheidender Bedeutung hierfür ist eine schnelle Befunderhebung und Einleitung der Therapie. Diese erfolgt angepasst an die Art und Schwere der Muskelverletzung.

Kursinfo
VNR-Nummer 2760709124074380014
Zeitraum 08.08.2024 - 07.08.2025
Zertifiziert in D, A
Zertifiziert durch Akademie für Ärztliche Fortbildung Rheinland Pfalz
CME-Punkte 2 Punkte (Kategorie D)
Zielgruppe Ärzte
Referent Dr. Hans-Wilhelm Müller Wohlfahrt
Redaktion CME-Verlag
Veranstaltungstyp Animierter Vortrag (eTutorial)
Lernmaterial Vortrag, Handout (pdf), Lernerfolgskontrolle
Fortbildungspartner Heel GmbH
Bewertung 4.3 (209)

Einleitung

Vor allem im Profisport sind Muskelverletzungen ein häufiges Problem. Sie schnell und genau zu diagnostizieren, ist die Basis einer erfolgreichen Behandlung. Ziel dabei ist es, frühestmöglich die richtigen Behandlungsschritte einzuleiten, um eine rasche Wiederherstellung der vollen Belastbarkeit zu erreichen und zugleich Rezidiven vorzubeugen. Voraussetzung hierfür sind eine sorgfältige Anamnese und Erfassung der Symptome, die Palpation, also das Ertasten der Muskelverletzung, Funktionsprüfungen sowie das Erkennen der Verletzungsursache. Steht die Diagnose, so lässt sich die Behandlungsdauer in aller Regel recht genau voraussagen. Dies ist für den Verletzten von Bedeutung, weil er damit eine Orientierung hinsichtlich der Wiederaufnahme des Trainings und des Wettkampfes bekommt.

Tägliche Palpation

Basis der Diagnostik und Verlaufskontrolle bei Muskelverletzungen ist das tägliche Palpieren des Muskels. Denn nur anhand des Palpationsbefundes ist eine verantwortungsvolle Leitung der Rehabilitation des Sportlers und eine tastbefundabhängige Steigerung der Trainingsbelastung möglich. Denn die Belastungssteigerung darf nicht anhand der Beschwerden gesteuert werden, da die Schmerzen oftmals bereits abklingen, bevor der Heilungsprozess abgeschlossen ist. Erfolgt die Belastung zu früh, so ist das Risiko für weitere Verletzungen deutlich erhöht.

Klassifikation von Muskelverletzungen

Muskelverletzungen wurden in den 1970er-Jahren rein quantitativ unterschieden, und ab den 80er-Jahren konnte auch eine qualitative Differenzierung vorgenommen werden. Inzwischen erfolgt die Klassifikation entsprechend der „Munich-Consensus-Classification” nach Müller-Wohlfahrt. Wesentlich bei diesem Schema ist, dass direkte und indirekte Muskelverletzungen differenziert und erstmals auch zwischen strukturellen und funktionellen – also nicht strukturellen – Verletzungen unterschieden wird. Den strukturellen Verletzungen sind partielle sowie (sub)totale Rupturen zuzuordnen, die funktionellen Verletzungen sind überlastungs- oder neuromuskulär bedingt. Problematisch hinsichtlich der Klassifizierung sind hingegen die radiologische Einteilung von Muskelverletzungen nach Dimmick und Linklater und insbesondere die immer häufiger zur Diagnostik herangezogenen MRT-Befunde. Denn die MRT-Untersuchung führt bei Muskelverletzungen häufig zu Fehldiagnosen. Strukturelle Schäden können ohne adäquate und differenzierte Beachtung der klinischen Präsentation falsch eingeschätzt werden, was damit auch zu einer falschen Therapie führt.

Anamnese

Die Diagnostik fußt primär auf der Anamnese. Dabei ist der Ablauf der Verletzung ebenso wie die Vorsituation dezidiert zu erfragen. Wichtig ist beispielsweise die Frage, wie der Sportler den Schmerz wahrgenommen hat – ob spitz, stumpf oder krampfartig, als schmerzhaftes Ziehen. Hat der Schmerz sich über mehrere Schritte entwickelt oder manifestierte er sich plötzlich einschießend? Gefragt werden sollte ferner nach der Situation vor der Verletzung, dem Aufwärmen und Aufdehnen und den eventuellen Anzeichen einer Muskelermüdung. Es ist außerdem zu eruieren, ob möglicherweise auf ungewohnten Bodenbelägen trainiert wurde, ob die Schuhe gewechselt und eventuell Einlagen vergessen wurden und ob es vielleicht neuartige Trainingsinhalte gab, auf die ein austrainierter und hochempfindlicher Muskel häufiger mit einer Verletzung reagiert. Zudem ist zu erfragen, ob es einen Trainer- oder Vereinswechsel gegeben hat, wie hoch die Trainingsbelastung in den letzten Tagen war, ob die Trainingspausen ausreichend waren und ob es möglicherweise vorbestehende Muskel- oder Sehnenverletzungen im Bereich der Bewegungskette oder ob es das Gefühl einer Bewegungseinschränkung oder sogar Schmerzen in einem benachbarten Gelenk gab. Zu klären ist, ob ein Infekt vorlag, ob die Laborwerte vor der Verletzung unauffällig waren und ob der Sportler nach der Verletzung zu Boden gestürzt ist oder noch langsam weiterlaufen konnte.

Symptomatik der Verletzung

Neurogene Muskelverhärtung

Neurogene Muskelverhärtungen wie auch Muskelzerrungen sind häufige Probleme in der Sportmedizin und zudem nicht einfach voneinander zu differenzieren. Charakteristisch für eine erhöhte Muskelspannung ist, dass sich diese auf die gesamte Länge eines Muskelstranges, manchmal auch einer Muskelgruppe, erstreckt. Es kommt je nach Ursache zu einem Ziehen, einem zunehmenden Spannungsgefühl und schließlich zum Schmerz. Der Sportler beschreibt den Muskel als rigide, unelastisch und verkürzt. Die neurogene Muskelverhärtung dürfte die wohl häufigste Muskelverletzung sein, wegen der ein Sportler sein Training oder Spiel abbrechen muss.

Muskelzerrung

Typisch für die Muskelzerrung ist ein krampfartiger Schmerz, der in aller Regel nicht akut auftritt. Nicht selten versucht der Verletzte trotz der Beschwerden weiterzuspielen. Im langsamen Lauftempo ist das gelegentlich anfangs noch möglich. Bei schnelleren Läufen nimmt der Schmerz aber rasch zu, und es kommt zu einem vermutlich hypoxämischen Schmerz. Dieser betrifft bei der Muskelzerrung nur einen begrenzten Muskelabschnitt.

Muskelfaserriss

Beim Muskelfaserriss gibt der Verletzte meist einen spitzen, nadelstichähnlichen Schmerz an, eventuell auch ein scharfes Brennen. Der Sportler weiß instinktiv, dass ein Weiterspielen nicht möglich ist und nimmt üblicherweise rasch eine Schonhaltung ein.

Muskelbündelriss

Charakteristisch für einen Muskelbündelriss ist ein dumpfer messerstichartiger Schmerz. Der Sportler stürzt zudem als Folge der Verletzung meist zu Boden, was vermutlich durch einen Schutzreflex bedingt ist und eine weitergehende Schädigung abwenden soll. Er benötigt zum Aufstehen fremde Hilfe.

Subtotale und totale Muskelruptur

Bei der subtotalen oder totalen Muskelruptur (Muskelriss) ist der Schmerz üblicherweise ebenfalls so heftig, dass der Verletzte keinen Versuch mehr unternimmt, selbstständig aufzustehen.

Die Untersuchung

Die Untersuchung der Skelettmuskulatur erfordert Erfahrung und ein gutes Einfühlungsvermögen. Zu Beginn der Palpation, die ohne Zeitdruck und in Ruhe ausgeführt werden muss, sollte man sich in die anatomischen Gegebenheiten einfühlen. Aufgrund der Angaben des Patienten zur Verletzung, der Anamnese und der Einschätzung des Untersuchers werden die bei der Palpation gewonnenen Eindrücke mit den jeweiligen Erfahrungen zu den Muskelverletzungsmustern abgeglichen. Darüber hinaus empfiehlt sich eine passive und aktive Funktionsprüfung im gesamten physiologischen Bewegungsbereich. Vor der Untersuchung wird der Patient so gelagert, dass die zu untersuchende Muskulatur entspannt ist, ein zweiter Untersuchungsgang erfolgt in leicht gespanntem Zustand. Zunächst verschafft sich der Untersucher dabei einen differenzierten Eindruck über den Muskeltonus der nicht verletzten Seite, um in etwa den physiologischen Spannungszustand des individuellen Sportlers kennenzulernen. Danach gleitet er wiederholt mit der Hand großflächig über die Verletzungsregion und nimmt Gewebeeindrücke von der Haut, vom Unterhautgewebe, den Faszien und bedingt auch schon von der Muskulatur wahr. Er erfühlt die Temperatur, um dann über die Palpation nach einem bandförmig verkürzten Muskelbündel zu suchen, das gegenüber der umgebenden Muskulatur einen höheren Tonus aufweist. Erfahrungsgemäß befindet sich in diesem Muskelbündel die Verletzung. Die Untersuchung erfolgt mit mittlerem Druck und unter Mitnahme der Haut, wobei die Fingerkuppen auf dem Muskel gleiten. Dabei wird versucht, in dem betroffenen Muskelbündel – gegebenenfalls mit geschlossenen Augen – durch wiederholtes gleitendes Abtasten von proximal nach distal und zurück oder auch quer zum Faserverlauf die Verletzung aufzuspüren. Als zusätzliche Maßnahme zur Palpation kann eine Ultraschalluntersuchung hilfreich sein, kann die Palpation allerdings nicht ersetzen. Die Ultraschalluntersuchung liefert jedoch eine wertvolle Bilddokumentation der Verletzung sowie des Heilungsverlaufes. Mehr und mehr wird heutzutage die Kernspinuntersuchung (MRT) zu Hilfe genommen. Sie ist jedoch bei Minorverletzungen wie der Muskelzerrung, der neurogenen Muskelverhärtung oder dem Muskelfaserriss nicht geeignet. Denn oft „überzeichnet” das MRT die Verletzung. Nicht zu akzeptieren ist außerdem die kernspinbasierte Gradeinteilung der Verletzungsschwere, da sie abhängig ist von der Ausdehnung des Hämatoms bzw. des Ödems. Außerdem werden funktionelle Muskelverletzungen durch das MRT per se nicht erfasst.

Untersuchungsbefunde bei der neurogenen Muskelverhärtung

Bei der neurogenen Muskelverhärtung ist der betroffene Muskelstrang in seiner gesamten Ausdehnung hyperton. Es zeigt sich in ganzer Länge des Muskelstranges ein ödematöser Saum zwischen Muskel und Faszie, der 1 bis 2 mm dick ist und sich wie ein „seifiges” Flüssigkeitspolster anfühlt. Es handelt sich um einen reinen Lymphstau, wobei wahrscheinlich die in der Lymphflüssigkeit enthaltenen Glykosaminoglykane und Proteoglykane die „seifige” Konsistenz vermitteln. Der Muskel reagiert bei der Palpation druckschmerzhaft. Sogar die Haut über der Verletzung kann berührungsschmerzhaft sein. Bei Dehnung verstärkt sich der Schmerz. Von der neurogenen Muskelverhärtung abzugrenzen ist die Muskelverhärtung infolge von Ermüdung. Sie weist – z. B. nach hoher Trainingsbelastung – kein Ödem auf und wird vom Sportler meist erst am nächsten Tag bemerkt.

Genese der neurogenen Muskelverhärtung

Die Ursache für den Hypertonus liegt in einer Fehlinnervation durch den versorgenden motorischen Nerv, der im Bereich der Wirbelsäule bzw. des Iliosakralgelenkes einem mechanischen Reiz ausgesetzt ist (Entrapment) und den Muskel überstimuliert (erhöhte Impulsrate). Die den motorischen Nerv begleitenden mitbetroffenen vegetativen Fasern verursachen eine Dysregulation im Lymphgefäßsystem (Hypothese des Autors). Während die motorischen Fasern durch eine dicke Myelinscheide vor einer leichteren Druckwirkung geschützt sind, haben die marklosen Fasern des vegetativen Nervengeflechts keinen Schutzmantel. Sie sind somit nur wenig geschützt und können im Falle eines Impingements ihre Funktion nicht mehr erfüllen. Daraus resultiert eine Vasodilatation der Blutgefäße und vermutlich auch der Lymphgefäße. Die Folge kann ein Lymphstau sein, der als Flüssigkeitssaum ertastet wird. Der Lymphstau kann sich auch außerhalb der Faszie bilden, erhebliche Ausmaße annehmen und sich als sichtbare Schwellung darstellen. Ursächlich für diesen klinischen Befund sind vermutlich die in der Lymphflüssigkeit enthaltenen Glukosaminoglykane und Proteoglykane, welche Wasser binden. Bei der Palpation reagiert der Muskel druckschmerzhaft. Sogar die Haut über der Verletzungsstelle kann berührungsempfindlich bzw. berührungsschmerzhaft sein. Die Muskelverhärtung infolge von Ermüdung ist klar von der neurogenen Muskelverhärtung abzugrenzen. Sie weist nämlich typischerweise kein Ödem auf.

Untersuchungsbefund bei der Muskelzerrung

Zur Muskelzerrung kommt es zumeist im Bereich des Muskelbauches. Zu ertasten ist die Verletzung als spindelförmige Verdickung in einer Größe von ca. 15 bis 20 cm. Die verletzte Region ist druckschmerzhaft und toleriert anders als strukturelle Verletzungen und die neurogenen Verletzungen eine leichte Dehnung ohne Gegenreaktion. Der Muskeltonus ist im betroffenen Muskelbereich erhöht. Es kommt nicht zur Ödembildung. Mittels eines MRT ist die Verletzung nicht zu erfassen.

Genese der Muskelzerrung

Die Muskelzerrung stellt eine funktionelle, neuromuskuläre und keine strukturelle Verletzung dar. Sie ist wahrscheinlich bedingt durch eine Fehlregulation der Muskelspindeln (Hypothese des Autors). Muskelspindeln sind Propriozeptoren und liegen parallel zur quer gestreiften Muskulatur. Das bedeutet, sie sind für die Wahrnehmung der Stellung und Bewegung des Körpers im Raum zuständig. Daher sind Muskelspindeln für Reize des eigenen lokomotorischen Systems empfindlich. Das Zusammenspiel von Agonisten und Antagonisten ist bei Bewegungsabläufen sehr komplex und muss fortwährend mit Hilfe der Rückmeldung der Propriozeptoren koordiniert werden. Kommt es zu einer schnellen Längenänderung der Muskulatur bei sportartspezifischen Belastungsspitzen, ohne dass die Muskelspindeln darauf vorbereitet sind, droht eine erhöhte Entladungsfrequenz über die Ia-Afferenzen zur Umschaltstation auf Rückenmarksebene. Das verursacht eine Fehlfunktion in den funktionellen Einheiten, die die Agonisten und Antagonisten koordinieren. Einerseits wird dann vom Vorderhorn des Rückenmarks aus über das α-Motoneuron ein erhöhtes Aktionspotential zurück zum Muskel gesandt (zur motorischen Endplatte des Agonisten) und bewirkt hier eine vermehrte Kontraktion der innervierten Muskelfasern. Zugleich werden allerdings auch die Ia-Interneurone stark aktiviert. Im Normalfall bewirken diese über die α-Motoneurone eine reziproke Hemmung der Antagonisten. Bei der Genese der Muskelzerrung aber bleibt die hemmende Wirkung auf die Antagonisten aus. So können sich, beispielsweise nach einem unzureichenden Aufwärmen und Dehnen vor der sportlichen Betätigung, nach plötzlich einsetzenden Schnellkraftbewegungen oder einem scharfen Rhythmuswechsel krampfähnliche Muskelprobleme entwickeln, die anfangs meist noch als Missempfindung (z. B. Kältegefühl) wahrgenommen werden. Bei anhaltender Belastung werden die Missempfindungen intensiver und werden schließlich als Schmerzen wahrgenommen. Wird die sportliche Aktivität intensiviert, erhöht sich der Tonus der Muskelfasern weiter. Der Agonist arbeitet nun gegen den Widerstand des Antagonisten und gerät über einen fortschreitenden Tonusanstieg in einen schmerzhaften, krampfartigen Zustand.

Untersuchungsbefunde des Muskelfaserrisses

Beim Muskelfaserriss kommt es zu Faserunterbrechungen im Millimeterbereich (bis ca. 5 mm). Diese können mit der Fingerkuppe ertastet werden. Initial ist die zu ertastende Lücke mit nur wenig Blut gefüllt, allerdings sammelt sich dann mehr und mehr Blut an. Da die Faszie in der Regel unverletzt ist, es sich also um eine intramuskuläre Verletzung handelt, ist diese schwer mittels Palpation zu fassen. Der Muskelfaserriss ist sehr druckschmerzhaft. Bei einem langstreckigen Ödem entlang des verletzten Muskelstranges hat wahrscheinlich bereits vor der Verletzung eine neurogene Fehlsteuerung des Muskels und des Lymphgefäßsystems vorgelegen. Es kommt in der Folge zu einer anhaltenden Entzündungsreaktion. Die unmittelbar proximal und distal des Muskelfaserrisses gelegenen Anteile des betroffenen Muskelbündels, wie auch der unmittelbar benachbarten Muskelbündel, nehmen nach der Verletzung einen oft wesentlich höheren Tonus an. Dies ist nur per Palpation zu diagnostizieren. Erst wenn die Verletzung verheilt ist und somit die Schutzspannung zurückgeht, ist eine Wiederaufnahme des Trainings ratsam.

Untersuchungsbefunde beim Muskelbündelriss

Ein Muskelbündelriss ereignet sich am ehesten im Muskelsehnenübergangsbereich und ist äußerst druck- und bewegungsschmerzhaft. Er lässt sich bei der Palpation als fingerkuppengroße Lücke (über 5 mm) abgrenzen. Die das Muskelbündel umhüllende Faszie ist meist auch verletzt, und es kann zu einer ausgedehnten Blutung bis in das Unterhautgewebe kommen.

Therapie der Muskelverletzungen

Die Regeneration und Neubildung von Muskelfasern dauert beim Muskelfaserriss etwa zehn bis 14 Tage und beim Muskelbündelriss circa sechs Wochen. Der Heilungsprozess beginnt dabei schon in den ersten Minuten. Da das sich ausbildende Hämatom bei Muskelverletzungen die Heilung behindert, ist eines der Therapieziele eine Minimierung der Blutung. Für alle angeführten Muskelverletzungen gilt:
  • Kein Krafttraining bis zur vollkommenen Ausheilung der Verletzung
  • Kortison wie auch Schmerzmittel kommen nicht zur Anwendung – auch nicht, um die Symptome zu dämpfen bzw. zu unterdrücken

Therapie der neurogenen Muskelverhärtung

Bei der neurogenen Muskelverhärtung ist zunächst eine Infiltration des betroffenen Muskelstranges in ganzer Länge vorzunehmen. Um einen schnellen und anhaltenden Behandlungserfolg zu erzielen, wird danach eine umfassende Therapie der entsprechenden Wirbelsäulensegmente vorgenommen. Dies führt oft unmittelbar zu einer vom Patienten mit Erleichterung aufgenommenen Entspannung im schmerzverursachenden Muskel. In aller Regel kann nach zwei Tagen wieder trainiert werden.

Therapie der Muskelzerrung

Zu den ersten physikalischen Maßnahmen ist eine Infiltrationstherapie über mehrere Nadeln in den verletzten Muskelstrang empfehlenswert. Ziel dabei ist es, über eine Blockade der Innervation eine isometrische Detonisierung zu bewirken sowie eine Verbesserung der Durchblutung und des Energiestoffwechsels im Verletzungsbereich zu erreichen. Wenn nötig, wird die Infiltrationstherapie am folgenden Tag wiederholt. Sinnvoll ist ein Lauftraining im schmerzfreien Bereich ab dem ersten, spätestens ab dem zweiten Tag nach der Verletzung. Der infolge einer neuromuskulären Fehlschaltung verletzte Muskel wird so in seiner Funktion geschult und damit schneller wieder an seine übliche Leistungsfähigkeit herangeführt. Eine Muskelverhärtung durch eine hohe Trainingsbelastung lässt sich dagegen sehr gut durch physikalische Anwendungen in Kombination mit Massagen lockern.

Therapie des Muskelfaserrisses

Beim Muskelfaserriss dient die Erstbehandlung (Hot Ice, Kompression, Hochlagerung) dazu, die Blutung zu minimieren, um die Einwirkung strukturschädigender proteolytischer Enzyme auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Ein weiteres Ziel ist es, unerwünschten Entzündungsreaktionen entgegenzuwirken, Verklebungen zu verhindern und die innerhalb kurzer Zeit einsetzende Tonuserhöhung abzuwenden. Das kann die Ausheilung der Verletzung fördern. Dazu kann auch die Infiltrationstherapie beitragen. Zur Primärversorgung einer Muskelverletzung gehört ein großflächig angelegter Druckverband, der immer wieder mit Eiswasser getränkt wird, sogenanntes Hot Ice. Der Druckverband darf frühestens nach 20 Minuten kurz gelöst werden, um dann erneut wieder angelegt zu werden. Erfahrungsgemäß kann jede versäumte Minute bei der Primärversorgung einen Tag Zeitverlust bei der Heilung bedeuten. Diese Faustregel gilt bis zehn Minuten. Die Infiltrationstherapie sollte unmittelbar nach der Erstversorgung sowie am zweiten und am vierten Tag nach der Verletzung erfolgen. Sie kann den Muskeltonus normalisieren und damit die Blutversorgung und -entsorgung optimieren, den lokalen Energie- und Strukturstoffwechsel unterstützen und die Entzündungsreaktion gering halten sowie bestehende Verklebungen lösen. Hierzu wird exakt in das Verletzungszentrum sowie proximal und distal dazu über etwa fünf bis sieben Nadeln eine Kombination aus einem natürlichen Arzneimittel aus definierten Extrakten von Arzneipflanzen (Multikomponentenpräparat) mit einem Präparat aus essenziellen Aminosäuren (1,0 %ig) nahezu schmerzfrei in das Muskelbündel eingebracht. Ferner wird der Sportler mit Zink, Magnesium, Enzymen und den Vitaminen A, C und E zur Heilungsförderung versorgt. Mit dem Lauftraining im Ausdauerlauf tempo wird je nach Tastbefund am fünften bis sechsten Tag nach der Verletzung (20 Minuten lang) begonnen. Das Training wird in seiner Intensität nach etwa zehn bis 14 Tagen bis zur Maximalbelastung gesteigert. Danach kann zum Beispiel mit dem Balltraining begonnen werden, da sich dann bereits neue Muskelfasern gebildet haben. Es verbleibt nach Ausheilung des Muskelfaserrisses kein Narbengewebe.

Therapie des Muskelbündelrisses

Die Erstversorgung, die Infiltrationstherapie sowie die Gabe der Vitamine A, C und E, Zink, Magnesium, Enzymen entspricht dem Vorgehen beim Muskelfaserriss. Aufgrund der Schwere der Verletzung ist eine vollkommene Entlastung für zehn bis 14 Tage wichtig. Hierzu sind Gehstützen, eine Hochlagerung sowie ein entlastender Tapeverband ratsam. Es ist ferner eine Thromboseprophylaxe und eine begleitende Lymphdrainage in Betracht zu ziehen. Ab dem siebten Tag wird mit tonussenkenden Muskelmassagen proximal und distal der Verletzung begonnen, und es gilt, Verklebungen vorzubeugen. Nach vier Wochen kann bei Fortführung der Massageanwendungen mit dem Fahrradergometertraining begonnen werden, wobei initial eine niedrige Belastungsstufe zu wählen ist. Je nach Ergebnis der Palpation kann sich nach fünf Wochen ein Lauftraining für etwa zehn Tage mit zunehmender Intensität anschließen. Danach ist das gewohnte Leistungstraining wieder möglich. Im Gegensatz zum Muskelfaserriss hinterlässt der Muskelbündelriss Narbengewebe.

Die Bedeutung der Wirbelsäule bei der Genese von Muskelfaserrissen

Etwa 90 % aller Muskelfaserrisse sind durch Schäden oder auch Dysfunktionen im Bereich der Wirbelsäule oder der Iliosakralgelenke bedingt. Sie können zu Nervenwurzelirritationen führen, was wiederum eine Nervenimpulsabgabe an den Muskeln steigern kann. Der Muskel kann dadurch übersteuert werden, wird folglich unelastisch und rigide werden, was das Verletzungsrisiko erhöht. Gegebenenfalls muss eine spinale Dysfunktion mitbehandelt werden. Um zu ermitteln, in welchem Segment der Wirbelsäule die Störquelle liegt, sind Wirbelsäulen- und Beckenröntgenaufnahmen im Stehen hilfreich. Alternativ sind Funktionsaufnahmen der Wirbelsäule, MRT, CT, Szintigrafie, EMG sowie Laboruntersuchungen (z. B. HLA-B27, Harnsäure, Streptokokken- und Staphylokokken-Titer, Zink, Magnesium, Eisen, Kupfer und Vitamin D3) möglich. Liegt eine funktionelle Fehlhaltung oder ein funktionelles Fehlverhalten vor, so spricht das für eine Bandscheibenursache, eine Wirbelgelenkblockierung, eine Entzündung im Bereich der Gelenke, Bänder, Muskulatur, eine Instabilität, eine Hypermobilität oder Hypomobilität oder einen Beckenschiefstand. Alle ursächlich infrage kommenden Dysfunktionen werden gleichzeitig behandelt, zunächst mit einer Infiltrationstherapie zur Segmentlockerung, Muskeltonusnormalisierung und Schmerzlinderung. Anschließend ist je nach Befund eine weitere Behandlung mittels manueller Therapie, Massagen und eventuell der Osteopathie sowie krankengymnastischer Übungsbehandlung zur Erhaltung der Mobilität und Verbesserung der Stabilität angezeigt. Da die Mobilitätsstörung meist mehrere Wirbelgelenke betrifft und auch der Muskelhartspann sich häufig über mehrere Segmente erstreckt, werden Infiltrationen (epidural, paravertebral, intrakapsulär) meist im Bereich von zwei bis drei Segmenten durchgeführt. Die paravertebralen Infiltrationen werden symmetrisch beidseits der Wirbelsäule appliziert, um bei der hohen Effizienz dieser Behandlung eine Dysbalance im betroffenen Segment zu vermeiden bzw. auszugleichen.

Molekularbiologische Therapie

Multikomponentenarzneimittel Tr14

Das Arzneimittel kann bei aktivierten menschlichen Lymphozyten die Sekretion von Entzündungsmediatoren (IL-1beta, TNF-alpha, IL-8) bis zu 70 % inhibieren. Darüber hinaus ist bekannt, dass bestimmte pflanzliche Bestandteile des Präparates die Lymphozyten zur Synthese und Freisetzung des antientzündlichen Zytokins TGF-β anregen und dass Glykoproteine aus bestimmten Heilpflanzen den Einstrom von Entzündungszellen und ihren Mediatoren bremsen. Bei einer großangelegten Untersuchung mit RNA-Sequenzierung zeigte sich, dass Tr14 in Wund heilungs- und Entzündungsprozesse eingreift und die Expression von über 100 Genen anregt, die an diesen Prozessen maßgeblich beteiligt sind. Zusätzlich kann die mit einer Entzündung einhergehende azidotische Situation durch die alkalisierende Wirkung gepuffert und so der pH-Wert neutralisiert werden. Dadurch wird die Wirkung der zusätzlich verabreichten Medikamente erheblich verbessert. Tier experimentell konnte in vivo gezeigt werden, dass die Kombination von Tr14 mit einem Präparat aus essenziellen Aminosäuren die Muskelregeneration anregt.

Präparat mit essenziellen Aminosäuren

Bei dem Präparat handelt es sich um eine physiologisch ausgewogene Mischung hydrolysierter, essenzieller Aminosäuren, die über eine Mikrofiltration aus Kälberblut gewonnen wird. Die Aminosäuren werden sowohl in den glykoplastischen Energie- als auch in den Reparaturstoffwechsel der verletzten Muskelfasersysteme eingeschleust. Nach dem Dopingreglement der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) besteht kein Verbot für die Verwendung von eiweißfreiem Kälberblutextrakt. Das Präparat fördert den Heilungsprozess bei Muskelverletzungen über eine nachgewiesene Aktivierung der Satellitenzellen auf den Muskelzellmembranen, sodass die Neubildung von Muskelfasern angeregt wird und eine Narbenbildung aus Kollagenfasern ausbleibt. Es besteht ferner eine entzündungshemmende Wirkung.

Vitamine A, C und E

Bei strukturellen Muskelverletzungen kann durch die antioxidativ wirkenden Vitamine A, C und E die Kapazität von Radikalfängern lokal und systemisch verbessert werden. Dadurch können verletzungsbedingt freigesetzte „freie Radikale” abgefangen werden, was mit dazu beitragen kann, Zellmembranschäden zu begrenzen.

Zink

Es ist ferner sinnvoll, auch Zink zu verabreichen, da der Zinkspiegel im Rahmen der Akutphasenreaktion im Verletzungsfall stark absinken kann. Denn Zinkionen sind essenziell für die Proteinbiosynthese aus Aminosäuren. Zink stabilisiert außerdem die synthesefördernde Ribonukleinsäure (RNS), wirkt als Radikalfänger im Verletzungsgebiet und ist an der Phagozytose der Granulozyten beteiligt. Zink wird intravenös und im weiteren Verlauf per os zur Förderung der Proteinsynthese eingesetzt.

Magnesium

Als Folge der Verletzung werden vermehrt Mineralokortikoide freigesetzt, sodass die Elektrolyt- und Spurenelementverluste stärker sind als bei der sportüblichen Akutphasenreaktion. Daher ist es sinnvoll, zusätzlich auch Magnesium zu verabreichen, da ansonsten der Stoffwechsel der energiereichen Muskelphosphate beeinträchtigt sein kann.

Enzyme

Nach Muskelverletzungen kommt es in aller Regel zu einer Entzündungsreaktion im Gewebe. Um diese auf ein physiologisches Maß zu beschränken, ist die orale Einnahme von fibrinolytischen und entzündungshemmenden Enzymen sinnvoll. Die dadurch bedingte Fibrinolyse und Proteolyse reduziert die Freisetzung von Entzündungsmediatoren und verkürzt die entzündliche Phase, sodass eine raschere Heilung erfolgt.

Fazit

Bei der Behandlung von Muskelverletzungen ist insbesondere bei Profisportlern ein rasches und strukturiertes Vorgehen entscheidend, um die Heilung und Regeneration zu fördern. Basis hierfür sind eine sorgfältige Anamnese und eine tägliche Palpation der verletzten Muskelregion sowie funktionelle Untersuchungen. Die Behandlung erfolgt adaptiert an die Art und Schwere der Verletzung. Zentrale Bedeutung hat dabei die Infiltrationstherapie. Zusätzlich ist eine Behandlung mit den Vitaminen A, C, E, mit Zink, Magnesium und Enzymen zur Heilungsförderung hilfreich.

Literatur

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