Therapie des diabetischen Makulaödems im Wandel – ein Update

Diabetes mellitus ist auf dem Vormarsch: Schon heute ist jeder 11. Erwachsene von Diabetes mellitus betroffen – Tendenz steigend. Das hat auch für die Augenheilkunde weitreichende Folgen: So ist die diabetische Retinopathie (DR) eine der häufigsten Erblindungsursachen bei Menschen im erwerbsfähigen Alter. Hauptursache für einen Visusverlust bei DR ist das diabetische Makulaödem (DMÖ), das in jedem Stadium einer DR auftreten kann.

Eine rechtzeitige, effektive Therapie ist außerordentlich wichtig, um die Seh- und Erwerbsfähigkeit der betroffenen Patienten möglichst langfristig zu erhalten. Als First-Line-Therapie kommen Anti-VEGF-Injektionen bzw. bei einem DMÖ ohne foveale Beteiligung auch eine Laserkoagulation zum Einsatz. Gleichwohl hat die Kortikosteroid-Therapie – auch aufgrund ihres multifaktoriellen Wirkmechanismus – zunehmend an Bedeutung gewonnen. Aktuelle Real-World-Studien belegen, dass viele Patienten selbst nach intensiver Vorbehandlung mit Kortikosteroid-Implantaten eine Verbesserung oder Stabilisierung ihres Sehvermögens erreichen.

Erfahren Sie hier, wie sich die in Deutschland zugelassenen Kortikosteroid-Implantate unterscheiden, bei welchen Patientengruppen ihr Einsatz auch als First-Line-Therapie erwogen werden kann und wann ein Therapiewechsel erfolgen sollte.

Prof. Dr. Albert J. Augustin
Die diabetische Augenerkrankung ist die häufigste Erblindungsursache bei jüngeren Menschen.

Kursinfo
VNR-Nummer 2760709122079710011
Zeitraum 12.09.2022 - 11.09.2023
Zertifiziert in D, AT, CH
Zertifiziert durch Akademie für Ärztliche Fortbildung Rheinland Pfalz
CME-Punkte Fortbildung abgelaufen
Zielgruppe Ärzte
Referent Prof. Dr. Albert J. Augustin
Redaktion CME-Verlag
Veranstaltungstyp Animierter Vortrag (eTutorial)
Lernmaterial Vortrag, Handout (pdf), Lernerfolgskontrolle
Fortbildungspartner Alimera Sciences Ophthalmologie GmbH
Bewertung 4.4 (265)

Einleitung

Diabetes mellitus ist auf dem Vormarsch: Schon heute sind weltweit über 420 Millionen Menschen, d. h. jeder 11. Erwachsene, von Diabetes mellitus betroffen – und die Tendenz ist steigend [1]. So wird etwa in Europa bis zum Jahr 2045 mit einem weiteren Anstieg der Diabeteserkrankungen um 16 % gerechnet [2]. Insbesondere der Typ-2-Diabetes, der sogenannte „Altersdiabetes“, der eng mit Fettleibigkeit sowie körperlicher Inaktivität einhergeht und auf eine komplexe Pathophysiologie zurückzuführen ist, macht die Mehrheit der Menschen mit Diabetes mellitus weltweit aus [3]. Das hat auch für die Augenheilkunde weitreichende Folgen, denn vor allem nach längerer Dauer und bei schlechter Stoffwechsellage verursacht ein Diabetes mellitus makro- und mikroangiopathische Schäden. Diese können auch die Retina betreffen. So ist die diabetische Retinopathie (DR) die häufigste mikrovaskuläre Komplikation des Diabetes mellitus und gleichzeitig eine der weltweit häufigsten Erblindungsursachen bei Menschen im erwerbsfähigen Alter [4–6].

Diabetisches Makulaödem (DMÖ) beeinträchtigt Sehvermögen erheblich

Hauptursache für einen Visusverlust bei DR ist das diabetische Makulaödem (DMÖ), das in jedem Stadium einer DR auftreten und zu ausgeprägten Sehbeeinträchtigungen führen kann [7]. Es zeichnet sich aus durch Kapillarleckagen, Flüssigkeitsansammlungen und eine Zunahme der Makuladicke als Folge einer gestörten Blut-Retina-Schranke der perifoveolären Gefäße. Ist das Makulazentrum (d. h. die Fovea und damit das Sehvermögen) durch das Ödem gefährdet oder bereits direkt betroffen, so liegt ein klinisch signifikantes DMÖ vor [8,9]. Gemäß einer großen Metaanalyse mit mehr als 14.000 Patienten sind 7,5 % aller Diabetiker zwischen 20 und 79 Jahren von einem klinisch signifikanten DMÖ betroffen [6]. Je nach Ausprägung kann ein DMÖ ein deutlich herabgesetztes oder verzerrtes Sehvermögen verursachen. Es kann insbesondere die Fähigkeit zu lesen, Auto zu fahren oder Feinarbeiten zu erledigen beeinträchtigen [3] und schränkt somit die Lebensqualität der – meist erwerbstätigen – Patienten nachhaltig ein [2,11]. Da zudem ein längerfristig bestehendes Ödem zu retinalen Schädigungen mit irreversiblem Zellverlust führt, sind eine rechtzeitige Diagnose und der Einsatz effektiver Therapieoptionen außerordentlich wichtig, um die Seh- und damit auch die Erwerbsfähigkeit der betroffenen Patienten möglichst langfristig zu erhalten [20].

Pathophysiologie des DMÖ – hohe entzündliche Komponente

Der Zusammenhang von Diabetes mellitus und hoher Entzündungsaktivität – und dementsprechend auch die inflammatorische Komponente von diabetischen Folgeerkrankungen wie DR oder DMÖ – wurde in den letzten Jahren zunehmend besser verstanden. Patienten mit Typ-2-Diabetes weisen einen grundsätzlich erhöhten Entzündungsstatus auf, der u. a. durch eine massive, endokrine proinflammatorische Aktivität des viszeralen Fettgewebes getriggert wird [12]. Im Bauchfett gebildete Entzündungsparameter entfalten im gesamten Körper ihre Wirkung und rufen eine chronisch systemische Inflammation hervor. Und auch in der komplexen Pathogenese des DMÖ scheint ein chronischer Entzündungsprozess eine maßgebliche Rolle zu spielen [13]: Nach aktuellem Verständnis (Abbildung 1) kommt es in der Netzhaut durch einen chronisch erhöhten Blutzuckerspiegel zur Entzündungsreaktion und Ausschüttung proinflammatorischer Moleküle wie u.a. vaskuläre endotheliale Wachstumsfaktoren (VEGF), Interleukin-6 (IL-6) und Interleukin-8 (IL-8) [14,15]. Dies resultiert in gesteigerter Gefäßpermeabilität sowie endothelialer Dysfunktion und führt schließlich zum Zusammenbruch der Blut-Retina-Schranke. Die dadurch gestörte Flüssigkeitsregulation der perifoveolären Gefäße zieht schließlich die Bildung eines Ödems nach sich. Gleichzeitig induziert der erhöhte Blutzuckerspiegel auch oxidativen Stress sowie eine retinale Ischämie, die ebenfalls zur Entstehung und Progression eines DMÖ beitragen. Zudem führt die oben beschriebene Ausschüttung proinflammatorischer Moleküle zu einer Aktivierung von Glia- und Müller-Zellen. Diese regen die Zytokinproduktion weiter an und bedingen so eine Verstärkung der Entzündungsreaktion [13]. Es wurde gezeigt, dass die Konzentration von Entzündungsmediatoren wie z. B. IL-6 und IL-8 im Kammerwasser mit zunehmendem Schweregrad der DR ansteigt, während sich die VEGF-Konzentration mit unterschiedlicher DR-Schwere nicht signifikant verändert [16]. Basierend auf diesem pathophysiologischen Verständnis ist daher zur Behandlung eines DMÖ sowohl der Einsatz von Anti-VEGF-Injektionen als auch von antiinflammatorischen Therapieansätzen wie der Injektion von Kortikosteroid-Implantaten gut begründet.

Aktuelle Therapieoptionen bei klinisch signifikantem DMÖ

Derzeit stehen je nach Ausprägung und Dauer der Erkrankung verschiedene Therapien zur Behandlung des DMÖ zur Verfügung [9,17]. Wichtig für den Erfolg sämtlicher Therapieoptionen ist, dass der zugrunde liegende Diabetes mellitus behandelt und Blutzucker sowie ggf. Blutdruck gut eingestellt sind [18]. Liegt ein klinisch signifikantes DMÖ ohne Beteiligung der Fovea vor, kann eine Laserbehandlung erwogen werden. Diese kann das Risiko einer weiteren schweren Sehminderung etwa halbieren, zielt allerdings in erster Linie auf eine Visusstabilisierung ab [19,20]. Hinsichtlich eines DMÖ mit fovealer Beteiligung bieten intravitreale Injektionen von VEGF-Inhibitoren oder Kortikosteroid-Implantaten erheblich verbesserte Chancen, die auf eine Rückbildung des DMÖ und eine Visusverbesserung abzielen [18,20]. Eine Übersicht der Wirkstoffe zur intravitrealen Injektion (IVOM) ist in Tabelle 1 dargestellt. In der aktuellen Stellungnahme der Fachgesellschaften aus dem Jahr 2013, die derzeit überarbeitet werden, werden als First-Line-Therapie des DMÖ mit Foveabeteiligung Anti-VEGF-Injektionen und/oder Lasertherapie empfohlen. Eine intravitreale Kortikosteroid-Gabe wird vor allem aufgrund der Begünstigung einer Kataraktentwicklung und einem möglichen Augeninnendruckanstieg als Second-Line-Therapie genannt [17]. Gleichwohl bieten die Kortikosteroide aufgrund ihrer längeren Wirkdauer den Vorteil einer geringeren Behandlungsfrequenz und stellen daher eine geringere Belastung für die Patienten dar: Während Anti-VEGF-Präparate je nach Therapieschemata bis zu 12-mal jährlich injiziert werden müssen, liegen die Behandlungsintervalle der Kortikosteroide je nach Präparat zwischen 3 Monaten und 3 Jahren [F1-F5].

Kortikosteroid-Therapie gewinnt an Bedeutung

In den letzten Jahren ist die Kortikosteroid-Therapie zur DMÖ-Behandlung zunehmend in den Fokus gerückt [15]. Gründe dafür sind – trotz guter Erfolge – die Grenzen der Anti-VEGF-Therapie im Klinikalltag einerseits sowie ein zunehmend besseres Verständnis des multifaktoriellen Wirkmechanismus der Kortikosteroide und deren geringere Behandlungsfrequenz andererseits. Zwar haben zahlreiche randomisiert kontrollierte Studien unter Anti-VEGF-Therapie deutliche Verbesserungen des Sehvermögens sowie eine Reduktion der Makuladicke belegt [21–25]. So wurde beispielsweise in einer DRCR.net-Vergleichsstudie mit 660 DMÖ-Patienten in 30 bis 40 % der Fälle eine relevante Sehverbesserung um mindestens 3 Zeilen erzielt [26]. Allerdings wurden die guten Ergebnisse nur unter einer hohen Behandlungsfrequenz erreicht: in den RIDE- und RISE-Studien erfolgten über einen Zeitraum von 3 Jahren monatliche Injektionen und in der o. g. Vergleichsstudie wurden immerhin noch 15 bis 16 Injektionen in 2 Jahren durchgeführt [21,26]. In der Praxis stellen diese häufigen Injektionsintervalle allerdings eine erhebliche Belastung dar, sowohl für die behandelnden Ärzte als auch für die – mit Arztbesuchen meist ohnehin schon stark belasteten – Diabetespatienten. Dies wiederum kann zu mangelhafter Therapieadhärenz und erheblicher Untertherapie führen, sodass die Studienergebnisse im klinischen Alltag meist nicht erreicht werden [27–29]. Zudem sprechen selbst innerhalb klinischer Studien nicht alle Patienten ausreichend auf die Anti-VEGF-Therapie an: So lag im DRCR.net-Protokoll I der Visusgewinn bei 40 % der Augen bei unter 1 Zeile, und im DRCR.net-Protokoll T wiesen je nach Anti-VEGF-Präparat 34 bis 64 % der behandelten Augen noch eine zentrale Netzhautdicke von =250 µm und damit ein persistierendes DMÖ auf [30]. Ein möglicher Grund für das unzureichende Ansprechen mancher Patienten ist, dass die Anti-VEGF-Therapie nur eine – wenn auch wichtige – Komponente der DMÖ-Erkrankung adressiert [18,30]. Kortikosteroide hingegen weisen einen multifaktoriellen Wirkansatz auf: Sie verbessern die Gefäßintegrität und beeinflussen die inflammatorische Komponente der Erkrankung umfassender, indem sie auf multiple Entzündungsmediatoren wirken [18,31,32]. So wurde unter Kortikosteroid-Therapie die Kammerwasserkonzentration sowohl von VEGF als auch von verschiedenen Entzündungsmediatoren signifikant reduziert, wohingegen unter Anti-VEGF-Therapie nur die VEGF-Werte signifikant gesenkt wurden (Abbildung 2) [31]. Es gilt als gesichert, dass Kortikosteroide zusätzlich zu ihrer antiinflammatorischen Wirkung auch eine antiödematöse Wirkung und eine Reduktion der VEGF-Expression hervorrufen [33]. Insbesondere der breite Wirkansatz der Kortikosteroid-Therapie auf eine Vielzahl verschiedener Entzündungsmediatoren trägt zu einem effektiven Management von entzündlichen Erkrankungen wie DR oder DME bei und hat dazu geführt, dass die Kortikosteroid-Therapie zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Kortikosteroid-Therapie – wann und für welche Patienten?

Aufgrund ihres multifaktoriellen Wirkansatzes kann die Kortikosteroid-Therapie selbst bei Non-Respondern einer Anti-VEGF-Therapie oft noch zu einem Behandlungserfolg führen. Wesentlich dafür ist ein rechtzeitiger Wechsel auf die Kortikosteroid-Therapie. In der Regel kann bereits nach 3 Anti-VEGF-Injektionen der zu erwartende Therapieerfolg abgeschätzt werden [15,34]. Bleibt eine Visusbesserung aus, kann bereits dann der Wechsel auf eine Kortikosteroid-Therapie erfolgen, um den bestmöglichen Behandlungserfolg zu erreichen, wie zwei retrospektive Studien nahelegen [35,36]. Auch die europäische Leitlinie empfiehlt, bei unzureichender Visusbesserung bereits nach 3 bis 6 Anti-VEGF-Injektionen (je nach individuellem Ansprechen des Patienten) auf eine Kortikosteroid-Therapie umzustellen [18]. Bei Patienten mit hohem kardiovaskulären Risiko ist eine Kortikosteroid-Therapie sogar als First-Line-Therapie zu erwägen, da für Patienten mit Anti-VEGF Therapie möglicherweise ein erhöhtes Risiko für einen Schlaganfall besteht, wie die europäischen Leitlinien festhalten [18]. Daher gilt es, schon bei der Planung der DMÖ-Therapie zu bedenken, dass bereits beim Vorliegen einer Glukoseintoleranz das Risiko für Herzkreislauferkrankungen um etwa 80 % erhöht ist [37]. Weiterhin kann auch bei Patienten mit schlechter Therapieadhärenz, die nicht bereit oder in der Lage sind, die initialen monatlichen Anti-VEGF-Injektionen einzuhalten, eine Kortikosteroid-Therapie als First-Line-Therapie erwogen werden, um den Behandlungserfolg zu sichern [18]. Aufgrund der erhöhten Neigung zur Kataraktentwicklung ist die Kortikosteroid-Therapie bevorzugt bei Pseudophakie oder absehbarer Kataraktoperation anzuwenden [18]. Ist eine Kortikosteroid-Therapie geplant, sollten alle Patienten über einen möglichen Augeninnendruckanstieg bzw. eine Kataraktentwicklung informiert und auf die Bedeutung regelmäßiger Kontrollen hingewiesen werden. Insbesondere bei jüngeren Patienten sollten diese Nebenwirkungen sorgfältig gegenüber einem irreversiblen Netzhautschaden bzw. einer Visusbeeinträchtigung durch das DMÖ abgewogen werden. Dabei ist auch zu bedenken, dass sich ein Augeninnendruckanstieg meist medikamentös gut behandeln lässt, bei Diabetikern das Kataraktrisiko ohnehin um 20 % erhöht ist und sie nach Kunstlinsenimplantation in der Regel wieder den Visus vor Kataraktentwicklung erreichen [15].

Kortikosteroide im Vergleich

In Europa sind zwei intravitreal injizierbare Kortikosteroid-Präparate zur DMÖ-Behandlung zugelassen, die sich hinsichtlich ihrer Konzentration, Pharmakokinetik und erforderlichen Behandlungsfrequenz unterscheiden (Tabelle 1). Bei einem Präparat liegen 700 µg Dexamethason an eine bioerodierende Matrix gebunden vor, die den Wirkstoff innerhalb von 3 bis 6 Monaten (mit einem maximalen Spiegel nach 6 Wochen) freisetzt [38]. Klinisch wirksam ist das Implantat in der Regel für 3 bis 4 Monate [39]. Bei dem anderen Präparat werden 190 µg Fluocinolonacetonid aus einem biologisch inerten Implantat über einen Zeitraum von bis zu 3 Jahren in therapeutischen Dosen von 0,2 µg/Tag kontrolliert freigesetzt. Diese lang anhaltende Wirkdauer von bis zu 3 Jahren bei nur geringer Wirkstoffmenge lässt sich mit der lokalen Pharmakokinetik von Fluocinolonacetonid und seiner im Vergleich zu Dexamethason um den Faktor 10 höheren Affinität für den Kortikosteroid-Rezeptor erklären [40–42]. Für die diabetischen Patienten, die in der Regel zusätzlich an weiteren chronischen, behandlungsbedürftigen Komorbiditäten leiden und ohnehin sehr stark mit Arztbesuchen belastet sind, stellt diese lange Wirkdauer und die damit einhergehende geringe Behandlungsfrequenz eine ganz erhebliche Entlastung dar [43]. Mit beiden Präparaten wurden in randomisiert kontrollierten Phase-III-Studien über eine Studiendauer von 3 Jahren signifikante Visussteigerungen erzielt (Tabelle 2). So verbesserte sich das Sehvermögen unter Dexamethason bei 22,2 % der Patienten um mehr als 3 Zeilen [44]. Eine Analyse der Subgruppe mit Vorbehandlungen aufgrund längerer Krankheitsdauer lieferte vergleichbare Ergebnisse [45]. Unter Fluocinolonacetonid erreichten 28,7% der Patienten nach 3 Jahren Visussteigerungen um mehr als 3 Zeilen [46]. Noch ausgeprägter waren die Visusgewinne in der Subgruppe mit chronischem DMÖ (cDMÖ): Hier verbesserte sich das Sehvermögen bei 34 % der Patienten um mehr als 3 Zeilen [42]. Die Visusverbesserungen gingen bei beiden Wirkstoffen einher mit einer signifikanten Abnahme der zentralen Netzhautdicke, wobei unter Dexamethason mehr Schwankungen der Netzhautdicke beobachtet wurden (Abbildung 3) [46,47]. Diese unter Fluocinolon beobachtete höhere Retinastabilität stellt möglicherweise weniger Stress für die Netzhaut dar. Die bereits beschriebenen Kortikosteroid-typischen, okulären Nebenwirkungen wie Kataraktentstehung und Augeninnendruckanstieg wurden unter beiden Wirkstoffen beobachtet, ließen sich aber in der Regel gut beherrschen.

Hohe Leistungsfähigkeit der Kortikosteroide im klinischen Alltag

Auch im Klinikalltag wird die in klinischen Studien belegte Wirksamkeit und Sicherheit der Kortikosteroid-Implantate erreicht – und dies selbst bei intensiv vorbehandelten oder vitrektomierten Patienten, die in der Regel nur schwer zu therapieren sind [48–53]. Wie positiv sich der Wechsel auf eine Kortikosteroid-Therapie für DMÖ-Patienten auswirken kann, die nicht ausreichend auf andere Therapien ansprechen, unterstreichen gleich zwei aktuelle Studien aus dem Klinikalltag: So zeigt eine Zwischenauswertung (563 Augen, mittlere DMÖ-Dauer 4,5 Jahre) der auf 5 Jahre angelegten prospektiven IRISS-Studie, dass sich bei 75 % der Augen 1 Jahr nach Fluocinolonacetonid-Injektion das Sehvermögen verbessert oder stabilisiert hat. Über ein Viertel der behandelten Augen erreichten einen Visus von = 0,5 [53]. Dabei fielen die Visussteigerungen bei Augen mit kurzfristigem chronischen DMÖ im Mittel stärker aus als bei Augen mit längerfristigem chronischen DMÖ (Abbildung 4). Dies unterstreicht die Bedeutung eines frühzeitigen Therapiewechsels, da dieser mit einem besseren funktionalen Ergebnis verbunden ist. Zudem bestätigen die Ergebnisse das in den Zulassungsstudien ermittelte Sicherheitsprofil – und dies trotz stärker vorgeschädigter Patientenpopulation: Über die gesamte Nachbeobachtungszeit (im Mittel: 471 Tage) lag der mittlere Augeninnendruck der Gesamtpopulation im Normbereich, die überwiegende Mehrheit der Patienten (76,7 %) benötigte keine drucksenkende Therapie. Auch die Zwischenauswertung einer multizentrischen, retrospektiven Analyse von 100 Patienten mit chronischem DMÖ in Deutschland, die trotz intensiver Vorbehandlungen mit Anti-VEGF- und anderen DMÖ-Therapien nur suboptimale Ergebnisse erzielt hatten, belegt nach Behandlung mit einem einzigen Fluocinolonacetonid-Implantat nachhaltige Verbesserungen von bis zu 36 Monaten [52].

Fazit

Mit den Kortikosteroid-Implantaten steht somit für DMÖ-Patienten bei unzureichendem Ansprechen auf die First-Line-Therapie eine wirksame Second-Line-Therapie zur Verfügung, mit der sich auch im klinischen Alltag bei einem relevanten Anteil der Patienten selbst nach intensiver Vorbehandlung eine Verbesserung oder Stabilisierung des Sehvermögens erzielen lässt. Die Langzeitwirksamkeit des Fluocinolonacetonid-Implantates mit einer Wirkungsdauer von bis zu 3 Jahren bestätigt sich auch im Klinikalltag.