Psoriasis und Psychosoziale Belastung

Die Psoriasis ist eine zumeist schubartig verlaufende chronische Hauterkrankung. Sie zeichnet sich nicht nur durch körperliche Symptome, sondern auch durch eine verminderte Lebensqualität und eine gehäufte Prävalenz psychischer Störungen aus. Insbesondere Patientinnen und Patienten mit schwerer Psoriasis leiden signifikant häufiger unter Depressionen, Angststörungen und Suizidalität. Betroffene erleben die Erkrankung oftmals als stigmatisierend und erfahren Diskriminierung so dass soziale Isolation als Folge resultiert. Neben der Krankheitsverarbeitung kann psychischer Stress nachweislich Psoriasis-Schübe triggern und die Prognose beeinflussen.

In den letzten Jahren haben neue Immuntherapien die Behandlungsoptionen für die mittelschwere bis schwere Psoriasis wesentlich erweitert, dazu gehören u. a. die Interleukin(IL)-23 und IL-17-Inhibitoren. Diese modernen Therapeutika weisen eine hohe Wirksamkeit und gute Verträglichkeit auf. Sie bieten auch hinsichtlich depressiver Symptome bei Psoriasis einen Vorteil, da die psychosozialen Folgestörungen sich durch die Symptomreduktion und die damit einhergehende Entzündungsreduktion verbessern.

Kursinfo
VNR-Nummer 2760709124037300018
Zeitraum 22.03.2024 - 21.03.2025
Zertifiziert in D, A
Zertifiziert durch Akademie für Ärztliche Fortbildung Rheinland Pfalz
CME-Punkte 2 Punkte (Kategorie D)
Zielgruppe Ärzte
Referent Prof. Dr. Uwe Gieler
Redaktion CME-Verlag
Veranstaltungstyp Webcast
Lernmaterial Vortrag, Handout (pdf), Lernerfolgskontrolle
Fortbildungspartner LEO Pharma GmbH
Bewertung 4.2 (190)

Einleitung

Die Psoriasis (Schuppenflechte) ist eine chronisch entzündliche papulosquamöse Hauterkrankung mit variabler klinischer Präsentation. Sie verläuft zumeist schubartig. Pathogenetisch liegt der Psoriasis eine polygene Prädisposition in Zusammenspiel mit einer Exposition gegenüber externen Faktoren wie Traumata, Stress, Infektionen, körperlichen Entzündungen und gewissen Arzneimitteln zugrunde. Die Psoriasis gehört mit einer globalen Prävalenz von 1 bis 4 % zu den häufigsten Hauterkrankungen weltweit. Sie zeigt neben den kutanen Symptomen (v. a. rötliche, schuppende Hautveränderungen) auch eine systemische Beteiligung. Betroffene leiden u. a. gehäuft unter Psoriasis-Arthritis, dem Metabolischen Syndrom, Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nephropathie und chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Juckreiz gehört zu den führenden Symptomen der Psoriasis. Der Juckreiz wird von den Betroffenen oftmals als besonders belastend erlebt. Er beeinträchtigt den Schlaf und reduziert erheblich die Lebensqualität. Die Psoriasis zeichnet sich durch eine gehäufte Prävalenz psychischer Störungen aus. So leiden viele Patienten mit Psoriasis unter Depressionen, Angststörungen und Suizidgedanken. Die moderne psychosomatische Medizin stützt sich vielfach auf das biopsychosoziale Modell. Das noch relativ junge Teilgebiet der Psychodermatologie versucht, das komplexe Wechselspiel zwischen den biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren in der Pathogenese und Salutogenese chronischer Hautkrankheiten wie der Psoriasis zu verstehen und Betroffenen eine holistische Versorgung anzubieten. Es bestehen vielfältige Verbindungen zwischen Gehirn/Psyche, Immunsystem und Haut. Dazu gehören u. a. ihre gemeinsame embryologische Herkunft aus dem Ektoderm (äußeres Keimblatt) sowie ein dichtes Netzwerk an Nervenendigungen in der Haut. Die psychoneuroimmunologische Achse spielt eine wichtige Rolle bei immunologisch vermittelten Hauterkrankungen wie der Psoriasis.

Psychosoziale Belastungsfaktoren

Eine Reihe von standardisierten Instrumenten wurde entwickelt, um die Einschränkung der Lebensqualität bei Patienten mit dermatologischen Erkrankungen zu messen. Dazu gehören u. a. „Dermatology Life Quality Index” (DLQI), Skindex-29 oder -17, PSOdisk und „Pictorial Representation of Illness and Self Measure” (PRISM). Diese Fragebögen können während einer ärztlichen Konsultation eingesetzt werden und unterstützen die Therapieentscheidung. Stress und emotionale Belastung können Krankheitsschübe der Psoriasis triggern. Fast 40 % aller Betroffenen berichten von mindestens einem belastenden Ereignis innerhalb eines Zeitraumes von vier Wochen vor einem Psoriasis-Schub; in der Kontrollpopulation waren es lediglich 10 %. Auch die Erkrankungsschwere korreliert mit verschiedenen Indizes für Stress. Etwa 40 % aller Patienten, die unter einer mittelschweren bis schweren Psoriasis leiden, weisen Einschränkungen in den Bereichen Alltagsaktivität, soziale Beziehungen und Intimität auf. Zudem erleben Betroffene häufig Diskriminierung und soziale Isolation. Sie leiden oftmals unter einem geringen Selbstwertgefühl und empfinden Hoffnungslosigkeit sowie Wut. Leider prägen Wissensdefizite und Vorurteile die öffentliche Wahrnehmung von Psoriasis-Erkrankten. Dies zeigt sich z. B. in den von Sommer und Kollegen durchgeführten Umfragen. Etwa 70 % der Befragten gaben an, Ekel vor Menschen mit Psoriasis zu empfinden, ca. 60 % scheuten sich davor, Betroffene zu berühren und etwa 45 % glaubten, Psoriasis sei auf mangelnde Körperpflege zurückzuführen. Diese Ergebnisse zeigen klar auf, dass Initiativen gegen die Diskriminierung und Ausgrenzung von Personen mit Psoriasis vonnöten sind. Im Rahmen des Studienprojektes ECHT, einer bundesweiten Initiative zur Entstigmatisierung von Patienten mit sichtbaren chronischen Hautkrankheiten, finden regelmäßig Seminare zur Aufklärung über die Psoriasis statt. Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Gesundheit gefördert und von einer Expertengruppe unter Einschluss von Patientenvertretern geleitet.

Psychoneuroimmunologie

Die Haut ist das größte Immunorgan des Menschen. Immunologische Prozesse und eine Beeinträchtigung der Hautbarrierefunktion sind daher entscheidend an der Entstehung von chronisch entzündlichen Hauterkrankungen beteiligt. Das Teilgebiet der Psychoneuroimmunologie versucht zu verstehen, „wie Stress in die Haut kommt”. Hierbei scheinen immunologische Mechanismen und endokrine Stressmediatoren eine wichtige Rolle zu spielen. Für Menschen mit Psoriasis und anderen Dermatosen stellt sich häufig die Frage nach den Ursachen ihres Leidens. Dabei fällt oftmals intuitiv der Verdacht auf psychischen Stress. Bis zu 78 % der Betroffenen sind davon überzeugt, dass Stress ihre Erkrankung negativ beeinflusst. In der Tat mehren sich empirische Studiendaten, die belegen, dass die Psyche und Stressfaktoren den Erkrankungsverlauf zumindest modulieren können. Zu diesen Studienergebnissen gehören
  • der Nachweis, dass C-Fasern (langsam leitende, unmyelinisierte Nervenfasern) dendritische Zellen Mastzellen und andere Immunzellen in der Epidermis, die entscheidend an der Entstehung von Effloreszenzen beteiligt sind, erreichen,
  • die nachweisbare Modulation immunologischer Hautreaktionen durch Stress,
  • die Beobachtung irreversibler neuroendokriner Veränderungen der Haut durch Stress (in Tierversuchen),
  • die Detektion von Veränderungen verschiedener Neuropeptide und Neurotransmitter bei Personen mit Psoriasis oder atopischer Dermatitis,
  • die stressbedingte Induktion der zentralen proentzündlichen Messenger IL-1 und IL-6, die eine kritische Rolle bei der Psoriasis spielen,
  • der Nachweis, dass bestimmte Neuromediatoren Entzündungsreaktionen in der Haut triggern können.

Psoriasis, Depression und Angst

Der Zusammenhang zwischen Psoriasis und Depression wurde durch umfangreiche Beobachtungsstudien bestätigt. In einer vielzitierten Metaanalyse, die 98 Studien und insgesamt >400.000 Personen mit Psoriasis umfasste, wurde für die Psoriasis eine Odds Ratio von 1,57 für Depressionen ermittelt. Eine prospektive, landesweite dänische Kohortenstudie beschäftigte sich mit dem Depressionsrisiko bei Psoriasis. Darunter wurden auch >35.000 Personen mit leichter Psoriasis und >7500 mit schwerer Psoriasis eingeschlossen. Die maximale Nachbeobachtungszeit betrug zehn Jahre. Die Studie konnte bestätigen, dass Psoriasis insbesondere bei jungen Menschen mit schwerer Erkrankung ein Risiko für neu auftretende Depressionen darstellt. In der restlichen Psoriasis-Kohorte wurde das Depressionsrisiko eher durch die Komorbiditäten bestimmt. Aus theoretischer Sicht können bidirektionale Kausalbeziehungen zwischen Psoriasis und Depression zu einer Erstmanifestation oder Progression der jeweils anderen Erkrankung führen. Die Metaanalyse von Fleming und Kollegen, die 213 Publikationen mit insgesamt n = 938.194 Patienten einschloss, belegt, dass bei Psoriasis die Wahrscheinlichkeit für eine Angststörung nahezu um das Dreifache höher ist als bei Kontrollpersonen. Die Prävalenz von Angststörungen bei Psoriasis lag in diesen Untersuchungen zwischen 7 und 48 %.

Life-Course-Perspektive

Die sog. Life-Course-Perspektive auf die Psoriasis geht davon aus, dass eine chronisch rezidivierende Erkrankung den Lebensverlauf der Betroffenen anhaltend und empfindlich stören kann. Eine unzureichend behandelte Psoriasis kann dauerhaft die beruflichen Chancen mindern und soziale Beziehungen beeinträchtigen. Die Diagnose Psoriasis birgt somit das Risiko, dass Betroffene ihr eigentlich vorhandenes Potenzial nicht voll ausschöpfen können („Cumulative Life Course Impairment”, CLCI). Insbesondere bei unzureichender Behandlung werden Lebensziele in den Bereichen Familie, Karriere und Hobbys verfehlt. Der Life-Course-Ansatz soll es ermöglichen, Risikopersonen zu erkennen und kritische Zeitfenster für Interventionen zu identifizieren. Kritische Therapieentscheidungen in der Praxis sollen erleichtert werden. Somit soll eine lebenslange Beeinträchtigung vermieden oder zumindest gemildert werden.

Therapieauswahl

Eine effektive antientzündliche Behandlung verbessert nicht nur die sichtbaren Hautläsionen, sondern auch das psychische Wohlbefinden. Sie lindert nachweislich depressive und Angstsymptome und verbessert die allgemeine Lebensqualität. Eine kausale Therapie ist für die Psoriasis bislang noch nicht verfügbar. Die Effloreszenzen können allerdings durch Anwendung topischer und systemischer Wirkstoffe sowie UV-Therapie zum Abklingen gebracht werden. Für die Therapieauswahl empfiehlt sich eine objektive Erfassung des Psoriasis-Schweregrades. Dazu eignen sich Instrumente wie „Psoriasis Area Severity Index” (PASI), „Body Surface Area” (BSA) und „Physician Global Assessment” (PGA). Eine etwaige Psoriasis-Arthritis muss ebenfalls dokumentiert werden. Zusätzlich sollte eine standardisierte Erfassung der Lebensqualität erfolgen, z. B. mittels DLQI oder Skindex-29/-17. In der klinischen Versorgung sollte stets nach depressiven Symptomen, Angst oder anderweitiger psychischer Belastung gefragt werden. Bei mittelschwerer und schwerer Psoriasis (BSA >10, PASI >10 und DLQI >10) ist eine konventionelle Systemtherapie oder eine Biologikatherapie indiziert.

Systemische Immuntherapie

Zu den konventionellen Systemtherapeutika zählen niedermolekulare Wirkstoffe wie Methotrexat (vorzugsweise s. c.) oder Cyclosporin A (oral). Zu den Nachteilen der konventionellen, nicht biologischen Wirkstoffe gehören die oftmals unzureichende Wirksamkeit, das ungünstige Nebenwirkungsprofil und die Notwendigkeit der täglichen Einnahme. Daher setzen sich in der klinischen Praxis zunehmend Biologika als Erstlinientherapie bei mittelschweren bis schweren Verläufen durch, nicht zuletzt auch dann, wenn besonders sensible Areale wie Gesicht oder Nägel bzw. Genitalbereiche betroffen sind oder eine starke Beeinträchtigung der Lebensqualität besteht. Beim Vorliegen der folgenden Kriterien erfolgt ebenfalls eine Einstufung als mittelschwere bis schwere Psoriasis (sogenannte Upgrade-Kriterien): ausgeprägte Erkrankung von sichtbaren Arealen, ausgeprägte Erkrankung der Kopfhaut, Erkrankung des Genitalbereiches, Erkrankung der Handflächen und Fußsohlen, Onycholyse oder Onychodystrophie von mindestens zwei Fingernägeln, Jucken und damit einhergehendes Kratzen, Vorliegen therapieresistenter Plaques. Studiendaten weisen zudem darauf hin, dass die neuen Biologika effektiver in der Prävention neu auftretender depressiver Episoden sind als die älteren oralen Medikamente. Zu den in der Erstlinie eingesetzten Biologika gehören TNF-α-Inhibitoren, wie z. B. Adalimumab, die Interleukin-(IL-)23-Inhibitoren, wie z. B. Guselkumab, sowie IL-17-Inhibitoren wie Brodalumab. Yasmeen et al. zeigten in einer Netzwerkmetaanalyse, dass nach einem Jahr Therapie die IL-23-Inhibitoren Risankizumab und Guselkumab sowie der IL-17-Inhibitor Brodalumab die beste Wirksamkeit bei mittelschwerer bis schwerer Psoriasis aufweisen, gefolgt von den IL-17-Inhibitoren Ixekizumab und Secukinumab. Alle IL-23-/IL-17-Therapeutika haben sich gegenüber den älteren Wirkstoffen Ustekinumab, Adalimumab und Etanercept als überlegen erwiesen. In einer anderen Netzwerkmetaanalyse verglichen Armstrong und Kollegen die Wirksamkeit in Woche 10 bis 16 von insgesamt zehn systemischen Immuntherapeutika aus 14 randomisierten Therapiestudien. Risankizumab, Bimekizumab und Brodalumab zeigten die beste Wirksamkeit, gefolgt von Guselkumab, Ixekizumab und Secukinumab. Zytokine der IL-17-Familie spielen eine wesentliche Rolle in der Pathogenese der Psoriasis. Die IL-17-Familie besteht aus sechs bislang beschriebenen Isoformen, die an unterschiedliche Rezeptoren binden. Bislang sind vier IL-17-Antikörper für die Therapie der mittelschweren bis schweren Psoriasis verfügbar. Ixekizumab und Secukinumab blockieren IL-17A. Der IL-17-Inhibitor Bimekizumab ist ein humanisierter monoklonalen IgG1-Antikörper, der IL-17A und IL-17F blockiert, mit stärkerer Affinität für IL-17A. Brodalumab hingegen bindet mit hoher Affinität an den Rezeptor IL-17RA und blockiert somit die biologische Aktivität der Zytokine IL-17A, IL-17F, IL-17A/F-Heterodimer, IL-17C und IL-17E. Mit Brodalumab wurde in den Zulassungsstudien ein PASI 75 von 83,3 %, PASI 90 von 70,3 % und PASI 100 von 41,9 % der Behandelten nach zwölfwöchiger Behandlung erreicht. Nach Absetzen von Brodalumab hielt die Wirkung bei 21 % noch ein Jahr und bei 10 % noch zwei Jahre an. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Interventionen am IL-17-Signalweg in einer Subgruppe der Patienten langfristige krankheitsmodifizierende Effekte bewirken könnten. Eine Phase-II-Studie zur Langzeitbehandlung mit Brodalumab >5 Jahre zeigte ein konstantes Therapieansprechen mit einer PASI-75-Ansprechrate >80 %. Patienten, die bereits vor Brodalumab-Therapie mit anderen Biologika behandelt wurden, wiesen im Vergleich zu Biologika-naiven Personen kein vermindertes Therapieansprechen auf. Zudem wurde unter Brodalumab eine gegenüber Ustekinumab signifikante Reduktion des Juckreizes erreicht. Eine überlegene Wirksamkeit von Brodalumab gegen Juckreiz könnte mit der bislang einzigartigen Hemmung von IL-17C zusammenhängen. In den Zulassungsstudien konnte eine Verbesserung sowohl der depressiven als auch der Angstsymptomatik unter Brodalumab nachgewiesen werden.

Psoriasis und Suizidalität

In den Zulassungsstudien traten bei mit Brodalumab behandelten Personen Suizidgedanken und suizidales Verhalten, einschließlich drei vollendeter Suizide, auf. Daher findet sich ein entsprechender Warnhinweis in der Fachinformation zum Arzneimittel. Allerdings wiesen die Betroffenen bereits Depressionen, Suizidalität (Sammelbegriff für Suizidvorstellungen, Suizidversuch und vollendeten Suizid) oder anderweitige Belastungsfaktoren in der Anamnese vor Studieneinschluss auf. Eine kritische Überprüfung der Studiendaten zeigte keinen Kausalzusammenhang zwischen der Anwendung von Brodalumab und Suizidalität. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass Personen mit psychiatrischen Störungen und Drogenabusus in den Zulassungsstudien von Brodalumab, anders als bei den meisten anderen modernen Immuntherapeutika für die Psoriasis-Therapie, nicht ausgeschlossen worden sind. Daher betrachtet das „Dermatologic and Ophthalmic Drugs Advisory Committee”, das die Sicherheitsberichte von Brodalumab bewertete, die drei bestätigten Suizide (sowie einen unklaren Todesfall) in den Zulassungsstudien lediglich als Hinweis auf ein potenzielles Suizidrisiko. Dies veranlasste alle 18 Ausschussmitglieder, für eine „Food and Drug Administration”-(FDA-)Zulassung zu stimmen, obwohl 14 von 18 sich auch für die Umsetzung von zusätzlichen Arzneimittelkennzeichnungsinformationen und Postmarketing-/Risikomanagementverpflichtungen aussprachen. Wenn eine Therapie mit Brodalumab erwogen wird, sollen deshalb Behandelte, Pflegepersonal und Familien dazu angehalten werden, auf ein Auftreten oder eine Verschlechterung von Depressionen, Suizidgedanken, Angst oder andere psychische Zustandsveränderungen zu achten und im Zweifelsfall umgehend den behandelnden Fachpersonen zu melden. Wenn die Behandelten an neuen oder sich verschlechternden Symptomen einer Depression leiden und/oder Suizidalität auftritt, wird empfohlen, die Behandlung zu beenden. Eine aktuelle Studie beschäftigt sich mit den Suiziden nach Zulassung bei mit Biologika behandelten Personen anhand von Sicherheitsdaten aus dem „Food and Drug Administration Adverse Event Reporting System” (FAERS). Hier zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den bei Psoriasis eingesetzten Biologika hinsichtlich Suizidrisiko. Das Risiko für Suizidalität ist bei Psoriasis im Vergleich zu Gesundkontrollen unabhängig von der Wahl des Arzneimittels erhöht. In einer multizentrischen internationalen Studie mit 4994 Teilnehmern (3635 Patienten und 1359 Kontrollen), die Suizidgedanken bei Patienten mit häufigen Hauterkrankungen analysierte, war die Wahrscheinlichkeit für Suizidgedanken bei Patienten mit Psoriasis signifikant erhöht. Es ist allerdings noch nicht abschließend geklärt, ob Suizidalität auch bei leichter Hautmanifestation und bei isoliertem Hautbefall ohne systemische Manifestationen besteht oder ob sich das erhöhte Suizidrisiko nur auf Patienten mit schwerem Verlauf begrenzt. Das Suizidrisiko bei Psoriasis ist am ehesten multifaktoriell zu erklären. Die Psoriasis, v. a. die schwere Form, kann das körperliche Erscheinungsbild erheblich verändern, was zu sozialer Isolation und Stigmatisierung führt – kritische Kausalfaktoren für Depressionen, Angst und Suizidalität. Zudem können proentzündliche Zytokine direkt auf zentralnervöser Ebene Depressionen Vorschub leisten. Daher ist davon auszugehen, dass sich eine antientzündliche Behandlung vorteilhaft auf die Psyche auswirkt. Neue Studiendaten belegen, dass eine effektive Biologikatherapie der Psoriasis mit einem geringeren Risiko für Depressionen einhergeht. Der direkte Nachweis einer protektiven Wirkung der Biologika hinsichtlich Suizidalität steht allerdings bislang noch aus.

Holistischer Versorgungsansatz

Psychologische Behandlungsansätze sollten bei gegebener Indikation im Rahmen eines integrierten Versorgungsansatzes zusammen mit der Immuntherapie zum Einsatz kommen. Psychotherapie ist wirksam, um den Leidensdruck bei Exazerbationen zu reduzieren, insbesondere wenn es sich bei den Betroffenen um sogenannte „Stress-Responder” handelt. Der Umgang mit Juckreiz ist für viele Betroffene ein kritisches Problem. Verschiedene psychologische Ansätze haben sich bei juckenden Hautkrankheiten als wirksam erwiesen, um den Leidensdruck zu reduzieren und den Juckreiz-Kratz-Zyklus zu durchbrechen. Dazu gehören Trainingsprogramme, kognitive Verhaltenstherapie (darunter „Habit Reversal”), Juckreiztagebücher, Biofeedback, psychodynamische Psychotherapie, Rollenspiele, Entspannungstechniken, autogenes Training, Muskelentspannung nach Jacobson und familientherapeutische Interventionen. Ebenso zeigen achtsamkeits- und mediationsbasierte Interventionen vielversprechende Ergebnisse.

Fazit

  • Die Psoriasis geht mit einer multidimensionalen Belastung einher, hierzu tragen psychische und soziale Belastungsfaktoren erheblich bei.
  • Patienten mit Psoriasis leiden häufig unter depressiven Symptomen, Ängsten und Suizidalität.
  • Insbesondere schwere Psoriasis-Verläufe können Depressionen Vorschub leisten.
  • Psychischer Stress kann den Krankheitsverlauf bei Psoriasis negativ beeinflussen.
  • Für die mittelschwere bis schwere Psoriasis stehen effektive neue Biologika wie die IL-23- und IL-17-Inhibitoren zur Verfügung.
  • Studiendaten weisen darauf hin, dass die neuen Biologika vor Depressionen schützen könnten.
  • Ein initial im Rahmen der Zulassungsstudien vermutetes erhöhtes Suizidrisiko unter Biologika wie Brodalumab wurde von einer kritischen Überprüfung der Studiendaten nicht bestätigt

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