Einleitung
Schwitzen ist eine physiologische Körperreaktion, die primär der Thermoregulation dient. Eine unverhältnismäßig hohe Schweißproduktion, die das thermoregulatorisch und physiologisch sinnvolle Maß überschreitet, wird als Hyperhidrose bezeichnet. Die Hyperhidrose wird unterschieden in eine primäre und sekundäre Form. Während der sekundären Hyperhidrose Grunderkrankungen, Veränderungen im Hormonstatus oder Medikamente zugrunde liegen, zeichnet sich die primäre Hyperhidrose durch eine idiopathische Genese aus.
Grundlagen der Thermoregulation
Aufgabe des Thermoregulationssystems ist es, die Körpertemperatur möglichst konstant zu halten. Die Haut- und Körperkerntemperaturen stellen die Istwerte der Regelgrößen dar. Die Ist-Temperatur wird von Warm- und Kaltrezeptoren in der Haut und im Körperkern erfasst. Im Hypothalamus, in der Area praeoptica, werden die thermosensorischen Afferenzen der Temperaturrezeptoren integriert. Die Istwerte werden dabei mit dem Temperatursollwert verglichen. Liegt eine Diskrepanz vor, aktiviert das autonome Nervensystem über efferente vegetative Nervenfasern verschiedene Stellglieder. Besteht eine zu niedrige Körpertemperatur, werden die Vasokonstriktion, die Pilomotorik (Aufstellen der Haare) und das Kältezittern angeregt. Bei erhöhter Temperatur wird die Wärmeabgabe durch Vasodilatation in der Körperschale und Induktion der Schweißsekretion gefördert. Die Verdunstung des Schweißes auf der Haut bewirkt einen Kühlungseffekt. Unter Umständen sind im Tagesverlauf mehrere Liter Schweiß zur Vermeidung einer Überhitzung notwendig. Neben thermischen Reizen können auch körperliche Aktivität, emotionale und gustatorische Stimuli das Schwitzen auslösen. Das Schwitzen wird über den Sympathikus gesteuert und das Signal über sympathische Nervenfasern weitergegeben. Während beim thermoregulatorischen Schwitzen Acetylcholin die Überträgersubstanz am Endorgan ist, sind es beim emotional ausgelösten Schwitzen Katecholamine. Der sensorische Kortex erzeugt zusätzlich eine bewusste Temperaturempfindung, die eine willkürliche Verhaltensanpassung fördert. In der Haut finden sich drei verschiedene Arten von Schweißdrüsen: ekkrine, apokrine und apoekkrine, wobei die Existenz der apoekkrinen Schweißdrüsen kontrovers diskutiert wird. Ekkrine Schweißdrüsen liegen in der Dermis und münden direkt auf die Hautoberfläche. Sie sind beinahe überall auf der Haut verteilt und produzieren ein wässriges Sekret. Sie sind für den Hauptanteil der thermoregulatorischen Schweißproduktion verantwortlich. In besonders hoher Dichte kommen sie palmar, plantar und axillär vor. Ab einem Alter von zwei bis drei Jahren ist die Anzahl der ekkrinen Schweißdrüsen (etwa zwei bis vier Millionen) festgelegt. Apokrine Schweißdrüsen befinden sich in den Axillae, auf Brust, Gesicht, Kopfhaut und Perineum. Ihre sekretorische Aktivität setzt in der Pubertät ein. Sie produzieren ein visköses, lipidhaltiges und geruchsaktives Sekret und münden im Gegensatz zu ekkrinen Schweißdrüsen in Haarfollikel.
Ätiopathogenese der primären Hyperhidrose
Die genaue Ätiopathogenese der primären Hyperhidrose ist noch ungeklärt. Es wird davon ausgegangen, dass die primäre Hyperhidrose nicht auf einer Fehlfunktion der Schweißdrüsen selbst oder deren Anzahl beruht, sondern auf einer pathologischen neuronalen Dysregulation der autonomen Funktionsabläufe. Hypothetisiert wird insbesondere eine überschießende sympathische Aktivierung durch psychische und thermische Reize. Die Hyperhidrose betrifft vor allem die ekkrinen Schweißdrüsen. Zahlreiche Studien haben eine familiäre Häufung der Hyperhidrose beschrieben mit positiven Familienanamnesen bei 34 % bis 65 % der Betroffenen. Nicht nur genetische, sondern auch epigenetische Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen. Auch wenn Mutationsanalysen bereits erste Kandidatengene vorgeschlagen haben, ist der komplexe genetische und epigenetische Hintergrund sowie die Vererbung noch weitgehend unbekannt.
Epidemiologie der primären Hyperhidrose und klinische Merkmale
Die primäre Hyperhidrose ist weitverbreitet. In diversen Studien werden Prävalenzen von 1,0 % bis zu 16,7 % beschrieben. Die Streuung ist am ehesten auf uneinheitliche Untersuchungsmethoden zurückzuführen. Zu beachten gilt in diesem Zusammenhang jedoch, dass sich auch die ethnische Herkunft in Bezug auf das Schwitzverhalten auf die Studienergebnisse auswirken kann. Die primäre Hyperhidrose ist typischerweise fokal an umschriebenen Prädilektionsstellen: Achselhöhlen, Handflächen, Fußsohlen, Stirn und Inguinalbereich. Ein generalisiertes Auftreten ist selten. Entsprechend der Varianz in der Verteilung der ekkrinen Schweißdrüsen kann das klinische Bild individuell variieren. Die primäre Hyperhidrose manifestiert sich im jungen Lebensalter vor dem vollendeten 25. Lebensjahr. In Bezug auf die Lokalisation werden folgende klinische Subtypen der primären Hyperhidrose unterschieden: der palmare Typ, der axilläre Typ, der kraniofaziale Typ, der plantare Typ und diverse Kombinationstypen, wie u. a. der palmoplantare Typ. In spezialisierten Zentren stellen sich Patienten, wie retrospektive Studien andeuten, zumeist zur Diagnostik und Behandlung einer axillären oder palmaren Hyperhidrose vor. Während der Verlust von Mineralstoffen durch die Hyperhidrose vernachlässigbar zu sein scheint, stellt die Hyperhidrose einen Risikofaktor für dermatologische Erkrankungen dar: Je nach betroffener Körperstelle können Tinea pedis, Onychomykosen, bakterielle Infektion, insbesondere das Keratoma sulcatum (englisch: „pitted keratolysis“), oder virale Infektionen mit Warzenbildung häufiger auftreten. An den Händen können auch Ekzeme und rissige Haut begünstigt sein.
Psychosoziale Aspekte
Von Hyperhidrose betroffene Personen erfahren häufig berufliche und soziale Beeinträchtigungen, die mit einer Reduktion der Lebensqualität verbunden sind. Es kann sein, dass Betroffene ihre beruflichen Entscheidungen, die Auswahl ihrer Hobbys und Kleidung nach der Hyperhidrose ausrichten. In Bezug auf soziale Interaktionen kann es zu vermehrter Zurückhaltung kommen, wie beispielsweise das Vermeiden des Handschlages bis hin zur gänzlichen Vermeidung bestimmter sozialer Situationen. Zudem verursacht Hyperhidrose oft einen Mehraufwand bei der körperlichen Hygiene. Die Patienten berichten häufig von zahlreichen frustranen Selbstbehandlungsversuchen. Die primäre Hyperhidrose ist definitionsgemäß nicht durch eine psychische Grunderkrankung bedingt. Es wird aber angenommen, dass die Hyperhidrose ein prädisponierender Faktor für psychische Beeinträchtigungen sein kann. Insbesondere Schamgefühle, ein vermindertes Selbstwertgefühl, ängstliche und depressive Symptome bis hin zur manifesten Angststörung oder Depression scheinen gehäuft vorzukommen. Die Studienlage ist diesbezüglich jedoch noch unzureichend und uneinheitlich. Umgekehrt gibt es Hinweise, dass die somatische Behandlung der Hyperhidrose positiv auf die psychosoziale Dimension zurückwirkt. Ob und inwieweit zusätzliche psychologische oder psychiatrische Interventionen in der Behandlung der primären Hyperhidrose notwendig sind, kann aus der aktuellen Studienlage nicht pauschal abgeleitet werden und ist im Einzelfall zu entscheiden. Im Zusammenhang mit Schamgefühlen könnte die Beobachtung interpretiert werden, dass medizinische Hilfe nur zögerlich aufgesucht wird. Eine an 1985 Hyperhidrose-Patienten durchgeführte Studie ergab, dass 48,9 % der Patienten erst zehn Jahre nach Erkrankungsbeginn professionelle Hilfe aufsuchen, und eine weitere Studie berichtet, dass nur 20 % der Personen mit Hyperhidrose sich überhaupt diesbezüglich medizinisch vorstellen.
Diagnose und Therapie der primären Hyperhidrose
Eine Arbeitsgruppe in der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft hat eine S1-Leitlinie zur Definition und Therapie der primären Hyperhidrose erarbeitet: „Definition und Therapie der primären Hyperhidrose.“ S1 bedeutet, dass die Handlungsempfehlungen auf einer nicht notwendigerweise systematischen Literaturrecherche und den Einschätzungen einer Expertengruppe basieren, die im informellen Konsens erarbeitet wurden. Die letzte Aktualisierung und Veröffentlichung über die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) ist 2023 erfolgt. Im Folgenden werden die leitliniengemäße Diagnostik und Therapie der primären Hyperhidrose dargestellt
Diagnostik
Die Diagnose der primären Hyperhidrose beruht in erster Linie auf der Anamnese und dem klinischen Erscheinungsbild. Ergänzende Tests zur Bestimmung der Ausdehnung der betroffenen Stellen und zur Quantifizierung der Schweißproduktion sind gegebenenfalls zu ergänzen. Anamnestisch sollten die typischen Aspekte einer primären Hyperhidrose abgedeckt werden. Darunter fallen: Der Beginn im jungen Alter (<25 Jahre), wobei die palmare und plantare Hyperhidrose sich meist schon vor der Pubertät manifestiert. Das Schwitzen ist zudem nicht vorhersehbar, nicht temperaturabhängig und nicht willentlich steuerbar. Betroffen sind in der Regel die typischen Prädilektionsstellen und zwar beidseitig und symmetrisch. Es kommt mehr als einmal in der Woche zu unverhältnismäßig hohem Schwitzen mit Beeinträchtigung im Alltag. Nachts besteht kein vermehrtes Schwitzen, und die Familienanamnese ist häufig positiv. Wie bereits erwähnt, spielt auch die Beeinträchtigung der Lebensqualität eine wesentliche Rolle. Einbußen in der Lebensqualität sollten ebenfalls erfasst werden. Geeignete Instrumente hierzu sind u. a. der dermatologische Lebensqualitäts-Index („Dermatology Life Quality Index“, DLQI) und der „Hyperhidrosis Disease Severity Scale“ (HDSS) mit der Einschränkung, dass für Letzteren keine validierte deutsche Version vorliegt. In Studien wird auch der „Hyperhidrosis Quality of Life Index“ (HidroQoL) verwendet. Allgemeingültige Labor- oder Messparameter, die eine primäre Hyperhidrose beweisen oder widerlegen, bestehen nicht. Mittels des Jod-Stärke-Tests nach Minor kann jedoch das schweißproduzierende Areal festgestellt werden. Durch Auftragen einer Jodlösung mit anschließender Bestäubung mit Stärkepuder wird das schwitzende Areal durch Verdunklung sichtbar. Quantitative Aussagen zur Schweißmenge erlaubt die Untersuchung nicht. Für diese Fragestellung kann eine Gravimetrie mittels Filterpapiers, Stoppuhr und Ultrafeinwaage durchgeführt werden. Für einen definierten Zeitraum (meist fünf Minuten) wird Filterpapier auf die Haut aufgebracht und anschließend abgewogen. Eindeutige Normwerte existieren nicht. Kann anamnestisch von einer primären Hyperhidrose ausgegangen werden, ist keine routinemäßige Labordiagnostik oder bildgebende Untersuchung notwendig, insbesondere ist eine Hormonanalyse obsolet.
Differenzialdiagnosen
Die primäre Hyperhidrose ist von der sekundären Hyperhidrose abzugrenzen, die durch Grunderkrankungen, Veränderungen von Hormonspiegeln oder durch Medikamente verursacht werden kann. Einseitiges, asymmetrisches oder generalisiertes Schwitzen, nächtliches Schwitzen und der Symptombeginn nach dem 25. Lebensjahr weisen auf eine sekundäre Hyperhidrose hin. Neurologische (u. a. zerebrale Ischämien oder Blutungen, Parkinson-Syndrom), metabolische (Diabetes mellitus), endokrinologische (u. a. Hyperthyreose, Östrogenmangel, Testosteronmangel), kardiovaskuläre (u. a. Herzinfarkt), onkologische und infektiöse Erkrankungen (u. a. akute fieberhafte Infektionen, Tuberkulose) kommen als Grunderkrankungen infrage. Daneben können auch Medikationsnebenwirkungen (u. a. Antidepressiva) oder Alkoholismus eine Hyperhidrose auslösen.
Therapie
Zur Therapie der primären Hyperhidrose stehen Maßnahmen zur Verfügung, deren Bandbreite von topisch anzuwendenden Mitteln bis hin zu operativen Eingriffen reicht. Der Therapieplan muss individuell auf den Patienten abgestimmt werden und u. a. Aspekte, wie den Subtyp der primären Hyperhidrose, den Schweregrad, Patientenpräferenzen und das Alter berücksichtigen. Es ist hierbei für die Auswahl der Interventionen anzumerken, dass die primäre fokale Hyperhidrose oft zeitlich auf die Pubertät und das junge Erwachsenenalter limitiert sein kann. Invasive Verfahren sind daher in dieser Altersgruppe sehr zurückhaltend einzusetzen. In der Praxis empfiehlt sich ein Vorgehen in Eskalationsstufen unter Berücksichtigung des Therapieansprechens und der Verträglichkeit. Auch eine Kombination verschiedener Verfahren ist praktikabel. Wenn möglich, sollte mit topischen Anwendungen begonnen werden. In der Hyperhidrose-Behandlung bieten sich unterschiedliche Angriffspunkte sowohl auf neuronaler als auch auf dermaler Ebene an. Die Auswahl der Therapie und die genaue Abfolge der Maßnahmen müssen letztendlich individuell abgestimmt werden.
Konservative Therapie – topische Behandlung
Sofern das Lokalisationsmuster der primären Hyperhidrose es zulässt, sind topische Präparate häufig eine sinnvolle Behandlungsoption. Mit sogenannten Antiperspirantien soll die abgesonderte Schweißmenge reduziert werden. Generell sollten in der Behandlung der primären Hyperhidrose alle topischen Mittel abends auf die Haut aufgetragen werden. Grund hierfür ist, dass es bei primärer Hyperhidrose nachts üblicherweise nicht zum vermehrten Schwitzen kommt und dadurch ein besseres Einwirken und ein besserer Effekt erzielt werden. Im Gegensatz zu Antiperspirantien zielen handelsübliche Deodorants vor allem auf die Reduktion eines Malodors ab. Die Mechanismen hierzu sind das Überdecken oder Abfangen der geruchsaktiven Moleküle und die Bekämpfung von Bakterien, die durch Degradationsprozesse Malodor produzieren. Einige Deodorants besitzen auch eine gewisse antiperspirative Komponente, die jedoch im Fall der Hyperhidrose in der Regel nicht ausreichend ist.
Aluminiumchloridhexahydrat
An erster Stelle der Behandlungsoptionen der fokalen Hyperhidrosis steht die topische Behandlung mit Aluminiumchloridhexahydrat. Ihre schweißreduzierende Wirkung entfalten Aluminiumsalze an ekkrinen Drüsen, indem sie in deren Ausführungsgängen Komplexe mit Mukopolysacchariden bilden und so die Oberfläche der Zellen schädigen. In frei verkäuflichen Mitteln beträgt die Konzentration meist nur 1 % bis 2 %, in medizinischen hingegen liegt die Konzentration üblicherweise zwischen 10 % und 30 %. Ein Behandlungsversuch sollte über mehrere Wochen erfolgen, da der Wirkeintritt verzögert ist. Als unerwünschte Wirkung kann es, insbesondere in Hautfalten, zu einer Dermatitis kommen. Alkoholische Lösungen sind in der Achselhöhle zu vermeiden. In der Allgemeinbevölkerung bestehen oft Vorbehalte gegen Aluminiumverbindungen, da ein Zusammenhang mit Alzheimer-Demenz und Mamakarzinomen hypothetisiert wurde. Eine Assoziation konnte jedoch nicht durch epidemiologische Studien belegt werden. Das Wissenschaftskomitee für Verbraucherschutz der Europäischen Union erteilt in seiner Stellungnahme diesbezüglich keinen Hinweis auf eine potenzielle Kanzerogenität. Vom Bundesinstitut für Risikobewertung kommt die Empfehlung, den Konsum aluminiumhaltiger Präparate zu vermindern und diese insbesondere bei kompromittierter Hautbarriere (z. B. nach Rasur) zu vermeiden. Insgesamt wird die Aussagekraft auf Basis der vorhandenen Datenlage als gering eingestuft, es werden daher weitere wissenschaftliche Untersuchungen gefordert.
Topische Anticholinergika
Eine weitere topische Behandlungsmöglichkeit der primären Hyperhidrose stellen topische Anticholinergika dar. Relativ neu zugelassen zur anticholinergen Behandlung von schwerer primärer axillärer Hyperhidrose ist seit 2022 eine Creme mit dem Wirkstoff Glycopyrroniumbromid (1 %). In einer multizentrischen, randomisierten, doppelt verblindeten und Placebo-kontrollierte Studie (Phase IIIa) an insgesamt 171 Patienten mit schwerer primärer axilärer Hyperhidrose konnte über einen Zeitraum von vier Wochen hinsichtlich der Reduktion der Schweißmenge im Vergleich zu Baseline eine signifikante Überlegenheit der 1%igen Glycopyrronium-bromid-Creme gegenüber Placebo nachgewiesen werden. Mit Glycopyrronium-bromid behandelte Probanden zeigten sowohl Verbesserungen im Hinblick auf die Schweißmenge (gravimetrisch quantifiziert) als auch auf den Schweregrad der Hyperhidrose (gemessen mittels HDSS) und auf die Lebensqualität (gemessen mittels HidroQoL). Die Verträglichkeit der Glycopyrroniumbromid-haltigen Creme wurde in der Studie als sehr gut eingestuft. 9 % der Patienten wiesen leichte bis mäßige lokale unerwünschte Reaktionen auf (Placebo: 7 %), in 16 % der Fälle kam es zu Mundtrockenheit (Placebo: 4 %). Diese Effekte waren reversibel. Eine Behandlung von 518 Patienten mit schwerer primärer axillärer Hyperhidrose mit dem Präparat in einer Open-Label-Langzeitstudie ergab eine signifikante Reduktion der Schweißproduktion und Verbesserung der Lebensqualität nach zwölf Wochen, trotz reduzierte Anwendungshäufigkeit (mind. zweimal/Woche, max. täglich). Die Verbesserung der Lebensqualität setzte sich über eine Behandlungsdauer von insgesamt 72 Wochen mit dem flexiblen Anwendungsschema im Vergleich zum Ausgangspunkt fort.
Sonstige topische Präparate
Als weitere topische Mittel gibt es auch gerbsäurehaltige Externa sowie Methenamin. Letzteres wirkt durch das Freisetzen von Formaldehyd in saurem Milieu. Qualitativ hochwertige Studien liegen jedoch für den Einsatz, die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Produkte bei primärer Hyperhidrose nicht vor.
Leitungswasser-Iontophorese
Die Leitungswasser-Iontophorese kann zur Behandlung der palmaren und plantaren Hyperhidrose eingesetzt werden. Es handelt sich um eine galvanische Methode (Stromwasserbäder), zu deren Durchführung ein spezielles medizinisches Gerät erforderlich ist. Der Patient wird geschult, die Bäder selbst im häuslichen Bereich regelmäßig anzuwenden. Ein Bad dauert dabei etwa 20 bis 30 Minuten und ist zu Beginn der Behandlung mehrmals wöchentlich notwendig und im Verlauf zweimal wöchentlich als Dauertherapie. Klinische Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit bestehen für dieses Verfahren für die palmare Hyperhidrose. Die Anwendung im axillären Bereich erfolgt durch das Anlegen von Schwämmchen. Dies ist schlechter praktikabel, schlechter wissenschaftlich untersucht und spielt daher in der Praxis eine untergeordnete Rolle. In der Leitlinie ist die Leitungswasser-Iontophorese daher nicht als Therapieoption bei der axillären Hyperhidrose aufgeführt.
Botulinumtoxin-A-Injektionen
Eine Botulinumtoxin-A-Therapie kommt vor allem in Betracht nach Versagen topischer Maßnahmen. Sie zählt zu den am besten in Studien untersuchten Behandlungsformen der primären axillären Hyperhidrose. Es ist anzumerken, dass Botulinumtoxin-A-Injektionen in Bezug auf Hyperhidrose nur zur Behandlung der starken axillären Hyperhidrose eine Zulassung besitzt. Die Behandlung anderer Körperstellen stellt bei Hyperhidrose einen „Off-Label-Use“ dar. Botulinumtoxin A wirkt durch eine irreversible Hemmung der autonomen cholinergen postganglionären sympathischen Nerven, indem der Transmitter Acetylcholin nicht mehr ausgeschüttet werden kann. Ekkrine Schweißdrüsen werden folglich nicht mehr stimuliert. Abhängig von der Dosierung des Botulinumtoxins und der Ausprägung der Hyperhidrose kann es zu einer mehrmonatigen Wirkung kommen. In der Achselhöhle sind etwa 15 bis 20 Injektionen an definierten Punkten erforderlich, an den Händen und Füßen etwa 40 bis 50. Diese Behandlung stellt eine der effektivsten Strategien in der Hyperhidrose-Therapie dar. Eine Wiederholung der Injektionsbehandlung ist meist ein- bis zweimal jährlich erforderlich, da es durch das „sprouting“ der Neuronen nach drei bis sechs Monaten zu einer Neubildung von Nervenendungen und erneuter Freisetzung von Acetylcholin kommt. Schwere Nebenwirkungen sind bei der Applikation im Bereich der Axilla nicht beschrieben. An den Händen kann es zu transienten Muskelschwächen kommen, die sich auf die Feinmotorik auswirken können. Sind die Patienten z. B. beruflich stark auf eine optimale Feinmotorik angewiesen, können der Thenar und der Hypothenar in der Behandlung weggelassen werden.
Radiofrequenz, Mikrowellen und fokussierter Ultraschall
Radiofrequenz (erste Option), Mikrowellen und fokussierter Ultraschall wirken durch eine thermische Schädigung der Schweißdrüsen, indem die Subkutis und Dermis erwärmt werden. Aufgrund der fehlenden Selektivität der Methode kann es auch zu Beeinträchtigungen von anderen Strukturen in der Haut, wie Nervenzellen, kommen. Folglich werden daher eine Behandlung der Hände und Füße nicht empfohlen und die Behandlung lediglich im Bereich der Axilla eingesetzt. Insgesamt ist die Evidenzlage für diese Verfahren deutlich schlechter als für die Botulinumtoxin-A-Behandlungen und weniger standardisiert. Als Nebenwirkungen sind Verbrennungen und Wundheilungsstörungen möglich. Die Behandlungen erfolgen in lokaler Betäubung.
Chirurgische Interventionen
Die primäre fokale Hyperhidrose kann auch chirurgisch therapiert werden. In der Axilla können mittels verschiedener Techniken die Schweißdrüsen reduziert werden. Die Studienlage zur operativen Behandlung der axillären Hyperhidrose ist insgesamt schwach. Die Erfahrung des Operateurs und die Patientenauswahl scheinen das Outcome der Interventionen deutlich zu beeinflussen. Palmar und plantar eignen sich operative Unterbrechungen des Sympathikus, die sogenannte endoskopische transthorakale Sympathektomie (ETS).
Radikale Exzision
Unter der radikalen Exzision versteht man das Entfernen des schweißdrüsentragenden Hautareals der Axilla durch Exzision. Der Eingriff kann zu ausgeprägter Narbenbildung und zu Kontrakturen im Verlauf führen. Zudem kann ein Schwitzen in den nicht erfassten Arealen fortbestehen. Dieses radikale Verfahren spielt daher nur noch eine untergeordnete Rolle in der Praxis.
Subkutane Kürettage
Die subkutane Kürettage wird im Bereich der Axilla verwendet. Sie kann mit und ohne Absaugung oder Laserunterstützung erfolgen. Die Kürettage wird in Lokalanästhesie, Tumeszenz-Lokalanästhesie oder Allgemeinanästhesie durchgeführt. Mögliche unerwünschte Effekte sind Wundheilungsstörungen, Hautnekrosen, Hämatome, Lymphfisteln und Lymphzysten. Die Effektivität kann unter Umständen eingeschränkt sein und ein Restschwitzen fortbestehen. Bei der subkutanen Kürettage können die Schweißdrüsenknäule an der Unterseite der Dermis u. a. mit einer scharfen Kürette, dem „scharfen Löffel“, oder einer Ringkürette entfernt werden. Eine Kombination von Absaugung und Kürettage ist ebenfalls möglich. Die Absaugung betrifft das unmittelbar unter der Dermis gelegene Fettgewebe. Die Langzeitergebnisse sind meistens gut. Die Effekte können sich im Verlauf jedoch abschwächen.
Laserassistierte Schweißdrüsensaugkürettage
Die laserassistierte Schweißdrüsensaugkürettage wird bei der axillären Hyperhidrose angewendet. Die subkutane Saugkürettage wird dabei mit einer Laserfaser kombiniert, die ebenfalls subkutan eingeführt wird und die Schweißdrüsen durch Hitze schädigt. Im Zusammenhang mit der thermischen Applikation kann es zu lokalen Schädigungen durch Verbrennungen kommen.
Chirurgische Interventionen am thorakalen Sympathikus
Die operative Blockade des thorakalen Sympathikus ist ein schwerwiegender Eingriff, der mit Risiken verbunden ist. Das Auftreten von kompensatorischem Schwitzen nach Behandlung ist nicht ausgeschlossen. Diese Therapieoption sollte daher nicht als erste Maßnahme erfolgen und muss im Einzelfall einer gründlichen Kosten-Nutzen-Abwägung standhalten können. Es existieren zahlreiche Operationsverfahren, die am Truncus sympathicus anwendbar sind. Etabliert sind folgende: das videothorakoskopische Sympathikus-Clipping, auch als die endoskopische Sympathikus-Blockade (ESB) bezeichnet, die Sympathikotomie, Sympathektomie, Ramikotomie, Ganglienektomie und die Ganglienablation. Je nach gewünschter Ausprägung des Ergebnisses (z. B. radikales Unterbinden des Schwitzens), können verschiedene Techniken, die mehr oder weniger sympathisches Nervengewebe auf verschiedenen Niveaus und Ebenen betreffen, angewendet werden.
Systemische Behandlungen
Salbei
Salbei wird gelegentlich als Behandlungsmethode bei primärer Hyperhidrose in Form von Tee oder Tabletten ausprobiert. Salbeiextrakte in Tablettenform sind frei verkäuflich. Evidenzbasierte Studien hierzu liegen nicht vor. Meist berichten die Patienten über unzureichende bzw. ausbleibende Effekte.
Systemische Anticholinergika
Systemische Anticholinergika stellen eine weitere Eskalationsstufe nach topischen Anwendungen in der Behandlung der primären Hyperhidrose dar. Sie können als Ergänzung zu den anderen Behandlungsmaßnahmen der primären Hyperhidrose verwendet werden. Eine systemische Behandlung mit Anticholinergika kann neben einer Reduktion der Schweißproduktion zu diversen unerwünschten anticholinergen Effekten führen, wie Obstipation, Miktionsstörungen, Akkommodationsstörungen und Sinustachykardie. Die Behandlung wird daher oft nicht dauerhaft, sondern zeitlich begrenzt und bei Bedarf eingesetzt. Zur Behandlung der primären Hyperhidrose ist das Anticholinergikum Methantheliniumbromid zugelassen. Zwei kontrollierte Studien ergaben eine Wirksamkeit des Präparates bei axillärer Hyperhidrose. Kontraindikationen für Methantheliniumbromid sind eine Überempfindlichkeit, Stenosen des Magen-Darm-Traktes, schwere entzündliche Darmerkrankungen, toxisches Megakolon, Harnverhalt, Engwinkelglaukome, Herzrhythmusstörung, Tachy kardie und Myasthenia gravis. Weitere Präparate, die bei Hyperhidrose eingesetzt werden, sind Bornaprin und Oxybutynin. Wichtig ist anzumerken, dass Letzteres keine Zulassung für die Behandlung der fokalen Hyperhidrose hat und nur im „Off-Label-Use” angewendet werden kann. Das Auftreten von Nebenwirkungen kann eine Dosisreduktion bis hin zum Therapieabbruch notwendig machen.
Psychopharmaka, Tranquilizer, Sedativa und Betablocker
Die primäre Hyperhidrose per se stellt keine Indikation für eine Behandlung mit Psychopharmaka, Tranquilizer, Sedativa und Betablocker dar. In kleineren Fallserien wurden Behandlungsversuche mit den genannten Substanzen beschrieben. Belastbare Daten fehlen jedoch. Definitionsgemäß basiert die primäre Hyperhidrose nicht auf einer psychiatrischen Grunderkrankung und muss von einer sekundären Hyperhidrose abgegrenzt werden, die gegebenenfalls im Rahmen einer psychiatrischen Erkrankung symptomatisch auftritt. Bestehen eine primäre Hyperhidrose und zusätzlich eine psychiatrische Erkrankung, sollte ein Vorgehen gewählt werden, das beiden Entitäten gerecht wird. Der genaue Behandlungsplan muss im Einzelfall entschieden werden.
Eskalierendes therapeutisches Vorgehen – Zusammenfassung
Die Behandlung der primären axillären und palmoplantaren Hyperhidrose kann gemäß der Leitlinie in jeweils fünf Stufen untergliedert werden. Zusammenfassend können dementsprechend für die axilläre Hyperhidrose folgende Therapieoptionen erwogen werden: 1. Topische Therapie mit Antiperspirantien (vorrangig), Anticholinergika; 2. Injektionstherapie mit Botulinumtoxin A; 3. Behandlung mit Radiofrequenz (vorrangig), Mikrowellen oder Ultraschall; 4. Systemische Therapie mit anticholinerg wirksamen Präparaten; 5. Chirurgische Schweißdrüsenentfernung. Bei der palmaren und plantaren Hyperhidrose sind folgende Therapieoptionen zu erwägen: 1. Topische Antiperspirantien; 2. Leitungswasser-Iontophorese; 3. Injektionstherapie mit Botulinumtoxin; 4. Systemische Therapie mit Präparaten mit anticholinergischer Wirkung; 5. Chirurgischer Eingriff am Sympathikus. Die oben angegebenen Reihenfolgen gelten als Orientierung für den klinischen Alltag und können im Einzelfall adaptiert werden. Zudem sind die Patienten auch darüber aufzuklären, falls es sich bei einer angebotenen Behandlung um einen „Off-Label-Use“ handelt.
Patientenfall 1
Hintergrund
Ein 32-jähriger Mann stellt sich bei seiner Hausärztin aufgrund von starkem Schwitzen im Bereich der Achseln vor. Er gibt an, diese Neigung bereits seit seiner Pubertät zu haben und darunter erheblich zu leiden. Seine anstehende Hochzeit habe ihn dazu motiviert, dieses Problem mit ärztlicher Hilfe anzugehen. Dies koste ihn aufgrund von Schamgefühlen in Bezug auf das Schwitzen viel Überwindung. Die Schweißflecke würden mehrmals wöchentlich auftreten, oft würden sie eine Ausdehnung von über 20 cm erreichen, manchmal würde er auch das Ablaufen des Schweißes spüren. Er habe einen erheblichen Mehraufwand im Alltag durch mehrmaliges Duschen und Umziehen. Andere Körperstellen seien nicht in störender Weise betroffen, und das übermäßige Schwitzen trete nur tagsüber auf. Sein Vater und sein Onkel väterlicherseits hätten eine ähnliche Schweißneigung. Weitere somatische Beschwerden werden verneint, zudem ist die medizinische Vorgeschichte insgesamt unauffällig.
Beurteilung und Prozedere
Bei dem Patienten liegt am ehesten eine primäre Hyperhidrose vom axillären Subtyp und Schweregrad III vor. Die Ärztin klärt den Patienten über die wahrscheinliche Diagnose und topische Behandlungsoptionen mit Aluminiumsalzen und lokalen Anticholinergika auf. Sie erwähnt auch die Möglichkeiten weiterer Therapieeskalationen bei Unverträglichkeiten oder Therapieversagen. Der Patient entscheidet sich zunächst, eine topische Behandlung mit Aluminiumsalzen auszuprobieren. Eine Verlaufskontrolle wird in vier Wochen eingeplant.
Patientenfall 2
Hintergrund
Ein junger professioneller Pianist stellt sich in der dermatologischen Praxis vor und berichtet, bereits seit mehreren Jahren unter einem vermehrten Schwitzen der Handinnenflächen zu leiden. Der Schweiß beeinträchtige sein Spiel vor allem bei Auftritten, da er sich währenddessen, nicht wie bei den Proben, die Hände abwischen könne. Zudem sei ihm das Händeschütteln sehr unangenehm. Insgesamt würden die Beschwerden zu einem hohen psychischen Leidensdruck mit niedergeschlagener Stimmung und Versagensängsten führen. Er wolle nun wissen, ob eine Behandlung mit Botulinumtoxin für ihn infrage käme. Insgesamt ergibt die weitere Anamnese klare Hinweise auf das Vorliegen einer primären Hyperhidrose.
Beurteilung und Prozedere
Diagnostisch kann bei dem Patienten von einer primären fokalen Hyperhidrose vom palmaren Typ ausgegangen werden. Beruflich ist der Patient auf eine perfekt funktionierende Feinmotorik angewiesen. Eine Behandlung mit Botulinumtoxin-A-Injektionen erscheint bei diesem Patienten riskant, da bereits geringe Nebenwirkungen auf die Feinmotorik eine deutliche berufliche Einschränkung bedeuten könnten. Dem Patienten wird daher zunächst eine Behandlung mit Antiperspirantien empfohlen. Es wird auch die Möglichkeit einer Leitungswasser-Iontophorese besprochen, sollte das Ansprechen auf die Antiperspirantien nicht zufriedenstellend sein. Zudem erhält der Patient auf seinen Wunsch hin supportive psychologische Gespräche.
Patientenfall 3
Hintergrund
Eine 23-jährige Studentin konsultiert ihren Hausarzt aufgrund von starkem Schwitzen der Füße, verbunden mit der Neigung zu Malodor. Sie gibt an, an den meisten Tagen in der Woche sehr schnell feuchte Füße in geschlossenen Schuhen zu bekommen, bei warmem Wetter gelegentlich auch in Sandalen. Zusätzlich schwitze sie ebenfalls stärker im Gesicht und am behaarten Kopf als andere Personen, bis hin zur sichtbaren Bildung von Schweißperlen. Dies empfinde sie vor allem als störend, wenn sie einen Vortrag in größerer Runde halten müsse. Ein solcher Vortrag stehe alle zwei bis drei Monate an. Das akute Problem seien im Moment ihre Füße und vor allem deren schlechter Geruch. Seit Kurzem wohne sie in einer Wohngemeinschaft und sei dort schon wegen des Geruches negativ aufgefallen. Sie schäme sich dafür sehr und wolle auch den Mitbewohnern die Geruchsbelästigung ersparen. Die weitere Anamnese bestätigt das Vorliegen einer primären Hyperhidrose.
Beurteilung und Prozedere
Bei der Patientin handelt es sich um eine primäre Hyperhidrose mit kombinierter kraniofazialer und plantarer Lokalisation. In Bezug auf die plantare Hyperhidrose wird der Patientin eine antiperspirative Behandlung mit Aluminiumsalzen empfohlen, aber auch eine zeitlich begrenzte Behandlung mit topischem Erythromycin zur Bekämpfung der Malodor-bildenden Bakterien. Zur Reduktion des kraniofazialen Schwitzens wird mit der Patientin die Möglichkeit der Einnahme des systemischen Anticholinergikums Methantheliniumbromid vor den Vorträgen besprochen. Die Patientin nimmt die Vorschläge dankend an.
Patientenfall 4
Hintergrund
Eine 68-jährige Patientin stellt sich bei ihrem Hausarzt mit neu aufgetretenem übermäßigen Schwitzen vor. Die Patientin berichtet, dass sie seit etwa sechs Wochen mehr als üblich schwitze. Das Schwitzen trete vor allem nachts sehr heftig auf, sodass sie oft auch ihren Schlafanzug wechseln müsse. Derartige Beschwerden habe sie noch nie zuvor erlebt. Sie fühle sich insgesamt oft müde und vermute auch, Gewicht verloren zu haben, sicher wisse sie das nicht. Einige Male sei es im letzten Monat auch zu Nasenbluten gekommen.
Beurteilung und Prozedere
Die Anamnese ist nicht typisch für eine primäre Hyperhidrose. Sowohl das nächtliche Schwitzen als auch der Symptombeginn nach dem 25. Lebensjahr sind untypisch. Des Weiteren bestehen spontanes Nasenbluten, Müdigkeit und möglicherweise Gewichtsverlust. In diesem Fall gilt es, die Anamnese auszuweiten, sodass Schlüsselfragen abgedeckt werden, die auf potenzielle Grunderkrankungen abzielen, wie maligne Erkrankungen, ein entzündliches Geschehen oder andere internistische Grunderkrankungen. Die durchzuführende Diagnostik wird sich an dem aus der Anamnese entstehenden Gesamtbild orientieren müssen.
Fazit
- Die primäre Hyperhidrose ist ein weitverbreitetes Phänomen, das auf einer neuropathischen Dysregulation beruht.
- Als Folge der primären Hyperhidrose besteht häufig ein beträchtlicher psychischer Leidensdruck
- Somatische Differenzialdiagnosen müssen in Betracht gezogen und gegebenenfalls weiter abgeklärt werden, insbesondere Nachtschweiß.
- Die Behandlung sollte in Eskalationsstufen erfolgen, wenn möglich beginnend mit einer topischen Therapie.
- In erster Linie werden Aluminiumsalze und Anticholinergika topisch eingesetzt.
- Weitere Behandlungsoptionen sind Botulinumtoxin-A-Injektionen, die Leitungswasser-Iontophorese und die thermale Schädigung von Schweißdrüsen.
- Auf der letzten Eskalationsstufe stehen die operative Blockade sympathischer Fasern oder die operative Entfernung der Schweißdrüsen
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