Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern: Outcomeverbesserung durch frühzeitige Katheterbehandlung?

Vorhofflimmern ist assoziiert mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle, Herzinsuffizienz und Tod. Zur Diagnostik und Therapie dieses weltweit zunehmenden Krankheitsbildes wurden im August 2020 neue ESC-Leitlinien mit einem ganzheitlichen Ansatz vorgestellt, die den Stellenwert der Katheterablation als First-Line-Therapieoption deutlich verbessern. Hintergrund dieser Entscheidung sind nicht nur der Paradigmenwechsel beim Verständnis der Ursache für das erhöhte Thromboserisiko mit Blick auf die progrediente Fibrosierung des linken Vorhofes, sondern auch die konsistenten Ergebnisse von aktuellen Vergleichsstudien zwischen der Kryoballonkatheterablation und einer medikamentösen antiarrhythmischen Therapie.

Nach einer Ablation von Patienten mit einem symptomatischen paroxysmalen Vorhofflimmern mit dem Kryoballonkatheter waren ein Jahr nach dem Eingriff noch signifikant mehr Patienten im Sinusrhythmus als unter medikamentöser antiarrhythmischer Therapie. Je früher eine Ablation erfolgt, desto besser sind die Erfolgschancen; aber auch die Mehrheit der Patienten mit einem bereits persistierendem Vorhofflimmern profitiert von einer Ablation.

Die neuen Leitlinien geben der Entscheidung des Patienten bei der Auswahl der therapeutischen Optionen zur Behandlung seines Vorhofflimmerns mehr Gewicht. Günstige Studiendaten zur Lebensqualität nach einer Katheterablation dürften hier von großem Interesse sein.

Kursinfo
VNR-Nummer 2760709122096560019
Zeitraum 22.12.2022 - 21.12.2023
Zertifiziert in D, A
Zertifiziert durch Akademie für Ärztliche Fortbildung Rheinland Pfalz
CME-Punkte Fortbildung abgelaufen
Zielgruppe Ärzte
Referent Prof. Dr. med. Marc Horlitz
Dr. med. Christoph Blank
Redaktion CME-Verlag
Veranstaltungstyp Webcast
Lernmaterial Vorträge, Lernerfolgskontrolle (pdf); Bearbeitungsdauer: 90 Minuten
Fortbildungspartner Medtronic GmbH
Bewertung 4.5 (798)

Einführung

An Vorhofflimmern (VHF) leiden weltweit schätzungsweise 33 Millionen Menschen. Allein in Europa könnte die Anzahl der betroffenen Patienten bis 2030 auf etwa 14 bis 17 Millionen ansteigen. Ohne eine entsprechende Behandlung ist das Vorhofflimmern nicht nur mit einem erhöhten Risiko für Tod, Schlaganfall und Herzinsuffizienz korreliert, sondern die Symptome beeinträchtigen auch die Lebensqualität erheblich. Die Behandlung von Patienten mit symptomatischem paroxysmalen Vorhofflimmern mit antiarrhythmischen Arzneimitteln (AAD) kann jedoch in bis zu 50 % der Fälle das erneute Auftreten von Vorhofflimmern nicht verhindern. Für diese Patienten bietet sich eine Katheterablation an. Mehrere klinische Studien im Vorfeld haben gezeigt, dass das Outcome der Patienten umso günstiger zu sein scheint, je weniger Zeit zwischen der Diagnosestellung und der Ablation vergeht. Nach den positiven Ergebnissen mehrerer kontrollierter Studien zur frühzeitigen Katheterablation im Vergleich zu einer medikamentösen antiarrhythmischen Therapie wurde der Stellenwert der Katheterablation in den ESC-Leitlinien als First-Line Therapie bei Patienten mit symptomatischem paroxysmalen Vorhofflimmern deutlich aufgewertet.

Histophatologische und elektrophysiologische Ursachen des Vorhofflimmerns

Die Fibrosierung des Myokards als ein wichtiges morphologisches Substrat für das klinische Outcome wurde bei Patienten mit einer schweren symptomatischen Aortenstenose beschrieben. Diese Fibrosierung wurde auch als arrhythmogenes Substrat für die Entstehung des Vorhofflimmerns identifiziert. Die das Vorhofflimmern auslösenden Triggerzellen sind im Mündungsareal der rechten und linken Lungenvenen im linken Vorhof lokalisiert. Diese Zellen werden durch das vegetative Nervensystem erregt. Eine zunehmende Entstehung von Bindegewebe innerhalb des Muskelgewebes führt zu Veränderungen der Mikrostruktur (Remodelling) in der Gefäßwand der Pulmonalvenenmündungen und der Vorhofwand und löst dort intramurale Reentry-Phänomene aus, die ein anfallsweises Vorhofflimmern induzieren. Bei der Fibrosierung handelt es sich um einen chronischen Prozess. Das Bindegewebe wächst mit der Zeit in den Vorhof hinein, und das zunächst anfallsweise Vorhofflimmern geht in eine dauerhafte Form über. Die Arbeitsgruppe von Marrouche konnte im Rahmen der DECAAF-Studie erstmals die Fibrosierung des linken Vorhofes mit einem MRT-Algorithmus quantifizieren. Eine zunächst leichte Fibrosierung endet im Stadium einer fibrotischen atrialen Kardiomyopathie, in der ein dauerhafter Sinusrhythmus nicht mehr erreichbar ist. Der natürliche Alterungsprozess scheidet als Ursache für die Fibrosierung aus, die ein Vorhofflimmern auslöst. Auch bei jungen leistungsfähigen Sportlern kann eine ausgeprägte Fibrosierung des linken Vorhofes nachgewiesen werden. Neben genetischen Ursachen gibt es Risikofaktoren, wie zum Beispiel Hypertonie, Übergewicht, Schlafapnoesyndrom, Diabetes und Alkohol, die über inflammatorische Prozesse auch im Herzmuskel eine Fibrosierung fördern. Wenn diese Risikofaktoren nicht behandelt werden, verschlechtern sie die Prognose der Patienten mit Vorhofflimmern. Die neuen Leitlinien zur Diagnose und Behandlung des Vorhofflimmerns fordern deshalb auch ein aggressives Management der Risikofaktoren.

Vom Vorhofflimmern zur fibrotischen Kardiomyophatie mir erhöhtem Thromboserisiko

Das Vorhofflimmern ist die elektrische Antwort auf eine zunehmende Fibrosierung des linken Vorhofes (Atrial Remodelling) weit über den physiologischen Alterungsprozess hinaus, die durch Risikofaktoren gefördert wird. Aus einem zu Beginn paroxysmalen Vorhofflimmern wird mit zunehmender Fibrosierung eine permanente Form. Das Vorhofflimmern selbst verstärkt dabei den Fibrosierungsprozess. Die zunehmende Fibrosierung hat aber auch mechanische und hämodynamische Konsequenzen. Der Vorhof kann sich nicht mehr richtig ausdehnen; es kommt zu einer diastolischen Dysfunktion, was bei den Patienten auch zu Herzinsuffizienzsymptomen, zu einer Mitralklappeninsuffizienz oder zu einer Vergrößerung des Vorhofes führen kann. Die Entwicklung einer Herzinsuffizienz ohne systolische Kontraktionsstörung (HEFpEF) ist möglich. Außerdem führt die Fibrosierung zu einer endothelialen Dysfunktion, was die Wahrscheinlichkeit der Entstehung von Thromben deutlich erhöht.

Paradigmenwechsel beim Verständnis der Folgen des Vorhofflimmerns

Nicht das Vorhofflimmern an sich ist also der Hauptinduktor für die Entstehung von Blutgerinnseln, sondern die Fibrose. Patienten mit permanentem Vorhofflimmern haben ein wesentlich höheres Risiko, Schlaganfälle zu erleiden, als Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern. Das Schlaganfallrisiko steigt also mit der Dauer des Vorhofflimmerns an. King et al. konnten nachweisen, dass das Ausmaß der mittels MRT quantifizierten Fibrose im linken Vorhof bei Patienten mit Vorhofflimmern mit einem höheren Risiko von zerebrovaskulären und kardiovaskulären Ereignissen korreliert. In den Studien ASSERT, TRENDS und IMPACT-AF wurde bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern der Herzrhythmus über einen Zeitraum von drei Jahren mit einem implantierten Eventrecorder dokumentiert. Eine Auswertung der Patienten, die innerhalb des Beobachtungszeitraumes einen Schlaganfall erlitten hatten, ergab, dass 70 bis 80 % dieser Patienten 30 Tage vor dem Ereignis im Sinusrhythmus waren. Das Vorhofflimmern selbst war also nicht Auslöser der Thrombose, was als weiterer Hinweis dafür interpretiert werden kann, dass die Fibrose das Problem ist und nicht das Vorhofflimmern. Das ist der Paradigmenwechsel: Vorhofflimmern ist möglicherweise nur im gewissen Maße am Thrombosegeschehen beteiligt, es ist aber ein extrem guter prognostischer Marker, um die Patienten zu identifizieren, die eine ausgeprägte Fibrose haben.

Neue ESC-Leitlinien zum Vorhofflimmern

Ende August 2020 wurden die neuen ESC-Guidelines zur Diagnose und Therapie des Vorhofflimmerns präsentiert. Neu ist der ganzheitliche Ansatz durch ein integriertes Management des Vorhofflimmerns, der sowohl Elektrophysiologen, Kardiologen und Hausärzte mit in die Betreuung der Patienten einbindet und der in einem übersichtlichen Schema beginnend mit CC über 4S zu ABC aufbereitet wurde. Das erste C bedeutet Confirm und definiert die Bestätigung der Diagnose mit einem 1- oder 12-Kanal-EKG mit einer mindestens 30 Sekunden lang andauernden VHF-Episode. Das zweite C steht für Characterize und setzt sich aus vier Parametern zusammen, mit der das Vorhofflimmern charakterisiert wird. Unter ABC wird die Therapie zusammengefasst. Auch die Begriffsgebung wurde in den neuen Leitlinien vereinheitlicht: Die Begriffe Lone Atrial Fibrillation, chronisches Vorhofflimmern oder valvuläres Vorhofflimmern sollen nicht mehr verwendet werden. Bei der Erstdiagnose handelt es sich um paroxysmales Vorhofflimmern; es kommt und geht von allein. Dauert es länger als sieben Tage an, spricht man von persistierendem Vorhofflimmern, kann jedoch mit einer Kardioversion beendet werden. Auch das langanhaltende Vorhofflimmern, das über zwölf Monate andauert, reagiert noch auf Kardioversion oder Ablation. Das permanente Vorhofflimmern kann per definitionem nicht mehr in einen Sinusrhythmus überführt werden.

Schritt Nr. 1: Diagnostik des Vorhofflimmerns einschließlich Telemedizin

Diagnose und Dokumentation des Vorhofflimmerns können auf vielfältige Art und Weise erfolgen. Patienten sollen angehalten werden, den Puls zu fühlen und Unregelmäßigkeiten zu dokumentieren. Das EKG kann beim Hausarzt abgeleitet werden. Telemedizinische Techniken wie zum Beispiel Smartwatches spielen in Zukunft eine immer größere Rolle. Viele Patienten präsentieren bereits jetzt ihr damit aufgezeichnetes EKG, und die Dokumentation ist auf hohem qualitativen Niveau. Smartwatches können dabei helfen, ein Vorhofflimmern früh zu erkennen. Dadurch kann eine Antikoagulation frühzeitig eingeleitet werden, um den Schlaganfall zu verhindern. Es gibt neue moderne Management-Tools, bei denen Handys in der Lage sind, durch eine App Vorhofflimmern zu erkennen. Der Patient wird von zu Hause mit einer Zentrale verbunden, ein Arzt kann die Diagnose bestätigen und entsprechende Maßnahmen einleiten. Gerade jetzt in der aktuellen Coronapandemie ist damit eine gute Versorgung von Vorhofflimmerpatienten möglich, ohne dass ein Kontakt im Krankenhaus oder in der Praxis notwendig ist.

Schritt Nr. 2: Strukturierte Charakterisierung des Vorhofflimmerns

Wenn das Vorhofflimmern erkannt und dokumentiert wurde, folgt als Nächstes die Charakterisierung mittels 4S. Das erste S steht für eine Beurteilung des Schlaganfallrisikos mit dem CHA2DS2-VASc-Score. Es folgt das zweite S für die Beschreibung der Symptome basierend auf der EHRA-Klassifikation. Das dritte S bedeutet eine Einschätzung des Schweregrades der Krankheitslast des Vorhofflimmerns mit der Einteilung von paroxysmal bis permanent sowie der Häufigkeit und Dauer von Vorhofflimmerepisoden (Vorhofflimmerdichte). Mit dem vierten S gilt es, das Substrat zu definieren mit der Quantifizierung des Fibroseanteils im linken Vorhof, der Gewichtung der Komorbiditäten und Risikofaktoren und der Dokumentation einer eventuellen atrialen Kardiomyopathie. Alle Maßnahmen dienen dazu, den Patienten mit einem Vorhofflimmern möglichst früh und mit den richtigen Maßnahmen effektiv zu behandeln.

Schritt Nr. 3: Ganzheitliche Therapie

Alle drei Therapieschemata sind auf einer Ebene nebeneinander angeordnet und fassen den ganzheitlichen Ansatz zusammen: A steht für Antikoagulation und Avoid Stroke, das heißt, wenn die Patienten ein Schlaganfallrisiko haben, dann benötigen sie eine Antikoagulation. B heißt: Wenn die Patienten Symptome haben, sollten diese erfasst und kontrolliert werden. Hier können antiarrhythmisch wirksame Medikamente, eine Kardioversion oder eine Ablation angeboten werden. Die Lebensqualität des Patienten spielt dabei eine große Rolle. C bedeutet, Komorbiditäten und kardiovaskuläre Risikofaktoren erkennen und mit in das Krankheitsmanagement einbeziehen.

Indikationen zur Antikoagulation

Auch bei der Antikoagulation haben sich bei den neuen Leitlinien einige Änderungen ergeben. Die Indikation zur Antikoagulation wird nach wie vor nach dem CHA2DS2-VASc-Score gestellt. Bei einem Scorewert von 0 wird, von Ausnahmen abgesehen, nicht antikoaguliert, bei 1 muss die Antikoagulation mit dem Patienten individuell erörtert werden, und bei einem Wert ab 2 ist die Antikoagulation Pflicht. Dem weiblichen Geschlecht wird im CHA2DS2-VASc-Score nicht mehr automatisch ein Punkt zugeordnet. Eine Frau ab 65 Jahre hat also nicht mehr automatisch zwei Punkte, sondern ein Punkt; auch hier ist eine Antikoagulation individuell mit den betroffenen Patienten zu erörtern. DOAK sind zur Antikoagulation die modernere Alternative gegenüber den VKA. Thrombozytenaggregationshemmer sind in der Schlaganfallprophylaxe als Monotherapie oder auch in der Kombination miteinander ineffektiv, und ihre Anwendung geht mit einem erhöhten Blutungsrisiko einher. Bei einem CHA2DS2-VASc-Score von 0 wird für vier Wochen mit einem DOAK antikoaguliert, wenn die Patienten kardiovertiert werden müssen, danach wird abgesetzt. Das Gleiche gilt für den Zeitraum von mindestens zwei Monaten (ESC-Leitlinien 2020) nach einer Katheterablation im linken Vorhof, da die ausgedehnten Ausheilungsprozesse mit einem erhöhten Thromboserisiko verbunden sind. Üblicherweise nach spätestens drei Monaten kann beim CHA2DS2-VASc-Score von 0 oder 1 die Antikoagulation abgesetzt werden. Bereits 2019 wurde in den ESC-Leitlinien zur Diagnose und Therapie des chronischen Koronarsyndroms festgelegt, dass es nach einer Stentimplantation bei Patienten mit Vorhofflimmern keine Triple-Therapie mehr gibt. ASS ist wegen erhöhter Blutungskomplikationen und ohne Einfluss auf die Effektivität nicht mehr angezeigt. Clopidogrel wird für sechs Monate nach einer Stentimplantation in Kombination mit einem DOAK gegeben. Bei Patienten mit einem sehr Blutungsrisiko (HAS-BLED-Score über 3) sollte mit Vorsicht antikoaguliert, engmaschiger kontrolliert oder gegebenenfalls ein Vorhofohrverschluss erwogen werden. Letzterer kann auch für Patienten geeignet sein, die aufgrund einer schweren Niereninsuffizienz weder mit DOAK noch mit VKA antikoaguliert werden dürfen. Eine weitere Neuerung in den VHF-Leitlinien ist, dass Patienten nach dem Erhalt der Erstdiagnose Vorhofflimmern nach vier bis sechs Monaten erneut einbestellt werden sollen, um zu überprüfen, ob zusätzliche Risikofaktoren vorliegen, wie zum Beispiel ein Diabetes mellitus oder eine Hypertonie, die den CHA2DS2-VASc-Score erhöhen und die im Rahmen der Erstdiagnose des Vorhofflimmerns nicht dokumentiert wurden.

First-Line-Ablation für mehr Lebensqualität

Im Abschnitt B des neuen ESC-Therapieschemas steht der Erhalt oder die Wiederherstellung einer guten Lebensqualität der Patienten mit Vorhofflimmern im Mittelpunkt. Dazu kann ein frühes Unterbrechen des Chronifizierungsprozesses der Erkrankung beitragen. Ein neuer Punkt in den Leitlinien ist, dass der Patient entscheidet, da er seine Symptome am besten kennt und deshalb einschätzen kann, welches Verfahren ihm in seiner aktuellen Situation am meisten nutzt. Der Arzt bietet die verschiedenen Möglichkeiten, wie antiarrhythmische Arzneimittel, Kardioversion oder Ablation, an und klärt über deren Vor- und Nachteile auf. Nach den neuen Leitlinien kann, wenn die Patienten damit einverstanden sind oder den Wunsch äußern, ohne einen vorherigen medikamentösen Therapieversuch sofort abladiert werden. Das ist zum Beispiel bei jungen Sportlern gut nachvollziehbar, die keine Medikamente einnehmen möchten und bei denen es aufgrund der niedrigen Pulsfrequenz auch nicht sinnvoll ist. Die Katheterablation ist in den neuen Leitlinien somit zu einer First-Line-Therapie bei Vorhofflimmern aufgewertet worden.

Methoden zur Pulmonalvenenisolation

Mit der Katheterablation wurden in den letzten Jahren in größeren Zentren sehr viele Erfahrungen gesammelt. Dazu werden verschiedene Methoden angewendet. Man kann die Pulmonalvenen mit der HF-Stromablation oder mit einem Kryoballon bzw. Laserballon isolieren. Bei der Kryoablation wird der Ballonkatheter nach transseptaler Punktion in den linken Vorhof geschoben und vor der Lungenvene entfaltet. Von einer Konsole aus wird Lachgas mit hohem Druck in den Ballon gepresst, durch die entstehende Verdunstungskälte werden die Triggerzellen im Gewebe des Mündungsareals der Pulmonalvenen durch Vereisung verödet. Durch einen zusätzlichen Diagnostikkatheter, der durch den Ballon in der Lungenvene liegt, können Potenziale abgeleitet und durch deren Verschwinden der Erfolg der Ablation kontrolliert werden. Eine Ablation mit dieser Methode dauert etwa eine Stunde bis maximal anderthalb Stunden und ist sicher und gut umsetzbar.

Aktuelle klinische Studien zur Katheterablation vs. Medikamentöse antiarrhytmische Therapie

Der Erfolg einer Katheterablation in direktem Vergleich zu einer medikamentösen antiarrhythmischen Therapie konnte in drei kontrollierten klinischen Studien dokumentiert werden. Diese Evidenz hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Katheterablation in den Leitlinien als First-Line-Option zur Behandlung des symptomatischen paroxysmalen Vorhofflimmerns empfohlen wird. Die Ergebnisse der Cryo-FIRST-Studie wurden erstmals 2020 auf den Jahrestagungen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie und der ESC präsentiert. Im Beobachtungszeitraum von zwölf Monaten nach einer Kryoballonkatheterablation waren noch 82,2 % der Patienten im Sinusrhythmus, während das bei den mit Antiarrhythmika (Klasse I oder III) behandelten Patienten nur bei 67,6 % der Fall war. Bezüglich der Zeit bis zum Auftreten des ersten schweren unerwünschten Ereignisses gab es keinen Unterschied zwischen dem Kryoablations- und dem Antiarrhythmika-Arm. Ein vergleichbares Ergebnis lieferte die STOP-AF-FIRST-Studie. Hier wurden insgesamt 203 Patienten entweder mit der Kryoablation oder mit antiarrhythmischen Medikamenten (AAD) behandelt. Nach zwölf Monaten waren in der Ablationsgruppe 75 % der Patienten ohne Vorhofflimmern, Vorhofflattern oder atriale Tachyarrhythmien gegenüber 45 % in der AAD-Gruppe. Weitere Evidenz lieferte die EARLY-AF-Studie mit dem Ergebnis, dass bei 42,9 % der mit einem Kryoballonkatheter abladierten Patienten im Folgejahr erneute atriale Tachyarrhythmien festgestellt wurden; in der mit antiarrhythmischen Medikamenten behandelten Patienten war das bei 67,8 % der Fall. Die Ablation ist also effektiver als die Behandlung mit Antiarrhythmika.

Paroxysmales Vorhofflimmern früh erkennen und rechtzeitig behandeln

Damit die therapeutischen Optionen bei den Patienten mit Vorhofflimmern wirksam sein können, kommt es vor allem auf deren rechtzeitige Anwendung im frühen Stadium der Erkrankung an. Beim paroxysmalen Vorhofflimmern sind die Erfolgschancen am besten. Bei Patienten mit anhaltendem Vorhofflimmern ist die Fibrosierung schon weiter fortgeschritten, eine Behandlung wird schwieriger. Im Rahmen der EAST-AFNET-Studie wurde bei insgesamt 2789 Patienten mit Vorhofflimmern das Outcome nach einer frühen Rhythmuskontrolle mit Antiarrhythmika und/oder Ablation innerhalb eines Zeitraumes von weniger als einem Jahr nach der Erstdiagnose mit dem Outcome nach Standardtherapie durch Antikoagulation und Betablockade verglichen. Der primäre Endpunkt war kombiniert und setzte sich zusammen aus kardiovaskulärem Tod, Schlaganfall und Hospitalisierung aufgrund der Verschlechterung einer Herzinsuffizienz oder aufgrund eines akuten Koronarsyndroms. Die Auswertung erfolgte nach einer Beobachtungszeit von fünf Jahren.

Diagnostik und Behandlung

Wegen der fortgeschrittenen Fibrosierung ist die Behandlung von Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern komplexer. Auch hier konnte in kontrollierten Studien, wie STOP Persistent AF und CRYO4PERSISTENT AF, der Nachweis erbracht werden, dass mit einer Kryoballonkatheterablation das Vorhofflimmern effektiv beseitigt werden kann. Allerdings ist die Erfolgsrate bei dieser Klientel niedriger als bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern. Zwölf Monate nach dem Eingriff waren in den beiden Studien noch 54,8 % bzw. 60,7 % frei von atrialen Arrhythmien. Bei der Ablation von Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern liegt die Erfolgsrate bei durchschnittlich 80 %. In den neuen Leitlinien wird aber auch bei Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern die Ablation als First-Line-Option alternativ zum Einsatz von Klasse-I- und -III-Antiarrhythmika empfohlen. Um die Erfolgschancen einer Ablation bei Patienten mit einem persistierenden Vorhofflimmern im Rahmen einer zweiten Intervention zu erhöhen, kommen moderne dreidimensionale Mapping-Systeme zum Einsatz, die mithilfe von mehrarmigen Katheterelektroden die Ableitung von Potenzialen an der gesamten Innenfläche des linken Vorhofes erlauben. Die Potenziale können je nach Höhe farblich kodiert in einer dreidimensionalen Grafik dargestellt werden. Je niedriger das Potenzial ist, desto mehr Fibrose liegt vor. Über die Eingabe von strategischen Linien wird versucht, die optimalen Ablationsbereiche zu planen, um eine Selbstunterhaltung des Vorhofflimmerns durch die Fibrose zu verhindern. Durch die Fusion der Ergebnisse aus dem 3-D-Mappingsystem mit den durch Kontrastmittel verstärkten Aufnahmen eines 3-Tesla-MRT-Systems kann das für eine Ablation relevante fibrosierte Areal im Vorhof noch besser dargestellt werden, was eine erfolgreiche Behandlung wahrscheinlicher macht.

Patientenfall 1

Patient, männlich, Alter Ende 40. Gesund bis auf ein Vorhofflimmern seit drei Wochen, das der Patient kaum bemerkt hat. Aufnahme mit einer Pulsfrequenz von 155 Schlägen pro Minute. In der Echokardiografie ergab sich der besondere Befund einer zunächst unter dem Vorhofflimmern noch guten Pumpfunktion, die sich während der Untersuchung nach wenigen Minuten im Rahmen einer beginnenden tachykarden Myopathie mit ersten ventrikulären Extrasystolen deutlich verschlechterte. Dieser Fall zeigt, wie es im Rahmen eines Vorhofflimmerns zu einer Herzinsuffizienz mit gefährlichen Rhythmusstörungen und ventrikulären Tachykardien kommen kann. Der Patient ist sofort auf die Intensivstation gekommen, er wurde nach Thrombenausschluss mittels Schluck echo kardiovertiert. Die Pumpfunktion blieb weiterhin trotz Sinusrhythmus hochgradig eingeschränkt. Durch umfassende Untersuchungen konnten eine Fibrose im linken Ventrikel, eine Kardiomyopathie, eine Myokarditis sowie Stenosen in den Koronarien ausgeschlossen werden. Der Patient wurde dann mit einem Kryoballonkatheter erfolgreich abladiert und konnte nach einigen Tagen mit einer LifeVest nach Hause entlassen werden. Bei einer Kontrolluntersuchung nach drei Monaten stellte sich heraus, dass kein Vorhofflimmern mehr aufgetreten ist und die Pumpfunktion sich wieder vollständig normalisiert hatte. Die Katheterablation hat dazu beigetragen, dass eine Herzinsuffizienz wieder in eine normale Herzfunktion überführt werden konnte. Die Vorgehensweise der sofortigen Ablation eines Patienten mit Vorhofflimmern und einer tachykarden Myopathie ist durch die neuen Leitlinien gedeckt. Die CASTLE-AF-Studie hat gezeigt, dass die Ablation auch bei herzinsuffizienten Patienten mit Vorhofflimmern auf dem Boden einer strukturellen Grunderkrankung ein sehr sinnvoller Therapieansatz sein kann.

Patientenfall 2

Dr. Blank: 51-jähriger Amateurradsportler mit hohen Trainingsvolumina von bis zu 500 km pro Woche seit vielen Jahren. Keine Vorerkrankungen. Vorhofflimmern seit 2010. Pulmonalvenenisolation 2014 auf Wunsch des Patienten. Seit 2018 drei Rezidive, die jeweils spontan konvertierten. Zwei davon waren in zeitlichem Zusammenhang mit intensiven Trainingseinheiten aufgetreten und eine mit intensivem Alkoholgenuss, also klassische Triggermechanismen. Jetzt viertes Rezidiv, zurzeit keine Medikamente. Bislang keine Betablockade aufgrund einer Sinusbradykardie in Ruhe und Trainingseffektminderung. CHA2DS2-VASc-Score 0 Punkte, keine Antikoagulation. Therapieversuch mit einem Betablocker und drei Tage später spontane Konversion. Der neue CC-4S-Algorithmus in den ESC-Leitlinien würde jetzt zu folgendem Ergebnis führen: Das Vorhofflimmern ist gesichert; die Charakterisierung ergibt einen CHA2DS2-VASc-Score von 0 Punkten, Schlaganfallrisiko gering, keine orale Antikoagulation notwendig; die Symptomschwere nach EHRA ist in den Episoden Klasse 2 bis 3 einzustufen; die Vorhofflimmerlast und -dichte empfindet der Patient derzeit als nicht so groß, vier Rezidive, maximale Dauer war im letzten Fall drei Tage. Als Substrat, das vierte S, konnte echokardiografisch keine Veränderung des Vorhofes dokumentiert werden, aber der Patient unterhält die Fibrose fördernden Mechanismen in der Form eines Hochvolumenausdauertrainings. Er fährt immer noch 250 km Rad pro Woche, und das wird am Substrat mit der Zeit noch weiter einwirken. Jetzt ist die Frage, was dem Patienten empfohlen werden kann. Prof. Horlitz: Bei diesem Fall handelt es sich um einen richtigen Klassiker, den wir an unserem Zentrum auch sehr häufig sehen, da wir viele Leistungssportler betreuen. Es ist sehr auffällig, dass Leistungssportler häufiges Vorhofflimmern haben, in etwa 10 % der Fälle. In der normalen Bevölkerung liegt die Inzidenz bei 2 %. Intensives körperliches Training führt nicht nur zu einer Vergrößerung des Vorhofes, sondern möglicherweise auch zu kleinen entzündlichen Veränderungen an den Sollbruchstellen zwischen Pulmonalvenen und dem linken Vorhof, die zur Fibrose ausheilen. Der zweite Punkt ist das Laktat, das beim Sportler während des intensiven Trainings sehr, sehr hoch ist. Es kommt zu einer Veränderung des pH-Wertes sowie zu einer metabolischen Laktatazidose. Niedrige pH-Werte können im Herzen über inflammatorische Prozesse eine Fibrose induzieren oder verstärken. Eine Betablockade ist bei Leistungssportlern mit einer Ruhefrequenz von 50 meist nicht tolerabel. Im oben genannten Fall würde ich zu gegebener Zeit eine Re-Ablation empfehlen. Die Technik des Kryoballonkatheters hat sich seit der 2014 durchgeführten ersten Ablation bis heute deutlich verbessert, sodass deutlich mehr Triggerzellen in den Pulmonalvenen ausgeschaltet werden können. Jeder dritte Patient braucht eine zweite Ablation, die Erfolgsrate liegt bei 80 % für paroxysmales Vorhofflimmern, in 70 % reicht ein Eingriff, in 30 % muss ein Zweiteingriff durchgeführt werden. Insofern würde ich dem Sportler raten, zu gegebener Zeit eine zweite Ablation durchzuführen. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass er danach kein Vorhofflimmern mehr haben wird und auf Medikamente verzichten kann.

Patientenfall 3

Dr. Blank: 54 Jahre alter Patient. Erstdiagnose einer HOCM 2004, im gleichen Jahr zweimalige Septumablation. Seitdem unter Betablockade und Urapidil echokardiografisch und funktionell soweit stabil; Dyspnoe NYHA-Klasse 2 aufgrund der diastolischen Dysfunktion. 2018 kam es zum ersten Mal zu einem paroxysmalen Vorhofflimmern mit Spontankonversion. Wir haben uns dann recht schnell aufgrund der fortgeschrittenen Grunderkrankung für eine Ablation entschieden, die 2018 erfolgreich durchgeführt wurde. Seitdem ist der Patient vorhofflimmerfrei. Die Anwendung des neuen CC-4S-Algorithmus in den ESC-Leitlinien ergibt folgendes Bild: Das Vorhofflimmern ist bestätigt; bei der Charakterisierung ergibt sich ein interessanter Punkt: Der CHA2DS2-VASc-Score liegt bei dem Patienten bei einem Punkt. Er hat noch einen arteriellen Hypertonus und ist oral antikoaguliert mit Dabigatran. In der schon etwas älteren HOCM-Leitlinie von 2014 ist dokumentiert, dass der CHA2DS2-VASc-Score bei Patienten mit einer HOCM das Schlaganfallrisiko nicht abbildet. Studien zeigen, dass bis zu 10 % der HOCM-Patienten mit einem CHA2DS2-VASc-Score von 0 tatsächlich zerebrovaskuläre Insulte erleiden, wenn sie Vorhofflimmern haben. Das heißt, unser Patient benötigt die orale Antikoagulation unabhängig vom CHA2DS2-VASc-Score. Eine hypertrophe Kardiomyopathie, ob obstruktiv oder nicht obstruktiv, bleibt lebenslang bestehen, und die Fibrose entwickelt sich im gesamten linken Vorhof und Ventrikel stetig weiter. Nach meiner Erfahrung entwickeln Patienten mit einer HCM sehr häufig ein Vorhofflimmern und sollten deshalb lebenslang antikoaguliert bleiben. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch, dass in der HCM-Leitlinie nach wie vor die Vitamin-K-Antagonisten präferiert werden, da 2014 noch zu wenig Erfahrung mit den direkten oralen Antikoagulanzien bestand. In unserem Fall hatten wir uns für Dabigatran entschieden, weil der Patient mit Phenprocoumon nicht zurechtkam.

Bessere Lebensqualität nach Katheterablation im Vergleich zur medikamentösen Therapie

Die Lebensqualität der Patienten spielt in der neuen ESC-Leitlinien zum Vorhofflimmern eine große Rolle. Die Lebensqualität soll gemessen werden, der entsprechende validierte Fragebogen dazu ist bei Patienten mit VHF der AFEQT-Score. Eine Veränderung des AFEQT-Scores um ±5 wurde mit einer klinisch bedeutsamen Verbesserung in Verbindung gebracht. Im Rahmen der Cryo-FIRST-Studie wurde auch die Lebensqualität mit dem AFEQT-Score dokumentiert, der eine Bandbreite von null bis 100 Punkten hat. Sowohl im Studienarm mit antiarrhythmischer Medikation als auch im Kryoballonablationsarm lag der Ausgangsscore ungefähr bei 60. Zwölf Monate später wurde in beiden Studienarmen eine deutlich bessere Lebensqualität gemessen, wobei der Gesamtscore bei den Patienten nach Kryoballonablation nach drei, sechs, neun und zwölf Monaten statistisch signifikant besser war als bei den mit Antiarrhythmika behandelten Patienten. Um ein hohes qualitatives Niveau zu gewährleisten, sollten Ablationen in darauf spezialisierten Zentren durchgeführt werden.

Fazit

  • Die zunehmende Fibrosierung des Vorhofes und der Pulmonalvenen wurde als arrhythmogenes Substrat identifiziert.
  • Im Rahmen eines ganzheitlichen integrierten Managements ist die frühe Detektion des Vorhofflimmerns entscheidend.
  • Die Antikoagulation mit DOAK erfolgt nach dem CHA2DS2-VASc-Score.
  • Im Rahmen der Therapie des Vorhofflimmerns stehen die frühe Ablation und eine aggressive Risikoreduktion im Vordergrund.
  • Wichtigstes Behandlungsziel: den Übergang eines paroxysmalen Vorhofflimmerns in die persistierende Form verhindern.

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