Einleitung
So unterschiedlich sie auf den ersten Blick auch erscheinen. Verschiedene vaskuläre Netzhauterkrankungen wie die neovaskuläre altersbedingte Makuladegeneration (nAMD), das diabetische Makulaödem (DMÖ) und das Makulaödem infolge retinaler Venenverschlüsse (RVV) zeichnen sich durch eine Pathogenese aus, die auf VEGF basiert – und können dementsprechend mit den gleichen Medikamenten erfolgreich behandelt werden.
VEGF-Familie: zentraler Auslöser der Pathogenese
Auslöser des DMÖ und des Makulaödems bei RVV ist eine Minderdurchblutung des retinalen Gewebes, die eine Hypoxie zur Folge hat. Bei der nAMD liegt eine durch Degenerationsprozesse bedingte Gewebeschädigung zugrunde. Diese verschiedenen Prozesse führen als gemeinsame pathogenetische Endstrecke zu einer Ausschüttung von verschiedenen Zytokinen und Wachstumsfaktoren, insbesondere auch den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktoren (Vascular Endothelial Growth Factor, VEGF). Dadurch werden verschiedene Mechanismen ausgelöst, die wiederum zur Verschlechterung der jeweiligen Netzhauterkrankung führen. So führt der Anstieg von Wachstumsfaktoren zur Aktivierung von Mikrogliazellen. Dieser Zelltyp überwacht permanent das Netzhautgewebe auf Entzündungsreize und vermittelt selbst auch Entzündungsreaktionen: Dazu wandern Mikrogliazellen in die Netzhaut ein und setzen selbst wiederum proinflammatorische Zytokine frei. Letztlich induziert dies eine Entzündungsreaktion und kann schließlich zu chronischer Entzündung und Schädigung des retinalen Pigmentepithels führen. Ein zweiter, wichtiger Pathogenesemechanismus ist der Einfluss auf die Gefäße selbst: Durch den Anstieg der Wachstumsfaktoren kommt es zu einer Abnahme der die Gefäße stabilisierenden Perizyten und einer Öffnung der Tight Junctions. In der Folge werden die Gefäße undicht; es kommt zum Zusammenbruch der Blut-Retina-Schranke und letztlich zur Leckage. Drittens entstehen als Reparaturmechanismus neue retinale oder choroidale Gefäße, um die Hypoxie der inneren Netzhaut (DMÖ, RVV) oder bei nAMD die Gewebeschädigung im retinalen Pigmentepithel (RPE) auszugleichen. Da der zentrale Auslöser dieser verschiedenen Mechanismen Proteine der VEGF-Familie sind, lassen sich bei nAMD, DMÖ und RVV mit VEGF-Inhibitoren sehr gute Ergebnisse erzielen.
Unterschiedliche Wirkstoffcharakteristika
Mittlerweile stehen verschiedene VEGF-Inhibitoren zur Behandlung retinaler Erkrankungen zur Verfügung. Deren jeweilige Wirkstärke und Wirkdauer werden durch verschiedene Charakteristika wie Bindungsaffinität, Spezifität für Bindungsziele, Halbwertzeit, Potenz und molare Dosis beeinflusst. Alle aktuell verfügbaren Substanzen basieren in unterschiedlichem Umfang auf einer natürlichen Antikörperstruktur: Während Bevacizumab ein kompletter Antikörper ist, stellen Ranibizumab und Brolucizumab Antikörperfragmente dar. Aflibercept ist ein Fusionsprotein aus dem Antikörper-Fc-Teil und den VEGF-Bindungsstellen der VEGF-Rezeptoren 1 und 2, während Faricimab als bispezifischer Antikörper gegen zwei unterschiedliche Antigene gerichtet ist. Die Medikamente weisen eine unterschiedliche Spezifität für die verschiedenen Proteine der VEGF-Familie und für andere Faktoren wie Angiopoietin-2 (Ang-2) auf: Während Ranibizumab, Brolucizumab und Bevacizumab lediglich die VEGF-A-Isoformen hemmen, inhibiert der bispezifische Antikörper Faricimab neben den VEGF-A-Isoformen auch Ang-2. Aflibercept hemmt zusätzlich zu allen VEGF-A-Isoformen auch den Plazentawachstumsfaktor (PlGF), VEGF-B und Galectin-1.
Hohe molare Dosis verlängert Wirkdauer
Aktuelle Entwicklungen zielen darauf ab, die sehr gute Wirkstärke der Medikamente zu erhalten und gleichzeitig eine Verlängerung des Wirkeffektes zu erreichen, um so längere Behandlungsintervalle zu erreichen. Dies ermöglicht es, die Injektionsintervalle länger auszudehnen und somit die Behandlungslast für die Patienten zu reduzieren. Eine wichtige Stellschraube zur Verlängerung des Wirkeffektes im Auge ist eine hohe molare Dosis. Vereinfacht ausgedrückt, dauert es bei einer initial höheren Dosis länger, bis die Anti-VEGF-Konzentration im Auge soweit abgesunken ist, dass der Schwellenwert der VEGF-Suppression unterschritten und somit das Ende der klinischen Wirkung erreicht werden – und demensprechend verlängert sich die Wirkdauer. Die Anti-VEGF-Medikamente Bevacizumab, Ranibizumab und Aflibercept weisen relativ ähnliche intraokuläre Halbwertzeiten auf. Mathematisch gilt: Bei jeder Verdoppelung der Anfangsdosis wirkt das Medikament um eine Halbwertszeit länger. Bei einer Vervierfachung der Dosis, so wie dies aktuell in dem seit Januar 2024 in Deutschland zugelassenen Aflibercept 8 mg umgesetzt ist, wird somit eine Verlängerung der Wirkdauer um zwei Halbwertszeiten erreicht. Diese verlängerte Wirkdauer aufgrund der erhöhten Anfangskonzentration des Anti-VEGF-Wirkstoffes könnte möglicherweise klinische Vorteile im Sinne einer geringeren Behandlungsbelastung durch längere Injektionsintervalle bieten.
Hoher Bedarf für länger wirksame Therapien
Der Bedarf für länger wirksame Therapien ist hoch, denn die Versorgung von Patienten mit exsudativen Netzhauterkrankungen steht vor erheblichen Herausforderungen. Die Gründe dafür sind vielfältig. So wird – trotz großer Therapieerfolge in klinischen Studien – die adäquate Versorgung der Patienten im klinischen Alltag oftmals durch eine unzureichende Adhärenz beeinträchtigt. Dabei ist es auch im klinischen Alltag möglich, den Visus über eine lange Zeit zu stabilisieren. Dies zeigt eine retrospektive Fallserie, in der 10-Jahres-Ergebnisse einer Kohorte mit nAMD aus Australien und Neuseeland unter Behandlung im „Treat & Extend”-(T&E-) Regime verglichen wurden mit den Ergebnissen einer Kohorte aus der Schweiz, die vorwiegend mit dem pro re nata (PRN-)Regime behandelt worden war. Während die Kohorte mit überwiegender PRN-Behandlung im Verlauf der zehnjährigen Behandlung einen Visusverlust von etwa 15 Buchstaben gegenüber dem Ausgangswert hinnehmen musste, wurde in der Kohorte mit T&E-Behandlung hingegen der Ausgangsvisus über zehn Jahre weitgehend stabil erhalten (durchschnittlich 60 ETDRS-Buchstaben, d. h. eine dezimale Sehschärfe von 0,3). Allerdings hatte die Patientengruppe aus Australien und Neuseeland (T&E-Regime) zwischen den Jahren 3 und 7 etwa doppelt so viele Injektionen erhalten wie die Patienten der Schweizer Kohorte. Die Autoren halten fest, dass bei konsequenter Anwendung der Anti-VEGF-Therapie auch langfristig eine Visusstabilisierung möglich sei, die Patienten dafür allerdings einen entsprechenden Aufwand in Kauf nehmen müssten. Dieser belastet sowohl Patienten als auch Ärzte und geht mit dem Risiko einer Non-Adhärenz einher, die wiederum zu einer suboptimalen Kontrolle der Erkrankung und zu Sehkraftverlusten führen kann. In der nAMD-Barometer-Umfrage gaben 92 % der Augenärzte an, die Häufigkeit der Injektionen können zu viel sein, und 74 % der Patienten halten längere Zeiträume zwischen den Behandlungen bei vergleichbaren Visusergebnissen für wichtig.
Mehr Patienten, weniger Ärzte
Hinzu kommt, dass schon in naher Zukunft die Zahl der Patienten mit exsudativen Netzhauterkrankungen weiter steigen wird. So werden bis 2050 voraussichtlich 77 Millionen Menschen in der EU an nAMD erkrankt sein – einhergehend mit einer höheren Belastung für die medizinischen Fachkräfte und die Gesundheitssysteme. Zusätzlich erschwerend werden diese steigenden Patientenzahlen einem zunehmenden Fachärztemangel gegenüberstehen: Im Jahr 2020 waren 59 % der Augenärzte bereits über 50 Jahre alt und treten somit demnächst in das Rentenalter ein. Gleichzeitig lag der Zuwachs an Augenarztpraxen gegenüber dem Vorjahr bei lediglich 0,4 %. Hier können neue Therapieoptionen, die bei vergleichbarem Visusgewinn verlängerte Behandlungsintervalle ermöglichen, für eine reduzierte Behandlungslast sorgen und so dazu beitragen, diese Herausforderungen zu meistern und eine adäquate Versorgung aufrechtzuerhalten.
Vierfache Dosis – Aflibercept 8 mg
Bereits mit Aflibercept 2 mg hatten in der ALTAIR-Studie zu Woche 96 über 40 % der nAMD-Patienten ein 16-wöchiges Behandlungsintervall erreicht. Ziel der Entwicklung von Aflibercept 8 mg war es, durch die Dosiserhöhung für einen längeren Zeitraum eine wirksame VEGF-Suppression zu erzielen und so den Anteil an Patienten mit verlängerten Behandlungsintervallen von 16 Wochen oder mehr noch weiter zu steigern. Die Vervierfachung der Dosis erforderte eine neuartige Formulierung, um die 8 mg des Wirkstoffes in einem Volumen von 0,7 ml intra-vitreal applizieren zu können.
PULSAR-Studie
In der weltweiten, randomisierten, doppelt maskierten, 96-wöchigen Phase-III-Studie PULSAR wurden die Sicherheit und Wirksamkeit von Aflibercept 8 mg bei therapienaiven Patienten mit nAMD untersucht. Die Randomisierung auf die drei Behandlungsarme Aflibercept 2 mg alle acht Wochen (2q8), Aflibercept 8 mg alle zwölf Wochen (8q12) und Aflibercept 8 mg alle 16 Wochen (8q16) erfolgte direkt zu Studienbeginn. Alle Patienten erhielten drei initiale monatliche Upload-Injektionen. Direkt anschließend wurde in den beiden Aflibercept-8-mg-Armen mit den zwölfwöchigen bzw. 16-wöchigen Intervallen weiterbehandelt. Im ersten Jahr waren in den beiden Aflibercept-8-mg-Armen lediglich Intervallverkürzungen möglich: Bei Patienten, die die „dose regimen modification”-(DRM-) Kriterien (patientenorientierte Kriterien zur Modifikation der Dosierungsfrequenz) erfüllten, wurden die Intervalle in den Wochen 16 und 20 auf q8 oder ab Woche 24 in vierwöchigen Schritten verkürzt. Das kürzeste Intervall war q8. Ab dem zweiten Behandlungsjahr war auch eine Intervallverlängerung möglich, sofern keine retinale Flüssigkeit in der zentralen Netzhaut vorlag, der Visus im Vergleich zu Woche 12 weniger als fünf Buchstaben verringert war und keine neuen fovealen Blutungen oder Neovaskularisationen aufgetreten waren.
Visus und Morphologie verbessert mit weniger Injektionen
Der primäre Endpunkt zu Woche 48 wurde erreicht: Aflibercept 8 mg erzielte sowohl in zwölf- als auch in 16-wöchigen Dosierungsintervallen eine nicht unterlegene Verbesserung der bestkorrigierten Sehschärfe im Vergleich zu Aflibercept 2 mg im achtwöchigen Dosierungsschema. In allen drei Behandlungsarmen wurde zu Woche 48 ein mittlerer Visusgewinn von sechs bis sieben Buchstaben erzielt. Dieser blieb auch im weiteren Verlauf der Studie bis zu Woche 96 erhalten. Dazu waren im 8q12-Arm 3,1 Injektionen weniger und im 8q16-Arm 4,6 Injektionen weniger erforderlich als im 2q8-Arm. Entsprechend der Visusentwicklung wurde im ersten Behandlungsjahr auch eine zügige und anhaltende Abnahme der zentralen Netzhautdicke beobachtet, die ebenfalls über die gesamte zweijährige Studiendauer aufrechterhalten wurde.
Schnelle Trocknung der Makula
Zudem wurde in beiden Aflibercept-8-mg-Armen eine signifikant schnellere Trocknung der Makula erzielt als unter Aflibercept 2 mg. Dies zeigt die Analyse des wichtigen, auf Überlegenheit ausgelegten sekundären Endpunktes zum Anteil der Patienten ohne Flüssigkeit im zentralen Teilfeld der Netzhaut („center subfield”, CSF). Bereits direkt nach der Upload-Phase (zu Woche 16), in der die Patienten aller drei Arme monatlich behandelt worden waren, erreichten 63 % der Patienten in den beiden Aflibercept-8-mg-Armen eine trockene Makula, signifikant mehr als unter Aflibercept 2 mg (52 %; p = 0,0002). Dieser Unterschied blieb bestehen, auch zu Woche 48 erreichten 69 % der Patienten unter Aflibercept 8 mg eine trockene Makula (vs. 59 % unter Aflibercept 2 mg).
Keine neuen Sicherheitssignale
Das Sicherheitsprofil von Aflibercept 8 mg war über die gesamte zweijährige Studiendauer vergleichbar mit dem bekannten Sicherheitsprofil von Aflibercept 2 mg. Neue Sicherheitssignale traten nicht auf. Insbesondere die Inzidenz von intraokularen Entzündungen war unter Aflibercept 8 mg nicht erhöht. Endophthalmitis, ischämische optische Neuropathie, okklusive Retinitis oder retinale Vaskulitis wurden in den 8-mg-Armen gar nicht beobachtet. Auch die Befürchtung, aufgrund des höheren Injektionsvolumens von 0,7 ml könnte ein stärkerer Anstieg des Augeninnendruckes (IOD) auftreten, bestätigte sich nicht. Sowohl die Fälle mit einer IOD-Zunahme ≥10 mmHg vor einer Injektion im Vergleich zu Baseline als auch die Fälle mit einer IOD-Zunahme von ≥35 mmHg unmittelbar vor und nach einer Injektion waren in allen Armen vergleichbar gering.
Längere Behandlungsintervalle – individuell anpassen
Wesentlich ist auch, dass der weitaus überwiegende Teil der Patienten die verlängerten Dosierungsintervalle, auf die sie zu Studienbeginn randomisiert worden waren, beibehalten konnte und nur wenige Patienten im Verlauf der Studie wieder auf achtwöchige Injektionsintervalle verkürzt werden mussten. So behielten 75 % der nAMD-Patienten im 8q12-Arm die zwölfwöchigen Intervalle und 70 % der Patienten im 8q16-Arm die 16-wöchigen Dosierungsintervalle bis zum Studienende bei. Ein Behandlungsintervall von zwölf Wochen oder länger behielten 78 % aller Patienten unter Aflibercept 8 mg bis zur Woche 96 bei, bei etwa einem Fünftel der Patienten wurden die Intervalle auf acht Wochen verkürzt. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass bei vielen Patienten sogar eine weitere Verlängerung der Intervalle möglich ist: So betrug das zum Studienende zuletzt zugewiesene Behandlungsintervall bei 53 % der Patienten, die zu Beginn auf 16-wöchige Intervalle mit Aflibercept 8 mg randomisiert worden waren, sogar 20 Wochen oder länger. Insgesamt legen die Daten nahe, dass Aflibercept 8 mg die Option bietet, die überwiegende Mehrheit der Patienten mit nAMD mit einem Intervall von mindestens zwölf Wochen behandeln zu können. Insgesamt spiegeln diese Daten den doch sehr unterschiedlichen Behandlungsbedarf von Patienten mit nAMD wider, der auch den Erfahrungen aus dem klinischen Alltag entspricht. Zudem wird deutlich, dass Aflibercept 8 mg die Möglichkeit bietet, die Abstände zwischen den Injektionen weiter zu verlängern und so die Behandlung sehr individuell an den jeweiligen Bedarf anzupassen.
Biomarker zur Therapiesteuerung?
Wünschenswert für eine bedarfsgerechte Versorgung wären Biomarker, anhand derer schon möglichst zu Beginn der Therapie der individuelle Injektionsbedarf abgeschätzt werden kann. Allerdings sind weder der bestkorrigierte Visus noch die Netzhautdicke zu Baseline als Biomarker zur Therapiesteuerung geeignet. Dies zeigen Subgruppenanalysen, in der der bestkorrigierte Visus zu Woche 48 stratifiziert nach diesen beiden Parametern untersucht und keine Unterschiede zwischen den Gruppen gefunden wurden. Zwar war der Visusgewinn gegenüber dem Ausgangswert in Woche 48 bei Patienten mit einer niedrigeren bestkorrigierten Sehschärfe (BCVA) (≤54 Buchstaben) numerisch größer und bei denen mit einem höheren Ausgangsvisus (≥74 Buchstaben) numerisch kleiner. Allerdings waren die absoluten und mittleren Veränderungen innerhalb jeder Visusuntergruppe zu Woche 48 in allen Behandlungsgruppen vergleichbar. Ebenso wurden bei Patienten mit einer Netzhautdicke ≥400 µm vergleichbare Visusgewinne erzielt wie bei Patienten mit einer Netzhautdicke <400 µm. Auch Ethnie oder der makuläre Neovaskularisations-(MNV-)Typ liefern keine Hinweise auf den Behandlungsbedarf.
Potenzieller Biomarker: schnelle Trocknung der Makula
Allerdings ergab eine Post-hoc-Analyse der Zulassungsstudie, dass eine frühzeitige Trocknung der Makula als ein potenzieller Biomarker zur Vorhersage für das Erreichen verlängerter Intervalle mit Aflibercept 8 mg dienen und zur Therapiesteuerung eingesetzt werden kann. So behielten rund 80 % der Patienten, die bereits bis Woche 4 keine retinale Flüssigkeit in der Makula mehr aufwiesen, bis Woche 48 ein 16-wöchiges Intervall. Im Gegensatz dazu lag dieser Anteil in der Gruppe der Patienten, die in der Upload-Phase nie trocken waren, bei nur 66 %. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Patienten mit nAMD, die eine schnelle Trocknung bereits in der Upload-Phase erzielen, mit Aflibercept 8 mg mit hoher Wahrscheinlichkeit verlängerte Intervalle erreichen werden.
Exit erwägen …
Gerade bei einer chronischen Erkrankung wie der nAMD, die in der Regel eine lebenslange Behandlung erfordert, ist es auch wichtig zu wissen, ob und welche Optionen möglicherweise zur Pausierung der Behandlung angedacht werden können. Um die unter der Therapie erzielten Visusgewinne nicht zu gefährden, sollte ein wesentlicher Aspekt dieser Überlegungen auch die Vermeidung von Rezidiven sein. Real-World-Daten aus der klinischen Routinebehandlung liefern dazu wichtige Erkenntnisse. So zeigt eine Beobachtungsstudie zur Behandlung von nAMD, dass bei einem Großteil der Patienten, bei denen die Behandlung nach Erkrankungsstabilität von drei oder mehr Monaten vollständig gestoppt wurde, ein Rezidiv zu erwarten ist: Schon innerhalb des ersten Jahres waren 41 % der Patienten von einem Rezidiv betroffen, im fünften Jahr nach Therapiestopp waren es 79 %. Insgesamt bedeutet dies, dass der ganz große Teil der Patienten im klinischen Alltag bei ausbleibender Behandlung irgendwann ein Rezidiv erleiden wird. Dabei dauert es im Median 192 Tage, d. h. etwa sechs Monate, bis nach ausbleibender Behandlung ein Rezidiv auftritt. Dies zeigt eine Untersuchung aus Deutschland, in der die Patienten nach Behandlungsstopp kontinuierlich weiter kontrolliert wurden. Problematisch ist, dass diese Patienten mit Rezidiv anschließend selbst bei adäquater Behandlung nicht mehr ihren Ausgangsvisus erreichen. So trat bei den Augen der beschriebenen Beobachtungsstudie, die nach einem Rezidiv wieder behandelt wurden, ab dem Zeitpunkt des Aussetzens der Behandlung ein mittlerer Nettoverlust von –3,3 Buchstaben auf. Vor diesem Hintergrund scheint es ratsam, einen vollständigen Therapieabbruch sehr kritisch abzuwägen und auch bei Patienten mit stabilem Erkrankungsbild die Anti-VEGF-Therapie zunächst weiter fortzusetzen.
... oder längere Intervalle?
Hier bieten Anti-VEGF-Medikamente, die lange Behandlungsintervalle ermöglichen, in Kombination mit dem T&E-Regime die Möglichkeit, Patienten mit erheblich weniger Injektionen kontinuierlich weiter zu behandeln. Dabei bietet das proaktive T&E-Regime den Vorteil, die Behandlungslast bei gleichzeitigem Visuserhalt individuell anpassen zu können. Dies scheint sich auch auf die langfristige Adhärenz/Persistenz positiv auszuwirken, wie eine vergleichende Beobachtungsstudie zeigt: So beendeten in der überwiegend nach dem PRN-Regime behandelten Schweizer Kohorte die Hälfte der Patienten die Therapie bereits nach drei Jahren, während dies in der nach dem T&E-Regime behandelten Kohorte aus Australien und Neuseeland erst nach über sechs Jahren der Fall war. Wie die Daten aus der Zulassungsstudie PULSAR bezüglich der zuletzt zugewiesenen Behandlungsintervalle zu Woche 96 zeigen, lassen sich mit Aflibercept 8 mg im zweiten Studienjahr im T&E-Regime lange Intervalle erreichen: So wurde 89 % der Patienten im 8q16-Arm am Ende der Studie ein Intervall von zwölf Wochen oder länger zugewiesen, 53 % erreichten sogar ein zugewiesenes Intervall von 20 Wochen oder länger. Insgesamt bietet eine Kombination aus lang wirksamen Anti-VEGF-Medikamenten und dem T&E-Regime somit die Option für eine kontinuierliche Therapie mit langen Intervallen, um sowohl Behandlungslast als auch das Risiko von Rezidiven zu minimieren.
Fazit
- Verschiedene Erkrankungen (nAMD, DMÖ, RVV) gehen mit einer Erhöhung von VEGF einher.
- VEGF induziert sowohl Gefäßleckage als auch Neovaskularisation.
- VEGF-Inhibitoren unterscheiden sich in Struktur und Spezifität.
- Eine Erhöhung der Anfangsdosis eines Wirkstoffes verlängert die Wirkdauer.
- Länger wirksame Medikamente können die Behandlungslast für Patienten reduzieren.
- Der Flüssigkeitsstatus nach dem Upload kann als prädiktives Kriterium für den weiteren Therapiebedarf dienen.
- Eine kontinuierliche Therapie mit langen Intervallen – ohne Risiko von Rezidiven – ist mit lang wirksamen Medikamenten möglich geworden.
Bildnachweis
Seventyfour – stock.adobe.com