Highlights vom ASCO und ASCO-GU – Update Prostatakarzinom

Auf der letzten Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) und dem ASCO-Genitourinary (GU) Cancers Symposium wurden wieder interessante Ergebnisse von zahlreichen kleineren Studien zum Prostatakarzinom präsentiert. Bei Patienten mit einem metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) mit Mutationen der homologen Rekombinationsreparatur (HRR) wurden weitere Daten vorgestellt, die den Vorteil einer First-Line-Kombination aus Androgenrezeptor-Signalweg-(ARPI-)Inhibitor und Poly-(ADP-ribose-)Polymerasen-(PARP-)Inhibitor stützen. Zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) wurde auch beim mCRPC als relevanter Prognosemarker bestätigt.

Nebenwirkungen einer Androgendeprivationstherapie (ADT) können mit einer kognitiven Verhaltenstherapie günstig beeinflusst werden. Bei Patienten mit einem metastasierten hormonsensiblen Prostatakarzinom (mHSPC) ist zur Therapiesteuerung auch eine regelmäßige Bildgebung wichtig. Wichtigstes Behandlungsziel beim mHSPC ist die Verlängerung der Zeit bis zur Kastrationsresistenz. Eine früh einsetzende Dreifachtherapie mit ARPI, Docetaxel und ADT erzielte bislang sehr gute Ergebnisse, was weitere Auswertungen der ARASENS-Studie eindrucksvoll belegen.


Kursinfo
VNR-Nummer 2760709124099810011
Zeitraum 18.11.2024 - 17.11.2025
Zertifiziert in D, A
Zertifiziert durch Akademie für Ärztliche Fortbildung Rheinland Pfalz
CME-Punkte 4 Punkte (Kategorie D)
Zielgruppe Ärzte
Referent Prof. Dr. med. Ahmed Magheli
Prof. Fred Saad
Prof. Dr. med. Martin Bögemann
Redaktion CME-Verlag
Veranstaltungstyp Webinar
Lernmaterial Vorträge, Handout (pdf), Lernerfolgskontrolle
Fortbildungspartner Bayer Vital GmbH
Bewertung 4.1 (116)

Einführung

Bei der Behandlung des Prostatakarzinoms ist der Trend zur personalisierten Medizin unübersehbar. Auch auf der diesjährigen Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (ASCO) und dem Genitourinary (GU) Cancers Symposium wurden wieder zahlreiche Studien präsentiert und diskutiert, die den Stellenwert von bekannten und neuen Biomarkern im Zusammenhang mit verschiedenen Therapieschemata untersuchten. Mittlerweile ist klar, dass es darauf ankommt, ein Prostatakarzinom nicht nur möglichst früh zu erkennen, sondern auch früh und aggressiv mit einer geeigneten Kombination zu behandeln. Wichtigstes Therapieziel ist es, den Status der Hormonsensibilität so lange wie möglich zu erhalten und dadurch das Leben der Patienten mit einer gleichzeitig guten Lebensqualität zu verlängern. Im Folgenden werden interessante Daten zum mHSPC und mCRPC vorgestellt und kommentiert.

ENZAMET-Studie: Retrospektive Analyse zur radiografischen Progression ohne PSA-Progression

Die ENZAMET-Studie wurde mit Patienten durchgeführt, die an einem metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinom (mHSPC) erkrankt waren. Die Randomisierung erfolgte im Verhältnis 1 : 1 in einen Therapiearm mit einer Androgendeprivationstherapie (ADT) plus Bicalutamid und einen Therapiearm mit ADT plus Enzalutamid. Die Kombination von ADT und Enzalutamid führte zu einer signifikanten Verbesserung der Gesamtüberlebensrate (OS). Im Rahmen einer retrospektiven Analyse wurde festgestellt, dass etwa 10 % der Patienten in beiden Therapiearmen einen radiologischen Progress entwickelt hatten, ohne dass es zu einem adäquaten Anstieg des PSA-Spiegels (prostataspezifisches Antigen) gekommen war. Die Baseline-Charakteristika der Patienten mit Progress ohne PSA-Anstieg waren vergleichbar mit der Gesamtkohorte. Ein Vergleich der Kaplan- Meier-Kurven zur Gesamtüberlebenswahrscheinlichkeit zeigt bei den Patienten ohne Progress erwartungsgemäß einen sehr guten Verlauf. Deutlich schlechter ist der Verlauf bei den Patienten mit PSA-Progress. Die schlechteste Prognose haben die Patienten mit einem radiologischen Progress ohne adäquaten PSA-Anstieg. Diese Erkenntnisse legen nahe, diese Patienten durch regelmäßige Bildgebung im Rahmen der Therapiesteuerung möglichst früh zu identifizieren, um die Therapie rechtzeitig anpassen zu können.

BRCAAway-Studie: First line Olaparib plus Abirateron versus Monotherapie bei mCRPC mit HRR-Mutation

In dieser dreiarmigen Phase-II-Studie mit insgesamt 61 Patienten mit metastasiertem kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC), die ein Breast-Cancer-Antigen 1 (BRCA1), BRCA2 oder „Ataxia Teleangiectasia Mutated Gen”-(ATM-) Mutationen der homologen Rekombinationsreparatur (HRR) aufwiesen, wurde die Wirksamkeit einer First-Line-Therapie mit Abirateron/Prednison (Arm 1), Olaparib (Arm 2) und der Kombination von beiden Substanzen (Arm 3) untersucht. Die Randomisierung erfolgte im Verhältnis 1 : 1 : 1. Bei einem Progress war ein Crossover von Arm 1 und 2 zu Arm 3 möglich. Die Baseline-Charakteristika waren zwischen den drei Therapiearmen nicht ganz ausgeglichen. Im Kombinationstherapiearm war der Anteil der Patienten mit viszeralen Metastasen, die mit einer schlechteren Prognose assoziiert sind, mit 33 % relativ hoch im Vergleich zu 11 % im Arm 1 und 14 % im Arm 2. Im Vergleich zu den Monotherapiearmen war die Wahrscheinlichkeit des progressionsfreien Überlebens (PFS) im Kombinationsarm deutlich höher. Auch andere Effizienzdaten bestätigen dieses Ergebnis. Trotz der niedrigen Patientenzahlen und der nicht ganz ausgewogenen Charakteristika zeigen die Daten, dass die Bestimmung des Mutationsstatus sinnvoll ist, um den Patienten frühzeitig eine intensivierte und effektive Therapie anbieten zu können.

MANCAN-2-Studie: Kognitive Verhaltenstherapie bei ADT-Nebenwirkungen

80 % der Patienten mit einem Prostatakarzinom, die mit einer ADT behandelt werden, erleben Hitzewallungen und nächtliches Schwitzen verbunden mit Schlafstörungen, kognitiven Einschränkungen, Angst und Stimmungsschwankungen, was nicht nur die Lebensqualität deutlich einschränkt, sondern auch die Therapieadhärenz verschlechtern kann. Im Rahmen der psychoonkologischen Betreuung von Patientinnen mit einem Mammakarzinom hat sich die kognitive Verhaltenstherapie als wirksame Maßnahme etabliert, um den Leidensdruck zu reduzieren, der durch die Erkrankung und durch Therapiemaßnahmen induziert wird. Für Patienten mit einem Prostatakarzinom ist die Datenlage zu nicht pharmakologischen Therapien begrenzt. In der MANCAN-2-Studie wurden insgesamt 116 Patienten mit einem lokalisierten oder fortgeschrittenen Prostatakarzinom nach Dokumentation der Baseline-Daten zwei Therapiearmen im Verhältnis 1 : 1 randomisiert zugeteilt. Gruppe 1 wurde zusätzlich zur normalen Therapie mit einer kognitiven Verhaltenstherapie behandelt, Gruppe 2 erhielt nur die normale oder übliche Therapie bestehend aus Medikamenten, pflanzlichen Heilmitteln, Vitaminpräparaten, Yoga und Akupunktur. Bei allen rekrutierten Patienten war eine kurative oder palliative Therapie vorgesehen; eine bestehende ADT sollte noch für mindestens sechs Monate fortgeführt werden. Die Patienten gaben Nebenwirkungen wie Hitzewallungen und nächtliche Schweißausbrüche an, deren Schweregrad auf der „Hot Flush Night Sweat-(HFNS-)Problem Rating Scala“ mit mindestens zwei Punkten bewertet wurden. Patienten mit einer Chemo- oder Radiotherapie oder einem unkontrollierten Krankheitsprogress wurden ausgeschlossen. Primärer Endpunkt war der HFNS-Skalenwert nach sechs Monaten im Vergleich zum Ausgangswert. Sekundäre Endpunkte waren unter anderem der HFNS-Skalenwert nach sechs Wochen, die HFNS-Frequenz, Angst, depressive Stimmung und Lebensqualität. Die ADT-Therapieadhärenz wurde ebenfalls erfasst. Die kognitive Verhaltenstherapie erstreckte sich über einen Zeitraum von vier Wochen. Zu Beginn erfolgte eine Gruppentherapiesitzung, im Anschluss daran mehrere Wochen eine Therapie mit Übungen zur Verhaltensstrategie sowie Entspannungs- und Atemübungen, die im Selbststudium aus Booklets und Audiodateien erlernt werden konnten. Zum Abschluss erfolgte noch eine weitere Gruppentherapiesitzung. Nach sechs Wochen und sechs Monaten wurden die Studienparameter erneut dokumentiert. Es zeigte sich, dass Patienten mit einer kognitiven Verhaltenstherapie nach sechs Wochen deutlich weniger unter Hitzewallungen, Nachtschweiß, Ängsten und depressiven Stimmungen litten als ohne Verhaltenstherapie. Nach sechs Monaten war dieser günstige Effekt zwar nicht mehr nachweisbar, allerdings hatten zu diesem Zeitpunkt 13 % der Patienten ohne Verhaltenstherapie die ADT abgebrochen, in der Gruppe mit Verhaltenstherapie gab es keine Abbrecher. Wenn eine kognitive Verhaltenstherapie mit körperlichem Training oder mit Fitnessprogrammen kombiniert wird, können unerwünschte Wirkungen einer ADT noch effektiver gemildert werden.

Indirekter Vergleich: Talazoparib und Enzalutamid versus Olaparib und Abirateron

Bei Patienten mit einem metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) kann eine First-line-Therapie mit Olaparib und Abirateron (PROpel-Studie) oder Talazoparib und Enzalutamid (TALAPRO-2-Studie) das radiologische progressionsfreie Überleben (rPFS) sowie das Gesamtüberleben (OS) verlängern. Um die Wirksamkeit beider Kombinationen vergleichen zu können, wurden die Daten aus beiden Studien mittels „matching-adjusted indirect comparison” (MAIC) aufbereitet. Weder die Analyse der HRR-Kohorten noch die Analyse der Kohorten mit BRCA-Mutation ergaben statistisch signifikante Unterschiede bei der Wirksamkeit (rPFS und OS) zwischen beiden Therapieregimen.

PSMAfore-Studie: Prognostische Bedeutung von ctDNA

Im Rahmen einer sogenannten „Liquid Biopsy” kann auch die Konzentration von zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) bestimmt werden. Eine hohe Konzentration von ctDNA ist mit einer hohen Tumorlast und einer ungünstigen Prognose assoziiert. Die Bedeutung dieses Parameters im Rahmen der Therapiesteuerung von Tumorpatienten nimmt immer mehr zu. Bei der PSMAfore-Studie handelt es sich um eine randomisierte Phase-III-Studie, in der bei Patienten mit einem mCRPC, die bereits mit einem Androgenrezeptor-Signalweg-Inhibitor (ARPI) behandelt wurden, aber noch kein Taxan erhalten haben, im Verhältnis 1 : 1 in zwei Behandlungsgruppen randomisiert. Eine Gruppe (n = 234) erhielt das Lutetiumprostataspezifische Membranantigen 177Lu-PSMA-617, bei der anderen Gruppe (n = 234) wurde der ARPI entweder auf Abirateron oder Enzalutamid gewechselt. Ein Crossover von der ARPI-Wechselgruppe in die 177Lu-PSMA-617-Gruppe war bei radiografischem Progress möglich. Primärer Endpunkt war das rPFS. Als einer der sekundären Endpunkte wurde zu definierten Zeitpunkten die Konzentration der ctDNA-Konzentration gemessen. Die Entwicklung des rPFS wurde im Zusammenhang mit hohen (>0,5 %) und niedrigen (<0,5 %) ctDNA-Konzentrationen sowie der ctDNA-Konzentrationsdynamik analysiert. Außerdem wurden bei den Patienten mit hoher ctDNA-Konzentration noch Subgruppen mit Mutationen wie Chromosom-8q-Amplifikationen, Androgenrezeptor-(AR-)Amplifikationen und schädliche Veränderungen am Transkriptionsfaktor p53 mit Blick auf das rPFS ausgewertet. Diese Mutationen sind als Biomarker bekannt, die die Strahlensensibilität beeinflussen können. Zu Studienbeginn (Baseline) waren die Patienten mit hohen und niedrigen ctDNA-Fraktionen in beiden Behandlungsgruppen gleich verteilt. Im Studienverlauf stieg in der 177Lu-PSMA-617-Gruppe der Anteil der Patienten mit niedriger ctDNA-Fraktion (<0,5 %) von 35 % auf 62 % an, in der ARPI-Wechselgruppe nur von 36 % auf 53 %, was für eine größere Effektivität von 177Lu-PSMA-617 spricht. Patienten, die zu Studienbeginn eine niedrige ctDNA-Konzentration aufweisen, haben eine bessere Prognose als Patienten mit einer hohen ctDNA-Konzentration – und zwar unabhängig davon, welche Therapie sie erhalten haben. Die ctDNA ist also ein guter prognostischer Marker. Dass ctDNA auch ein guter prädiktiver Marker ist, der Aussagen über den Therapieerfolg erlaubt, haben weitere Auswertungen gezeigt. In beiden Therapiegruppen war das rPFS bei den Patienten, die zum Behandlungsbeginn eine niedrigere ctDNA-Konzentration aufwiesen, länger als bei den Patienten mit einer höheren Konzentration. 177Lu-PSMA-617 war dem ARPI-Wechsel sowohl bei den Patienten mit einer hohen Ausgangs-ctDNA als auch mit einer niedrigen Ausgangs-ctDNA überlegen. Das gilt auch für das PSA-Ansprechen und das Ansprechen nach „Response Evaluation Criteria in Solid Tumors” (RECIST). Die Analyse der ctDNA-Dynamik lieferte weitere interessante Erkenntnisse. Patienten, bei denen weder zu Studienbeginn noch zum Kontrollzeitpunkt ctDNA nachweisbar war (ND = „not detected”) oder bei denen ctDNA zu Studienbeginn nachweisbar (D = „detected”) und im Studienverlauf nicht mehr nachweisbar war, hatten in der 177Lu-PSMA-617 -Gruppe die beste Prognose. Eine schlechtere Prognose haben die Patienten, bei denen ctDNA erst im Studienverlauf nachweisbar wird oder bei denen es zu einem Anstieg der Konzentration kommt. Die deskriptive Auswertung der rPFS-Daten von Patienten mit als prognostische Biomarker bekannten Mutationen zeigte in beiden Behandlungsgruppen, dass 8q-Amplifikationen, AR-Amplifikationen und schädliche TP53-Veränderungen mit einem kürzeren rPFS assoziiert sind. Auch PSA- und RECIST-Ansprechraten sind mit den genannten Mutationen in beiden Behandlungsgruppen niedriger.

Status quo der Behandlung des Prostatakarzinoms

Die verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms können heute mit evidenzbasierten Therapiestrategien gut behandelt werden, die nicht nur das Leben der Patienten verlängern, sondern auch deren Lebensqualität verbessern. Fast alle Patienten erreichen aber trotz aller therapeutischen Bemühungen irgendwann das terminale Stadium des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (mCRPC), das den größten Leidensdruck mit sich bringt und an dem sie dann versterben. Patienten versterben nicht im Stadium des mHSPC oder nm-CRPC an ihrem Prostatakarzinom. Deshalb muss es das Ziel aller therapeutischen Bemühungen sein, die Patienten in diesen Stadien so lange wie möglich zu stabilisieren. Die Patienten müssen frühzeitig behandelt werden, solange der Tumor noch hormonsensibel ist. Wenn mit der Behandlung bis zum mCRPC gewartet wird, sind alle bisher geprüften therapeutischen Optionen nicht sehr erfolgreich, sondern verlängern die mittlere Gesamtüberlebenszeit nur um drei bis vier Monate im Vergleich zu Placebo. Im optimalen Fall kann die Restlebenserwartung der Männer mit einem mCRPC maximal verdoppelt werden, wenn Medikamente intelligent nacheinander eingesetzt werden und mit der Verabreichung der nachfolgenden Therapieschemata nicht zu lange gewartet wird.

Therapieoptimierung beim mHSPC

Die meisten Männer mit einem Prostatakarzinom durchlaufen ein metastatisches hormonsensibles Stadium und sind damit nicht von Anfang an kastrationsresistent. Es gilt, diese Patienten rechtzeitig zu erkennen und effektiv zu behandeln, um sie so lange wie möglich im mHSPC zu halten. Eine ADT alleine reicht dazu nicht aus, was unter anderem die Auswertung des Kontrollarmes der STAMPEDE-Studie eindrucksvoll belegt. Die meisten Patienten waren zum Studienbeginn im mHSPC-Stadium und wurden in weniger als einem Jahr unter einer alleinigen ADT kastrationsresistent. Wenn dann mit der weiteren Therapie bis zum mCRPC gewartet wird, beträgt die mittlere Überlebenszeit nur dreieinhalb Jahre. Die STAMPEDE-Studie zeigte, dass eine Radiotherapie in Kombination mit einer ADT bei Patienten mit weniger als vier Knochenmetastasen das Gesamtüberleben verlängert. Mittlerweile ist gut dokumentiert, dass auch bei einer steigenden Anzahl von Metastasen der Behandlungserfolg zunimmt, wenn die Therapie intensiviert wird. Die CHAARTED-Studie hat eindrucksvoll die Wirksamkeit von sechs Zyklen Docetaxel bei Patienten mit einem mHSPC und hoher Tumorlast („high volume”) belegt. Die mit Docetaxel erreichbaren Ergebnisse bezüglich der Verlängerung des Gesamtüberlebens entsprechen in etwa den mit ADT plus ARPI erreichbaren Therapieerfolgen. Die Behandlung von mHSPC-Patienten mit einem hohen Krankheitsrisiko mit Abirateron/Prednison wurde in der LATITUDE-Studie untersucht. Die Studie hat gezeigt, dass Abirateron die Gesamtüberlebenszeit verlängert. Allerdings war dieser Effekt auch aus dem Grund so deutlich, weil die Patienten im Kontrollarm unterbehandelt waren. Hochrisikopatienten mit Metastasen wurden im Median in 7,4 Monaten kastrationsresistent, aber die Folgetherapie wurde im Median erst mit einer Verzögerung von über einem Jahr eingeleitet. Je länger im Stadium des mCRPC mit der Folgetherapie gewartet wird, desto schlechter die Prognose. Das ist ein großes Problem in der täglichen Praxis. Abirateron wirkt auch bei einer Kastrationsresistenz gut und ist vor allem bei älteren Männern bei einer durchschnittlichen Anwendungszeit von einem Jahr gut verträglich. Bei einer hormonsensitiven Erkrankung wird Abirateron deutlich länger eingenommen, wenn die Patienten gut darauf ansprechen. Hier kann jedoch eine Dosis von 10 mg Prednison, die immer zusammen mit Abirateron einzunehmen ist, auf Dauer zu unerwünschten Wirkungen führen. Die tägliche Prednison-Dosis wurde deshalb auf 5 mg pro Tag gesenkt mit dem Ergebnis, dass die Nebenwirkungsrate von Abirateron in der Studie auf das Doppelte anstieg. Als Alternative zu Abirateron sollten deshalb – wenn möglich – ARPI eingesetzt werden. Die ENZAMET-Studie hat bei einer „all-comers”-Population Verbesserungen beim progressionsfreien Überleben und beim Gesamtüberleben dokumentiert. Apalutamid zeigte mit der TITAN-Studie sehr ähnliche Ergebnisse bei Patienten mit einem mHSPC. Bei diesen Studien wurde die nachfolgende Behandlung im Median früher aufgenommen als bei der LATITUDE-Studie. Deshalb sind die Ergebnisse in Bezug auf die Anzahl der gewonnenen Monate nicht so eindrucksvoll wie für Abirateron/Prednison. Aus ethischer Sicht darf Patienten mit einem mHSPC zusätzlich zur ADT eine Chemotherapie oder eine Behandlung mit einem ARPI nicht vorenthalten werden, weil dadurch das Outcome deutlich verbessert werden kann.

Begründung einer Dreifachtherapie beim mHSPC

Erfahrungen mit der Therapie zahlreicher Tumorentitäten zeigen deutlich, dass es sinnvoll ist, komplexe Tumoren mit mehreren Wirkmechanismen gleichzeitig anzugreifen. Das gilt auch für das Prostatakarzinom. Wenn eine metastatische Erkrankung vorliegt, enthält das Tumorgewebe bereits Zellen, von denen einige wahrscheinlich nicht hormonsensibel sind. Da fast jeder Patient mit einem Prostatakarzinom eine Kastrationsresistenz entwickelt, sollte man frühzeitig mit einer Hormontherapie beginnen, um bei der Mehrheit der hormon-sensitiven Zellen das bestmögliche Ergebnis zu erreichen. Mit einer zusätzlichen Chemotherapie besteht die Option, auch Klone zu treffen, die nicht oder nur wenig hormonsensibel sind. Je größer die Tumorlast, desto mehr Klone gibt es, die nicht hormonsensibel sind. Das ist die Rationale für die frühe Durchführung einer Dreifachtherapie. Mit der LATITUDE-Studie wurde gezeigt, dass Abirateron der alleinigen ADT als damalige Standardtherapie überlegen war. Mit Publikation der CHAARTED-Daten wurde ADT plus Docetaxel als eine weitere Standardtherapie ausgewiesen. Die PEACE-1-Studie ermöglichte dann kürzlich erstmals die Analyse eines Therapiekonzeptes mit einer Dreifachtherapie bestehend aus Abirateron, ADT und Docetaxel. Die Ergebnisse zeigten, dass die Zugabe von Abirateron zu Docetaxel und ADT bei Patienten mit hohem Volumen das Überleben verbesserte, während der Vorteil bei den Patienten mit niedrigem Volumen geringer ausfiel.

ARASENS-Studie: Neue Perspektiven

ARASENS ist die erste zulassungsrelevante klinische Studie, die darauf ausgelegt war, das Konzept einer Dreifachtherapie im Vergleich zu einer Zweifachtherapie zu überprüfen. Während der Studienplanung waren die LATITUDE-Daten noch nicht publiziert. Die beste Standardtherapie beim mHSPC war zu diesem Zeitpunkt Docetaxel plus ADT. Die Dreifachkombination bestand deshalb aus Darolutamid, Docetaxel und einer ADT. Eine Stratifizierung von Patienten mit hohem und niedrigem Volumen oder hohem und niedrigem Risiko war nicht im Voraus festgelegt. Die Patienten mussten metastasiert und hormonsensitiv sein, und es wurden die Metastasenstadien M1a, M1b und M1c betrachtet. Die Rekrutierung für die ARASENS-Studie erfolgte sehr schnell. Jeder Patient erhielt einige Zyklen Docetaxel, wobei 87 % der Patienten alle sechs Zyklen erhielten. Es bestand also eventuell ein Selektions-Bias hinsichtlich der Chemotherapiefähigkeit in der Studie. Die demografische Zusammensetzung der beiden Patientengruppen war sehr ausgewogen. Erwartungsgemäß handelte es sich in den meisten Fällen um Patienten mit De-novo-Erkrankung und im Metastasenstadium M1b oder M1c. Patienten, die nur Lymphknotenmetastasen hatten, waren in der Minderheit, vielleicht weil man der Meinung war, dass diese wahrscheinlich kein Docetaxel benötigen. Darolutamid verbesserte das Gesamtüberleben in Kombination mit einer ADT und Docetaxel im Vergleich zu Placebo signifikant mit einer Hazard Ratio von 0.68. Das entspricht einer Reduktion des Sterberisikos im Beobachtungszeitraum der Studie um 32,5 %. Jede Subgruppe profitierte von der Dreifachtherapie. Daten zur Differenzierung des Gesamtüberlebensvorteiles nach Tumorvolumen und Risikoklassifikation wurden nachträglich generiert und zeigten keine relevanten Unterschiede bezüglich des Benefits durch die Dreifachtherapie. Die Auswertung der unerwünschten Ereignisse bestätigte die gute Verträglichkeit von Darolutamid selbst in Kombination mit Docetaxel. Darolutamid hat sich damit als eine wirksame und sichere Alternative für Patienten mit einem metastasierten hormonsensiblen Prostatakarzinom (mHSPC) erwiesen, die eine Chemotherapie mit Docetaxel erhalten sollen. Zusammenfassend wurden die Erwartungen an die Studie sogar übertroffen. Die Todesfälle in Zusammenhang mit Prostatakrebs waren geringer als die Gesamtüberlebensrate. Es sind also weniger Patienten an einem Prostatakarzinom gestorben als mit einem Prostatakarzinom. Dies zeigt, dass der eingeschlagene Behandlungsweg richtig ist. Außerdem wurde festgestellt, dass die Lebensqualität der Patienten durch die zusätzliche Gabe von Darolutamid auf Ausgangsniveau erhalten werden konnte.

ARASENS-Studie: Neue Daten zu PSA-Response und Outcome

Durch die Kombination von Darolutamid mit Docetaxel und einer ADT verlängert sich bei mHSPC-Patienten die Zeit bis zur PSA-Progression um 74 % gegenüber Docetaxel und ADT (HR 0.26 [95%-KI 0.21–0.31], P < 0.0001). Der Eintritt in das Stadium der Kastrationsresistenz wird also durch Darolutamid deutlich verzögert. Interessante Ergebnisse zeigte auch die Auswertung des PSA-Ansprechens. Sowohl bei der PSA50- als auch bei der PSA90-Analyse war die Dreifachtherapie der Zweifachtherapie überlegen. Allerdings ist zu beachten, dass ein Rückgang der PSA-Werte um 90 % immer noch bedeutet, dass 10 % der ursprünglichen PSA-Konzentration vorhanden ist. Für Patienten mit einem kastrationsresistenten Prostatakarzinom (mCRPC) ist eine 90%ige Reduktion des PSA-Wertes relevant, für mHSPC-Patienten ist ein solcher persistierender Wert nicht akzeptabel. Hier müsste bereits eine Nachfolgetherapie geplant werden. Wirklich relevant ist bei Patienten mit einem mHSPC das Erreichen einer nicht mehr nachweisbaren PSA-Konzentration, was mit der Dreifachkombination aus Darolutamid, Docetaxel und ADT bei mehr als doppelt so vielen Patienten (67,3 %, zu jedem Zeitpunkt) gelang als mit der Zweifachkombination (28,6 %). Bei den Patienten in der ARASENS-Studie, die nach neun Monaten keinen nachweisbaren PSA-Wert haben, wird die Wahrscheinlichkeit eines erneuten PSA-Anstieges – und damit der Beginn der Kastrationsresistenz – um 77 % verringert (HR 0.23 [95%-KI 0.15–0.34]). Das Gesamtüberleben von Patienten, bei denen kein PSA-Wert mehr nachweisbar ist, verbessert sich. Das Sterberisiko verringert sich im Vergleich zu Patienten, bei denen weiterhin PSA-Werte nachweisbar sind, um 63 % (HR 0.37 [95%-KI 0.28–0.49]). Die Analyse von Patienten mit einer hohen Tumorlast und einem nicht mehr nachweisbaren PSA ergab, dass das Risiko eines erneuten PSA-Anstieges um 80 % sinkt und das Sterberisiko unter der Dreifachtherapie im Vergleich zur Zweifachtherapie um 70 %. Wenn bei mHSPC-Patienten mit einer niedrigen Tumorlast durch die Dreifachtherapie kein PSA mehr nachweisbar ist, wird im Vergleich zur Zweifachtherapie das Risiko für die Entwicklung einer Kastrationsresistenz sogar um 91 % verringert (HR 0.09 [95%-KI 0.05–0.18]). Bessere Daten wurden bislang in keiner Studie generiert. Die therapeutische Herausforderung liegt jetzt bei den Patienten mit einem mHSPC, bei denen die PSA-Konzentration nicht unter die Nachweisgrenze gesenkt werden kann. Um auch Daten bei mHSPC-Patienten zu generieren, die nur mit einer Zweifachkombination aus Darolutamid und einer ADT behandelt werden im Vergleich zu Placebo und einer ADT, wurde die ARANOTE-Studie aufgelegt. Die Patienten wurden im Verhältnis 2 : 1 randomisiert. Primärer Endpunkt ist das rPFS (ARANOTE). Erste Ergebnisse der Studie wurden kürzlich auf dem ESMO 2024 publiziert.

Netzwerkmetaanalyse zur Kombinationstherapie

Um eine Entscheidung für eine Zweifach- oder Dreifachtherapie fällen zu können, können Metaanalysen hilfreich sein. Für viele Situationen gibt es bislang keine direkten Vergleichsstudien. Insbesondere bei Patienten mit einem niedrigen Tumorvolumen könnte eine ARPI-Zweifachtherapie etwas besser sein als eine Docetaxel-Zweifachtherapie. Wenn die Entscheidung gefallen ist, Docetaxel einzusetzen, ist basierend auf den PEACE-1- und ARASENS-Studien die zusätzliche Gabe eines ARPI sinnvoll. Der Stellenwert einer Dreifachtherapie im Vergleich zu einer ARPI-Zweifachtherapie wird derzeit kontrovers diskutiert, weil es keine Vergleichsstudien gibt. Wenn ein Patient Docetaxel verträgt, kann eine Dreifachtherapie erwogen werden. Bei einem hohen Tumorvolumen und einem hohen Risiko ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass im Tumorgewebe Klone vorhanden sind, die nicht hormonsensibel sind. Insbesondere bei viszeralen Metastasen sollte einer Dreifachtherapie der Vorzug gegeben werden. Bei einem jüngeren Patienten mit einer langen Lebenserwartung sollte frühzeitig intensiv behandelt werden, da diese fast alle an Prostatakrebs sterben werden. Docetaxel wirkt nach einer vorherigen ARPI-Therapie schlechter, weil sich dann bereits resistente Klone gebildet haben. Deshalb sollte Docetaxel frühzeitig mit einem ARPI kombiniert werden. Der Patient muss über die verschiedenen Entscheidungen und Möglichkeiten informiert werden.

ARASENS-Studie: Post-hoc-Analyse zum postprogressionsfreien Überleben

Von den insgesamt 850 Patienten in der Follow-up-Phase der ARASENS-Studie erhielten insgesamt 553 Patienten eine subsequente lebensverlängernde Therapie, davon 179 Patienten aus der Dreifachkombinationsgruppe (Darolutamid, Docetaxel, ADT) und 374 Patienten aus der mit der CHAARTED-Studie vergleichbaren Zweifachkombinationsgruppe (Placebo, Docetaxel, ADT). Die häufigste subsequente Therapie bestand aus der Kombination von Abirateron und Enzalutamid (112 Patienten in der Dreifachkombinationsgruppe und 290 in der Zweifachkombinationsgruppe). Eine Chemotherapie mit Taxan wurde nur bei einer Minderheit eingesetzt. Die Patienten, die die Dreifachkombination erhielten, bekamen etwas weniger antihormonelle Therapie, und die Patienten, die die Zweifachkombination erhielten, bekamen weniger Chemotherapie. Für die Analyse zum postprogressions-freien Überleben wurden vier Patientengruppen gebildet, die entweder mit Abirateron, Enzalutamid, Docetaxel oder Cabazitaxel subsequent behandelt wurden. Die demografischen Daten der Gruppen waren ausgeglichen, Patienten mit einer subsequenten Chemotherapie waren allerdings etwas jünger und hatten häufiger viszerale Metastasen. Der Verlauf der Kaplan-Meier-Kurven zur Postprogressionsgesamtüberlebenswahrscheinlichkeit bei den Patienten, die zuvor mit der Dreifachkombination behandelt wurden, zeigte keine signifikanten Unterschiede. Die mediane Zeit bis zum Erreichen der Kastrationsresistenz („time to CRPC”) beträgt in dieser Gruppe 43,7 Monate. Das mediane Gesamtüberleben war nach einer Follow-up-Zeit von 43,7 Monaten aber noch nicht erreicht. Der Kurvenverlauf zum Postprogressionsgesamtüberleben bei den zuvor mit einer Zweifachkombination behandelten Patienten (Kontrollarm der ARASENS-Studie) zeigt, dass diese Patienten von einer subsequenten erstmaligen ARPI-Therapie mehr profitieren als von einer erneuten Chemotherapie. In dieser Gruppe beträgt die mediane Gesamtüberlebenszeit 48,9 Monate bei bereits erreichtem Follow-up-Zeitpunkt. Die Zeit bis zur Kastrationsresistenz beträgt hier nur 19,1 Monate und ist damit deutlich kürzer als in der Dreifachtherapiegruppe. Die mHSPC-Patienten mit einer frühen Dreifachkombination blieben mehr als zwei Jahre länger auf der Therapie als im Vergleichsarm mit ADT und Docetaxel. Das mediane Gesamtüberleben war in der Kombinationsgruppe mit Darolutamid, ADT und Docetaxel noch nicht erreicht.

Fazit

  • Nach einer retrospektiven Analyse der ENZAMET-Studie haben mHSPC-Patienten mit einem radiografischen Progress ohne gleichzeitigen PSA-Anstieg die schlechteste Prognose, deshalb ist eine regelmäßige Bildgebung zur Therapiesteuerung sinnvoll.
  • BRCAAway-Studie: Bei HRR-mutierten mCRPC-Patienten ist die Wahrscheinlichkeit eines progressionsfreien Überlebens größer, wenn sie first line mit einer Kombination aus Abirateron/Prednison und Olaparib behandelt werden.
  • MANCAN-2-Studie: Patienten leiden unter den Nebenwirkungen einer ADT sechs Wochen nach Studienbeginn weniger, wenn sie begleitend eine kognitive Verhaltenstherapie absolvieren.
  • Mittels „matching-adjusted indirect comparison” konnte gezeigt werden, dass es beim CRPC-Patienten zwischen einer Behandlung mit Talzoparib und Enzalutamid versus Olaparib und Abirateron keine signifikanten Outcome-Unterschiede gibt.
  • Die PSMAfore-Studie hat gezeigt, dass mCRPC-Patienten mit einer niedrigen ctDNA-Konzentration zu Therapiebeginn eine bessere Prognose haben als Patienten mit einer hohen ctDNA-Konzentration. Ein erstmaliger Nachweis von ctDNA oder Konzentrationsanstiege während der Therapie sind mit einer schlechteren Prognose assoziiert.
  • Wichtigstes Therapieziel bei Patienten mit einem mHSPC ist es, das Erreichen einer Kastrationsresistenz so lange wie möglich hinauszuzögern. Die ARASENS-Studie hat gezeigt, dass eine Dreifachtherapie mit Darolutamid, Docetaxel und einer ADT sehr effektiv ist.
  • Bei mHSPC-Patienten sollte durch die Therapie die PSA-Konzentration möglichst unter die Nachweisgrenze gesenkt werden. Bei den Patienten in der ARASENS-Studie, die nach neun Monaten keinen nachweisbaren PSA-Wert hatten, wurde das Sterberisiko um 63 % reduziert. Nach vier Jahren waren >91 % der „low-volume”- und >65 % der „high-volume”-Patienten noch ohne PSA-Progress.
  • Eine Post-hoc-Analyse zum postprogressionsfreien Überleben der ARASENS-Studie hat gezeigt, dass mHSPC-Patienten von einem frühen Einsatz einer Dreifachtherapie im Gesamtüberleben im Vergleich zur Zweifachtherapie profitieren.

Bildnachweis

WesLens/peopleimages.com – stock.adobe.com