Einführung
Die Herzinsuffizienz ist bei Patienten im Alter über 65 Jahre die häufigste Aufnahmediagnose in der Klinik. Die Risikofaktoren sind vielfältig: Arterielle Hypertonie und koronare Herzerkrankung sind besonders häufig, nicht-ischämische Kardiomyopathien, Arrhythmien und primäre Herzklappenvitien sind weitere Ursachen für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz. Wirksame Behandlungsstrategien in der interventionellen Kardiologie haben dazu geführt, dass Menschen mit chronischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen immer älter werden und die Entwicklung einer Herzinsuffizienz erleben. Trotz zahlreicher evidenzbasierter Therapieoptionen ist das Mortalitätsrisiko dieser Patienten nach wie vor hoch. Die Hälfte der Patienten mit einer Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF)
verstirbt innerhalb von fünf Jahren nach Diagnosestellung. Die Herzinsuffizienz ist eine progrediente Erkrankung; trotz leitlinienbasierter Therapie treten bei den Patienten immer wieder kardiovaskuläre Dekompensationsereignisse auf, die einen Krankenhausaufenthalt notwendig machen. Die klinische Einteilung nach NYHA-Klasse diskriminiert die Prognose der Patienten mit einer Herzinsuffizienz besser als die Ejektionsfraktion. Patienten mit der NYHA-Klasse III haben eine signifikant geringere Lebenserwartung als Patienten in den Klassen I und II. Die Therapie von Patienten mit einer Herzinsuffizienz besteht nicht nur aus der Gabe von Medikamenten (mit bestenfalls evidenzbasierter Studienlage) in maximal verträglicher Dosis und in geeigneten Fällen aus der Revaskularisation durch
Bypasschirurgie oder durch Koronarintervention mit Stents, sondern auch aus der effektiven Behandlung häufiger Komorbiditäten, wie Vorhofflimmern und Klappenerkrankungen.
Medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz
Durch die innovative medikamentöse Therapie einschließlich der Gabe eines Sodium- Glucose-Transporter2-Inhibitors (SGLT2i) kann das vorausgesagte mittlere Gesamtüberleben eines Patienten mit Herzinsuffizienz im Alter ≥55 Jahre im Vergleich zu einer konventionellen Therapie um 6,3 Jahre verlängert werden. ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptorblocker mit Neprilysin-Inhibition (ARNI), Betablocker, Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten (MRA) und SGLT2i sind in den aktuellen ESC Leitlinien zur Behandlung der Herzinsuffizienz gleichberechtigte Medikamente der ersten Therapielinie, weil sie die Mortalität reduzieren. Diuretika haben einen rein symptomverbessernden Stellenwert, Ivabradin ist eine Option für Patienten im Sinusrhythmus und hoher Herzfrequenz ≥70/min. Bei Eisenmangel wird die Behandlung mit Eisencarboxymaltose oder Eisenderisomaltose empfohlen, bei Vorhofflimmern Antikoagulation und Pulmonalvenenisolation. Bei Unverträglichkeiten gegenüber ACE-Hemmern oder ARNI können Angiotensin-Rezeptorblocker eingesetzt werden. Bei Patientenmit Typ-2-Diabetes und chronischer Nierenerkrankung sind SGLT2-Inhibitoren mit einer Klasse-IA-Empfehlung zur Verminderung von Herzinsuffizienz-Hospitalisierungen/ kardiovaskulärem Tod sowie der nicht-steroidale Mineralokortikoid Rezeptorantagonist Finerenon mit einer Klasse-IA-Empfehlung zur Verminderung von Herzinsuffizienz Hospitalisierungen indiziert. Um Zeit zu gewinnen, empfehlen die Leitlinien die Kombination aller vier evidenzbasierten Basismedikamentenklassen von Anfang an, statt stufenweise zu eskalieren. Dabei soll auf eine individuelle Anpassung je nach vorhandenen Komorbiditäten und Kontraindikationen geachtet werden. Die klinische Erfahrung hat gezeigt, dass es sinnvoll sein kann, die Behandlung der HFrEF zunächst mit Betablockern und SGLT2i zu beginnen, weil beide Substanzen sehr gut verträglich sind. Dann sollten innerhalb von vier Wochen ARNI und zuletzt MRA ergänzt werden. Die Gefahr einer Hyperkaliämie durch die Gabe des MRA wird durch die bereits bestehende Therapie mit ARNI und SGLT2i deutlich abgemildert. Alternativ können auch alle vier Basismedikamentenklassen zu Beginn verabreicht werden. Mit Ausnahme des SGLT2i, der nicht auftitriert werden muss, sollen die Substanzen zunächst in niedriger Dosis verabreicht und dann individuell verträglich gesteigert werden. Wenn trotz individuell eingestellter Basistherapie bei einer HFrEF in der jüngeren Vergangenheit eine Dekompensation eintrat bzw. noch ein hohes Dekompensationsrisiko besteht, kann zusätzlich Vericiguat gegeben werden. Bei Patienten mit einer HFmrEF (Heart Failure with mildly reduced Ejection Fraction) und einer HFpEF konnte inzwischen dokumentiert werden, dass diese von einer Behandlung mit SGLT2-Inhibitoren deutlich profitieren. Die ESC-Leitlinien wurden 2023 mit einer IA-Empfehlung entsprechend aktualisiert.
Risikoentwicklung unter maximal austitrierter und tolerierter medikamentöser Therapie
Die Mortalität von Patienten mit einer HFrEF konnte durch neue Therapieoptionen, die alle zusätzlich zur bisherigen Basistherapie verabreicht wurden, signifikant gesenkt werden. Der ARNI Sacubitril/Valsartan und die SGLT2-Inhibitoren Dapagliflozin und Empagliflozin reduzierten das relative Risiko der kardiovaskulären Mortalität (annualisierte CV-Todesfälle pro 100 Patientenjahre) um 20 %, 18 % und 8 %. Omecamtiv Mecarbil konnte in der GALACTIC-HF-Studie nicht überzeugen. Trotzdem bleibt bei maximal dosierter und verträglicher medikamentöser Therapie noch ein erhebliches kardiovaskuläres Restrisiko bestehen, das sich mit jeder neuen Dekompensation weiter erhöht („worsening heart failure”). In diesem Fall empfehlen die Leitlinien bei den dafür geeigneten Patienten die Behandlung mit Vericiguat sowie nicht-medikamentöse Therapieoptionen, um die Lebenserwartung zu verbessern.
Das kardiorenale Syndrom
Das kardiorenale Syndrom ist ein Zustand, bei der eine Niereninsuffizienz als Folge oder Komorbidiät einer Herzinsuffizienz besteht und bei dem die Therapie der Herzinsuffizienz durch eine Verschlechterung der Nierenerkrankung limitiert ist. Letztendlich stellt das kardiorenale Syndrom eine Interaktion zwischen Herz, Niere und der oft bestehenden Anämie dar. Die Nierenfunktion ist einer der wichtigsten prognostischen Faktoren für die Herzinsuffizienz und wichtiger als die Ejektionsfraktion. Bei Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung und einem Typ-2-Diabetes steigt nicht nur das Risiko für den kardiovaskulären Tod an, sondern auch für die Hospitalisierung aufgrund einer Herzinsuffizienz. Um eine genauere Risikoprognose zur kardiovaskulären Mortalität zu erhalten, müssen sowohl die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR) als auch die „urine albumine creatinine ratio” (UACR; Kreatinin-Albumin-Quotient im Urin) betrachtet werden. Die ist unabhängig von der Urinkonzentration und gibt die Menge des ausgeschiedenen Albumins in Relation zum Kreatinin an. Wenn die eGFR auf <75 ml/min/1,73m2 sinkt und die UACR auf >5 mg/g steigt, erhöht sich das kardiovaskuläre Risiko kontinuierlich. Eine Mikroalbuminurie liegt erst ab einem Wert über 30 mg/g vor. Patienten mit einer leichten bis mittelschweren Nierenerkrankung und einer eGFR von 55 ml/min/1,73m2 haben ohne Albuminurie nur ein moderates kardiovaskuläres Risiko, werden aber bei einer gleichzeitigen stark erhöhten Albuminurie einer Hochrisikokategorie zugeordnet. SowohlSGLT2-Inhibitoren als auch der nicht- steroidale Mineralokortikoid-Rezeptorantagonist Finerenon sind bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und chronischer Nierenerkrankung mit einer Klasse-IA-Empfehlung zur Verhinderung von Herzinsuffizienzbedingten Hospitalisierungen empfohlen.
Therapieoptionen bei ausgeschöpfter medikamentöser Therapie
Wenn Patienten mit einer Herzinsuffizienz mit den leitlinienbasierten Medikamenten in maximal verträglichen Dosierungen immer noch symptomatisch sind, stehen verschiedene nicht-medikamentöse Therapieoptionen zur Verfügung, um die Prognose weiter zu verbessern. Dazu gehören die Ablation (Pulmonalvenenisolation)
bei Vorhofflimmern, die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) bei Linksschenkelblock und Transkatheter-Reparatursysteme bei Klappenerkrankungen. Die Baroreflex-Aktivierungstherapie (BAT) kann eingesetzt werden, wenn CRT und Klappenintervention entweder erfolgt oder nicht indiziert sind. Linksventrikuläre Unterstützungssysteme (LVAD) und Herztransplantation (HTx) sind weitere, allerdings höchst invasive Optionen im Rahmen einer intensivierten Therapie für geeignete Patienten. Wenn LVAD und Transplantation nicht indiziert sind, kann bei älteren Patienten eine repetitive Behandlung mit Levosimendan in Betracht gezogen werden, um Lebensqualität und Hämodynamik zu verbessern
Vorhofflimmerablation
Das Vorhofflimmern ist eine der wichtigsten Komorbiditäten einer Herzinsuffizienz und der zweithäufigste Grund für eine stationäre Einweisung älterer Patienten. Bei Vorhofflimmern erfolgt gemäß Leitlinien eine Antikoagulation gemäß CHA2DS2-VASc-Score und ggf. eine Ablation (Pulmonalvenenisolation) zur Stabilisierung eines Sinusrhythmus. Die Ablation verbessert bei Patienten mit einer Herzinsuffizienz die Lebenserwartung. In der CASTLE-AF-Studie wurde bei herzinsuffizienten Patienten (NYHA II bis IV) mit symptomatischem persistierenden Vorhofflimmern zusätzlich zur GDMT (Leitliniengerechte medikamentöse Therapie) der Herzinsuffizienz entweder mit einer Katheterablation (n = 179) oder mit Medikamenten zur Kontrolle der Herzfrequenz (n = 184) behandelt. Alle Patienten hatten eine linksventrikuläre Ejektionsfraktion ≤35 % sowie einen implantierten Defibrillator. Als zusammengesetzter primärer Endpunkt wurde der Tod jedweder Ursache oder die Herzinsuffizienz-bedingte Hospitalisierung festgelegt. Nach einem medianen Follow-up von 37,8 Monaten wurde der Endpunkt in der Ablationsgruppe bei 28,5 % der Patienten erreicht im Vergleich zu 44,6 % in der Kontrollgruppe (HR 0,53; 95 %-KI 0,43–0,87; p = 0,007). Die Datenlage wurde durch die CASTLE-HTx-Studie weiter verstärkt. Hier zeigte sich, dass Patienten, die aufgrund der Schwere der Herzinsuffizienz für eine Herztransplantations-Listung gescreent wurden, signifikant häufiger überleben, wenn sie einer Vorhofflimmerablation unterzogen werden. Ähnliche Hinweise, dass sich eine Vorhofflimmerablation günstig auf Morbidität und Mortalität der Herzinsuffizienz auswirkt, zeigten zuvor schon Daten aus der EAST-AFNET-4-Studie sowie aus der CABANA-Studie, sodass die Vorhofflimmeablation bereits seit 2020 in der ESC-Leitlinie zur Therapie des Vorhofflimmerns eine IA-Indikation hat, vor allem bei Patienten mit Herzinsuffizienz.
Kardiale Resynchronisationstherapie
Die Device-Therapie wird in den Leitlinien sehr differenziert empfohlen. Eine ICDVersorgung ist vor allem bei der ischämischen Herzkrankheit indiziert. Bei nicht-ischämischer Herzkrankheit profitieren vor allem die jüngeren Patienten, was in der DANISH-Studie dokumentiert werden konnte. Die Empfehlungen für die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) sind in den ESC-Leitlinien von 2021 etwas heruntergestuft worden; ab einer QRS-Breite von 130 ms kann die CRT eingesetzt werden. Eine Klasse IA besteht erst ab einer QRS Breite von 150 ms. Die Kombination von AV-Knotenablation, CRT und leitlinienkonformer ICD-Implantation wurde in der APAF-CRT-Studie untersucht und zeigte im Vergleich zur medikamentösen Frequenzkontrolle und leitlinienkonformen CRT eine signifikante Überlegenheit bei HFrEF-Patienten mit anhaltendem Vorhofflimmern und schmalem QRS-Komplex. Neben dem Stellenwert der CRT unterstützen auch diese Daten ein aggressives Vorgehen bei Vorhofflimmern als Komorbidität der Herzinsuffizienz. Unverändert gilt eine Klasse-I-Empfehlung zur prophylaktischen ICD-Implantation bei ischämischer Kardiomyopathie (LVEF (Linksventrikuläre Ejektionsfraktion) ≤35 % trotz dreimonatiger optimaler Therapie), bei der nicht ischämischen Kardiomyopathie etwas abgestuft als Klasse-II-Empfehlung gemäß der DANISH-Studie.
Klappeninterventionen
Während die Mitralinsuffizienz in Europa die nach der Aortenklappenstenose zweithäufigste Herzklappenerkrankung mit einer Prävalenz bei älteren Menschen von über 10 % ist, liegt die Prävalenz einer klinisch relevanten, höhergradigen Trikuspidalinsuffizienz nur bei etwa 5 %. Im Zusammenhang mit einer Herzinsuffizienz steigt die Prävalenz allerdings bis auf etwa 30 % an. In einer multizentrischen Studie mit insgesamt 614 herzinsuffizienten Patienten mit einer mittelschweren bis schweren Mitralklappeninsuffizienz und maximal dosierter leitliniengerechter medikamentöser Therapie (GDMT) konnte durch die kathetergestützte Klappenintervention die Rate an Herzinsuffizienz-bedingten Hospitalisierungen im Vergleich zur Kontrollgruppe ohne Intervention innerhalb von 24 Monaten von 67,9 % pro Patientenjahr auf 35,8 % pro Patientenjahr gesenkt werden (HR 0,53; 95 %-KI 0,40–0,70; p < 0,001). Die Gesamtmortalität (Tod jedweder Ursache) sank durch die Intervention innerhalb von 24 Monaten von 46,1 % auf 29,1 % (HR 0,62; 95 %-KI 0,46–0,82; p < 0,001). Für Patienten mit relevanter sekundärer Mitralklappeninsuffizienz wurde auf der Basis der vorliegenden Evidenz die Option einer Transkatheter-Edge-to-Edge-Reparatur (TEER) in die ESC Leitlinien von 2021 neu übernommen. Die Entscheidung über eine Klappenintervention fällt im interdisziplinären Herzteam. Im Vorfeld sollte, falls erforderlich, eine koronare Revaskularisation erfolgen und eine optimale Pharmakotherapie initiiert werden. Außerdem sollte vor einer Klappenintervention bei bestehender Indikation eine Resynchronisation durch Implantation einer CRT erfolgt sein. Eine funktionelle Trikuspidalklappen-Insuffizienz (TI) ist häufig mit einer HFpEF assoziiert; hier ist das Spektrum der empfohlenen Therapieoptionen deutlich kleiner als bei der HFrEF. Im Vordergrund stehen Schleifendiuretika und die Behandlung der Komorbiditäten. Diese führen aber nicht zu einer dauerhaften Entlastung der rechtsseitigen Kavitäten. Häufige Probleme bei den Patienten sind Hypotonie und chronische Niereninsuffizienz. Aktuelle Studien haben gezeigt, dass auch Patienten mit HFmrEF und HFpEF von SGLT2 Inhibitoren profitieren. Eine weitere Option bei der TI ist die TEER, die den TI-Schweregrad bei vielen Patienten reduziert und deren Belastbarkeit verbessert. Zwei Jahre nach TEER konnte eine reduzierte Anzahl an Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz in dieser einarmigen Studie gezeigt werden. Die randomisierte, nicht verblindete TRILUMINATE-Studie konnte eine signifikante Reduktion des TI-Schweregrades und eine Verbesserung der Lebensqualität bei Patienten mit hochgradiger TI zeigen, jedoch keine Reduktion der Hospitalisierungen oder der Mortalität. Dies erfordert weitere klinische Studien zur Identifizierung derjenigen Populationen von Patienten mit TI, die einen optimalen Nutzen durch die TEER erwarten können.
Linksventrikuläre Unterstützungssysteme und Herztransplantation
Herzinsuffiziente Patienten, die trotz Revaskularisation und Resynchronisation, trotz optimaler medikamentöser Therapie und Klappenintervention immer noch im Stadium NYHA III oder schlechter sind, haben eine schlechte Prognose. Der Einsatz weiterer Therapieoptionen für diese Patienten wird im Allgemeinen von einem interdisziplinären Herzteam gemeinsam mit den Herzchirurgen diskutiert. Wenn absehbar ist, dass die Herzinsuffizienz in Richtung eines finalen Krankheitsstadiums verläuft, können die Patienten von der Implantation eines linksventrikulären Unterstützungssystems (LVAD) als Bridging bis zur Transplantation („bridging to transplant”, BTT) oder bis zur palliativen Therapiephase („destination therapy”, DT) profitieren. Die ESC-Leitlinien von 2021 empfehlen als Entscheidungshilfe für die zeitliche Planung weiterer Therapiemaßnahmen den „Interagency Registry for Mechanically Assisted Circulatory Support” (INTERMACS-)Algorithmus und für die Indikation zur Implantation eines LVAD bei Patienten mit einer mehr als zwei Monaten persistierenden schweren Symptomatik trotz optimaler medikamentöser oder Device Therapie folgende Kriterien, von denen mehr als ein Kriterium erfüllt sein sollte:
- LVEF <25 % und, falls gemessen, Spitzen-VO2 12 ml/kg/min
- ≥3 Herzinsuffizienz-bedingte Hospitalisierungen innerhalb von zwölf Monaten, ohne klar behebbare Ursache
- Abhängigkeit von einer intravenösen inotropen Therapie
- Zunehmendes Endorganversagen (verschlechternde Nieren- und/oder Leberfunktion), die durch eine reduzierte Perfusion, aber nicht durch einen inadäquaten Füllungsdruck (PCWP ≥20 mmHg und SBP ≤80 bis 90 mmHg oder Herzindex ≤2 l/min/m2) bedingt ist
- Fehlen einer schweren rechtsventrikulären Dysfunktion mit schwerer Trikuspidalklappen-Insuffizienz
Ergänzende Device-basierte Therapieoptionen bei fortgeschrittener Herzinsuffizienz
Die Resynchronisationstherapie mit einem CRT-D (Kardiale Resynchronisation plus Defibrillator) hat bei Patienten mit Herzinsuffizienz und Linksschenkelblock (QRS-Breite >150 ms) die Belastbarkeit („exercise capacity”) in einem ähnlichen Ausmaß verbessert, wie die Baroreflex-Aktivierungstherapie (BAT). Das zeigt aber auch, dass die BAT nicht infrage kommt, wenn die Patienten eine Resynchronisationstherapie benötigen. Patienten mit einem Linksschenkelblock sollten zunächst mit einer CRT versorgt werden, um danach weitere Schritte zu diskutieren. Bei Patienten, die auf ein LVAD warten oder für die ein LVAD und eine Transplantation nicht infrage kommen, eröffnet sich ein therapeutisches Fenster („window of opportunity”) für die BAT, um die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
Neuromodulation
Die Aktivierung des Sympathikus wurde lange Zeit als grundlegender Kompensationsmechanismus bei beginnender Herzinsuffizienz verstanden und in diesem Kontext zunächst als positiver Ausgleichseffekt in den ersten klinischen Phasen der Herzinsuffizienz angesehen. Mit der Überaktivierung des sympathischen Nervensystems zielt der Organismus darauf ab, trotz der inotropen Dysfunktion des Myokards eine angemessene Herzleistung aufrechtzuerhalten. Wird die sympathische Reflexantwort jedoch übermäßig stark und dauerhaft erhöht, löst sie eine Reihe nachteiliger Umstrukturierungsprozesse (Remodelling) am Herzgewebe aus. Diese führen langfristig zur Apoptose von Kardiomyozyten, zu myokardialer Fibrose und zu weiteren Einschränkungen der linksventrikulären Kontraktilität, was den Progress der Herzinsuffizienz weiter vorantreibt. Mittlerweile wird diese autonome Dysbalance mit einer Überaktivierung des Sympathikus als ein wesentlicher „Mortalitätsfaktor” betrachtet und stellt somit ein wichtiges therapeutisches Ziel bei der Herzinsuffizienz dar. Die Aktivierung des Sympathikus wurde lange Zeit als grundlegender Kompensationsmechanismus bei beginnender Herzinsuffizienz verstanden und in diesem Kontext zunächst als positiver Ausgleichseffekt in den ersten klinischen Phasen der Herzinsuffizienz angesehen. Mit der Überaktivierung des sympathischen Nervensystems zielt der Organismus darauf ab, trotz der inotropen Dysfunktion des Myokards eine angemessene Herzleistung aufrechtzuerhalten. Wird die sympathische Reflexantwort jedoch übermäßig stark und dauerhaft erhöht, löst sie eine Reihe nachteiliger Umstrukturierungsprozesse (Remodelling) am Herzgewebe aus. Diese führen langfristig zur Apoptose von Kardiomyozyten, zu myokardialer Fibrose und zu weiteren Einschränkungen der linksventrikulären Kontraktilität, was den Progress der Herzinsuffizienz weiter vorantreibt. Mittlerweile wird diese autonome Dysbalance mit einer Überaktivierung des Sympathikus als ein wesentlicher „Mortalitätsfaktor” betrachtet und stellt somit ein wichtiges therapeutisches Ziel bei der Herzinsuffizienz dar.
Baroreflex-Aktivierungstherapie (BAT)
Die Modulation des autonomen Nervensystems mittels Baroreflex-Aktivierungstherapie stellt einen weiteren effektiven nicht-medikamentösen Therapieansatz dar, für den zur Behandlung der therapierefraktären Hypertonie und der Herzinsuffizienz eine insgesamt gute Datenlage existiert. Barorezeptoren und der durch sie vermittelte Reflex spielen eine wichtige Rolle in der Homöostase von Blutdruck und Blutvolumen. Bei Barorezeptoren handelt es sich um mechanisch erregbare Dehnungsrezeptoren in der Gefäßwand des Sinus caroticus und des Aortenbogens, im Grenzbereich zwischen Media und Adventitia lokalisiert. Eine intraluminale Druckerhöhung aktiviert die Rezeptoren durch die erhöhte Wandspannung. Histologisch handelt es sich um verflochtene Nervenfasern, die als Proportional-Differenzial-Rezeptoren (PD Rezeptoren) fungieren. Sie registrieren sowohl Blutdruckänderungen, die Höhe des mittleren arteriellen Blutdruckes als auch die Geschwindigkeit einer solchen Änderung sowie Blutdruckamplitude und Herzfrequenz. Die Entladungsrate der Rezeptoren orientiert sich jedoch nicht an einen Absolutwert. Daher kann eine chronische Änderung des mittleren arteriellen Blutdruckes zu einer Adaption der Barorezeptoren an den neuen Basiswert führen. Die Afferenzen der aortalen Barorezeptoren ziehen über den Nervus vagus oder den Nervus glossopharyngeus zum Hirnstamm. Die Impulse projizieren auf den Nucleus tractus solitarii im Kreislaufzentrum der Medulla oblongata. Bei einer Erhöhung des Blutdruckes registriert der Nucleus tractus solitarii somit eine gesteigerte Entladungsrate. Daraufhin werden die inhibitorischen Neurone, die von der kaudalen ventrolateralen Medulla zur rostralen ventrolateralen Medulla ziehen, erregt; es kommt zu einer Senkung des Sympathikotonus. Eine verstärkte Erregung der arteriellen Barorezeptoren führt demnach über die beschriebenen Reflexbögen im Hirnstamm zu einer Aktivierung vagaler Efferenzen, die am Herzen negativ chrono- und dromotrop wirken. Zugleich wird die Sympathikusaktivität gedämpft und damit die Herzfrequenz gesenkt sowie der periphere Gefäßwiderstand reduziert. Zudem erfolgt eine renale Reaktion in Sinne einer Inhibition der Reninfreisetzung und eine zentrale Vasopressinsekretionshemmung. Bei der BAT erfolgt eine afferente nervale Stimulation über eine an der Außenwand der Arteria Carotis platzierte Sonde (Neurostimulation). Die parasympathische Aktivität am Herzen und an anderen Organen wird gesteigert. Die sympathische Aktivität am Herzen, an den Blutgefäßen, Nebennieren, Nieren, Lunge und anderen Organen wird verringert. Die BAT wirkt dabei ähnlich der renalen Denervation an den Nierenarterien, ist dabei aber nicht nur lokal begrenzt, sondern durch die zentralnervöse Regulation systemisch und auch reversibel. Außerdem ist die Dosis patientenindividuell auftitrierbar oder einstellbar.
Klinische Studien zur BAT bei Herzinsuffizienz
market”-Phase mit weiteren 59 Patienten (insgesamt 323 Patienten) durchgeführt, davon 163 Patienten in der BAT-Gruppe und 160 in der Kontrollgruppe. In der „pre-market”-Phase der BeAT-HF Studie erhielten die 264 Patienten an 103 Zentren in den USA und an fünf Zentren in UK entweder eine leitliniengerechte medikamentöse Therapie (GDMT) plus BAT (BAT-Gruppe, n = 130) oder ausschließlich eine GDMT (Kontrollgruppe, n = 134). Die Ergebnisse nach sechsmonatiger Behandlung können wie folgt zusammengefasst werden:
- Zunahme der physischen Belastbarkeit, erhoben mittels 6-Minuten-Gehstrecke (6MHW): +49 vs. –8 m (Δ 60 m; p < 0,001)
- Zunahme der Lebensqualität, erhoben mittels „Minnesota-Living-with-Heart-Failure”-Fragebogen (MLWHF):21 vs. 6 Punkte (Δ 14 Punkte Verbesserung; p < 0,001)
- Zunahme der physischen Belastbarkeit, erhoben mittels 6-Minuten-Gehstrecke (6MHW): +49 vs. –8 m (Δ 60 m; p < 0,001)
- NT-proBNP-Spiegel als kardialer Stressmarker: –21 % vs. +3 % (Δ 25 %; p < 0,004)
- Reduktion des relativen Risikos der Häufigkeit kardiovaskulärer Ereignisse zwischen BAT- und Kontrollgruppe: relative Risikoreduktion um 51 % 97 % der Patienten waren komplett „major adverse neurological and cardiovascular event”-(MANCE-)frei).
Anmerkung: Aufgrund unterschiedlicher Baselinewerte erklärt sich die numerische Differenz der Verbesserung zwischen BAT- und Kontrollgruppe (6MHW, MLWHF, NYHA-Klasse, NT-proBNP).
Langzeitdaten der BeAT-HF-Studie
In der „post-market”-Phase wurden zusätzlich zu den Patienten der „pre-market”-Phase 59 Patienten mit symptomatischer Herzinsuffizienz und eingeschränkter Pumpfunktion (EF ≤35 %) eingeschlossen. Insgesamt 163 Patienten erhielten eine BAT, 160 Patienten waren in der Kontrollgruppe. Primärer Endpunkt in dieser zweiten Studienphase (Event-getriggert) war ein kombinierter Endpunkt aus kardiovaskulärer Mortalität (kardiovaskulärer Tod, „linksventrikuläres Unterstützungssystem” LVAD) oder Herztransplantation und Herzinsuffizienz-Morbidität (Herzinsuffizienz-bedingte Hospitalisierung oder Herzinsuffizienz-bedingte Aufnahme in der Notfallambulanz). Obwohl der primäre Endpunkt nach einem medianen Follow-up von 3,7 Jahren keine signifikanten Unterschiede zwischen BAT- und Kontroll-Gruppe zeigte (HR 0,94; 95 %-KI 0,75 1,57; p = 0,82), kam es zu einem Effekt auf die Gesamtmortalität. In der BAT-Gruppe lag die Ereignisrate für Tod jeglicher Ursache, LVAD oder Herztransplantation bei sieben Ereignissen pro 100 Patientenjahren und in der Kontroll-Gruppe bei 10,4 Ereignissen pro 100 Patientenjahren.Dies entspricht einer relativen Risikoreduktion von 34 % (HR 0,0622; 95 %-KI 0,435–1,007; nomineller p-Wert = 0,054). Für die Auswertung der weiteren Wirksamkeitsdaten wurde das statistische Verfahren der hierarchischen „composite”-(„win ratio”-)Analyse angewendet.Diese Methode gewichtet die Ereignisse nach Schweregrad, denn ein Nachteil der klassischen Analyse kombinierter Endpunkte ist, dass jedes Ereignis gleich gewichtet wird, was nicht zwangsläufig den Schweregrad des Ereignisses in der Realität widerspiegelt (z. B. Ereignis Hospitalisierung oder Todesfall). Bei der „win ratio”- Methode tragen also 100 % der Patienten zum Endpunkt bei, im Vergleich zu 40 % der Patienten hinsichtlich kardiovaskulärer Mortalität und HI-Morbidität. Die „win ratio”-Methode ermöglicht zudem die Berücksichtigung von patientenberichteten Endpunkten wie der Lebensqualität. Dazu werden Paare aus Studienteilnehmenden gebildet und sukzessive nach einer definierten Hierarchie analysiert, ob es bezüglich der Endpunktkomponenten zwischen den beiden Personen einen Gewinner gibt. Werden die Langzeitdaten der BeAT-HF-Studie mit diesem Verfahren gerechnet, ist die BAT gegenüber der Kontrolle bei einem zusammengesetzten Endpunkt aus Tod, LVAD und Herztransplantation signifikant überlegen. Daneben bestätigen die Langzeitdaten die Resultate der oben genannten 6-Monats-Analyse der „pre market”-Phase bezüglich der Sicherheit: 97 % der Studienteilnehmenden waren frei von schwerwiegenden neurologischen, kardiovaskulären oder prozedurbezogenen Ereignissen („major adverse neurological and cardiovascular event”, MANCE) (p < 0,001). Zudem verbesserte sich nach 24 Monaten BAT der funktionelle Status (NYHA-Klasseanteil mit Verbesserung um ≥1 Klasse) um 27,0 Prozentpunkte (p < 0,001; BAT-Gruppe 68 % vs. 41,1 % Kontrollgruppe). Patienten mit BAT verzeichneten eine Zunahme der körperlichen Belastungstoleranz anhand der 6-Minuten-Gehstrecke (6MHW) nach sechs und zwölf Monaten. Unter der BAT verbesserte sich nach 24 Monaten außerdem messbar die Lebensqualität, erhoben anhand des MLWHF, um zehn Punkte (p < 0,00118; BAT-Gruppe 18 Punkte Verbesserung vs. Kontrollgruppe acht Punkte). Die Langzeitdaten der BeAT-HF-Studie wurden Anfang 2023 auf dem THT-Kongress der Öffentlichkeit präsentiert. Es kann festgestellt werden, dass die zusätzliche BAT in keinem der untersuchten Endpunkte schlechter war als die alleinige „guideline-directed medical therapy” (GDMT). Es scheint für die BAT demnach ein „window of opportunity” bei der Herzinsuffizienz NYHA III zu geben, um nicht nur die Lebensqualität der Patienten, sondern auch die Hospitalisierungsrate und weitere harte Endpunkte zu verbessern.
Stellenwert der Baroreflex-Aktivierungstherapie (BAT) bei Herzinsuffizienz
Bei Patienten mit einer HFrEF, die trotz maximal tolerierter medikamentöser Therapie nicht ausreichend beschwerdefrei sind, kann die BAT eine Therapieoption darstellen. Den höchsten Empfehlungsgrad an interventionellen Herzinsuffizienztherapien bieten bei geeigneten Patienten ICD, CRT und Klappenintervention. Es sollte geprüft werden, ob die Patienten im Rahmen eines „Advanced Heart Failure Program” mit LVAD und Transplantation versorgt werden können (INTERMACSKriterien, Alter, Komorbiditäten). In bestimmten Fällen kann die BAT derartige invasivere Maßnahmen verhindern oder aufschieben. Auch wenn die Patienten keine Indikation für ICD, CRT oder Klappenintervention haben oder trotz dieser Maßnahmen immer noch in NYHA III sind und hohe NT-proBNP-Konzentrationen aufweisen, kann eine BAT eingesetzt werden. Entweder bei jüngeren Patienten als „bridging to transplant” (BTT) bzw. Bridging bis zur LVAD oder bei älteren Patienten zur dauerhaften Stabilisierung. Kontraindikationen für eine BAT sind eine beidseitige Carotisbifurkation oberhalb der Höhe des Unterkiefers, ein fehlender Baroreflex oder eine Neuropathie, unkontrollierte symptomatische Bradykardie, Carotis-Stenosen >50 %, ulzerative Plaques in den Carotiden sowie eine bekannte Allergie gegen Silikon oder Titan. In den ESC-Leitlinien von 2021 wird die BAT als mögliche therapeutische Option genannt.
Fazit
- Bei Patienten mit einer HFrEF steigt nach der ersten Dekompensation das Risiko mit jedem weiteren Ereignis deutlich an, auch wenn sie bislang leitliniengerecht medikamentös behandelt wurden.
- Die ESC-Leitlinien von 2021 zur Therapie der HFrEF empfehlen die frühe Kombination aller Basismedikamente auch mit niedrigen Dosierungen anstelle einer langsamen schrittweisen Aufdosierung in „historischer” Reihenfolge.
- Eine chronische Nierenerkrankung erhöht nicht nur das kardiovaskuläre Risiko und die Wahrscheinlichkeit einer Herzinsuffizienz-bedingten Hospitalisierung, sondern limitiert auch die Therapie bei Patienten mit einer Herzinsuffizienz.
- Ablation bei Vorhofflimmern, kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) bei Linksschenkelblock ab einer QRS-Breite von 130 ms und ICD-Implantation bei ischämischer Kardiomyopathie verbessern die Prognose von Patienten mit einer Herzinsuffizienz.
- Die Transkatheter-Edge-to-Edge-Reparatur (TEER) reduziert den Schweregrad einer Mitral- oder Trikuspidalklappeninsuffizienz und verbessert die Rate an Herzinsuffizienz-bedingten Hospitalisierungen.
- Studiendaten zeigen, dass die Baroreflex-Aktivierungstherapie (BAT) eine sichere und anhaltend wirksame Behandlungsoption für Patienten mit einer HFrEF ist, die trotz maximal tolerierter medikamentöser Basistherapie weiterhin unter persistierenden Symptomen leiden.
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