ESMO-Highlights 2020 – Nierenzellkarzinom (RCC)

Der virtuelle Kongress der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO) bot einige spannende Studien im Bereich des Nierenzellkarzinoms. Diese werden von der Expertenrunde vorgestellt und bewertet. Eine Studie steht dabei besonders im Mittelpunkt: die CheckMate-9ER-Studie mit der Kombination Cabozantinib plus Nivolumab. Die Daten werden von den Experten kontrovers diskutiert.

In dieser Fortbildung werden Studiendaten detailliert besprochen und diskutiert. Des Weiteren arbeiten die Experten heraus, welche Behandlungsoptionen sich daraus ergeben, aber auch, wo die Limitationen liegen.


Kursinfo
VNR-Nummer 2760709121017660015
Zeitraum 19.01.2021 - 18.01.2022
Zertifiziert in D, A
Zertifiziert durch Akademie für Ärztliche Fortbildung Rheinland Pfalz
CME-Punkte Fortbildung abgelaufen
Zielgruppe Ärzte
Referent Prof. Dr. Jens Bedke
Prof. Dr. Gunhild von Amsberg
Prof. Dr. Viktor Grünwald
Dr. Leonidas Apostolidis
Redaktion CME-Verlag
Veranstaltungstyp Webcast
Lernmaterial Vorträge, Lernerfolgskontrolle (pdf); Bearbeitungsdauer: 90 Minuten
Fortbildungspartner Ipsen Pharma GmbH
Bewertung 3.8 (379)

Vortrag 1 – Personalisierte Medizin Definition (Dr. Leonidas Apostilidis)

Die personalisierte Medizin ist definiert als Steuerung von Therapie und Diagnostik durch molekulare Marker. Ziel ist es, Patienten unter anderem anhand ihrer Vorbehandlungen in Gruppen einzuteilen und darauf aufbauend einen Therapieplan zu erstellen. Mit Larotrectinib gibt es schon ein Medikament, das über einige Tumorentitäten hinweg (z.B. Lunge, Colon, Pankreas) wirksam gegen sogenannte NTRK-Fusionen ist. Auf dem ESMO waren auch RET-Fusionen ein Thema, die gehäuft beim Schilddrüsen-Ca und beim Nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) zu finden sind, aber auch in anderen Tumoren vorkommen. Hier stehen mit Pralsetinib und Selpercatinib Substanzen bereit, die beispielsweise beim Pankreas-Ca passable Ansprechraten zeigten. Die Frage wird sein, ob eine Zulassung über die Tumorentitäten hinweg erfolgt, da RET-Fusionen insgesamt doch recht selten sind.

Marker für die Immuntherapie

Auch für die Immuntherapie gibt es komplexe Biomarker, die die Wahrscheinlichkeit des Ansprechens vorhersagen können. Das Problem dabei ist, dass der einzelne Marker einen relativ geringen prädiktiven Wert hat und somit auf ein Konstrukt von Biomarkern zurückgegriffen werden muss. Dazu gehören unter anderem: PD-L1-Expression, PD-L1-Amplifikation und Tumor mutational burden (TMB). Auch das Mikrobiom scheint einen Einfluss auf das Ansprechen der Immuntherapie zu haben, was die Ausarbeitung einer personalisierten Therapie noch herausfordernder macht. Ein weiterer Biomarker ist die homologe Reparatur-Defizienz „BRCAness“. Hier konnte in der PROfound-Studie für das kastrationsresistente Prostata-Ca (CRPC) ein verbessertes Überleben erreicht werden, wenn die Patienten Alterationen in den entsprechenden Genen aufwiesen und mit Olaparib behandelt wurden. Hier sind zu nennen: BRCA1/BRCA2, ATM, BARD1 und einige mehr. Auch hier ist nicht jede Veränderung mit einem guten Ansprechen auf Olaparib assoziiert.

NCT/DKTK MASTER-Programm

Es ist offensichtlich, dass eine Vielzahl von Biomarkern existieren. Das MASTER-Programm (Molecularly Aided Stratification for Eradication Research), hat es sich zur Aufgabe gemacht diese zu charakterisieren und daraus diagnostische sowie therapeutische Konsequenzen abzuleiten. Seit 2016 wird die RNA der Patienten mit seltenen Tumoren sequenziert und es werden DNA-Methylierungsprofile erstellt. Die Patientenfälle werden anschließend in einem molekularen Tumorboard besprochen, ehe optimalerweise Behandlungsempfehlungen ausgesprochen werden. Dabei wird auf eine Evidenztabelle zurückgegriffen. Wie effizient ist diese Therapie? Zunächst einmal konnte bei knapp 87% eine Therapieempfehlung ausgesprochen werden, umgesetzt wurde sie aber aus diversen Gründen nur bei 30%. Bei diesem Kollektiv konnte eine Overall Response Rate (ORR) von 18,7% sowie bei 35,7% eine PFS-Ratio von > 1,3 festgestellt werden. Die PFS-Ratio stellt dabei einen Vergleich des progressionsfreien Überlebens zur Vortherapie her. Aus den im NCT/DTK MASTER-Programm generierten Daten sollen entsprechende Studien begonnen werden. Diese sind teilweise sehr speziell auf eine Tumorentität zugeschnitten, können aber auch mehrere Tumorerkrankungen umfassen, die einen bestimmten molekularen Marker tragen.

Herausforderungen

So vielversprechend der Ansatz der personalisierten Medizin auch ist, geht er auch mit bestimmten Herausforderungen einher:
  • Überführung der Studien-basierten Konzepte in die Praxis
  • Vergütung
  • Wie reproduzierbar und valide sind die Empfehlungen des molekularen Tumorboards?
  • Umsetzung der Empfehlungen
  • Problem: Studien im stationären Setting kaum kostendeckend durchführbar, da im DRG-System nicht berücksichtigt.
Deswegen soll der Aufbau eines Zentrums für personalisierte Medizin (ZPM) dabei helfen, off-label-Therapien unter Voraussetzung einer gewissen Evidenz durchzuführen. Hierbei soll ein enger Austausch mit den Krankenkassen die Kostenübernahme klären.

Zusammenfassung

Die personalisierte Medizin verbessert das Outcome der Patienten bei einigen Tumorentitäten. Hierbei können sowohl auf einfache (NTRK, RET) als auch auf komplexe Biomarker, zum Beispiel vor Beginn einer Immuntherapie, notwendig sein. Die Studienkonzepte gestalten sich zunehmend komplex, sodass die größte Herausforderung die Umsetzung in die klinische Praxis bleibt.

Vortrag 2 – Nierenzellkarzinom-ESMO-Highlights 2020 (Prof. Dr. Jens Bedke)

CheckMate 9ER

Die Checkmate 9ER vergleicht die Wirksamkeit von und Cabozantinib (Tyrosinkinase-Inhibitor, TKI) und Nivolumab (Immuncheckpoint-Inhibitor, IO) mit der des Sunitinibs (TKI) in der Erstlinientherapie des metastasierten Nierenzellkarzinoms. Bereits zugelassen sind die TKI-IO -Kombinationen Axitinib-Pembrolizumab und Axitinib-Avelumab.

CheckMate 9ER: Studiendesign

Cabozantinib 40 mg wurde täglich p.o. eingenommen, Nivolumab wurde in der Dosierung von 240 mg alle 2 Wochen i.v. verabreicht. Sunitinib wurde im Standardschema eingenommen: 50 mg täglich p.o. über 4 Wochen, danach zwei Wochen Pause. Als primärer Endpunkt wurde das progressionsfreie Überleben (PFS) festgelegt. Das statistische Design entspricht einer zweiseitigen Testung für das PFS mit einem Niveau von 0.05. Die sekundären Endpunkte Gesamtüberleben (OS) und objektive Ansprechrate (ORR) entsprechend des Blinded Independent Clinical Reviews waren „gepowered“ durch die Statistik. Die Patienten wurden nach IMDC-Risikofaktoren in günstig, intermediär und ungünstig eingeteilt. Den größten Anteil machten dabei die Patienten mit intermediärem Risiko aus.

CheckMate 9ER: Ergebnisse

Der primäre Endpunkt, das progressionsfreie Überleben (PFS) betrug in der Kombinationstherapie mit Cabozantinib+Nivolumab im Median 16,6 Monate und beim Sunitinib 8,3 Monate. Daraus ergibt sich eine Hazard Ratio von 0,51 und entsprechend ein statistisch signifikanter Unterschied. Weiterhin ist zu erwähnen, dass die Kurven sich bereits nach 3 Monaten separieren und es auch danach keine Überschneidungen der Kurven auftritt. Das beste Ansprechen zeigten die Patientenkohorten mit einer intermediären respektive ungünstigen Prognose. Auch die Patientengruppe mit günstigem Risikoprofil, die oft schwierig zu evaluieren ist im Hinblick auf die Wirksamkeit einer TKI- Monotherapie bzw. einer Immuntherapie, zeigte einen Vorteil zugunsten der TKI- IO-Therapie im Vergleich zum Kontrollarm mit Sunitinib. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch beim Gesamtüberleben (OS): Die Kurven trennen sich über den Beobachtungszeitraum klar auf und überschneiden sich nicht. Insgesamt sind die Daten konsistent zum PFS. Die Ansprechrate lag beim Cabozantinib+Nivolumab-Arm bei 55,7% versus 27% beim Sunitinib-Arm. Eine komplette Remission wurde bei 8% bzw. 4,6% erreicht. Die Progressionsrate bei der TKI-IO-Kombination lag bei 5,6% (13,7% beim Sunitinib).

CheckMate 9ER: Toxizität

Die Behandlung wurde in der Kombinationstherapie in 15% der Fälle aufgrund von therapieassoziierten Nebenwirkungen abgebrochen. Dabei in 5,6% nur Nivolumab, in 6,6% nur Cabozantinib und in 3,1% beide. 8,8% brachen die Sunitinib-Therapie wegen medikamenteninduzierter Nebenwirkungen ab. Als häufigste Nebenwirkung trat die Diarrhö, mit 57% für den Kombinationstherapie-Arm und mit 43% für den Kontrollarm (Sunitinib), auf. Zu den speziell immunvermittelten Nebenwirkungen gehörten: Hypo- und Hyperthyreoidismus, Pneumonitis, Nebenniereninsuffizienz.

CheckMate 9ER: Zusammenfassung

Die Studie lässt sich wie folgt zusammenfassen:
  • PFS: Das Risiko für Tumorprogress oder Tod wurde um 49% reduziert.
  • OS: Das Sterberisiko wurde um 40% reduziert.
  • ORR: Die Ansprechrate wurde um 29% verbessert. Die Patientengruppen mit intermediärer und ungünstiger Prognose nach IMDC sprachen besser an als die mit günstiger Prognose.
  • Cabozantinib+Nivolumab wurde insgesamt gut vertragen, mit einer geringen Rate an therapieassoziierten Abbrüchen. Die häufigste Nebenwirkung war die Diarrhö.

Bionikk-Studie

Die Bionikk-Studie greift den Ansatz der personalisierten Medizin auf. Anhand von mRNA-Sequenzierungen wurden Risikoprofile bei Patienten mit klarzelligem Nierenzellkarzinomen erstellt und basierend darauf Therapieregime entwickelt. Eingeteilt wurde dabei in ccrcc1-4. Ccrcc 1 „immune-low“ und ccrcc4 „immun high“ wurden dabei mit einem schlechten Outcome assoziiert, ccrcc 2 „angio-high“ und ccrcc 3 „angio-low“ mit einem guten Outcome. Fazit: Es ist möglich durch eine solche Subgruppenzuordnung im Vorfeld eine gute Therapiesteuerung vorzunehmen, sowohl im Hinblick auf das PFS als auch auf die Ansprechrate.

COSMIC-021-Studie

In dieser Studie wurde mit Cabozantinib+Atezolizumab eine Kombination aus Tyrosinkinase-Inhibitor und PD-L1-Antikörper in der Erstlinie beim nicht-klarzelligen Nierenzellkarzinom appliziert. Hier zeigten sich positive Effekte auf das progressionsfreie Überleben. Auch wenn das Ansprechen nicht so gut ist wie beim klarzelligen Nierenzellkarzinom, ist diese Studie doch als positiv zu bewerten, weil prospektive Daten für die TKI-IO-Kombination beim nicht-klarzelligen Nierenzellkarzinom als rar gelten. Eine Kohorte zum klarzelligen Nierenzellkarzinom zeigte darüber hinaus interessante Ergebnisse. Hier wurde auch mit Atezolizumab+Cabozantinib behandelt, jedoch in einer Gruppe mit 40 mg Cabozantinib und in der anderen mit 60 mg Cabozantinib. Die 40 mg Dosierung führte dabei zu einem besseren PFS. Dies wird auf eine bessere Therapieadhärenz zurückgeführt.

Vortrag 3 – CheckMate 9ER: Was spricht FÜR die Kombination aus Cabozantinib und Nivolumab? (Prof. Dr. Gunhild von Amsberg)

Einleitung

Nivolumab als PD-1-Inhibitor ist seit 2016 in der Zweitlinie zur Therapie des Nierenzellkarzinoms zugelassen und zeigte in der CheckMate025-Studie auch eine Verbesserung der Lebensqualität. 2019 erfolgte die Zulassung in Kombination mit Ipilimumab für Patienten mit intermediärer und schlechter Prognose. Das Cabozantinib (TKI) hemmt zwei Tyrosinkinasen, die für die Entstehung von Resistenzen relevant sind: MET und AXL. Bei Behandlung mit Sunitinib wird MET hochreguliert, was zu einem Wirkverlust sowie geringeren Überlebenswahrscheinlichkeiten führt. Die Zulassung nach VEGF-gerichteter Vorbehandlung erfolgte für das Cabozantinib 2016. 2018 wurde es in der Erstlinie für intermediäre und schlechte Prognosen zugelassen.

Ansprüche an die Therapie: Unterschiede zwischen Arzt und Patient

Die Definition einer erfolgreichen Therapie kann zwischen Behandler und Patient durchaus differieren. Ärzte wünschen sich verständlicherweise für ihre Patienten meist eine Therapie, die mit signifikanten Vorteilen einhergeht. Dazu gehören unter anderem eine hohe Ansprechrate, ein verbessertes Gesamtüberleben und Komplettremissionen. Sowohl aus ärztlicher- als auch aus Patientenperspektive sind jedoch händelbare Nebenwirkungen, wenige therapieassoziierte Abbrüche sowie eine insgesamt gute Lebensqualität ebenfalls äußerst relevant.

Analyse: Werden die Ansprüche an die Therapie erfüllt?

Gesamtüberleben (OS): Beim Vergleich des Gesamtüberlebens der CheckMate 9ER mit dem der CheckMate214, die eine IO-IO-Kombination aus Ipilimumab und Nivolumab nutzte, fällt auf, dass sich die Kurven bei der Cabozantinib-Nivolumab-Kombination wesentlich früher separieren. Progressionsfreies Überleben (PFS): Das PFS wurde von 8,3 auf 16,6 Monate verdoppelt, die Kurven bleiben konsequent getrennt. Objektive Ansprechrate (ORR), Komplettremissionen (CR) und Progressionen im Vergleich mit anderen Studien: In der Keynote-426-Studie mit der Kombination aus Pembrolizumab und Axitinib wurde die höchste ORR mit 60,2 % erreicht, Cabozantinib+Nivolumab erreichen 55,7%. Die Komplettremissionen sind mit 10% (bzw. 9% nach dem ersten follow-up) in der IO-IO-Kombination aus Ipilimumab und Nivolumab am höchsten, dicht gefolgt vom Cabozantinib+Nivolumab mit 8%. Die Progressionsrate lag in der CheckMate 9ER bei 5,6%. Auch bei „Problempatienten“ mit ossären Metastasen zeigten sich sowohl beim progressionsfreien Überleben (Hazard Ratio: 0,34) als auch beim Gesamtüberleben Vorteile in der TKI-IO-Gruppe im Vergleich zum Sunitinib. Sind die Nebenwirkungen händelbar? Es ist zu beachten, dass Diarrhöen unabhängig von ihrem Schweregrad mit einer Einschränkung der Lebensqualität einhergehen. Da diese Nebenwirkung aber nicht unbekannt ist, stehen Behandlungsoptionen zur Verfügung. Im Vergleich zur Keynote-426 und zur Checkmate-214 gab es weniger Ereignisse mit Behandlungsabbrüchen eines der beiden Medikamente. Jedoch gab es in der IO-IO-Kombination der Checkmate-214 mit 46% weniger behandlungsbezogene unerwünschte Ereignisse (AE). Die Lebensqualität, die mittels Functional Assessment of Cancer Therapy (FACT)-Kidney Symptom Index (FKSI) ermittelt wurde zeigt Vorteile unter der Therapie mit Cabozantinib+Nivolumab im Vergleich zum Sunitinib. Der FKSI berücksichtigt dabei auch das subjektive Empfinden des Patienten.

Fazit

Die TKI-IO-Kombination Cabozantinib+Nivolumab wird aufgrund der guten Ergebnisse in den drei wichtigen Säulen bestehend aus progressionsfreiem Überleben, Gesamtüberleben und Ansprechrate wahrscheinlich Einzug in die Erstlinientherapie halten.

Vortrag 4 – KONTRA TKI-IO (Prof. Dr. Viktor Grünwald)

Überblick

Die Patienten werden anhand des IMDC-Scores in prognostische Subgruppen eingeteilt. Die Kohorte mit günstigem („favorable“) Risiko gelten als „angiogen“ und sprechen folglich meist gut auf anti-angiogene Inhibitoren sehr gut an.

TKI: Kein Plateau

Die TKI-Therapie hat in den letzten zwei Jahrzehnten dazu beigetragen, das Überleben der Patienten zu verbessern. Beim Betrachten der Überlebenskurven ist allerdings auffällig, dass diese oft kein Plateau haben. Das heißt, dass die Zahl der Überlebenden kontinuierlich abnimmt unabhängig von der Tumorentität: Auch bei den gastrointestinalen Stromatumoren (GIST), die eine eindeutige Treibermutation besitzen, ist die Zahl der Patienten, die langfristig von einer TKI-Therapie profitieren recht gering.

Erstlinienkombinationen beim Nierenzellkarzinom

Beim Nierenzellkarzinom stehen mit Ipilimumab+Nivolumab (IO-IO), Pembrolizumab+Axitinib (IO-TKI) und Avelumab+Axitnib (IO-TKI) drei Kombinationstherapien zur Verfügung. Dabei weisen die TKI-IO-Kombinationen die besseren Ansprechraten (ORR) auf, während die IO-IO-Kombination die beste Komplettremissionsrate (CR) hat. Daraus ergibt sich die Frage: Wer ist eigentlich der „Gewinner“?

TKI-IO: Bessere Palliation oder anhaltender Überlebensvorteil?

Im Vergleich zwischen Ipilimumab+Nivolumab und Sunitinib (TKI) im Hinblick auf die Dauer des Ansprechens zeigt sich beim Tyrosinkinase-Inhibitor eine mediane Ansprechdauer von 18,5 Monaten, in der IO-IO-Kombination hingegen war nach 36 Monaten der Median nicht einmal erreicht. Die IO-IO-Kombination konnte also ein Plateau erreichen.

Patientenbeispiel: 72- jähriger Patient mit Pleurakarzinose, ossäre Metastasen, IMDC: hohes Risiko

Der Patient stellte sich initial mit starken Schmerzen vor, die sich trotz Opioid-Therapie nur schwer kontrollieren ließen. Die Lebensqualität war stark eingeschränkt (ECOG: 3). Nach Gabe von Axitinib+Pembrolizumab über 3 Monate zeigte sich der Zustand des Patienten stark verbessert (ECOG: 0). Dies lässt sich wohl vor allem dadurch begründen, dass die TKI-IO-Kombination die Tumor-assoziierten Symptome sehr gut zurückdrängt. Allerdings kam es 3 Monate später wieder zu einer symptomatischen Progression und auch der Zustand des Patienten verschlechterte sich (ECOG: 2).

TITAN-RCC-Studie und der Einfluss von Ipilimumab

104 Patienten mit metastasiertem Nierenzellkarzinom, die bereits in der Erst- oder Zweitlinie eine Immuntherapie erhalten haben, bekamen zu Beginn Nivolumab als Monotherapie. Die Studienteilnehmer, die nach 16 Wochen keine ausreichende Tumorremission zeigten, bekamen zusätzlich Ipilimumab. Unter dieser Kombination konnten knapp 12% in Responder überführt werden, das heißt sie sprachen auf die Therapie an. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch in einer Studie zum Malignen Melanom. Hier führte die Immunkombination aus Ipilimumab+Nivolumab zu einem verbesserten Gesamtüberleben im Vergleich zur Nivolumab-Monotherapie: 52% versus 45% nach 5 Jahren. Dies unterstreicht die Relevanz des CTLA-4-Inhibitors Ipilimumab für die Langzeitremission.

Abhängigkeit der Ansprechrate von der Anzahl der IMDC-Risikofaktoren

Die Immuntherapie bestehend aus Ipilimumab+Nivolumab zeigt über die Anzahl der Risikofaktoren hinweg ein konstantes Ansprechen, das im Bereich von ungefähr 40% liegt. Die Sunitinib-Monotherapie zeigt bei 0 Risikofaktoren mit 50% ein exzellentes Ansprechen. Liegen jedoch 4-6 Risikofaktoren vor, sinkt die ORR auf knapp 16%.

Konsequenzen der PD-L1-Expression auf die Wirksamkeit

Die TKI-IO-Kombination Cabozantinib+Nivolumab hat bei einer erhöhten PD-L1-Expression ≥ 1% nur einen geringen Effekt auf das Gesamtüberleben im Vergleich zum Sunitinib. Es konnte in der CheckMate 9ER eine Risikoreduktion um 20% gezeigt werden. Die Ipilimumab+Nivolumab Kombination hingegen zeigt eine gute Wirksamkeit bei immunogenen Tumoren, sodass die PD-L1-Expression als prädiktiver Wert dienen kann.

Nebenwirkungen und Lebensqualität

Unerwünschte Ereignisse ≥ Grad 3 zeigten sich bei Cabozantinib+Nivolumab in 75% der Fälle, beim Sunitinib waren es 71%. Da es sich um eine Dauertherapie handelt, sind vor allem Nebenwirkungen wie Diarrhö und Fatigue zu beachten, die die Lebensqualität stark einschränken. Wie sieht es bei „Ipi-Nivo“ aus? Hier zeigen sich vor allem in der Anfangsphase gehäuft Nebenwirkungen, die Grad 3-4 entsprechen. Im Therapieverlauf nehmen die immunvermittelten Nebenwirkungen aber ab. In Bezug auf FKSI-DRS Subskalen stellt sich die Frage, wie die Kombination aus Cabozantinib+Nivolumab zu einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität führt, obgleich das Toxizitätsprofil des Cabozantinibs nicht besser ist als das des Sunitinibs. Hier gilt es, die genauen Mechanismen zu verstehen.

Zusammenfassung

  • Cabozantinib+Nivolumab hat eine breite Wirksamkeit.
  • Das Immuntherapie-assoziierte Ansprechen erzielt eine bessere Remissionsqualität.
  • Ipilimumab verbessert das Immuntherapie-assoziierte Ansprechen.
  • TKIs induzieren eine chronische Toxizität für die Dauer der Einnahme.
  • Ipilimumab+Nivolumab sind vor allem in der Induktionsphase mit schweren unerwünschten Ereignissen (AEs) assoziiert.

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