Der Divertikelpatient in der Praxis

Etwa zwei Drittel der älteren Bevölkerung in den westlichen Ländern entwickelt eine Divertikulose. Zum überwiegenden Teil bleibt diese asymptomatisch, doch in etwa 20 % der Fälle kommt es zu persistierenden Beschwerden oder zu einer Divertikulitis. Die Typen der Divertikelkrankheit lassen sich gemäß ihrer Pathologie, ihres Verlaufes und Komplikationsgrades differenziert unterteilen. Häufig sind chronische und rezidivierende Verläufe, daher ist die Abgrenzung der Typen sowie die entsprechende Anpassung von Therapie und Präventionsmaßnahmen von großer Bedeutung.

Kursinfo
VNR-Nummer 2760709124090260018
Zeitraum 26.10.2024 - 25.10.2025
Zertifiziert in D, A
Zertifiziert durch Akademie für Ärztliche Fortbildung Rheinland Pfalz
CME-Punkte 4 Punkte (Kategorie D)
Zielgruppe Ärzte
Referent Prof. Dr. Dr. Manfred Gross
Redaktion CME-Verlag
Veranstaltungstyp Fachartikel
Lernmaterial Handout (pdf), Lernerfolgskontrolle
Fortbildungspartner Microbiotica GmbH
Bewertung 4.4 (244)

Epidemiologie

Untersuchungen zeigen, dass die Prävalenz der Divertikulose mit dem Lebensalter ansteigt. Lediglich 5% der Personen im Alter unter 40 Jahren weisen Divertikel auf. Ab dem 60. Lebensjahr liegt die Häufigkeit bei etwa 50 %. Ab dem 70. Lebensjahr sind bereits 70% der Personen DivertikelträgerInnen, im Alter über 80 Jahre sogar 75 %. Umgerechnet entspricht das in Deutschland in etwa 5,1 Mio. DivertikelträgerInnen, allein bei den über 80-Jährigen. Ein relevanter geschlechtsspezifischer Unterschied in der Prävalenz der Divertikulose findet sich in der westlichen Welt nicht. Es wird davon ausgegangen, dass etwa 80 % der Personen mit Divertikeln lebenslang asymptomatisch bleiben. Etwa 20 % der DivertikelträgerInnen entwickeln Symptome, meist die einer symptomatischen unkomplizierten Divertikelkrankheit (SUDD) (~ 85 %) mit funktionellen Darmbeschwerden und typischem Schmerzprofil. Eine akute Divertikulitis, mit oder ohne Komplikationen, entwickelt sich bei etwa 20 % der Personen mit Kolondivertikeln. Gemäß eines systematischen Reviews kommt es nach einer ersten Episode einer unkomplizierten Divertikulitis zu Rezidivraten von 10 bis 35 %. Nach zwei Episoden steigt das Risiko für weitere Rezidive, der Schweregrad der Schübe nimmt dabei aber nicht zu.

Ätiologie und Pathogenese

Die Ätiologie und Pathogenese der Divertikelbildung ist multifaktoriell und bisher noch nicht komplett aufgeklärt. Bei PatientInnen mit Divertikeln können z. B. Veränderungen in der Darm-motilität festgestellt werden; es bleibt jedoch unklar, ob Divertikel hierbei Ursache oder Folge sind. Die Altersabhängigkeit gibt einen Hinweis auf die Bedeutung degenerativer Veränderungen im Bindegewebe für die Ausbildung von Divertikeln. Auch genetische Faktoren spielen eine Rolle bei der Entstehung von Divertikeln: Zwillingsstudien weisen darauf hin, dass das Auftreten von Divertikeln etwa 40 bis 50 % durch die Genetik bestimmt wird. Weiter scheint das enterische Nervensystem bei der Entstehung der Divertikel mitzuwirken. Man findet strukturelle und funktionelle Veränderungen, wie eine myenterische und submuköse Hypoganglionose, eine mukosale Nervenfaserhypertrophie sowie eine veränderte Expression von Neurotransmittern und Rezeptoren. Schlussendlich zeigt sich häufig eine Verdickung der Längs- und Ringmuskulatur des Kolons (Myochosis coli), vor allem im linksseitigen Hemikolon, wobei noch nicht abschließend geklärt ist, ob es sich hierbei um Ursache oder Folge der Divertikulose handelt. Erhöhter intraluminaler Druck im Bereich des Sigmas sowie strukturelle Veränderungen der Darmwand können entscheidende pathogenetische Faktoren sein, die sich mit zunehmendem Alter verstärken. Die frühere Vorstellung, dass ein reduzierter Ballaststoffgehalt in der Nahrung, und die damit einhergehende Obstipation die Ausbildung von Divertikeln primär begünstigt, ist nicht zutreffend. Neuere Studien mit großen, heterogenen Patientenkollektiven, bei denen Vorsorgekoloskopien durchgeführt wurden, zeigen keine eindeutige Assoziation zwischen dem Auftreten von Divertikeln und dem Ballaststoffgehalt der Nahrung oder einer Obstipationsneigung. Als beeinflussbarer Risikofaktor für das Auftreten von Kolondivertikeln gilt der regelmäßige Konsum von Alkohol. Die Daten zur Rolle von Übergewicht sind hingegen nicht eindeutig.

Risikofaktoren für das Auftreten von Symptomen

Jeder vierte bis fünfte DivertikelträgerInnen hat behandlungsbedürftige Beschwerden. Erst dann wird von einer Divertikelkrankheit gesprochen. Im Gegensatz zu den weitestgehend unbekannten Faktoren, die zur Ausbildung von Divertikeln führen, sind mehrere Risikofaktoren bekannt, die das Auftreten von Beschwerden, d. h. einer akuten Divertikulitis oder der chronischen Divertikelkrankheit, bei DivertikelträgerInnen begünstigen. Insgesamt wird angenommen, dass die Beschwerden aus dem komplexen Zusammenspiel von Ernährungs- und Lebensstilfaktoren, Medikamenten, Genetik und dem Darmmikrobiom resultiert.

Ballaststoffarme Kost

Die Aufnahme von Ballaststoffen spielt eine wichtige Rolle. So zeigt ein aktuelles systematisches Review mit Metaanalyse das Bestehen einer Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen dem Ballast-stoffgehalt der Nahrung und der Entwicklung einer Divertikelkrankheit. Die Aufnahme von Ballaststoffen gilt als besonders effektiv in der Risikoreduktion eines symptomatischen Verlaufes. So wurde gezeigt, dass das relative Risiko, Beschwerden zu entwickeln, bei Konsum von täglich 40 g Ballaststoffen im Vergleich zu Personen mit sehr geringer Ballaststoffzufuhr um etwa die Hälfte gesenkt wird.

Wenig körperliche Aktivität

Körperliche Aktivität hat ebenfalls eine wichtige Bedeutung bei der Entstehung von symptomatischen Beschwerden: In einer Analyse mit fast 50.000 amerikanischen Männern wird eine inverse Korrelation zwischen körperlicher Aktivität und symptomatischer Divertikelkrankheit erfasst. Geringe körperliche Aktivität und wenig sportliche Betätigung erhöhten das Risiko, Divertikelbeschwerden zu entwickeln, um den Faktor 2,6.

Weitere Risikofaktoren

Folgende Faktoren begünstigen ebenfalls die Entstehung einer Divertikelkrankheit: Verzehr von rotem Fleisch, Rauchen und Übergewicht. Studien geben außerdem Hinweise darauf, dass das Risiko für das Auftreten und für einen komplizierten Verlauf einer Divertikulitis bei der Einnahme von NSAR, bei Steroidmedikation und Immunsuppression steigt. Häufig wird dem Verzehr von Nüssen, Popcorn und Pflanzensamen eine Risikoerhöhung für eine Divertikelkrankheit zugeschrieben. Das hat nicht selten zu maßgeblichen unnötigen diätetischen Einschränkungen bei den DivertikelträgerInnen geführt, denn dieser Zusammenhang konnte nicht nachgewiesen werden.

Veränderungen im Darmmikrobiom

Immer mehr Studien weisen darauf hin, dass auch das intestinale Mikrobiom bei der Entstehung einer Divertikelkrankheit mitspielt. So zeigten sich Unterschiede in den Mikrobiom-Profilen von divertikelfreien Personen und Personen mit asymptomatischen Divertikeln (Divertikulose). Asymptomatische DivertikelträgerInnen wiesen u. a. weniger Clostridioides Cluster IV und vermehrt Bacteroides und Prevotella auf. Bei PatientInnen, die aufgrund der Divertikel funktionelle Darmbeschwerden entwickelten (symptomatische unkomplizierte Divertikelkrankheit; SUDD), konnten im Vergleich zu asymptomatischen DivertikelträgerInnen weniger Bakterien mit antientzündlichen Eigenschaften wie Clostridioides Cluster IV, Cluster IX, Fusobakterien und Lactobacillaceae nachgewiesen werden. Eine andere Studie stellte im Stuhl von Patienten mit einer SUDD vermehrt Bakterien der Gattung Akkermansia fest. In Schleimhautbiopsien, also dem mukosalen Mikrobiom, im Bereich der Divertikel war diese Bakteriengattung jedoch im Vergleich zu anderen Kolonabschnitten der gleichen PatientInnen unterrepräsentiert, weshalb man davon ausgeht, dass sich die Dysbiose vornehmlich im Bereich der Divertikel entwickelt. Diese Daten belegen allerdings noch keinen kausalen Zusammenhang zu Beschwerden; zum jetzigen Zeitpunkt ist die Frage nach Ursache und Wirkung noch nicht gänzlich aufgeklärt.

Was kann man asymptomatischen Personen mit Divertikeln zur Beschwerdeprophylaxe raten?

Aufgrund der Datenlage ist es sinnvoll, Personen mit bislang asymptomatischen Kolondivertikeln zu folgenden Maßnahmen zu raten (Statement 5.1 der S2K-DGVS-Leitlinie):
  • Erhalt oder Erreichen eines Normalgewichtes
  • Regelmäßige körperliche Aktivität
  • Ballaststoffreiche, fleischarme oder vegetarische Ernährung
  • Nikotinverzicht
  • Ausreichende Flüssigkeitsaufnahme
  • Körner, Samen und Ähnliches sind erlaubt!

Klassifikation der Divertikelkrankheit

Das Spektrum der Divertikelkrankheit ist vielfältig. In der aktuellen deutschen Leitlinie zur Divertikelkrankheit wird daher eine Klassifikation vorgeschlagen, die auch international zunehmend Anwendung findet. Bei dieser Klassifizierung, der CDD (Classification of Diverticular Disease), wird, statt der häufig verwendeten Einteilung nach Stadien, bewusst eine Einteilung nach Typen gewählt. Dadurch soll unter anderem auch zum Ausdruck kommen, dass es sich bei der Divertikelkrankheit nicht um eine in Stadien verlaufende Erkrankung handeln muss. Zudem erlaubt die Einteilung nach Krankheitstypen auch eine bessere Zuordnung von diagnostischen und therapeutischen Algorithmen. Der Zufallsbefund von Kolondivertikeln, die beispielsweise im Rahmen einer Koloskopie bei beschwerdefreien PatientInnen auffallen, wird als Typ 0 bezeichnet (Divertikulose). Die akute unkomplizierte Divertikulitis wird als Typ 1 geführt. Eine akute Divertikulitis mit Komplikationen ist hingegen Typ 2. Die chronische Divertikelkrankheit wird als Typ 3 beschrieben. Diese kann als symptomatische unkomplizierte Divertikelkrankheit (Typ 3a) ohne Entzündung oder als rezidivierende Divertikulitis ohne (Typ 3b) oder mit Komplikationen (Typ 3c) verlaufen. Als Typ 4 der Divertikelkrankheit wir die Divertikelblutung bezeichnet.

Akute Divertikulitis

Akute unkomplizierte Divertikulitis (Typ 1a und 1b)

Die Diagnose Divertikulitis wird zunehmend häufiger gestellt. Eine Untersuchung aus den USA zeigte einen regionalen Anstieg der geschlechts- und altersadaptierten jährlichen Inzidenz von etwa 150 Fällen im Jahr 1980 auf rund 250 Fälle im Jahr 2007. Interessanterweise betraf der Anstieg vorwiegend Personen unter 70 Jahren.

Symptomatik und Diagnostik

Hinweisend auf eine akute Divertikulitis ist in der Regel der Abdominalschmerz mit Punctum maximum im linken Unterbauch. Häufig klagen die PatientInnen über Obstipation, aber auch eine Diarrhö ist möglich. Zusätzlich können Allgemeinsymptome wie z. B. Fieber und Übelkeit auftreten. Beschreiben der PatientInnen Schmerzen im Genitalbereich, kann das auf eine Irritation des Plexus sacralis hinweisen. Eine Pollakisurie oder Dysurie weisen auf ein Übergreifen der Entzündung auf die Harnblase hin. Bei der körperlichen Untersuchung lässt sich typischerweise ein Druckschmerz im linken unteren Quadranten feststellen. Das Vorhandensein einer Abwehrspannung weist auf eine peritoneale Reizung und damit auf eine komplizierte Divertikulitis hin. Je nach Lokalisation des entzündeten Divertikels kann der klinische Befund entsprechend variieren. Neben einer gründlichen klinischen Untersuchung des Abdomens sollten auch eine rektale Untersuchung und eine Temperaturmessung erfolgen. Die Labordiagnostik sollte mindestens CRP und Leukozytenzahl umfassen. Zusätzlich sollte eine bildgebende Methode, in der Regel die abdominelle Sonografie, eingesetzt werden. Typisch ist der Nachweis einer entzündlichen Umgebungsreaktion um das Divertikel. Die Lokalisation des Divertikels können PatientInnen meist exakt angeben und lässt sich aufgrund des lokalen Druckschmerzes bei der gezielten Palpation leicht bestätigen. Als Verlaufskontrolle eignet sich ebenfalls hervorragend die Sonografie. Die echoreiche Netzkappe bildet sich bei unkompliziertem Verlauf meist sehr rasch innerhalb weniger Tage komplett zurück. Eine Computertomografie (CT) ist nur bei Diskrepanz zwischen der klinischen Einschätzung und dem Ultraschallbefund notwendig. Auf den Einsatz einer Magnetresonanztomografie (MRT) kann meist verzichtet werden.

Therapie

Die akute Divertikulitis kann bei geringer klinischer Symptomatik ohne Fieber, Stuhlverhalt und Abwehrspannung und nur gering erhöhtem CRP sowie fehlender Leukozytose ambulant behandelt werden. Voraussetzung ist, dass PatientInnen ausreichend orale Nahrung und Flüssigkeit aufnehmen kann und eine engmaschige klinische Kontrolle möglich ist. Kommt es zu einer Verschlechterung, ist die umgehende stationäre Einweisung dringend erforderlich.

Antibiotika

Die Behandlung der akuten unkomplizierten Divertikulitis mit Antibiotika ist zwar häufig die gängige Praxis, sie ist aber nicht evidenzbasiert. In mehreren randomisierten kontrollierten Studien wurde kein Nutzen einer Antibiose bei diesem Krankheitsbild festgestellt. Ein systematisches Review mit Metaanalyse, die mehr als 2200 PatientInnen aus sieben Studien einschloss, kam zu dem Schluss, dass durch die Antibiose weder ein Vorteil im Hinblick auf Dauer des Krankenhausaufenthaltes (dieser war bei der Gabe von Antibiotika tendenziell sogar länger) noch im Hinblick auf die Rezidiv- und Komplikationsrate, auf eine stationäre Wiederaufnahme, die Mortalität oder die Gesamtkomplikationsrate festzustellen war. Entsprechend zurückhaltend äußern sich auch die Leitlinien zum Einsatz von Antibiotika: Die deutsche Leitlinie empfiehlt einen Antibiotika-Verzicht bei linksseitiger Divertikulitis unter engmaschiger klinischer Kontrolle und bei Fehlen von Risikofaktoren für einen komplizierten Verlauf. Hierzu würden das Vorhandensein einer Hypertonie, einer chronischen Nierenerkrankung, einer Immunsuppression oder einer allergischen Disposition zählen. Die US-amerikanische Leitlinie empfiehlt ebenfalls, dass Antibiotika eher selektiv als routinemäßig bei PatientInnen mit einer akuten unkomplizierten Divertikulitis eingesetzt werden sollten. Im Praxisalltag kann im Zweifelsfall zugunsten einer antibiotischen Therapie entschieden werden. Entscheidet man sich für eine ambulante Therapie mit Antibiotika kommen insbesondere folgende Schemata in Betracht: Metronidazol in Kombination mit entweder Ciprofloxacin, Levofloxacin oder Trimethoprim-Sulfamethoxazol. Auch eine Monotherapie mit Amoxicillin-Clavulansäure kann zum Einsatz kommen. Allerdings ist bei Einsatz der Gyrasehemmer der Warnhinweis durch die Arzneimittelaufsicht zur erhöhten Gefahr von Tendinopathien oder Rupturen von Sehnen zu beachten.

Ernährung

Bisher befassen sich nur wenige Studien mit der Frage nach der richtigen Ernährung während einer akuten Divertikulitis. Üblich ist bei schweren Formen initial eine parenterale Ernährung mit anschließendem Kostaufbau mit anfangs ballaststofffreier oder -armer Kost. Im ambulanten Bereich ist den PatientInnen eine leichte, ballaststoffarme Ernährung (Schonkost) anzuraten.

Operationen

Spricht die konservative Therapie bei CDD Typ 1a oder Typ 1b nicht an, sollte mit aufgeschobener Dringlichkeit (d. h. nach >72 Stunden) operiert werden (Statement 6.6 der S2K-DGVS-Leitli-nie). Bei PatientInnen mit Risikoindikation für Rezidive und Komplikationen kann auch nach erfolgreich abgeschlossener konservativer Therapie einer akuten unkomplizierten Divertikulitis (Typ 1a und 1b) eine OP-Indikation bestehen. Zu den Risikofaktoren zählen Transplantationen, eine Immunsuppression oder die Einnahme von chronisch systemischen Glukokortikoiden. Die Entscheidung für eine Operation ist hier individuell abzuwägen.

Nachsorge

Es ist sinnvoll, nach der ersten Episode einer akuten Divertikulitis die Ernährungs- und Lebensstilempfehlungen auszusprechen, die auch in der Primärprophylaxe empfohlen werden (siehe oben), auch wenn es hierzu keine empirischen Daten gibt. Das Gleiche gilt für eine mögliche Rezidivprophylaxe mit ausgewählten Probiotika, um der Dysbiose entgegenzuwirken. Eine medikamentöse Rezidivprophylaxe mit Mesalazin oder Rifaximin nach einem ersten Schub ist nicht evidenzbasiert und wird in den Leitlinien nicht empfohlen. Es ist derzeit gängige Praxis, den PatientInnen nach einer akuten Divertikulitis die Durchführung einer Koloskopie zu empfehlen, um differentialdiagnostisch ein Kolonkarzinom als Ursache der akuten Beschwerden auszuschließen. Dieses Argument ist heutzutage vor dem Hintergrund der hohen Qualität der bildgebenden Diagnostik nicht mehr stichhaltig. Tatsächlich ist die Rate der neu detektierten Kolonkarzinome bei einer Koloskopie nach einer Divertikulitis vergleichbar mit der Rate bei Früherkennungskoloskopien. Es ist deshalb sinnvoll, nach dem Abheilen einer akuten Divertikulitis eine Früherkennungskoloskopie vorzuschlagen, falls die letzte länger als fünf Jahre zurückliegt.

Akute komplizierte Divertikulitis (Typ 2a und Typ 2b)

Bei der akuten komplizierten Divertikulitis ist entweder ein Mikroabszess (≤1 cm; gedeckte Perforation; Typ 2a), ein Makroabszess (>1 cm; para- oder mesokolisch; Typ 2b) oder sogar eine freie Perforation (eitrige oder fäkale Peritonitis; Typ 3c) festzustellen. PatientInnen mit komplizierter Divertikulitis müssen umgehend stationär eingewiesen werden.

Therapie

Die Therapiestrategie umfasst die rasche Überprüfung einer Indikation zur Intervention. Die Interventionsoptionen umfassen:
  • Intravenöse Antibiose
  • Abszessdrainage
  • Notfalloperation
  • Schmerzkontrolle
  • Parenterale Flüssigkeitsgabe
  • Eine entsprechende Diät

Intravenöse Antibiose

Eine konservative Therapie der akuten komplizierten Divertikulitis beinhaltet u. a. eine intravenöse Antibiose. Kleinere Abszesse unter 3 bis 4 cm können meist mit Antibiotika allein behandelt werden. Wichtig ist, dass die antibiotische Behandlung in diesen Fällen unter engmaschiger Kontrolle der Symptomatik und der Entzündungszeichen erfolgt (Statement 6.8 der S2K-DGVS-Leitlinie). Bei der akuten komplizierten Divertikulitis kommt die Kombination aus Metronidazol mit Cefazolin, Cefuroxim, Cetriaxon, Ciprofloxacin oder Levofloxaxin oder Monotherapien mit Ertapenem oder Piperazillin-Tazobactam in Betracht. Zusätzlich erhalten die PatientInnen eine adäquate Schmerzkontrolle und parenterale Flüssigkeitsgabe. Als Kost wird initial nur klare Flüssigkeit verabreicht.

Perkutane Drainage

Bei etwa 15 % der PatientInnen mit akuter komplizierter Divertikulitis lassen sich in der Computertomografie Abszesse feststellen. Um eine Notfalloperation zu vermeiden, sollte bei größeren Abszessen ab 4 cm nach Möglichkeit zunächst eine perkutane Drainage plus Antibiose erfolgen. PatientInnen mit Abszessen ab 4 cm, die nicht drainiert werden können, sollten operiert werden, wenn sich der klinische Befund nicht innerhalb von 72 Stunden bessert (Statement 6.9 der S2K-DGVS-Leitlinie). Dieses Zeitfenster gilt auch für PatientInnen mit drainierten Abszessen, wenn sich der klinische Befund nicht bessert.

Chirurgischer Eingriff

Die Indikation zu einer Notfalloperation muss ohne Zeitverzug erfolgen. Neben der klinischen Einschätzung beruht die Diagnostik hier auf Schnittbildverfahren. Dies ist in aller Regel ein Abdomen-CT. PatientInnen mit einer freien Perforation und einer Peritonitis bei akut komplizierter Divertikulitis sollten unmittelbar nach Diagnosestellung notfallmäßig operiert werden (Statement 6.10 der S2K-DGVS-Leitlinie).

Nachsorge

Aufgrund der hohen Rezidivrate sollten PatientInnen mit erfolgreich behandelter komplizierter Divertikulitis Typ 2b (Makroabszess) eine Operation im entzündungsfreien Intervall empfohlen werden (Statement 6.7 der S2K-DGVS-Leitlinie).

Chronische Divertikelkrankheit

In der deutschen Leitlinie werden drei Formen der chronischen Divertikelkrankheit unterschieden: die symptomatische unkomplizierte Divertikelkrankheit (SUDD; Typ 3a) ohne Entzündungs-nachweise, die rezidivierende Divertikulitis ohne Komplikationen (Typ 3b) und die rezidivierende Divertikulitis mit Komplikationen wie z. B. Stenosen, Fisteln oder Konglomerattumor (Typ 3c).

Symptomatische unkomplizierte Divertikelkrankheit (Typ 3a)

PatientInnen mit symptomatischer unkomplizierter Divertikelkrankheit (SUDD) zeigen chronisch-rezidivierende funktionelle Darmbeschwerden wie Blähungen, Stuhlgangveränderungen sowie Abdominalschmerzen, zum Teil wie bei einer milden akuten Divertikulitis, aber ohne die nachweisbaren entsprechenden entzündlichen Veränderungen im Blut (z. B. CRP, Leukozyten). Auch die Ultraschalldiagnostik zeigt bei SUDD-PatientInnen keine Zeichen einer akuten Divertikulitis. Dennoch scheint bei diesen PatientInnen eine chronisch persistierende Entzündung vorzuliegen, da histologisch durchaus entzündliche Veränderungen in der Schleimhaut vorliegen können, sowie Calprotectin im Stuhl diskret erhöht sein kann. Die Schwere und Häufigkeit der Symptome kann sich, ähnlich wie beim Reizdarmsyndrom, auf die täglichen Aktivitäten auswirken und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.

Primärprophylaxe

Der Stellenwert von Allgemeinmaßnahmen und diätetischen Ansätzen bei der SUDD sind zum jetzigen Zeitpunkt leider noch nicht ausreichend wissenschaftlich untersucht. Auch wenn der Nutzen bezüglich der Symptomatik bei SUDD bisher noch nicht ausreichend belegt ist, scheint es dennoch sinnvoll, die gleichen Empfehlungen auszusprechen wie zur Primärprophylaxe der Divertikelkrankheit:
  • Erhalt bzw. Erreichen eines Normalgewichtes
  • Regelmäßige körperliche Aktivität
  • Fleischarme oder vegetarische Kost
  • Nikotinverzicht

Mesalazin

Mehrere Studien untersuchten die Wirkung von Mesalazin auf die Reizdarm-ähnlichen Beschwerden der SUDD-PatientInnen. In einer sechswöchigen randomisierten placebokontrollierten Studie, die 125 PatientInnen mit SUDD oder unkomplizierter Divertikulitis einschloss, zeigte Mesalazin (dreimal 1 g Mesalazin täglich) keinen signifikanten Effekt auf die Unterbauchschmerzen. In mehreren randomisierten offenen Studien zeigte eine Therapie mit Mesalazin bei SUDD-PatientInnen jedoch positive Effekte bezüglich der Symptome und der symptomatischen Rezidive. Auf Grundlage dieser Studien kommt die Leitlinie zu dem Schluss, dass die SUDD mit Mesalazin oral behandelt werden kann (Statement 5.9 der S2K-DGVS-Leitlinie). Allerdings handelt es sich hierbei um einen „Off-Label-Use“, da Mesalazin für diese Indikation in Deutschland nicht zugelassen ist.

Ernährung

Belegt ist, dass eine ballaststoffreiche Ernährung das Risiko für das Auftreten einer Divertikulitis reduziert sowie positive Effekte auf Surrogatmarker wie die Kolonpassagezeit oder das Stuhlgewicht hat.

Mikrobiom-Modulation

Eine Ursache für die chronischen funktionellen Darmbeschwerden und unterschwelligen Entzündungen bei PatientInnen mit symptomatischer unkomplizierter Divertikelkrankheit (SUDD) kann möglicherweise die Veränderung in der Mikrobiota-Zusammensetzung sein. Das intestinale Mikrobiom von SUDD-PatientInnen weist u. a. verringerte Konzentrationen von Bakterien mit entzündungshemmenden Eigenschaften auf. Solche Veränderungen könnten auf eine Stuhlstase infolge der Dysmotilität des Kolons zurückzuführen sein. Die chronische Dysbiose könnte dann zu Veränderungen in Verdauungsprozessen führen sowie mukosale Immunaktivierung und viszerale Hypersensitivität fördern. Demzufolge kann eine Modulation des Mikrobioms für SUDD-PatientInnen vorteilhafte Effekte auf die funktionellen Darmbeschwerden haben.

Mikrobiom-Modulation durch Rifaximin

Eine Möglichkeit zur Mikrobiom-Modulation ist der Einsatz des minimal resorbierbaren darmselektiven Antibiotikums Rifaximin. In einer Metaanalyse zum Effekt einer Rifaximintherapie bei SUDD-PatientInnen hatten jene, die zusätzlich zu Ballaststoffen auch Rifaximin erhalten hatten, einen signifikanten Vorteil in Bezug auf die Beschwerdefreiheit im Vergleich zu PatientInnen, die nur Ballaststoffe erhielten. Unter diesen vier Studien war allerdings nur eine Studie placebokontrolliert. Ein italienisches Positionspapier kommt auf Grundlage dieser vier Studien und einer weiteren nicht interventionellen Studie dennoch zu dem Schluss, dass Rifaximin plus Ballaststoffe zu einer besseren Symptomkontrolle führt als Ballaststoffe alleine und dass durch die Einnahme von Rifaximin ein geringer Vorteil in der Verhinderung von akuten Schüben einer Divertikulitis besteht. In der aktuell gültigen deutschen Leitlinie (Statement 5.10 der S2K-DGVS-Leitlinie) wird derzeit keine Empfehlung für diese Therapie ausgesprochen, möglicherweise erfährt dieser Aspekt bei einem Update jedoch eine neue Beurteilung.

Mikrobiom-Modulation durch Probiotika

Eine Reihe von Studien hat den Einsatz von mikrobiologischen Präparaten bei der Behandlung der SUDD und der Prävention von rezidivierender Divertikulitis untersucht. Obwohl die Behandlungen und Ergebnisse sehr heterogen sind, deuten aktuelle Daten auf eine mögliche klinische Anwendung bei der Divertikelkrankheit hin. Nicht für jedes der getesteten Probiotika, die jeweils unterschiedliche Bakterienstämme enthielten, konnte ein positiver Effekt für die PatientInnen nachgewiesen werden. Somit kann nicht von einer generellen Wirksamkeit von Probiotika ausgegangen werden. Vielmehr sind es vermutlich spezifische Effekte einzelner ausgewählter Bakterienstämme. Präklinische Daten zeigen, dass manche probiotische Bakterienstämme in der Lage sind, Effekte zu erreichen, die womöglich über die Wirkung von Ballaststoffen hinausgehen und sich so positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken könnten: Normalisierung der Stuhlkonsistenz, Ausgleich der Dysbiose, Hemmung der Entzündungsreaktion und Regulation der Darmmotilität. Ein Bakterienstamm, der bei der Divertikelkrankheit bereits ausführlicher untersucht wurde, ist Lactobacillus casei DG (LcDG). Die Wirksamkeit von LcDG und/oder Mesalazin (1,6 g pro Tag; zehn Tage im Monat) zum Remissionserhalt bei symptomatischer unkomplizierter Divertikelkrankheit wurde in einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Double-Dummy-Studie gezeigt. Nach zwölf Monaten zeigte sich, dass sowohl die Behandlung mit den beiden Einzelsubstanzen, im Besonderen aber die Kombination aus beiden, der Placebo-Therapie signifikant überlegen war. In der Gruppe, die mit der Kombination aus Mesalazin und LcDG behandelt wurde, erlitt innerhalb eines Jahres kein der PatientInnen ein SUDD-Rezidiv. Die Therapie war auch effektiv gegen das Auftreten von Divertikulitiden: Unter Placebo entwickelten 12 % der PatientInnen eine Divertikulitis, unter LcDG lediglich 1,8 %. Bei keinem der PatientInnen trat unter Mesalazin oder unter der Kombinationstherapie eine Divertikulitis auf. Der Effekt von LcDG geht möglicherweise darauf zurück, dass dieser spezifische Bakterienstamm unterschwellige Entzündungsreaktionen hemmen kann, die aufgrund vermehrt angesiedelter Pathogene im Divertikel entstehen können. Weitere Untersuchungen sollten durchgeführt werden, um besser zu verstehen, wie spezifische mikrobiologische Präparate in den verschiedenen Typen der Divertikelkrankheit eingesetzt werden können.

Praxis-Check: SUDD oder Reizdarmsyndrom?

Die SUDD ist definiert als das gleichzeitige Vorhandensein von Divertikeln und funktionellen Beschwerden wie Abdominalschmerzen und Blähungen und Veränderungen des Stuhlgangs, einschließlich Durchfall oder Verstopfung. Die Diagnose der SUDD wird durch die Tatsache erschwert, dass diese Symptome teilweise nur schwer von anderen funktionellen Darmerkrankungen wie dem Reizdarmsyndrom zu unterscheiden sind. Dennoch gibt es klinische Kriterien, die bei der Differenzierung helfen können. Bei der hohen Prävalenz von Divertikeln, aber auch des Reizdarms, wird es allerdings auch eine Reihe von PatientInnen geben, deren Symptome durch beide Krankheitsbilder verursacht sein werden. Die Behandlung der chronischen Divertikelkrankheit (SUDD) und des Reizdarmsyndroms hat eine Reihe von Gemeinsamkeiten. So wird bei beiden Krankheitsbildern eine ballaststoffreiche Kost empfohlen, ebenfalls eine langfristige Art der Mikrobiom-Modulation. Die sogenannte „Low-FODMAP“-Diät (Nahrungsmittel mit niedrigem Gehalt an fermentierbaren Oligo-, Di-, Monosacchariden und Polyolen), die arm an blähenden Substanzen ist, hilft darüber hinaus insbesondere bei ReizdarmpatientInnen mit vermehrtem Meteorismus, kommt aber auch SUDD-PatientInnen zugute. Die S3-Leitlinie zum Reizdarmsyndrom empfiehlt außerdem bestimmte Phytotherapeutika und die Mikrobiom-Modulation durch ausgewählte probiotische Bakterienstämme mit entsprechender Studienlage zur Indikation. So ergeben sich zum Beispiel jeweils gute Evidenzen für Lactobacillus casei DG bei der Divertikelkrankheit bzw. Lactobacillus plantarum 299v beim Reizdarmsyndrom.

Rezidivierende Divertikulitis ohne Komplikationen (Typ 3b)

Tritt die unkomplizierte Divertikulitis in rezidivierenden Schüben auf, liegt das Hauptaugenmerk darauf, das Wiederrauftreten dieser Schübe zu vermeiden.

Rezidivprophylaxe mit Mesalazin oder Rifaximin

Um die Rezidivrate der Divertikulitis in der Praxis zu senken, kommt häufig vorbeugend Mesalazin zum Einsatz. Mehrere Studien können jedoch keinen Zusammenhang einer Mesalazin-Behandlung und einer Reduktion der Divertikulitisrezidive feststellen. Eine Doppelblindstudie mit Mesalazin zeigte im Beobachtungszeitraum von 52 Wochen einen tendenziellen Vorteil in Bezug auf die Beschwerdefreiheit, jedoch keinen Effekt auf die Rezidivrate. Eine weitere Studie über 24 Monate konnte ebenfalls keine Senkung der Rezidivrate nachweisen. Eine Analyse von sechs Studien mit insgesamt über 2000 Mesalazin-behandelten Patienten zeigte keine signifikante Reduktion der Häufigkeit der Divertikulitisrezidive. Zu einem entsprechenden Ergebnis kam auch eine Cochrane-Analyse, die mehr als 1800 PatientInnen mit einbezog. Ein weiterer häufiger Ansatz, die Rezidivrate bei DivertikulitispatientInnen zu senken, ist die Modulation des Mikrobioms mit dem minimal resorbierbaren darmselektiven Antibiotikum Rifaximin als Intervalltherapie. In mehreren Studien wurde der Effekt dieses Antibiotikums auf die Rezidivrate der Divertikulitis untersucht. Eine Metaanalyse untersuchte vier Studien, in denen PatientInnen mit einer symptomatischen Divertikelkrankheit über zwölf Monate Ballaststoffe zu sich nahmen und/oder eine Intervalltherapie mit Rifaximin (400 mg täglich, sieben Tage im Monat) erhielten. Trotz eines generellen Trends zur Senkung der Divertikulitisinzidenz unter Rifaximin sank die Rezidivrate nur in einer dieser Studien signifikant. Eine frühere placebokontrollierte Studie fand keinen Vorteil auf die Häufigkeit der Divertikulitisrezidive zugunsten von Rifaximin. In einer aktuelleren spanischen offen randomisierten Studie wurden PatientInnen nach einer Divertikulitis über zwölf Monate mit Ballaststoffen (zweimal x 3,5 g ballaststoffreiche Ergänzung täglich) mit oder ohne Rifaximin (zweimal x 400 mg täglich, 7 Tage im Monat) behandelt. Diese Studie berichtete signifikant niedrigere Rezidivraten bei der zusätzlichen Gabe von Rifaximin. Eine derzeit noch laufende placebokontrollierte Studie „Road Trial“ (EudraCT-Nummer 2017-002708) kann vielleicht Klärung bringen, ob die prophylaktische Intervallbehandlung mit Rifaximin die Rezidivrate nach einer Divertikulitis senken kann. Aufgrund der derzeitigen Datenlage wird von der aktuellen deutschen Leitlinie weder eine vorbeugende Therapie mit Mesalazin noch eine Behandlung mit Rifaximin zur Senkung des Rezidivrisikos empfohlen. Empfehlungen wie die zur Primärprophylaxe zur Vermeidung von Divertikelbeschwerden können dennoch auch bei PatientInnen mit rezidivierender Divertikulitis ausgesprochen werden.

Chirurgischer Eingriff

Früher wurde bei der rezidivierenden Divertikulitis spätestens nach dem 3. Schub zu einer elektiven Operation geraten, da angenommen wurde, dass das Risiko für Komplikationen mit der Zahl der Schübe ansteigt. Neuere Erkenntnisse belegen allerdings, dass der erste Schub statistisch gesehen mit der höchsten Komplikationsrate einhergeht. Daher wird heute nicht mehr zu einer Operation in Abhängigkeit von der Anzahl an Schüben geraten. Entsprechend äußert sich auch die deutsche Leitlinie (Statement 6.13 der S2K-DGVS-Leitlinie): „Die chronisch-rezidivierende, unkomplizierte Divertikulitis (…) sollte nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung in Abhängigkeit vom individuellen Beschwerdebild nach Möglichkeit im entzündungsfreien Intervall operiert werden (individualmedizinische Entscheidung). Eine generelle elektive Intervalloperation in Abhängigkeit von der Anzahl der vorausgegangenen entzündlichen Schübe ist nicht gerechtfertigt“.

Rezidivierende Divertikulitis mit Komplikationen (Typ 3c)

Rezidivierende Divertikulitiden können zu Komplikationen wie Stenosen, Fisteln oder einem Konglomerattumor führen. In der Regel liegt bei diesen Formen eine Operationsindikation vor.

Akute Divertikelblutung

Eine Sonderform der Divertikelkrankheit stellen akuten Divertikelblutungen dar (Typ 4). Diese sind die häufigste Ursache unterer gastrointestinaler Blutungen. Etwa 5 % der PatientInnen mit Divertikulose sind als Folge einer Ruptur der Vasa recta im Divertikelhals davon betroffen. Die Blutung sistiert in 70 bis 80 % der Fälle spontan. Die Diagnostik erfolgt durch rasche Koloskopie mit möglicher endoskopischer Blutstillung. Falls eine koloskopische Lokalisation der Blutungsquelle nicht möglich ist, wird eine CT-Angiografie mit angiografischer Embolisation durchgeführt. Bei persistierender Blutung ist ein chirurgischer Eingriff induziert.

Fazit

  • Kolondivertikel sind häufig: mindestens 75 % der Personen über 80 Jahre weisen Divertikel auf.
  • Etwa 80 % der Personen mit Divertikeln bleiben lebenslang asymptomatisch.
  • Übergewicht, Bewegungsmangel, ballaststoffarme Kost, Rauchen und häufiger Konsum von rotem Fleisch erhöhen das Risiko, dass Personen mit Divertikeln symptomatisch werden.
  • Bei Verdacht auf eine akute Divertikulitis sind neben Anamnese und klinischer Untersuchung eine Laboruntersuchung auf Entzündungszeichen und ein Ultraschall des Abdomens notwendig.
  • PatientInnen mit akuter Divertikulitis können bei enger klinischer Überwachung ambulant behandelt werden. Die Gabe von Antibiotika hat keinen Effekt auf den Krankheitsverlauf der unkomplizierten Divertikulitis.
  • Bei der rezidivierenden Divertikulitis muss die Indikation zur Operation individualisiert ausgesprochen werden, die Zahl der Schübe ist kein Kriterium mehr.
  • Bei der chronischen Divertikelkrankheit sind eine ballaststoffreiche Kost, körperliche Aktivität, Anstreben/Erhalt von Normalgewicht, Nikotinabstinenz und eine fleischarme Kost sinnvoll.
  • Bei der symptomatischen unkomplizierten Divertikelkrankheit (SUDD) kann die Mikrobiom-Modulation, z. B. mit Rifaximin oder evidenzbasierten probiotischen Bakterienstämmen, eine Therapieoption zur Linderung der funktionellen Darmbeschwerden und zur Reduktion der Divertikulitisschübe sein.

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