Beschwerden und Verletzungen von Ellenbogen und Hand – Therapieansätze und -ideen

Die Behandlung von Verletzungen und Überlastungsreaktionen im Bereich des Ellenbogens und der Hand können eine Herausforderung im Alltag des Arztes wie auch des Physiotherapeuten darstellen, zumal es sich oftmals um chronifizierte Beschwerden handelt. Die Ursache der Symptomatik ist häufig komplex und kann auch außerhalb des Bereichs der Schmerzen liegen, also beispielsweise durch Störungen in der Region der Halswirbelsäule bedingt sein.

Vor Aufnahme der Behandlung sollte eine sorgfältige Anamnese und Befunderhebung erfolgen, um die Diagnose zu sichern und nicht primär physiotherapeutisch zu behandelnde Störungen auszuschließen. Die Behandlung richtet sich nach den ermittelten Befunden und besteht häufig zunächst in der Ruhigstellung und Schonung des Gelenks, wobei Schienen und das Taping wichtige Hilfsmittel sein können.

Von der Frühtherapie ausgehend kann nach und nach eine Wiederherstellung der Beweglichkeit und Belastungsfähigkeit angestrebt werden. Es sollte dabei jegliche Überlastung vermieden werden. Unbedingt limitierend ist das Auftreten von Schmerzen.
Generelles Ziel ist aus Sicht des Patienten die vollständige Wiederherstellung und die Möglichkeit, sowohl Alltagsaktivitäten und der beruflichen Tätigkeit wieder nachzugehen als auch das sportliche Engagement wieder aufnehmen zu können.

Kursinfo
VNR-Nummer 2760709118046130010
Zeitraum 01.04.2018 - 31.03.2019
Zertifiziert in D
Zertifiziert durch Akademie für Ärztliche Fortbildung Rheinland Pfalz
CME-Punkte Fortbildung abgelaufen
Zielgruppe Ärzte, Physiotherapeuten
Referent Axel Fischlein
Redaktion CME-Verlag
Veranstaltungstyp Animierter Vortrag (eTutorial)
Lernmaterial Vortrag (25:25 Min.), Handout (pdf), Lernerfolgskontrolle
Fortbildungspartner Heel GmbH
Bewertung 4.1 (900)

Einleitung

Zu den am häufigsten auftretenden Beschwerden der oberen Extremität gehören Beschwerden in der Schulterregion. Daneben stellen sich regelmäßig Patienten mit Symptomen im Bereich des Ellenbogens und der Hand in der physiotherapeutischen Praxis vor. Vor allem bei Problemen im Handbereich kommen viele Patienten erst vergleichsweise spät zur Behandlung. So gibt es Patienten, die primär wegen einer Verletzung des Ellenbogens medizinisch behandelt werden, bei denen vor dem Hintergrund dieser Verletzung dann jedoch Beschwerden im Bereich der Hand und vor allem eine Instabilität im Handgelenk zunächst nicht ernst genommen werden. Sowohl beim Ellenbogen wie auch der Hand können jedoch Funktionseinschränkungen oft direkt mit Einbußen der Lebensqualität einhergehen.

Der Ellenbogen

Die wichtigsten Funktionen des Ellenbogens sind das Ermöglichen eines HandMund-Kontaktes sowie das Tragen von Lasten über den Hebel von Unter- und Oberarm. Der Ellenbogen muss hierzu gebeugt und gestreckt werden können, und es ist darüber hinaus auch die Möglichkeit einer Drehbewegung wichtig. Dazu müssen alle drei Knochen des Gelenks eine gute Beweglichkeit zueinander besitzen. Anders als bei den unteren Extremitäten, die biomechanisch gesehen meist im Rahmen einer geschlossenen, funktionellen Kette arbeiten, liegt bei den oberen Extremitäten meist ein offenes System und keine geschlossene Kette vor. Es geht bei der Behandlung von Instabilitäten damit primär um die Sicherung der ligamentären und kapsulären Stabilität und erst in zweiter Linie um die Beeinflussung der Muskulatur. Im Alltag wie auch beim Sport kann es zu Verletzungen wie beispielsweise Kapselbandverletzungen und Frakturen sowie zu einer allgemeinen Überlastung des Ellenbogens mit einem ausgeprägten Valgus-Varus-Stress kommen. Es resultieren oftmals chronische Beschwerden, insbesondere wenn die Verletzungen primär nicht adäquat therapiert wurden und nicht gut ausgeheilt sind.

Kapselbandverletzungen

Bedeutsam für die Gelenkfunktion ist ein optimales Zusammenspiel im gesamten Kapselbandapparat mit dem Ligamentum collaterale mediale, dem Ligamentum collaterale laterale und dem Ligamentum anulare radii, das das proximale Radioulnargelenk fixiert. Verletzungen betreffen jedoch sehr häufig den Kapselbandapparat, wobei es nicht selten zu einer Ruptur eines dieser Bänder kommt. Ein optimaler Heilungsverlauf ist bei diesen Bändern, aber ebenso beim Ligamentum anulare radii, wichtig, da alle drei Bänder wesentlich die Stabilität des Gelenks und das Bewegungsausmaß bestimmen.

Therapie in der Frühphase

Das oberste Ziel der Behandlung ist es, eine Instabilität zu vermeiden. Da Verletzungen im Bereich des Ellenbogens kaum gut muskulär zu kompensieren sind, steht anders als beispielsweise bei Verletzungen im Knie nicht die Bewegung, sondern, in der Anfangsphase, die Wundheilung mit individueller Ruhigstellung therapeutisch im Vordergrund. Es ist ferner auf eine gute Wundheilung zu achten, um der Entwicklung einer Instabilität und sekundär auftretender, muskulärer Probleme entgegenzuwirken. Sowohl bei der konservativen Therapie als auch nach einem operativen Eingriff ist eine konsequente Ruhigstellung des Gelenks erforderlich. Dabei sind unbedingt die aktuellen, durch den Operateur vorgegebenen Bewegungslimits zu beachten. Eine zu frühe mobilisierende Behandlung ist generell zu vermeiden. Daneben sind die Möglichkeiten der unterstützenden Behandlung auszuschöpfen. Es geht hierbei darum, den Stoffwechsel im Gelenk zu optimieren, wobei eventuell auch eine medikamentöse Behandlung hilfreich ist. Nach Freigabe wird dann mit einem kontrollierten Mobilisieren begonnen, also mit dem aktiven Bewegen innerhalb der physiologischen, anatomischen Achsen. Zu den unterstützenden Behandlungsmöglichkeiten bei Kapselbandverletzungen gehören in der Frühphase die manuelle Lymphdrainage und eventuell ergänzend eine Tape- und/oder Strombehandlung. Unterstützend sind ferner eine Detonisierung der Muskulatur und die Anregung des Stoffwechsels anzustreben. Maßnahmen hierzu können die klassische Massage sein, das Behandeln von Triggerpunkten und eine fasziale Therapie sowie weitere physikalische Maßnahmen wie eine Scanlab-Behandlung, das Setzen thermischer Reize oder auch eine Elektro- oder Lasertherapie. In der Frühphase sind Traktion und Kompression speziell für den Knorpel wichtig. Eine manuelle Therapie hat Bedeutung für den Erhalt und die Verbesserung der Arthrokinematik, und unterstützend sind Cremes wie beispielsweise ein natürliches Multi-Target-Präparat mit 14 hauptsächlich pflanzlichen Inhaltsstoffen einzusetzen, das unter Sportlern weitverbreitet ist. Sinnvoll ist darüber hinaus ein aktives Training der Haltung speziell im Bereich des Schultergürtels, um das gesamte System positiv zu beeinflussen. Möglichkeiten hierzu bieten sich mit Rotationsübungen der Wirbelsäule, die jedoch den Ellenbogen nicht stressen dürfen. Auch Übungen zur einfachen Aufrichtung ohne Einbeziehen des Ellenbogens sind hilfreich.

Weiterführende Therapie

Ist die Belastbarkeit wieder gegeben, so sollte im Rahmen der weiterführenden Behandlung eine Reizsteigerung angestrebt werden, die dem Prinzip „Form follows function” folgt und gleichzeitig Überlastungen vermeidet. In der Proliferationsphase bildet sich ungeordnet neues Gewebe, das sich erst durch Belastung ökonomisch und effizient anordnet. Zunächst wird im Bereich des Ellenbogengelenks assistiv gearbeitet, die Bewegung wird aktiv, achsenstabil und funktionell unterstützt bis hin zur funktionellen Belastung im freien System oder in der geschlossenen Kette. Wichtig ist ferner ein sensomotorisches Training. Im weiteren Verlauf ist zu bedenken, dass nach einer längeren Ruhigstellung die sekundäre Pro- und Supination oftmals erschwert sind und bei zu starker Behandlung eine Instabilität gefördert wird. Es ist zunächst eine geführte Bewegung ratsam, dann folgen aktive Bewegungen des Patienten wie eine Beugung im Ellenbogen, wobei darauf zu achten ist, dass der Patient die Bewegung in der anatomischen Achse hält. Anschließend kann mit einfachen Übungen mit Gewichten die Pro- und Supination erarbeitet werden, bis schließlich funktionelle Übungen mit einer Kurzhantel zum Training der Pro- und Supination und zum Muskeltraining möglich sind. Zu fordern sind außerdem Übungen zu Stützaktivitäten, da der Patient sich auch im Alltag oft aufstützen muss. Dabei beginnt man mit einer geringen Gewichtsbelastung und prüft, ob die Streckung axial gehalten werden kann und ob Schmerzen auftreten. Mit den Übungen sollte zudem die Sensomotorik gefördert werden. Es macht daher Sinn, Übungen unter anderem auf einem labilen Untergrund zu absolvieren, um das sensomotorische System anzuregen und das intermuskuläre Zusammenspiel zu fordern. Die Intensität der Übungen einschließlich der Stützaktivitäten kann nach und nach gesteigert werden. Entscheidend für den Therapieerfolg ist es, die Belastung und die Belastbarkeit der Struktur richtig einzuschätzen. Denn solange die volle Belastbarkeit nicht wiedergegeben ist, ist Vorsicht bei der Druckbelastung angezeigt. Andererseits sollte die Belastung kontinuierlich gesteigert werden, um die Belastbarkeit zu verbessern. Es gilt das 6-Phasen-Modell der Medizinischen Trainingstherapie (MTT), das mit dem Training der Automobilisation sowie der Anbahnung und der Sensomotorik beginnt und sich über das Training der lokalen Kraftausdauer und der Hypertrophie in die Umsetzung und Spezialisierung im Sinne der Alltagsaktivitäten fortsetzt. Die gleiche Übung kann, je nach Wahl der Intensität, unterschiedliche Intentionen verfolgen. Wichtig ist, sich klarzumachen, welches Ziel erreicht werden soll und welche Reize wie und wo zu setzen sind, um die Zielvorgabe zu erreichen. Ist die Bewegungsfähigkeit wiederhergestellt und die Belastbarkeit wieder gegeben, steht meist die Frage an, ob der Patient wieder uneingeschränkt arbeits- und sportfähig ist. Hierbei ist zu prüfen, welche Belastungen bewältigt werden müssen, und es sind regelmäßige Stabilitätskontrollen per „Hands-on-Kontrolle” nicht nur des betroffenen Gelenks, sondern der gesamten Bewegungskette angezeigt. Auch bei Verletzungen und Überlastungen der oberen Extremität ist ein zielorientiertes Trainieren und Testen mit stufenweisem Vorgehen und jeweiligem Test zur Bewegungs- und auch zur Stützfähigkeit angezeigt. Der Return-to-Activity-Algorithmus ist so aufgebaut, dass es jeweils eine Übung für die offene Kette gibt sowie eine Übung für die geschlossene Kette zur Testung [1]. Das Ziel der Therapie sollte letztlich eine uneingeschränkte Wiederaufnahme der sportlichen Aktivität sein.

Epicondylopathie

Bei der Epicondylopathie sind die Tennis- und Golferellenbogen-Epicondylitis sowie Überlastungserscheinungen und eine Degeneration an den Knochensehnen und Muskelsehnenübergängen zu differenzieren. In aller Regel liegt bei den Epicondylopathien bereits ein chronischer Zustand vor, und die Patienten haben schon seit Monaten andauernde oder immer wieder auftretende Beschwerden, wenn sie in der physiotherapeutischen Praxis vorstellig werden. In solchen Fällen ist stets sorgfältig nach den Ursachen der Symptome zu fragen, also danach, ob die Beschwerden Folge einer anhaltenden Überlastung sind, ob sie eine lokale Ursache haben oder ob möglicherweise sogar eine Instabilität im Handgelenk oder eine Problematik im Bereich der Halswirbelsäule ursächlich ist. Denn das Phänomen des „referred pain”, also der Schmerzausstrahlung aus anderen Körperregionen, ist bei der Epicondylopathie nicht selten. Unabhängig von der Diagnose des Arztes ist bei der Physiotherapie eine eigenständige Anamnese und Befunderhebung vorzunehmen. Dabei ist der Ursprungsort der Schmerzen zu eruieren, es ist zu hinterfragen, wann der Schmerz auftritt, unter Belastung oder auch in Ruhe, welche Qualität er besitzt und seit wann die Beschwerden bestehen. Die Anamnese muss ergänzt werden durch einen Palpations- und Provokationstest. Bei der lokalen Therapie der Epicondylopathie ist anzustreben, den Stoffwechsel zu verbessern, um Reparaturprozesse anzuregen [2]. Als Therapiemöglichkeit kommen eine medikamentöse Behandlung, lokal oder auch per Injektion, infrage sowie physiotherapeutische Maßnahmen mit Querfriktionen nach Cyriax sowie fasziale Techniken. Notfalls muss eine Operation erwogen werden, wenn die laterale Stabilität anders nicht wiederherstellbar ist [3]. Bei Beschwerden im Bereich des Ellenbogens kommen vielfältige physikalische Maßnahmen infrage. Die Palette reicht vom kinesiologischen Tapen über die Elektrotherapie, Wärmeanwendungen wie die heiße Rolle, Ultraschall, Scanlab und Laser sowie Physiokey bis hin zum Schröpfen. Die einzelnen Anwendungen können zudem unterschiedliche Intentionen haben. Zum Beispiel kann ein Faszien-Tape die Struktur entlasten, während ein Muskel-Tape zusätzliche Impulse setzt, um die Muskelgruppe in ihrer Aktivität zu verbessern. Sind die Beschwerden eindeutig lokal bedingt, ist ein exzentrisches Training der betroffenen Muskelsehnen angezeigt und nachgewiesenermaßen wirksam. Durch den Reiz der exzentrischen Zusatzbelastung wird die Sehne verstärkt belastet, eventuell durch pathologische Neovaskularisierung entstandene Gefäße werden zerstört und dadurch ein physiologischer Heilungsprozess angeregt. Parallel sollte ein schmerzfreies Stoffwechseltraining erfolgen [2–4]. Wichtig ist es ferner, die umliegenden Muskeln und Gelenke im Sinne des posturalen Systems zu optimieren. Denn eine schlechte Haltung ist in der heutigen Zeit, in der die meisten Menschen lange vor dem Computer sitzen, fast schon die Normalität. Bandagen und Tapes können helfen, unvermeidbare Belastungen im Alltag zu reduzieren, und können einen gewissen Schutz vor weiteren Reizungen bieten [2, 3]. Möglicherweise sind die Beschwerden im Ellenbogen nicht lokal bedingt, sondern beispielsweise durch eine mechanische Störung im Bereich der Halswirbelsäule (HWS). Dies wurde bereits 1996 durch eine Untersuchung nachgewiesen, in der bei Patienten mit Tennisellenbogen lokal auf die HWS beschränkte Palpations- und Provokationstest zu einer klinischen Besserung führten. Die Verbindung zwischen HWS und Ellenbogen ist schon dadurch begründet, dass die gesamte Arminnervation von der HWS ausgeht. Zu bedenken ist dabei stets, dass möglicherweise auch eine Nervenkompression im Sinne einer Spinalkanalstenose, einer Bandscheibenproblematik oder eines thorakalem OutletKompressionssyndroms (TOKS) vorliegen kann. Auch an Stress als Ursache der Beschwerden ist in der Praxis stets zu denken! Die Behandlung erfolgt entsprechend den erhobenen Befunden mittels einer manuellen Therapie an der HWS, einer Nervenmobilisation oder der Behandlung von Engstellen im Sinne eines TOKS. Bei der aktiven Therapie sind Übungen mit Widerstand ohne Handgriff, eventuell proximal vom Ellenbogen, einzubauen. Wichtig sind außerdem das Training der HWS-Stabilisation, der Aufrichtung und der Rotation der Brustwirbelsäue (BWS). Vor diesem Hintergrund kann bei Beschwerden im Bereich des Ellenbogens eine manuelle Therapie an der HWS quasi als Probebehandlung sinnvoll sein. Damit ist zu prüfen, ob es dem Patienten nach der Behandlung besser geht, was auf eine ursächliche HWS-Problematik hindeuten kann. Ebenso kann andererseits auch das Handgelenk eine Ursache von Beschwerden im Bereich des Ellenbogens sein. Zwar haben Flexoren und Extensoren am Ellenbogen ihren Ursprung, primär aber sind sie für die Bewegungen im Handgelenk verantwortlich. Liegt in diesem Bereich eine Störung vor und das Handgelenk kann nicht mehr richtig bewegt werden, so sind Beschwerden im Ellenbogen vorprogrammiert. Es sollte deshalb stets eine manuelle Untersuchung erfolgen, wobei geprüft wird, ob eine Instabilität oder eine Überbeweglichkeit im Handgelenk gegeben ist und ob eine Schmerzreduzierung durch eine Stabilisierung des Handgelenks zu erreichen ist. Das kann bereits ein erster Therapieansatz sein. Eine Instabilität im Bereich des Handgelenks kann dabei nicht nur ursächlich für den Tennis-, sondern auch für den Golferellenbogen sein.

Die Hand

Es gibt eine Reihe von Handpathologien, bei denen insbesondere physiotherapeutische Maßnahmen hilfreich sind. Dennoch wird man als Physiotherapeut vergleichsweise selten mit Störungen im Bereich der Hand konfrontiert. Das kann mit dazu beitragen, dass die Komplexität solcher Pathologien oftmals unterschätzt wird. Patienten mit komplexen Problemen sind deshalb möglicherweise an einen entsprechend versierten und spezialisierten Kollegen zu verweisen.

Kapselbandverletzungen der Finger

Ein Beispiel für Handpathologien, die physiotherapeutisch behandelt werden können, sind Kapselbandverletzungen der Finger. Umso wichtiger ist es, solche Verletzungen eindeutig zu diagnostizieren, was eventuell auch bedeuten kann, dass der Patient zur Diagnostik und Differenzialdiagnostik und ggf. zum Ausschluss einer operationspflichtigen Störung zunächst weiterverwiesen werden muss. Ist eine Operation nicht erforderlich, so ist bei Kapselbandverletzungen zunächst eine Ruhigstellung zum Beispiel durch Schienen angezeigt, um die Struktur zu stützen und zu entlasten, sowie ein frühfunktionelles Taping. Dieses wirkt stabilisierend, schützt vor erneuter Verletzung, regt zugleich den Stoffwechsel an und erhält so die Beweglichkeit und fördert die Regeneration. Bei Kapselbandverletzungen der Finger wie auch beim Sehnenabriss sind bewegungserhaltende Maßnahmen von Beginn an wichtig. Darüber hinaus können je nach Befund praktisch alle bereits beim Ellenbogen aufgeführten physikalischen Maßnahmen auch bei Kapselbandverletzungen der Hand zum Einsatz kommen. Außerdem sind entstauende Maßnahmen wichtig, und der Patient ist gegebenenfalls auch an einen Ergotherapeuten zu verweisen.

Skidaumen

Auch beim Skidaumen ist primär abzuklären, ob eine OP-Indikation vorliegt oder nicht. Entscheidend ist beim Skidaumen der Erhalt/die Wiederherstellung der Stabilität. Eine Belastung sollte somit erst nach einer Stabilitätstestung erfolgen. Es kann zudem anfangs mit unterstützenden Tapes oder Orthesen gearbeitet werden, und es ist stets zunächst eine Mobilisation und später auch ein Training in der Achse angezeigt.

Instabilität des Handgelenks

Ein Problem ist in der Praxis die Instabilität des Handgelenks. Eine solche Störung wird oftmals nicht oder erst vergleichsweise spät erkannt und kann dadurch zu Folgeschäden führen. Ein valides biomechanisches Modell des Handgelenks gibt es bis dato nicht, und auch hinsichtlich der Therapieplanung fehlen noch aussagekräftige Studien. Die sicherste Diagnosestellung ist durch eine Arthroskopie möglich [5]. Liegt eine Instabilität im Handgelenk vor, so wird zumeist zur Ruhigstellung geraten oder zumindest zu einer Einschränkung der Aktivität. Die Hand ist ein beispielloses Werkzeug mit einer komplexen, ausgefeilten Mechanik mit exakter Gelenkgeometrie und Integrität der karpalen Bänder. Durch diese Mechanik wird ein großer Bewegungsumfang bei gleichzeitiger Kraftübertragung ermöglicht. Werden Verletzungen in diesem Bereich nicht diagnostiziert und adäquat behandelt, droht auf lange Sicht die Entwicklung einer Arthrose und möglicherweise als deren Folge die Arbeits- und Berufsunfähigkeit. Kommt es zu einer Instabilität des karpalen Systems, so ist zwangsläufig von einer komplexen Dysfunktion auszugehen. Da es keinen muskulären Ansatz an der proximalen Handwurzelreihe gibt, ist eine Stabilisierung schwierig. Wichtig ist vor diesem Hintergrund die Förderung der sensomotorischen Kontrolle. Instabilität ist nicht gleich Instabilität. Konkret sind Instabilitäten beim Handgelenk nach der betroffenen Handregion zu differenzieren, also danach, ob eine dissoziative oder nicht dissoziative, eine komplexe oder eine adaptive Instabilität vorliegt, und auch nach den potenziellen Ursachen wie zum Beispiel einer Störung im Bereich des intrinsischen Bandapparats, einer Fraktur oder einer Fehlstellung [5]. Liegt eine dissoziative karpale Instabilität bei einer Läsion/Ruptur des skapholunären Bandes (SL-Band) vor, ist nach dem Grad der Instabilität und der Morphologie (Teilruptur oder Komplettruptur) zu differenzieren, um zu klären, ob eine konservative Behandlung sinnvoll ist. Bei Vorliegen einer Grad-I- und evtl. Grad-II-Instabilität und belastungsbedingten Beschwerden kann konservativ behandelt werden [6]. Im Falle einer kompletten SL-Ruptur, also Grad III, liegt eine klassische DISI (dorsal intercarpal scaphoid instability) vor – Os scaphoideum und Os lunatum verdrehen sich in der Bewegung in einem zu großen Winkel in die dorsale Richtung – und es ist keine Stabilität mehr gegeben. Passiert dies nur bei Bewegung, so ist ein konservativer Ansatz zu rechtfertigen. Ansonsten ist eine Operation unvermeidbar. Voraussetzung für die konservative Behandlung ist folglich eine exakte Befundung mit Ausschluss einer komplexen Instabilität, eines Ganglions und anderer gravierender Diagnosen, die eine Operation erfordern. Es muss eine sorgfältige Anamnese und Inspektion sowie eine Funktionstestung erfolgen. Einen therapeutischen Goldstandard gibt es nicht, und im Zweifelsfall ist Rücksprache mit dem Arzt zu halten. Es ist primär eine Stabilisierung durch die ligamentäre Führung und Arthrokinematik zu erwirken. Sekundär ist eine Stabilisierung durch das sensomotorische System und somit auch muskulär anzustreben. Von zentraler Bedeutung bei der Handgelenksinstabilität ist die Förderung der sensomotorischen Stabilität und damit zugleich der Bewegungsstabilität [7]. Bei einer Grad-I- und eventuell auch einer Grad-II-Instabilität ist in der ersten Phase der Behandlung eine Immobilisation angezeigt und wenn möglich eine myofasziale Integration zu erwirken. In der zweiten Phase steht als Ziel die Bewegungsstabilität und in der dritten Behandlungsphase die Belastungsstabilität auf dem Programm. Bei der Immobilisation sind einige Punkte zu berücksichtigen: Die Patienten sollten gut über Hintergrund und Auswirkungen aufgeklärt werden, und Schmerzen sollten bei den Übungen unbedingt vermieden werden. Als therapeutische Maßnahmen ist ein Spiegeltraining (Overflow-Wirkung) möglich sowie das Setzen von Vibrationsreizen an umliegenden Strukturen, eine physikalische Therapie und auch eine manuelle Lymphdrainage und manuelle Therapie der umliegenden Gelenke. In der zweiten Behandlungsphase können als Hilfsmittel zur Erreichung der Bewegungsstabilität Schienen sowie Tapes und ein Kinesiotape hilfreich sein. Die Supination intercarpal ist dabei stressfreier als die Pronation [7]. Hilfreich vonseiten der Muskulatur können der M. abductor pollicis longus sein sowie der M. extensor carpi radialis longus und der M. flexor carpi ulnaris. In der dritten Behandlungsphase ist durch einen Wechsel zwischen konzentrischem und exzentrischem Training eine Rückkehr der Belastungsstabilität anzustreben. Das Auftreten von Schmerzen ist kontraindiziert für die Übungen, und Überlastungen sind zu vermeiden. Nach und nach sind Stützaktivitäten aufzubauen mit hohen Co-Kontraktionen, Belastungssteigerung und einem reaktiven Training. Gut geeignet zur Wiederherstellung der Belastungsstabilität der Hand ist unter anderem ein Zentro-Intermuskuläres Trainings-System (ZIM). Dies ist ein Training mit flexiblen Stäben ohne großen Bewegungsgrad, das in verschiedene Aktivitäten mit eingebaut werden kann. Höhere Aktivitäten des geschlossenen Systems der Kette sind über verschiedene Trainingsmaßnahmen zu erzielen. Hierzu gehören neben dem ZIM-Training Übungen mit dem Powerball, der Therapieknete, Stützmuster mit dem Slingtrainer sowie ein gezieltes Training von berufs- oder sportartspezifischen Bewegungen und Alltagsaktivitäten. Ziel ist es, dass der Patient möglichst uneingeschränkt wieder seinen beruflichen Aufgaben nachkommen und seine sportlichen Aktivitäten wieder aufnehmen kann. Bei Stützübungen zur Steigerung der Belastungsstabilität sind jedoch Überlastungen unbedingt zu vermeiden.

Zusammenfassung

Vor der Aufnahme der Behandlung von Verletzungen oder Überlastungen im Bereich des Ellenbogens und der Hand ist auch von physiotherapeutischer Seite eine umfassende diagnostische Abklärung mittels Anamnese, Inspektion und Funktionstests erforderlich, um Instabilitäten zu erfassen und unter anderem auch, um gravierende und eventuell operationspflichtige Störungen auszuschließen. Eine frühzeitige adäquate Therapie ist anzustreben, da insbesondere am Ellenbogen das geschlossene System nicht so gut greift. Es müssen gezielte, aber nicht übertriebene Reize gesetzt werden, und es ist stets auch an das sensomotorische System zu denken. Speziell die Physiotherapie der Hand erfordert eine adäquate Expertise, sodass die Patienten gegebenenfalls an einen spezialisierten Handtherapeuten oder an einen Ergotherapeuten zu verweisen sind.

Literatur

  1. Keller M et al. Interdisziplinäre Beurteilungskriterien für die Rehabilitation nach Verletzungen an der unteren Extremität: Ein funktionsbasierter Return to Activity Algorithmus. Sportverl Sportschad. 2016; 30: 38–49.
  2. Cullinane F et al. Is eccentric exercise an effective treatment for lateral epicondylitis? A systematic review. Clin Rehabil. 2014 Jan; 28 (1): 3–19.
  3. Raman J et al. Effectiveness of different methods of resistance exercises in lateral epicondylosis – a systematic review. J Hand Ther. 25.1 (2012): 5–26.
  4. Croisier et al. An isokinetic eccentric programme for the management of chronic lateral epicondylar tendinopathy. Br J Sports Med. 2007 Apr; 41 (4): 269–75.
  5. Zumhasch R et al. Karpale Instabilitäten. Man Therapie. 2016; 63–9.
  6. Krupp S et al. Plastische Chirurgie. 27. Erg.Lfg. 5/06
  7. Salva-Coll G et al. Scapholunate Instability: Proprioception and Neuromuscular Control. J Wrist Surg. 2013; 2: 136–40.