„Bewegte Grundschüler“ werden gesündere Erwachsene

"Bewegungs-Kompass Leipzig" mit Gesundheitspreis 2017 ausgezeichnet

"Bewegungs-Kompass Leipzig" mit Gesundheitspreis 2017 ausgezeichnet. Bildnachweis: © Richard Masoner / Cyclelicious - Flikr.com

Daten zu erheben, den Ist-Zustand zu beschreiben, das ist wissenschaftlicher Alltag. Daraus aber gleich auch noch griffige Konzepte zu entwickeln und Partnern in einem Netzwerk bei der Umsetzung der Konzepte zu unterstützen, das geht über die Forschungsarbeit weit hinaus. Doch genau dieser Aufgabe hat sich ein institutsübergreifendes Expertenteam aus Bewegungs- und Gesundheitswissenschaftlern der Sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig mit dem Langzeitprojekt "Bewegungs-Kompass Leipzig" gestellt.

Das ist preiswürdig, befand die Münchner Stiftung "Rufzeichen Gesundheit!" und zeichnete das Projekt kürzlich wegen "seiner vorbildlichen Weise, Verhalten und Verhältnisse zu ändern" mit ihrem Gesundheitspreis 2017 aus.

Initialzündung des Netzwerks "Bewegungs-Kompass Leipzig" war eine Kooperation mit der TU Chemnitz. Dort wurden bereits Daten der Chemnitzer Grundschüler erfasst. "Um herauszufinden, wie sich die Lage in anderen sächsischen Städten darstellt, sind wir 2014 mit ins Boot gestiegen", berichtet die Projektleiterin Prof. Dr. Petra Wagner vom Institut für Gesundheitssport und Public Health. Die Projektverantwortliche, Dr. Heike Streicher, erläutert, was folgte: "Wir haben zunächst die Sächsische Bildungsagentur angesprochen, die uns die Tür zu den Leipziger Grundschulen öffnete."

Das Ziel der Studie: Herausfinden, wie es um die körperliche Leistungsfähigkeit und das Aktivitätsverhalten, aber auch die sozialen Rahmenbedingungen der Schulanfänger bestellt ist. Um wichtige Daten in Sachen Gesundheitszustand der Jungen und Mädchen zu integrieren, kooperierten die Forscher von Beginn an auch mit dem Gesundheitsamt der Stadt Leipzig.

Erstmals zum Schuljahresbeginn 2014/15 schwärmten dann Studierende der Fakultät mit Geräten sowie Frage- und Testbögen ausgestattet in 30 kommunale Leipziger Grundschulen aus. Auch dieser Zug war ein sehr wohlüberlegter, denn so sollten die jungen Männer und Frauen kompetent für das Thema Gesundheitsförderung gemacht werden. Weshalb auch sie es waren, die anschließend Schulberichte erarbeiteten und Bewegungsangebote für Schule, Hort oder Vereine entwickelten.

Zehn bis zwanzig Prozent der Leipziger Kinder erreichen die Mindestanforderungen nicht

Durch die Einbeziehung der Ergebnisse aus den Schuleingangsuntersuchungen konnten Zusammenhänge zwischen der motorischen Entwicklung und den gesundheitlichen Voraussetzungen der Kinder einerseits und den Lebensbedingungen und dem sozialen Umfeld andererseits aufzeigt werden. "Im Ergebnis zeichnet sich ab, dass eine Vielzahl der Leipziger Kinder die Mindestanforderungen im Bereich der Motorik erreichen. Einige wenige bringen sogar sehr gute Leistungen. Zehn bis zwanzig Prozent liegen allerdings deutlich unter den Mindestanforderungen", folgert Dr. Heike Streicher aus den gewonnen Daten.

Auf Basis dessen, was als Bedarf der untersuchten Kinder ermittelt wurden, konnten maßgeschneiderte Bewegungskonzepte entwickelt werden. Doch das schönste Konzept ist nichts wert, wenn es nicht umgesetzt wird. Und auch das war elementarer Teil des Projekts: Partner zu finden, die diese Konzepte übernehmen und auch in Zukunft im Netzwerk miteinander kooperieren, um zunächst das Grundbedürfnis von Kindern nach Bewegung zu fördern. Aber auch, um sie über Kindheit und Jugend hinaus für ein Leben mit Sport zu motivieren und sie letztendlich dadurch vor Risiken wie Diabetes, Bluthochdruck und Herzproblemen zu bewahren. Dass das dringend nötig ist, belegen die gewonnen Daten: Nur knapp ein Drittel der Jungen und Mädchen in Leipzig ist in Bewegung und erfüllt die Richtlinie der Weltgesundheitsorganisation WHO, sich mindestens 60 Minuten am Tag moderat zu bewegen. Gesundheitliche Folgen sind da vorprogrammiert.

Das kann nur verhindert werden, wenn Eltern und Institutionen, die Kinder in ihrem Alltag begleiten, handeln. Beispiel: die Schule selbst. Dass man eine ganze Schulklasse schon frühmorgens in Bewegung bringen kann, bewies der von den Leipziger Forschern initiierte "Bike-Bus", der im Frühjahr 2017 startete. Der Schulweg als erste Chance des Tages auf Bewegung. "Hier wurden Grundschüler - und nebenher ihre Eltern - animiert, die gemeinsame Fahrt mit dem Fahrrad zur Schule zurückzulegen", erklärt Petra Wagner.

Neben der Schule gilt es, die Kinder in der Freizeit zu Spiel und Bewegung anzuregen. Hierzu kooperiert das Expertenteam seit 2015 neben dem Landessportbund Sachsen mit dem Stadtsportbund Leipzig, beispielsweise bei einer alljährlichen "Bewegungsmesse". Dabei können die Kinder einen Tag lang verschiedenste Sportarten ausprobieren. "Wenn Prävention und Gesundheitsförderung nachhaltig gelingen sollen, ist es ganz wichtig, dass sich diejenigen Institutionen, die Kinder Tag für Tag begleiten, miteinander vernetzen und zusammenarbeiten", macht Prof. Petra Wagner das Ziel von "Bewegungs-Kompass Leipzig" deutlich. "Und die Rolle der Sportwissenschaftlichen Fakultät ist dabei, Partner bei der Entwicklung innovativer Konzepte zur Bewegungsförderung auf der Basis der gewonnenen Daten zu sein".

Das soll auch in Zukunft so sein. "Nach Ende der Pilotphase Mitte 2018 soll das Netzwerk weiterentwickelt werden", betont Prof. Petra Wagner. "Durch differenzierte Erkenntnisse zu den Bedingungen von Bewegung und körperlicher Leistungsfähigkeit im Grundschulalter sollen die Strategien verbessert werden, damit noch mehr Grundschüler in Bewegung kommen, um sich zu gesunden Erwachsenen zu entwickeln".

von: Bettina Goldbach

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Petra Wagner
Sportwissenschaftliche Fakultät
Telefon: +49 341 97-31651
E-Mail: petra.wagner@uni-leipzig.de

Dr. Heike Streicher
Sportwissenschaftliche Fakultät, Institut für Gesundheitssport und Public Health
Telefon: +49 341 97-31680
E-Mail: hstreich@rz.uni-leipzig.de

Quelle: Pressemitteilung der Universität Leipzig Nr. 323/2017 vom 20.12.2017

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