Einleitung
Die aktuelle S2-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der venösen Thromboembolie empfiehlt, sofort nach Diagnosestellung mit einer therapeutischen Antikoagulation zu beginnen. Das vorrangige Ziel der Akutbehandlung der Venenthrombose besteht darin, das Risiko einer Embolisierung in die Lungenarterienstrombahn zu minimieren und das Wachstum des Thrombus zu stoppen. Die Initialphase dauert 5 bis 21 Tage, je nachdem, welches Antikoagulans zur Anwendung kommt [1].
Der Initialphase schließt sich eine Erhaltungstherapie von 3 bis 6 Monate an, je nach Lokalisation, Ausmaß und Genese des Thrombus. Bei Patienten mit einem klar identifizierbaren vorübergehenden Risikofaktor, beispielsweise nach einer Verletzung oder einer Operation, gilt das akute Ereignis nach maximal 6 Monaten als behandelt.
Einige Patienten profitieren von einer verlängerten Erhaltungstherapie über die ersten 3 bis 6 Monate hinaus, zum Beispiel wenn Risikofaktoren fortbestehen oder die venöse Thromboembolie unprovoziert aufgetreten ist. Eine Entscheidung über die Beendigung oder Fortführung der Antikoagulation bildet sich aus der Abwägung des geschätzten Rezidivrisikos einerseits und des geschätzten Blutungsrisikos andererseits.
Die Antikoagulation ist eine sehr wirksame Maßnahme, um Rezidive zu verhindern. Studien zeigen jedoch, dass nach Beendigung der Therapie ein anhaltendes Risiko für VTE-Rezidive besteht und dieses über die Jahre sogar ansteigt. Im ersten Jahr nach der Beendigung der Antikoagulation liegt das Risiko eines thromboembolischen Rezidivs bei 10 %, nach 10 Jahren erreicht es bis zu 40 % [2, 3].
Diese Fortbildung beleuchtet die Frage, inwiefern eine Verlängerung der Antikoagulation das Risiko thromboembolischer Rezidive minimieren kann, welche Patienten von welcher Therapiedauer besonders profitieren und welche Dosierung ein günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis bietet.
Einfluss von Risikofaktoren auf die VTE-Rezidivrate
Erste wertvolle Hinweise zur Therapieentscheidung liefert die Anamnese. War das Thromboseereignis unprovoziert oder provoziert? Patienten, die eine durch einen chirurgischen Eingriff provozierte Thrombose entwickeln, haben nach Absetzen der Antikoagulation ein sehr niedriges Rezidivrisiko [4]. Es kann davon ausgegangen werden, dass nach einer verlängerten Behandlung von 3 bis 6 Monaten dieser Thrombus biologisch inaktiv ist und vom Körper weitgehend abgebaut wurde und kein persistierendes Rezidivrisiko mehr an sich darstellt. Hingegen ist eine unprovozierte venöse Thromboembolie mit einem deutlich erhöhten Rezidivrisiko assoziiert.
Daneben gibt es eine Gruppe von Patienten mit einem intermediären Risiko. Das sind Patienten mit einem (schwachen) transienten Risikofaktor, die beispielsweise ein Ereignis nach einem Langstreckenflug hatten.
Klassifikation von Risikofaktoren nach VTE-Indexereignis
Die Frage, ob eine Thrombose provoziert ist oder nicht, muss immer ergänzt werden durch die Frage: „Ist der Risikofaktor persistierend oder transient?“ Schwerwiegende transiente Risikofaktoren sind beispielsweise größere chirurgische Eingriffe in Allgemeinnarkose über 30 Minuten Dauer, schwere Unfallverletzungen oder Immobilisierung beziehungsweise Änderung des Immobilisationsstatus. Daneben gibt es geringere transiente Risikofaktoren, zum Beispiel die klassische Reisethrombose oder eine leichte Immobilisierung bei einer ambulant erlittenen Erkrankung.
Ferner können Patienten persistierende Risikofaktoren haben, wie etwa eine aktive Tumorerkrankung. Das sind die Patienten mit dem höchsten Rezidivrisiko [5].
Auch das Geschlecht hat Einfluss auf das Rezidivrisiko. So konnten Sabine Eichinger und Paul Kyrle schon 2004 zeigen, dass Männer ein deutlich erhöhtes Rezidivrisiko besitzen [6]. Abbildung 1 zeigt die Ergebnisse der Arbeit von Trevor Baglin, der ebenfalls ein deutlich erhöhtes kumulatives Rezidivrisiko für Männer nachweisen konnte [7].
Dauer der Antikoagulation nach VTE
Alle aktuellen Leitlinien empfehlen, Patienten nach VTE für zunächst 3 bis 6 Monate therapeutisch zu antikoagulieren [1]. Anschließend muss geprüft werden, ob die Antikoagulation beendet werden kann, oder ob es sinnvoll ist, sie noch für einen längeren Zeitraum fortzuführen. Hierzu bietet die deutschsprachige Leitlinie verschiedene Kriterien als Entscheidungshilfe an (Abbildung 2). Dabei geht es zunächst um das Vorliegen von Risikofaktoren, die entweder fortbestehen oder nur passager sind, und ob ein klarer Auslöser vorliegt oder nicht. Weitere Entscheidungskriterien sind das Geschlecht, die Frage, ob es sich bei dem Ereignis um ein Rezidiv gehandelt hat, außerdem die Lokalisation der Thrombose (distal, proximal) sowie deren Ausdehnung, das Vorliegen eines Restthrombus sowie der Nachweis von D-Dimeren oder eines Thrombus im Ultraschall. Von besonderer Bedeutung sind zudem die Patientenpräferenz, die Qualität der Einstellung und die Abwägung von Rezidiv- und Blutungsrisiko.
Bedeutung der verlängerten Erhaltungstherapie
Wie bereits dargestellt, bestehen für bestimmte Patienten nach venöser Thromboembolie ein anhaltendes Rezidivrisiko und damit der Bedarf für eine verlängerte Erhaltungstherapie. Gleichwohl wird in der Praxis häufig auf eine Fortsetzung der Antikoagulation etwa aus Angst vor möglichen Blutungen verzichtet und stattdessen Acetylsalicylsäure (ASS) verordnet, da das Blutungsrisiko hierunter im Allgemeinen gering ist. Allerdings ist ASS auch nur schwach wirksam. Es reduziert Rezidive um etwa 30 %. Heutzutage gibt es jedoch deutlich wirksamere Therapien – bei vergleichbarer Sicherheit.
Eine der ersten Studien hierzu, die mit einem NOAK durchgeführt wurde, war die EINSTEIN-Extension-Studie. Darin wurden Patienten mit Zustand nach VTE, die zuvor 6 bis 12 Monate gerinnungshemmend behandelt worden waren, entweder auf Placebo oder auf Rivaroxaban in voller therapeutischer Dosis von 20 mg pro Tag randomisiert [8].
Während im Placeboarm die Rezidivneigung bei 7,1 % lag, betrug sie unter Rivaroxaban nur 1,3 %. Dies entspricht einer absoluten Risikoreduktion von fast 6 % und einer relativen Risikoreduktion von ca. 82 %. Die Number needed to treat (NNT) lag bei 15, die Number needed to harm (NNH) betrug 139. Die Rate schwerer Blutungen lag auf Placeboniveau. Die verlängerte Erhaltungstherapie mit Rivaroxaban ist somit eine hocheffektive und gleichzeitig sichere Therapie.
Dass eine verlängerte Sekundärprophylaxe mit Antikoagulanzien wirksam ist, haben auch Agnelli und Kollegen nachweisen können [9]. Im Rahmen der AMPLIFY-Extension Studie untersuchten die Forscher neben der Standarddosis auch eine niedrigere Prophylaxedosis von 2 x 2,5 mg Apixaban. Beide Apixaban-Dosisregime (2 x 5 mg und 2 x 2,5 mg) waren in der Lage, das Rezidivrisiko signifikant um etwa 2/3 zu senken. Wie schon in der EINSTEIN-Extension-Studie lagen auch hier die Blutungsraten auf Placeboniveau.
ASS zur Langzeitprophylaxe von VTE
Den Stellenwert von ASS in der Langzeit-Prophylaxe von VTE untersuchten Brighton und Kollegen, indem sie Daten der WARFASA- und ASPIRE-Studien kombinierten [10]. Die gepoolten Daten zeigen eine signifikante Risikoreduktion durch Acetylsalicylsäure von etwa 32 %. Die Blutungen waren nicht signifikant erhöht.
Die Untersuchung wirft die Frage auf, ob Placebo der geeignete Komparator bei VTE-Prophylaxestudien ist, oder ob sich neue Therapien nicht eher mit ASS vergleichen müssten, insbesondere für jene Patienten, bei denen die Frage der Fortsetzung oder des Absetzens einer Antikoagulation nicht eindeutig beantwortet werden kann.
EINSTEIN-CHOICE-Studie
Vor diesem Hintergrund wurde die EINSTEIN-CHOICE-Studie konzipiert, in der zwei Dosierungen von Rivaroxaban mit ASS verglichen wurden. In dieser multizentrischen, doppelblinden Studie wurden 3396 Patienten mit bestätigter proximaler tiefer Beinvenenthrombose und/oder Lungenembolie, die 6 bis 12 Monate einer Antikoagulation beendet hatten, auf drei Studienarme randomisiert.
In der Studie konnten sowohl 10 mg als auch 20 mg Rivaroxaban, 1x täglich eingenommen, im Vergleich zu 1x täglich 100 mg Acetylsalicylsäure (ASS) das Risiko erneut auftretender venöser Thromboembolien signifikant senken. Die NNT mit Rivaroxaban 20 mg bzw. 10 mg versus ASS lag bei 33 bzw. 30 [11, 12].
In allen drei Studienarmen war die Rate der schweren Blutungen (primärer Sicherheitsendpunkt) mit 0,5 % (Rivaroxaban 20 mg), 0,4 % (Rivaroxaban 10 mg) und 0,3 % (ASS) vergleichbar niedrig.
Die Untersuchungsarme leiten sich aus den Erfahrungen früherer Studien ab:
- 20 mg Rivaroxaban 1x täglich zeigten in der eingangs beschriebenen EINSTEIN-Extension-Studie eine hochsignifikante Reduktion der Rezidive, während schwere Blutungen auf Placeboniveau lagen.
- Acetylsalicylsäure führte in der gepoolten Auswertung den ASPIRE- und WARFASA-Studien zu einer Reduktion der Rezidivrate um über 30 % – ohne eine relevante Erhöhung des Blutungsrisikos.
- 10 mg Rivaroxaban 1x täglich haben sich in der Thromboseprophylaxe nach elektivem Hüft- oder Kniegelenkersatz seit Jahren bewährt.
Eingeschlossen wurden Patienten mit einer objektiv bestätigten Thrombose und/oder Lungenembolie, die bereits mit einem Vitamin-K-Antagonisten oder einem NOAK 6 bis 12 Monate vorbehandelt waren und die Antikoagulation nicht länger als 7 Tage unterbrochen hatten.
Patienten, bei denen eine verlängerte Antikoagulation in therapeutischer Dosis auch über die ersten 6 bis 12 Monate hinaus klar indiziert war, wurden in die EINSTEIN-CHOICE-Studie nicht eingeschlossen. Ebenfalls ausgeschlossen waren Patienten, die eine Thrombozytenaggregationshemmung benötigten, eine Kontraindikation für eine verlängerte Antikoagulation hatten oder Patienten mit einer Niereninsuffizienz mit einer Kreatinin-Clearence unter 30 ml/min.
VTE-Rezidive unter Rivaroxaban vs. ASS
Abbildung 3 zeigt die kumulativen Inzidenzen für VTE-Ereignisse in allen drei Studienarmen. Unmittelbar nach der Randomisierung auf ASS zeigen sich in diesem Arm bereits die ersten Rezidive. Am Ende der Beobachtungszeit liegt die Rate bei 4,4 %. In beiden Rivaroxaban-Armen kommt es hingegen zu signifikant weniger Ereignissen: Die NNT liegt hier bei 33 bzw. 30 für die Dosierung von 10 mg bzw. 20 mg [11, 12].
Rate schwerer Blutungen unter Rivaroxaban vs. ASS
Hinsichtlich der Sicherheit schnitten alle drei Therapieregime ähnlich gut ab. Schwere Blutungen waren insgesamt selten. Die Blutungsrate über 1 Jahr lag unter 0,5 %, und es gab keinen signifikanten Unterschied zwischen Rivaroxaban und ASS [11, 12].
Zusammenfassung EINSTEIN-CHOICE-Studie
Patienten mit einer symptomatischen venösen Thromboembolie, die bereits 6 bis 12 Monate antikoaguliert waren, hatten in der EINSTEIN-CHOICE-Studie sowohl unter der 20-mg-Standarddosis als auch unter der 10-mg-Prophylaxedosis von Rivaroxaban signifikant weniger Rezidive als unter ASS. Gleichzeitig war die Rate an Blutungen sehr niedrig. Die schweren Blutungen waren nicht signifikant unterschiedlich bei ASS. Die Effektivität beider Rivaroxaban-Dosierungen war sehr hoch. Entsprechend der NNT werden 33 bzw. 30 Patienten behandelt, um ein Ereignis zu verhindern. In der verlängerten Erhaltungstherapie wurden sowohl die Wirksamkeit als auch die Sicherheit nun auch von 10 mg Rivaroxaban belegt. Hochrisikopatienten, zum Beispiel Patienten mit aktiven Tumoren, wurden in die EINSTEIN-CHOICE-Studie nicht eingeschlossen. Sie benötigen eine volle Antikoagulation, beispielsweise mit Rivaroxaban 20 mg [11].
VTE-Rezidive in verschiedenen Subgruppen
Eine genauere Analyse der Subgruppen liefert weitere Erkenntnisse hinsichtlich der Frage, welche Patientengruppen von einer verlängerten Rezidivprophylaxe besonders profitieren. Auch relevante Patientensubgruppen, wie Patienten mit provozierter oder unprovozierter VTE oder VTE in der Anamnese, profitierten von Rivaroxaban 10 mg, vergleichbar zu den Gesamtergebnissen [11].
Eine isolierte Betrachtung der Verteilung von Risikofaktoren für VTE-Rezidive im ASS-Arm der EINSTEIN-CHOICE-Studie und im Placeboarm der EINSTEIN-Extension-Studie zeigte 42 % schwache persistierende Risikofaktoren, wie etwa Thrombophilien oder Lähmungen der unteren Extremität. Zu 10 % traten schwache transiente Risikofaktoren auf [13]. 41 % der Rezidive wurden als unprovoziert klassifiziert.
Unter den mit ASS oder Placebo behandelten Patienten hatten 41 % unprovozierte idiopathische Ereignisse. Diese Patientengruppe hatte mit knapp 7 % zugleich die höchste Rezidivrate. Aber auch Patienten mit schwachen persistierenden oder transienten Risikofaktoren hatten insgesamt ein substanzielles Rezidivrisiko von 4 bis 5 %.
Umsetzung der Leitlinien: Daten aus der Praxis
Eine Auswertung des RIETE-Registers zeigt, wie die Empfehlungen zur verlängerten Rezidivprophylaxe im Praxisalltag umgesetzt werden. Dazu haben Walter Ageno und Kollegen Daten von fast 7000 Patienten ausgewertet [14]. Es zeigte sich, dass Patienten mit unprovozierten Ereignissen die längste Antikoagulationszeit hatten. Aber auch jene mit transienten Risikofaktoren wurden nur unwesentlich kürzer behandelt. In der Praxis scheinen Ärzte demnach, (schwache) transiente Risikofaktoren durchaus länger zu behandeln.
Tumorpatienten, die gemäß Leitlinie dauerhaft antikoaguliert werden sollten, wiesen die kürzeste Antikoagulationszeit auf. Nach einem Jahr waren nur noch ca. 30 % der Patienten unter Therapie. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass niedermolekulare Heparine über die Zeit nicht gut toleriert werden, was zu einem Abfall der Adhärenz führen kann.
Neue Optionen zur Anpassung der Antikoagulation
Studien zeigen eine abnehmende Häufigkeit von VTE-Rezidiven über die Zeit. Unmittelbar nach dem Indexereignis ist die Rezidivrate am höchsten. Danach nimmt das Risiko zwar immer weiter ab, besteht aber fort. Abbildung 4 zeigt exemplarisch den Kurvenverlauf, der nie parallel zu x-Achse liegt. Für die Praxis bedeutet das, dass bei fortbestehendem Rezidivrisiko die Intensität der Antikoagulation angepasst werden muss: intensiv für die ersten Tage und Wochen, anschließend, im Rahmen der Erhaltungstherapie, mit der normalen therapeutischen Dosis.
Für die Langzeitbehandlung kann geeigneten Patienten künftig eine Prophylaxedosis angeboten werden. Diese neue Therapieoption hat sich in der AMPLIFY Extension- und der EINSTEIN-CHOICE-Studie als wirksam und sicher erwiesen.
Isolierte distale Venenthrombose
Die isolierte distale Venenthrombose (dTVT) betrifft die tiefen Unterschenkelvenen und/oder die Muskelvenen. Gemäß der aktuellen deutschen Leitlinie sollte die dTVT nicht länger als drei Monate antikoaguliert werden, auch wenn sie als Rezidiv oder idiopathisch auftritt [1]. Es ist bisher nicht ausreichend untersucht, ob bestimmte Patientengruppen von einer längeren oder kürzeren Behandlungsdauer bzw. von einer reduzierten Antikoagulation profitieren.
Standarddiagnostik ist hierzulande die Kompressionssonographie der gesamten Gefäßachse einschließlich des Unterschenkels (CCUS). Zwar ist der Untersuchungsaufwand höher, dafür liefert die Methode neben der Kompressibilität auch zusätzliche Informationen. Zudem besteht nur sehr selten die Notwendigkeit einer wiederholten Untersuchung (<5 %). Die Spezifität der CCUS liegt bei 94 bis 98 %. Somit kommt es in 2 bis 6 % der Untersuchungen zu falsch positiven Befunden.
Verlängerte Erhaltungstherapie – praktische Umsetzung
Für den Behandlungsalltag eröffnen die jüngsten NOAK-Studienergebnisse neue Möglichkeiten hinsichtlich der Antikoagulationsdauer und Intensität der Therapie. Die in Abbildung 5 dargestellte Ampel kann dem Behandler eine zusätzliche Hilfestellung bieten [15].
Bei einem Großteil der Patienten, bei denen harte transiente Risikofaktoren bekannt sind, kann die Antikoagulation nach 3 bis 6 Monaten beendet werden. Dementsprechend müssen Unterschenkelthrombosen leitliniengerecht nur 3 Monate behandelt werden (grüne Ampel).
Patienten mit einem hohen Risiko und persistierenden Risikofaktoren, beispielsweise Tumorpatienten, Patienten mit Antithrombin-Mangel oder Patienten mit einem Lupus-Antikoagulans, müssen dauerhaft antikoaguliert werden, soweit keine Kontraindikationen bestehen (rote Ampel).
Dazwischen gibt es eine Gruppe von Patienten mit fortbestehenden schwächeren Risikofaktoren, Patienten, die eine unprovozierte Thrombose hatten oder eine Reisethrombose. Bei diesen Patienten besteht ein erhöhtes Rezidivrisiko. Hier sollte nach Abwägung von Rezidiv- und Blutungsrisiko und unter Berücksichtigung der Patientenpräferenz eine Antikoagulation mit einem möglichst niedrigen Blutungsrisiko gewählt werden, beispielsweise eine NOAK-Prophylaxedosis.
Zusammenfassung
ASS hat keinen Stellenwert mehr in der verlängerten Erhaltungstherapie. Die Substanz ist einer Antikoagulation deutlich unterlegen, ohne dass die Blutungsraten signifikant geringer sind.
Eine Übertherapie sollte vermieden werden. Bei Vorliegen eindeutiger kurzfristig bestehender Risikofaktoren sollte die Antikoagulation nach spätestens 3 bis 6 Monaten beendet werden.
Bei der verlängerten oralen Antikoagulation sollte die niedrigste effektive Dosis gewählt werden. Ob die neuen Prophylaxedosen auch für Höchstrisikopatienten ausreichend sind, kann derzeit nicht beantwortet werden. Dazu fehlen bislang die notwendigen Daten.
Die Ampel kann als Hilfestellung bei der Entscheidung für oder gegen eine fortgesetzte Antikoagulation hilfreich sein.
Tumorpatienten sollen leitliniengerecht für 3 Monate niedermolekulares Heparin erhalten. Anschließend kann individuell weiterbehandelt werden. Mittlerweile liegen vielversprechende Daten zum Einsatz von NOAK bei Tumorpatienten vor.
Die Therapie der Unterschenkelthrombose erfolgt leitliniengerecht nur über 3 Monate.
Literatur:
1. AWMF S2-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und Lungenembolie 2015.
2. Prandoni P et al. The risk of recurrent venous thromboembolism after discontinuing anticoagulation in patients with acute proximal deep vein thrombosis or pulmonary embolism. A prospective cohort study in 1,626 patients. Haematologica 2007;92:199–205.
3. Schulman S. Advantages and limitations of the new anticoagulants. J Int Med 2014;275:1–11.
4. Baglin T et al. Incidence of recurrent venous thromboembolism in relation to clinical and thrombophilic risk factors: prospective cohort study. Lancet. 2003 Aug 16;362(9383):523–526.
5. Prins MH et al. ISTH 2017; Abstract OC 39.1
6. Kyrle PA, Minar E, Bialonczyk C, Hirschl M, Weltermann A, Eichinger S. N Engl J Med. 2004 Jun 17;350(25):2558-63.2004/06/18.
7. Baglin T et al: J Thromb Haemost 2010; 8: 2436–2442.
8. Bauersachs RM et al. for the EINSTEIN Investigators: Oral Rivaroxaban for Symptomatic Venous Thromboembolism. N Engl J Med. 2010;363(26):2499–2510.
9. Agnelli G et al. N Engl J Med. 2013;368(8):699–708.
10. Brighton TA et al. Low-dose aspirin for preventing recurrent venous thromboembolism. N Engl J Med 2012;367:1979–1987.
11. Weitz JI et al. Rivaroxaban or Aspirin for Extended Treatment of Venous Thromboembolism. NEJM 2017;376:1211–1222.
12. Weitz JI et al. Two doses of rivaroxaban versus aspirin for prevention of recurrent venous thromboembolism. Rationale for and design of the EINSTEIN CHOICE study. Thromb Haemost. 2015 Aug 31;114(3):645–650.
13. Prins MH, et al Res Pract Thromb Haemost 2017;1:187.
14. Ageno W et al. Duration of anticoagulation after venous thromboembolism in real world clinical practice. Thromb Res. 2015 Apr;135(4):666–672
15. Bauersachs R: Verlängerte Sekundärprophylaxe nach venöser Thromboembolie. Dtsch Med Wochenschr 2018; 143: 137–142.