Einleitung
Die chronisch obstruktive Bronchitis und das Lungenemphysem sind eine Erkrankung, die in unserem Jahrhundert noch deutlich an Bedeutung gewinnen wird. Schätzungen zufolge sind in Deutschland ca. 13 Prozent der über 40-Jährigen von der COPD betroffen. Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich dreimal so hoch, weil viele Patienten noch nicht erkannt sind. In Schwellenländern der Dritten Welt, mit ihrer hohen Luftschadstoffbelastung aufgrund fossiler Brennstoffe, dürfte die Zahl der COPD-Patienten noch wesentlich höher sein [1, 2].
Um zur richtigen Diagnose zu gelangen und eine korrekte Behandlung durchzuführen, hilft die sogenannte „GOLD-Leitlinie“ [3]. Die nun veröffentlichte deutschsprachige COPD-Leitlinie lehnt sich in weiten Teilen an GOLD an [4].
COPD-Definition
Die Definition der COPD hat sich in den letzten 20 Jahren immer wieder verändert, wurde aktualisiert und an die jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnisse angepasst. Die aktuelle Definition der DGP/Atemwegsliga aus dem Jahr 2018 beschreibt die COPD als eine persistierende und üblicherweise progrediente Atemwegsobstruktion, die assoziiert ist mit einer gesteigerten Entzündungsreaktion in den Atemwegen, die durch die langjährige Inhalation von Partikeln und Gasen ausgelöst wird. Exazerbationen und Komorbiditäten können dabei den Schweregrad der Erkrankung mitbestimmen.
Problem Diagnosezeitpunkt
Die Diagnose COPD wird in der Praxis häufig erst verspätet gestellt. Ein bedeutender Risikofaktor ist das inhalative Zigarettenrauchen. Der Raucher hat typischerweise seinen morgendlichen Husten und Auswurf. Er nimmt diese Beschwerden häufig lange Zeit nicht ernst. Schließlich sucht er doch einen Arzt auf, weil die Beschwerden wie giemende Atemgeräusche oder gehäufte Infekte hinzukommen. Zu diesem Zeitpunkt hat er in den meisten Fällen schon erheblich und irreversibel an Lungenfunktion eingebüßt [5–7].
Dabei ist die Diagnose oder die Verdachtsdiagnose vergleichsweise leicht zu stellen. Beantwortet ein Patient die drei Fragen „Sind Sie älter als 40 Jahre?“, „Rauchen Sie oder haben Sie früher geraucht?“, Haben Sie häufig Husten und Atemnot?“ mit „Ja“, kann die Diagnose COPD bereits mit einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit gestellt werden [8].
Immer dann, wenn die Beschwerden Husten, Luftnot und Auswurf in Verbindung mit eventuellen Risikofaktoren bestehen, ist eine Lungenfunktionsuntersuchung erforderlich.
Lungenfunktionsuntersuchung
Diese Spirometrie kann heutzutage in jeder Hausarztpraxis durchgeführt werden und stellt die Weichen für die weiteren Maßnahmen. Die Abbildung 1 zeigt im linken Teil das übliche Atemmanöver. Die Atemkurve beginnt in Atemmittellage. Dann atmet der Patient tief aus und danach maximal ein. Anschließend muss er stoßartig die Luft aus den Atemwegen herauspressen. Von besonderem Interesse ist die Menge Luft, die der Patient in der ersten Sekunde ausatmen kann. Im Fluss-Volumen-Diagramm sind die Ausatmung nach oben aufgetragen und die Einatmung nach unten. Es ist wichtig, auf die korrekte Durchführung und auf eine entsprechende Eichung der Geräte zu achten. Nur so lassen sich saubere Kurven produzieren.
Patienten mit einer obstruktiven Ventilationsstörung sind typischerweise in der Fluss-Volumen-Kurve dadurch gekennzeichnet, dass ihr Spitzenfluss bei der schnellen forcierten Ausatmung reduziert ist, während das Einatemvolumen, das sie einatmen können, nicht wesentlich eingeschränkt ist.
Bei einer Diskrepanz zwischen FEV1 oder FEV1/FVC und Symptomen empfehlen die deutschsprachigen Leitlinien, anders als der GOLD-Report, die COPD durch Ganzkörperplethysmographie (GKP), Blutgasanalyse (BGA), Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid (DLCO), Bildgebung und standardisierte Belastungstests weiter zu charakterisieren.
COPD: Eine Systemerkrankung
Die COPD darf nicht als eine Erkrankung allein der Bronchien und Atemwege verstanden werden. Sie ist eine systemisch entzündliche Erkrankung, die die Knochen betreffen kann, durch Inaktivität begünstigt sie die Osteoporose, und durch die hohe Atemarbeit kann es zu einer zunehmenden Kachexie kommen. Besonders häufig mit betroffen ist das Herz, denn es gibt einen gemeinsamen Risikofaktor für Herz und Lunge: das Zigarettenrauchen. Auf der einen Seite entsteht die COPD, auf der anderen Seite die koronare Herzerkrankung, an deren Ende die Herzinsuffizienz steht. Herz und Lunge sind hier sehr eng verknüpft und in der Regel beide geschädigt. Die Muskulatur schwindet durch zunehmende Inaktivität.
Die Psyche leidet ebenfalls. Patienten, die Luftnot haben und sich zum Beispiel im Rahmen einer akuten Exazerbation lebensbedroht fühlen, leiden verstärkt an depressiven Störungen [9]. Die chronische Entzündung führt zu einer Aktivierung der Gerinnungskaskade und damit zu einer Verstärkung der Thromboseneigung. Misst man den Querschnitt durch eine Halsschlagader, der Arteria carotis communis, kann man bei vielen COPD-Patienten schon eine arteriosklerotische Wandveränderung erkennen mit einer Zunahme der Intimadicke als Folge des entzündlichen Systemprozesses.
Komorbiditäten bei COPD
Die COPD ist häufig mit einem Komplex von Komorbiditäten vergesellschaftet. Im Vordergrund stehen kardiovaskuläre Erkrankungen wie Bluthochdruck, koronare Herzerkrankungen und Herzinsuffizienz, aber auch das metabolisches Syndrom, Depressionen und Osteoporose. Bei Patienten mit fortgeschrittener COPD entfallen bis zu 60 Prozent der Komorbiditäten auf psychische Störungen, bedingt durch zunehmende Inaktivität, durch Rückzug aus der Tagesaktivität und durch Angststörungen.
Der unbehandelte Verlauf der COPD gleicht einer Abwärtsspirale: Die Atemnot führt dazu, dass sich die Betroffenen körperlich schonen, dass sie sich zurücknehmen. Die Folge ist ein zunehmender Muskelabbau, eine Atrophie, ein zunehmender sozialer Rückzug und damit insgesamt eine Dekonditionierung, die im mehrjährigen Verlauf dann letzten Endes zur Immobilität führt [10–14].
Das Credo von GOLD lautet vereinfacht: „Sehen Sie die COPD nicht als alleinige Erkrankung der Atemwege, sondern erkennen Sie die Komorbiditäten.“ Es gilt zu behandeln, was behandelbar ist. Liegt eine Herzinsuffizienz parallel vor, muss diese zielgerichtet behandelt werden. Einer Muskelatrophie muss entgegengewirkt werden, Stoffwechselprobleme erkannt, der Osteoporose entgegengetreten und eben solche Beschwerden, wie Depression oder Angst, erkannt und zielgerichtet in eine medikamentöse oder verhaltenstherapeutische Behandlung überführt werden. Auch das Bronchialkarzinom sollte nicht übersehen werden, insbesondere wenn der Risikofaktor Zigarettenrauchen besteht.
COPD-Klassifikation
Eine wesentliche Neuerung der GOLD-Empfehlungen von 2017 war die vereinfachte Klassifikation der COPD. Die Parameter Lungenfunktion, Exazerbationsrate und Symptomgrad werden getrennt bewertet. Die Lungenfunktion bleibt zwar wichtig für die Diagnose, die Beurteilung der Obstruktion sowie die Prognose, verliert aber ihre Bedeutung in der Therapiesteuerung.
Die Einteilung der Patienten in eine der Gruppen A bis D in der Vierfeldertafel und davon ausgehend die Empfehlungen zur medikamentösen Behandlung richtet sich seither nur noch nach in der Vorgeschichte erlittenen Exazerbationen und der Symptomatik (Abbildung 2).
Klinischer Algorithmus der COPD-Diagnostik
Der Ablauf der Diagnostik stellt sich wie folgt dar: Besteht in der Anamnese der Hinweis auf eine COPD, muss eine Spirometrie erfolgen. Liegt dann der Tiffeneau-Quotient, also das Verhältnis zwischen Aus- und Einatmung, unter 0,7, liegt eine Obstruktion vor. Die Messung der Einsekundenkapazität liefert den Hinweis auf den Grad der Funktionsstörung: gering, mittelgradig, schwer oder sehr schwer. Im nächsten Schritt werden Exazerbationsrate und Symptome erfragt.
In Deutschland ist es üblich, zur Symptombestimmung den COPD-Assessment-Test zu verwenden, kurz „CAT-Test“. Wenig symptomatische Patienten erreichen weniger als zehn Punkte. Diese Patienten werden der Gruppe „A“ oder „C“ zugeordnet. Höhergradig symptomatische Patienten (>10 Punkte) fallen in die Gruppen „B“ oder „D“. Alternative validierte Instrumente sind die Fragebögen mMRC (Modified Medical Research Council) und CCQ (COPD Control Questionnaire).
Die Lungenfunktion dient zur Risikoeinschätzung und zur Beurteilung, ob neben der medikamentösen Therapie noch weitere, gezielte Maßnahmen erwogen werden sollten, beispielsweise eine endoskopische Volumenreduktionsmaßnahme bei der sehr schweren COPD.
Abfall der FEV1 im Zeitverlauf
Im Verlauf der COPD-Krankheitsgeschichte findet der größte Verlust an Lungenfunktion nicht in den späten Stadien der Krankheit, sondern eher am Anfang statt. Im COPD-Stadium II kommt es zum größten Verlust an Einsekundenkapazität pro Jahr. Je früher die COPD erkannt und therapiert wird, desto größer ist der Nutzen für den Patienten [15].
Die körperliche Aktivität der COPD-Patienten nimmt schon in einem sehr frühen Stadium der Krankheit ab. Abbildung 3 veranschaulicht diesen Zusammenhang. Das linke Säulendiagramm zeigt „Schritte pro Tag“, auf der rechten Seite wird die „Dauer der körperlichen Aktivität in Minuten pro Tag“ abgebildet. Im Vergleich zur Kontrollgruppe – hier braun dargestellt – findet abhängig von der Funktionsklasse eine deutliche Abnahme der körperlichen Aktivität statt. Dieser Entwicklung gilt es gezielt entgegenzutreten [16].
Ziele der COPD-Therapie
Die Behandlung der COPD verfolgt zunächst einmal das Ziel, die Atemnot zu mindern, die Krankheitsprogression soll verlangsamt und vor allem akute COPD-Exazerbationen vermieden werden.
Die COPD-Exazerbation ist definiert als eine akute, über mindestens zwei Tage anhaltende Verschlechterung der respiratorischen Symptome mit der Notwendigkeit einer Intensivierung der Therapie. Die neuen GOLD-Empfehlungen teilen COPD-Exazerbation ein in „leicht“, „mittelschwer“ und „schwer“, abhängig davon, welche zusätzlichen Therapiemaßnahmen erforderlich sind: „leicht“: wenn lediglich kurzwirksame Bronchodilatatoren eingesetzt werden müssen, „mittelschwer“: wenn Antibiotika und systemische Steroide benötigt werden und „schwer“: wenn der Patient stationär aufgenommen werden muss.
Die Autoren der neuen deutschsprachigen S2k-Leitlinie schlagen zusätzlich vor, als „sehr schwere Exazerbationen“ solche Ereignisse zu bezeichnen, bei denen eine intensivierte Therapie auf einer Intensivstation oder einer Intermediate Care Unit als erforderlich angesehen wird.
Bedeutung der Exazerbation
Die Bedeutung der Exazerbationen ergibt sich aus ihrer Korrelation mit der Überlebenswahrscheinlichkeit der Patienten. Ein Patient, der mehr als drei Exazerbationen pro Jahr erlebt, zeigt eine deutlich geringere Überlebenswahrscheinlichkeit als ein stabil eingestellter COPD-Patient, der keine COPD-Exazerbationen hat [17].
COPD-Exazerbationen erleben nicht nur Patienten mit schwergradiger Funktionsstörung. Auch in den frühen Stadien, wie der GOLD-Funktionsklasse II, kommt es bereits bei ca. 20 Prozent der Patienten zu Exazerbationen. Daher sollte auf diese Patientengruppe ebenso genau geachtet werden wie auf die hochgradig erkrankten [18].
Medikamentöse Dauertherapie der COPD
Bei der Pharmakotherapie der COPD kommt zwei Medikamentengruppen ein besonderer Stellenwert zu: den LABA (langwirksame Betamimetika) und den LAMA (langwirksame Anticholinergika). Diese inhalativen Bronchodilatatoren stellen das Rückgrat der Dauertherapie dar. Während Anticholinergika eher den Grundtonus der Bronchialmuskulatur steuern, bewirken Betamimetika darüber hinaus noch eine zusätzliche Dilatation der Bronchialwand und eine Erschlaffung der Bronchialmuskulatur.
Die Auswahl an verfügbaren Inhalatoren ist mittlerweile unüberschaubar groß, und es fällt mitunter schwer, sich zu orientieren. Welche Systeme sind für welchen Patienten am besten geeignet? Die verfügbaren Systeme lassen sich zunächst grob einteilen in Dosieraerosole und Pulverinhalatoren. Wo liegen nun die Unterschiede [19]?
Bei der Inhalation eines Dosieraerosols schießt Treibgas das Medikament mit relativ hoher Geschwindigkeit an die Rachenhinterwand. Damit eine entsprechende Deposition in den Atemwegen stattfindet, muss gleichzeitig die Einatmung stattfinden und sich die Stimmbänder öffnen. Diese Koordination muss sichergestellt werden.
Beim Pulverinhalator besitzt das Inhalationssystem keinen eingebauten Motor. Der Motor ist die Atemmuskulatur. Mit diesem System kann nur derjenige sinnvoll und effektiv inhalieren, der einen ausreichend inspiratorischen Atemfluss generiert. Der Vorteil ist, dass sich bei der Einatmung automatisch die Stimmlippen öffnen und der Weg in den Bronchialbaum freigegeben wird.
Die Auswahl der medikamentösen Therapie hängt also davon ab, ob der Patient das jeweilige System bedienen kann und die Funktionsweise versteht. Kann er die notwendigen Schritte „Einatmung“ und „Auslösung des Hubs“ koordinieren und hat er ausreichend Kraft, das Medikament auch tief genug zu inhalieren? Nur dann sind Pulver auch wirklich effektiv. In den Fällen, in denen das alles nicht effektiv gewährleistet ist, gibt es Hilfsmittel.
Die Verwendung von sogenannten „Spacern“ ermöglicht, dass das Dosieraerosol zunächst in eine Kammer gesprüht wird, aus der der Patient das Medikament dann in mehreren Atemzügen inhaliert. Alternativ können auch Druckluftvernebler eingesetzt werden, um Koordinationsprobleme zu umgehen. Leider stehen für die (Hilfs-)Systeme nur weniger wirksame bzw. nicht so langwirksame Medikamente zur Verfügung. Daher muss es immer das Ziel sein, die Patienten an entsprechende Dosieraerosole oder Pulverinhalatoren heranzuführen [20].
LABA oder LAMA?
Welche Empfehlungen gibt es bezüglich des Behandlungsbeginns? Sollte ein COPD-Patient initial eher mit einem Anticholinergikum oder besser mit einem Betamimetikum behandelt werden?
Die POET-Studie konnte zeigen, dass unter dem Anticholinergikum Tiotropium die Rate der COPD-Exazerbationen geringer war, als unter dem langwirksamen Betamimetikum Salmeterol. Die Ergebnisse sprechen dafür, die Therapie zunächst mit einem LAMA zu beginnen, auch wenn beide Substanzklassen bronchodilatatorisch wirksam sind und Symptome mindern können [21].
Die INVIGORATE-Studie kam zu dem gleichen Ergebnis. Hier wurde das modernere Betamimetikum Indacaterol ebenfalls mit Tiotropium verglichen. Auch hier konnte unter dem Anticholinergikum eine bessere Reduktion der Exazerbationsrate erreicht werden [22].
Fixe vs. freie Kombination
Mögliche Unterschiede zwischen der freien Kombination der Wirksubstanzen und der Fixkombination derselben wurden in der SHINE-Studie untersucht. Zunächst wurden die Einzelsubstanzen mit der Fixkombination verglichen. Die Verbesserung der Einsekundenkapazität mit einem LAMA – unabhängig davon, ob Tiotropium oder ein Glycopyrronium verwendet wurde – betrug ca. 200 Milliliter. Ein langwirksames Betamimetikum erreichte eine Verbesserung der FEV1 in derselben Größenordnung. Die Fixkombination aus LAMA und LABA führte in dieser Studie zu einer deutlich stärkeren Zunahme der Einsekundenkapazität von ca. 300 Milliliter [23].
In einer weiteren Studie (QUANTIFY) wurde die Verbesserung der Einsekundenkapazität und der Vitalkapazität unter der LAMA-LABA-Fixkombination mit der freien Kombination der beiden Einzelsubstanzen verglichen. Die Fixkombination der beiden Medikamentengruppen LAMA-LABA führte zu einer Verbesserung des Anstiegs der Einsekundenkapazität und der Vitalkapazität im Vergleich zur freien Kombination [24].
Stadiengerechtes Vorgehen
Die Empfehlungen für die Initiierung und Eskalation bzw. Deeskalation der Therapie richten sich, wie bereits dargestellt, nach dem Ausmaß der Symptomatik und der Exazerbationsanamnese. Patienten mit relativ geringer Symptomatik sowie maximal einer Exazerbation im Vorjahr, die nicht zu einer stationären Behandlung geführt hat (GOLD A), sollten initial mit einem kurz- oder langwirksamen Bronchodilatator behandelt werden (Abbildung 4).
Patienten mit deutlicher Symptomatik und höchstens einer Exazerbation im Vorjahr, die nicht zu einer stationären Behandlung geführt hat, sollen mit einem LABA oder LAMA behandelt werden. Bei schwerer Symptomatik kann die Therapie auch von Beginn an mit zwei Bronchodilatatoren aus den unterschiedlichen Klassen initiiert werden. Auch ist eine Eskalation bei nicht ausreichender Symptomkontrolle möglich.
Bei bisher unbehandelten Patienten mit mehr als einer Exazerbation im letzten Jahr oder einer Exazerbation, die zu einer stationären Behandlung geführt hat, sollte die Therapie vorzugsweise mit einem LAMA begonnen werden. Sollte es unter der Monotherapie mit einem LAMA zu weiteren Exazerbationen kommen, sollte ein LABA hinzugefügt werden. Bei Patienten mit erheblicher Symptomatik (z. B. CAT ≥10) (Gruppe D) sollte von Beginn an mit einer dualen Bronchodilatation mit LAMA + LABA behandelt werden
Eskalation und Wechsel
Kommt es unter der Vorbehandlung mit einer dualen Bronchodilatation (LAMA + LABA) zu weiteren Exazerbationen, sind zwei alternative Behandlungspfade zu erwägen:
a) Die Eskalation zu einer Triple-Therapie mit LAMA/LABA/ICS oder
b) ein Wechsel zur Kombinationstherapie mit LABA/ICS (Abbildung 4).
LABA-LAMA vs. LABA-ICS
In der LATERN-Studie wurde die LABA-LAMA-Fixkombination mit der Kombination aus LABA und einem inhalativen Kortikoid untersucht. Die LABA-LAMA-Fixkombination zeigte sich der LABA-ICS-Kombination in puncto Verbesserung der Einsekundenkapazität klar überlegen. Die Überlegenheit zeigte sich nicht nur zu Beginn der Therapie, sondern auch noch nach zwölf und nach 26 Wochen [25]. Ähnlich positiv wirkte sich die LABA-LAMA-Fixkombination hinsichtlich der Senkung von COPD-Exazerbation aus. Die LABA-LAMA-Kombination führte zu einer stärkeren Senkung der Exazerbationsrate verglichen mit dem Betamimetikum in Verbindung mit einem inhalativen Steroid [25].
Die Kombination LAMA-LABA stellt das Rückgrat der Therapie bei den
fortgeschrittenen Stadien der COPD dar. Hierzu stehen gegenwärtig vier Fertigarzneimittel zur Verfügung (Abbildung 5).
FLAME-Studie
Auch die FLAME-Studie hat die Kombination LAMA-LABA mit der Kombination LABA plus inhalatives Steroid verglichen. Die Untersuchung konnte ebenfalls zeigen, dass die LAMA-LABA-Fixkombination zu einer stärkeren Senkung der Exazerbationsrate führt und somit einen Vorteil in der Therapie darstellt [26]. Diese Vorteile der Kombination – in der Studie wurde Indacaterol/Glycopyrronium verwendet im Vergleich zu Salmeterol/Fluticason – ziehen sich durch sämtliche Subgruppen durch: Geschlecht, Schwere der COPD, Rauchverhalten und weitere.
ICS bei COPD
Die Effekte von Kortikosteroiden auf die pulmonale und systemische Inflammation der COPD sind limitiert, aber sie verursachen Nebenwirkungen und begünstigen das Auftreten von Pneumonien. In Deutschland haben in der Vergangenheit etwa sieben von zehn COPD-Patienten inhalative Steroide erhalten, obwohl diese Therapie nur in maximal 20 Prozent der Fälle indiziert war.
Die Risikoerhöhung für das Auftreten einer Lungenentzündung infolge einer Therapie mit inhalativen Steroiden ist stark dosisabhängig. Abhängig davon, ob Steroide bei der COPD niedrig, moderat oder hochdosiert verabreicht werden, steigt das Risiko für das Auftreten einer Lungenentzündung an [27].
Im Jahr 2014 untersuchten Forscher im Rahmen der WISDOM-Studie, was passiert, wenn man Patienten mit COPD, die auf ein inhalatives Steroid eingestellt sind, dieses stufenweise entzieht. Die Studie konnte eindrucksvoll zeigen, dass sich die Exazerbationsrate nach Reduktion und Absetzen der inhalativen Steroide nicht verändert im Vergleich zu den Patienten, die das Steroid weiter erhalten haben [28].
Der Stellenwert der inhalativen Steroide zwischen Asthma und COPD muss sich in Zukunft so verteilen, dass ein Asthmapatient, der symptomatisch ist, zwingend ein inhalatives Steroid erhält, der COPD-Patient jedoch kritisch betrachtet werden muss, ob ein inhalatives Steroid für ihn von Nutzen ist.
Inhalative Steroide sind keine Basistherapie bei der COPD – im Unterschied zum Asthma. Dennoch sollte ihr Einsatz im Rahmen einer Therapieeskalation indiziert sein, wenn Patienten trotz der dualen Bronchodilatation (LAMA+LABA) gehäuft exazerbieren (Abbildung 4). Ebenfalls sinnvoll erscheint der Einsatz bei Patienten, die Anhaltspunkte für eine Asthmakomponente bieten. Studien legen nahe, dass die Zahl der eosinophilen Granulozyten im Sputum oder im Blut als Biomarker für den Effekt auf die Exazerbationsrate dienen kann. Als Grenzwert gelten hier 300 bis 350 pro Mikroliter.
Bei Patienten der GOLD-Gruppen A und B, die auf ein inhalatives Steroid eingestellt sind und einen stabilen Krankheitsverlauf ohne gehäufte Exazerbationen haben, sollte versucht werden, das inhalative Steroid zu reduzieren bzw. ganz abzusetzen. Dies kann auf einen Schlag erfolgen und muss nicht wie bei der systemischen Gabe ausgeschlichen werden.
Wenn inhalative Steroide bei der COPD eingesetzt werden, dann vorzugsweise in einer niedrigen Dosierung. Die Dosis-Wirkungs-Kurve bei den inhalativen Steroiden verläuft tendenziell flach. Daher gilt hier nicht die Regel „viel hilft viel“, sondern „viel verursacht mehr Nebenwirkungen“. Bisher sind keine Studien publiziert worden, die einen Vorteil der Triple-Therapie mit LAMA/LABA/ICS gegenüber der Therapie mit LAMA/LABA bzgl. der Exazerbationsprophylaxe belegen.
PDE-4-Inhibitoren
Als weitere Option zur Vermeidung von Exazerbationen kann bei Patienten mit einem FEV1 <50 Prozent des Solls und chronischer Bronchitis der Einsatz des Phosphodiesterase-4-Hemmers Roflumilast in Betracht gezogen werden. PDE-4-Inhibitoren erhöhen cAMP und vermindern die Ausschüttung von Entzündungsmediatoren und die Migration von Neutrophilen und Eosinophilen in die Atemwege. In der REACT-Studie konnte Roflumilast die Rate an schweren Exazerbationen in einer Größenordnung von 20 bis 25 Prozent senken [29]. Die Verbesserung der Lungenfunktion ist ebenfalls statistisch nachvollziehbar. Sie liegt in einer Größenordnung von ca. 50 Milliliter. Verglichen mit einem Anticholinergikum, einem Betamimetikum oder der Fixkombination aus beiden ist der Zugewinn an Einsekundenkapazität durch Roflumilast jedoch eher gering. Der entscheidende Stellenwert dieses Medikaments ist die Minderung der Exazerbationsrate [30, 31].
Die akute Exazerbation der COPD muss zwingend mit systemischen Steroiden behandelt werden. Diese Therapie sollte jedoch kurz geplant werden. Eine langfristige Therapie der COPD-Patienten mit systemischen Steroiden führt zu einer erhöhten Sterblichkeit und sollte daher vermieden werden [32].
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