Komplexität der Inhalationstherapie bei COPD
Die medikamentöse Therapie der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) beruht hauptsächlich auf der Behandlung mit inhalativen Medikamenten. Aktuell stehen laut GOLD-Report mindestens 33 verschiedene Inhalationstherapien zur Auswahl, die unterschiedliche Bronchodilatatoren – sowohl kurz wirksame als auch lang wirksame – und inhalative Kortikosteroide (ICS) allein oder in Kombination enthalten. Darüber hinaus sind mindestens 22 verschiedene Inhalationsgeräte erhältlich, darunter Vernebler, Dosieraerosole (Sprays) mit und ohne Spacer, atemzuggesteuerte Sprays (Autohaler), Soft Mist Inhalatoren und Trockenpulverinhalatoren. Aus der Vielzahl an inhalativen Medikamenten und unterschiedlichen Inhalationsgeräten (Devices) die ideale Therapie für den einzelnen Patienten zu finden, kann herausfordernd sein. Zudem ist auch die Anwendung für den Patienten viel komplexer und birgt mehr Fehlerquellen als zum Beispiel eine Therapie mit Tabletten.
Die Bedeutung der korrekten Inhalationstechnik bei COPD
Im aktuellen GOLD-Report wird geschätzt, dass über zwei Drittel der COPD-Patienten Fehler bei der Anwendung ihres Inhalationsgerätes machen. Selbst bei erfahrenen Patienten kommt es immer wieder zu einer falschen Handhabung der Devices. Welche Auswirkungen die Handhabungsfehler auf die COPD-Exazerbationsrate haben können, wurde in einer Querschnittsstudie bei fast 3000 COPD-Patienten in Frankreich untersucht. Insgesamt nahmen 212 Hausärzte und 50 Lungenfachärzte an dieser Studie teil. Unabhängig vom jeweiligen Gerätetyp oder der jeweiligen Facharztgruppe waren weniger als 40 % der Patienten in der Lage, eine perfekte Inhalation gemäß Packungsbeilage durchzuführen. Die häufigsten Fehler waren das Versäumnis, vor dem Auslösen auszuatmen, durch die Nase statt durch den Mund einzuatmen und den Atem nach der Inhalation nicht für einige Sekunden anzuhalten. Bei Patienten, die kritische Fehler bei der Handhabung ihrer Geräte machten, war die Wahrscheinlichkeit schwerer COPD-Exazerbationen doppelt so hoch wie bei Patienten, die keine kritischen Fehler machten (6,9 % vs. 3,3 % in den vorangegangenen drei Monaten). Als „kritisch“ wurden Fehler eingestuft, wenn sie die Abgabe der Medikamentendosis an die Lunge erheblich beeinträchtigt haben könnten. Diese Studie ist nur eine von vielen, die bestätigen, dass eine fehlerhafte Inhalationstechnik mit unzureichender Symptomkontrolle, mit COPD-Exazerbationen und vermeidbaren Krankenhausaufenthalten sowie Besuchen in der Notaufnahme verbunden sind.
Herausforderungen und Missverständnisse
Umgekehrt liefern zahlreiche Studien Hinweise darauf, dass durch die Verbesserung der Inhalationstechnik auch Verbesserungen des Krankheitsverlaufes erreicht werden können. Das setzt ein Verständnis für die Bedeutung der Inhalationstechnik bei Ärzten und Patienten voraus. Laut einer amerikanischen Umfrage legen jedoch sowohl Haus- und Lungenfachärzte als auch die Patienten mehr Wert auf das Medikament als auf das Inhalationsgerät. Nur 37 % der befragten Ärzte hielten den Gerätetyp bei der Verschreibung für sehr wichtig. Lediglich 45 % der Ärzte überprüften die Inhalationstechnik bei ihren neu diagnostizierten Patienten. Die meisten Patienten (61 bis 69 %) waren davon überzeugt, ihr Device immer korrekt zu benutzen. Um die Bedeutung der korrekten Inhalationstechnik und die Auswirkungen von Anwendungsfehlern besser zu verstehen, ist es wichtig, sich mit den grundlegenden Prinzipien der COPD-Inhalationstherapie auseinanderzusetzen. Eine wesentliche Frage ist: In welche Lungenabschnitte sollen die bei einer COPD eingesetzten Bronchodilatatoren/inhalativen Kortikosteroide gelangen?
Das Ziel: Die Lungenperipherie
Die Erkrankung der kleinen Atemwege gilt als eine der Hauptursachen für die Obstruktion der Atemwege, insbesondere im Frühstadium der COPD. Die chronisch anhaltende Entzündung in diesem Bereich führt zu morphologischen und strukturellen Veränderungen sowie zu einer Erhöhung des Atemwegswiderstandes. Als kleine Atemwege werden die peripheren Abschnitte des Bronchialsystems bezeichnet, die einen Durchmesser von weniger als 2 mm aufweisen. Diese umfassen u. a. die (prä-)terminalen und respiratorischen Bronchiolen, die maßgeblich von dem Inflammationsprozess bei COPD betroffen sind. Es konnte gezeigt werden, dass die Dysfunktion der kleinen Atemwege in allen Stadien der COPD nachweisbar ist, bei Nie-Rauchern erwartungsgemäß jedoch nicht. Bei starken Rauchern ist diese Dysfunktion in etwa zwei Drittel der Fälle feststellbar, selbst bei noch normalen spirometrischen Werten. Aus diesem Grund ist die Lungenperipherie von COPD-Patienten die Zielregion, die von Inhalativa erreicht werden soll.
Inhalativa erreichen hohe Konzentrationen
Inhalative Medikamente wie Bronchodilatatoren und Kortikosteroide können in der Lunge Konzentrationen erreichen, die um ein Vielfaches höher sind als bei oraler oder intravenöser Gabe. Dadurch kann die Therapie gezielter und nebenwirkungsärmer gestaltet werden. In einer pharmakokinetischen Studie erreichte z. B. inhalativ verabreichtes Salbutamol eine etwa 100-fach höhere Wirkstoffkonzentration in der Lunge als im Blutplasma. Neben höheren lokalen Konzentrationen des Wirkstoffes in den betroffenen Bereichen der Lunge sind geringere Dosierungen erforderlich, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Dies reduziert die Notwendigkeit einer hohen systemischen Belastung und minimiert die Nebenwirkungen. Bei oral oder intravenös verabreichten Dosen, die im Vergleich zur Inhalation eine ähnliche pulmonale Wirksamkeit bieten würden, treten in der Regel höhere systemische Nebenwirkungen auf. Zusätzlich zu diesem günstigen Verhältnis zwischen pulmonaler Wirksamkeit und systemischer Sicherheit kann die Inhalation einen schnelleren Wirkungseintritt in der Lunge bewirken als andere Verabreichungswege, z. B. innerhalb von Minuten bei Salbutamol und bis zu einer halben Stunde bei Salmeterol.
Deposition: Wo landet der Wirkstoff?
Im Idealfall gewährleistet die Inhalation eines Arzneimittels eine schnelle Aufnahme und Ablagerung (Deposition) am gewünschten Wirkort. Die Deposition ist ein komplexer Vorgang, der durch eine Kombination physikalischer und patientenspezifischer Faktoren beeinflusst wird, u. a. durch die Anatomie und Physiologie der Lunge. Zum besseren Verständnis soll an dieser Stelle an das Weibelsche Trompetenmodell der Atemwege erinnert werden. Das menschliche Bronchialsystem hat eine stark verzweigte anatomische Struktur, die einem Baum ähnelt. Jede Verzweigungsebene wird als Generation bezeichnet. Der Bronchialbaum besteht aus ca. 23 bis 26 Generationen. Mithilfe des Trompetenmodells lassen sich die Querschnittsverhältnisse der Atemwege visualisieren. Der Bronchialbaum erstreckt sich von der Trachea (Generation 0) mit einem Querschnitt von ca. 2,5 cm2 über die kleinen Atemwege (Generationen 5 bis 15) bis zu den terminalen Bronchiolen (Generation 16), deren gesamte Querschnittsfläche etwa 225 cm2 beträgt. Im alveolären Bereich (Generationen 17 bis 23) nimmt der Gesamtquerschnitt nochmals weiter zu. Je kleiner die Durchmesser der Atemwege werden, desto größer wird ihre Gesamtquerschnittsfläche, da die Anzahl der Atemwege mit der Anzahl der Generationen zunimmt. Gleichzeitig nimmt der Atemwegswiderstand und damit die mittlere Strömungsgeschwindigkeit der Atemluft von den oberen zu den unteren Atemwegen ab. Dieses Phänomen ist für das Verständnis der Deposition inhalierter Arzneistoffpartikel von entscheidender Bedeutung.
Depositionsmechanismen in der Inhalationstherapie
Neben der anatomischen Struktur spielen u. a. folgende Faktoren bei der Deposition von Medikamenten in Lunge und Atemwegen eine wichtige Rolle.
- 1. Form, Größe und Depositionsmechanismen der inhalierten Partikel
- 2. Intensität und Profil des inspiratorischen Atemflusses des Patienten
- 3. Eigenschaften des verwendeten Inhalators
- 4. Die korrekte Anwendung der gerätespezifischen Inhalationstechnik
Diese Faktoren werden im Folgenden näher beleuchtet.
Partikelform und -größe
Die Effektivität der Deposition inhalierter Partikel an den Bronchialwänden wird maßgeblich durch deren Morphologie beeinflusst. Sphärische, spitze oder irregulär geformte Partikel weisen unterschiedliche Adhäsionseigenschaften auf. Manche Partikel werden als Komplexe oder Aggregate inhaliert und müssen zunächst dispergiert werden, bevor sie ihre Zielrezeptoren erreichen können. Die Größe der Partikel ist der Hauptfaktor, der bestimmt, ob und wie weit sie in die Lunge vordringen. Die Größe wird international als „mass median aerodynamic diameter“ (MMAD) angegeben. Der MMAD repräsentiert den medianen Durchmesser der Partikel, die in ihrer Gesamtheit die Masse des Aerosols bilden. Die Angabe erfolgt in Mikrometern, was zur etablierten Klassifikation als „Feinstaub“ („particulate matter“, PM) geführt hat.
Depositionsmechanismen
Nach der Inhalation erfolgt die Deposition der Arzneimittelpartikel in Abhängigkeit von ihrer Größe durch verschiedene physikalische Prozesse. Die Hauptmechanismen sind Impaktion, Sedimentation und Diffusion, wobei auch Kombinationen dieser Prozesse auftreten können.
Impaktion
Bei der Inhalation durch den Mund treffen die Partikel im Luftstrom unmittelbar auf eine 90°-Krümmung in Höhe des Retropharynx. Größere Partikel mit einem MMAD über 5 μm sind aufgrund ihrer Trägheit nicht in der Lage, abrupten Richtungsänderungen zu folgen, und prallen daher gegen die Atemwegswände. Das bedeutet, dass sich große Partikel überwiegend im Mund- und Rachenraum und in den oberen Abschnitten des Bronchialtraktes ablagern. Meist werden diese Partikel anschließend verschluckt und über den Gastrointestinaltrakt wieder ausgeschieden. Für die meisten inhalativen Therapien ist die Deposition via Impaktion nicht erwünscht.
Sedimentation
Mit zunehmender Verzweigung der Bronchien verlangsamt sich der Luftstrom. Partikel im Größenbereich von 0,5 bis 5 µm sinken aufgrund der Schwerkraft langsam ab. Auf diese Weise erfolgt ihre Ablagerung primär in den mittleren und peripheren Atemwegsabschnitten, nachdem die Luftströmung an Geschwindigkeit verloren hat. Damit die feinen Partikel genügend Zeit haben zu sedimentieren, wird Idealerweise nach dem Inhalationsmanöver der Atem für ca. zehn Sekunden angehalten. Die Sedimentation ist für die meisten COPD-Medikamente der effektivste Mechanismus der Deposition und kann durch Anhalten des Atems nach der Inhalation noch verstärkt werden.
Diffusion
Für Partikel mit einem MMAD unter 0,5 μm ist die Diffusion der Hauptmechanismus der Deposition. Sie basiert auf der Brownschen Molekularbewegung, die durch Kollisionen mit Gasmolekülen verursacht wird. Die Diffusionsbewegung intensiviert sich mit abnehmender Partikelgröße und mit reduzierter Strömungsgeschwindigkeit, wodurch sie besonders in den unteren Atemwegen und Alveolen relevant wird. Allerdings werden viele dieser ultrafeinen Partikel aufgrund ihrer geringen Größe entweder wieder ausgeatmet oder diffundieren nach Erreichen der Alveolen in die Blutbahn. Eine optimale Diffusion ist nur wünschenswert, wenn eine systemische Wirkung oder eine Deposition in den tiefsten Lungenabschnitten angestrebt wird.
Inspiratorischer Atemfluss
Ein entscheidender Faktor für die effektive Deposition inhalativer Medikamente bei COPD ist die Intensität und das Profil des inspiratorischen Atemflusses. Die Atemflussrate (auch Atemflussstärke oder „peak inspiratory flow“, PIF) beschreibt die Geschwindigkeit, mit der Luft während der Einatmung durch die Atemwege strömt. Sie wird in Litern pro Minute (l/min) gemessen und spielt eine entscheidende Rolle bei der korrekten Anwendung von Inhalationsgeräten, insbesondere bei pulverförmigen Inhalativa. Viele Faktoren haben Einfluss auf die Atemflussrate, u. a. das Geschlecht, die Körpergröße, das Alter, der Schweregrad der Erkrankung sowie die vorhergesagte forcierte Vitalkapazität (FVC) und Inspirationskapazität. In der Praxis zeigt sich häufig, dass Patienten entweder zu schnell oder zu flach inhalieren und dadurch weniger Wirkstoff in die tieferen Atemwege gelangt. Eine zu hohe inspiratorische Flussrate kann dazu führen, dass das Aerosol verstärkt im Mund-Rachen-Bereich abgeschieden wird und die periphere Deposition sinkt. Umgekehrt begünstigt ein zu geringer Fluss, insbesondere bei Pulverinhalatoren, eine unvollständige Freisetzung des Wirkstoffes und damit ebenfalls eine suboptimale Wirkung.
Die richtige Atemtechnik für jedes Device
Gerade bei COPD-Patienten ist oft zu beobachten, dass die Atemmechanik durch Hyperinflation und eine ausgeprägte Dyspnoe beeinträchtigt wird. Dies erschwert ihnen, den nötigen Inspirationsfluss über eine ausreichende Dauer aufrechtzuerhalten. Dementsprechend ist es essenziell, die Atemtechniken an das verwendete Inhalationssystem anzupassen. Beispielsweise erfordern Dosieraerosole und Sprühvernebler in der Regel einen eher langsamen und gleichmäßigen Inspirationsfluss, während Pulverinhalatoren meist eine kräftige Inspiration erfordern, um das Pulver in feine Partikel aufzulösen. Ärzte sollten sich daher vergewissern, ob der Patient dazu in der Lage ist, und im Zweifelsfall entweder den Inspirationsfluss objektiv überprüfen oder ggf. ein anderes Inhalationssystem verordnen. Auch kann sich die Fähigkeit der Patienten, bestimmte Inhalatoren zu verwenden, mit der Zeit ändern. Ein zentrales Ziel in der Patientenbetreuung ist deshalb, den individuell machbaren Atemfluss zu ermitteln und daran die inhalative Therapie anzupassen. Letztlich entscheidet das Zusammenspiel aus Atemflussintensität und -profil, kombiniert mit einer korrekten Gerätehandhabung, darüber, ob das Medikament dort ankommt, wo es benötigt wird: in den kleinen Atemwegen.
Inhalationssysteme und Galenik
Derzeit sind im Wesentlichen vier Gruppen von Inhalationssystemen mit unterschiedlichen Technologien zur Verabreichung von Inhalativa verfügbar
- Dosieraerosole („pressurized metered dose inhaler“, pMDI)
- Pulverinhalatoren („dry powder inhaler“, DPI)
- Sprühvernebler („slow mist inhaler“, SMI)
- (Elektrische) Vernebler („nebulizer“)
Die Systeme unterscheiden sich u. a. durch folgende Parameter:
- Verwendung von Treibgasen
- Koordination von Einatmen und Freisetzen des Medikamentes
- Notwendiger inspiratorischer Atemfluss
- Gerätebedingter Strömungswiderstand
- Partikelgröße bei Pulverinhalatoren
Dosieraerosole
Dosieraerosole enthalten den Wirkstoff in flüssiger Form, gelöst oder suspendiert in einem Treibgas, der als feiner Sprühnebel freigesetzt wird. Allerdings müssen Anwender die Koordination zwischen dem Auslösen des Sprühstoßes und dem Einatmen beherrschen, was insbesondere für ältere oder kognitiv eingeschränkte Personen nicht immer zu bewältigen ist. Spacer erleichtern die Anwendung, indem sie die Notwendigkeit der genauen Synchronisation zwischen Sprühstoß und Einatmung reduzieren. Zusätzlich zu Spacern können auch Atemzug-getriggerte Dosieraerosole eine Alternative sein. Aufgrund ihres geringen Strömungswiderstandes geeignet sind sie für Patienten, die nur einen geringen maximalen inspiratorischen Atemfluss erzeugen können. Dosieraerosole erfordern eine langsame und tiefe Einatmung und ermöglichen eine gute Dosiskontrolle.
Umweltaspekt der Treibgase
Dosieraerosole verwenden Hydrofluoralkane (Flurane) als Treibmittel, die zwar die Ozonschicht nicht schädigen, aber als starke Treibhausgase zum Klimawandel beitragen. Die am häufigsten verwendeten Treibmittel sind Norfluran mit einem „Global Warming Potential“ (GWP) von 1530 und Apafluran mit einem GWP von 3600. Im Vergleich dazu hat CO2 einen GWP von 1. Insgesamt waren Flurane, die neben medizinischen Anwendungen vor allem als Kühlmittel zum Einsatz kommen, für 1,4 % der Treibhausgasemissionen in Deutschland im Jahr 2023 verantwortlich. Die S2k-Leitlinie „Klimabewusste Verordnung von Inhalativa“ empfiehlt bei erwachsenen Patienten mit COPD eine klimabewusste inhalative Therapie, vorzugsweise mit einem Pulverinhalator. Durch Umstellung von Dosieraerosolen auf klimafreundlichere Pulverinhalatoren sei eine Einsparung von Treibhausgasemissionen in relevanter Höhe von 115 bis 480 kg CO2-Äquivalent pro Jahr und Patient ohne relevante Kostensteigerung möglich. Zum Vergleich: Die Umstellung von Mischkost auf vegetarische Kost verringert den CO2-Fußabdruck auf ein Jahr gerechnet um ca. 440 kg. Derzeit arbeiten mehrere Pharmaunternehmen an der Entwicklung von Dosieraerosolen mit nahezu klimaneutralen Treibgasen, die in naher Zukunft einen umweltfreundlicheren Einsatz von Dosieraerosolen ermöglichen werden. Trotz der Umweltaspekte sollte bei der Auswahl des Inhalationsgerätes der Patient im Mittelpunkt stehen. Das beste Inhalationsgerät für einen COPD-Patienten ist dasjenige, das er korrekt anwenden kann.
Pulverinhalatoren
Bei Pulverinhalatoren erfolgen die Freisetzung und Verteilung des Wirkstoffes durch das Einatmen. Dadurch sind gegenüber Dosieraerosolen weder Treibmittel noch eine Koordination erforderlich. Gerätebedingt verfügen Pulverinhalatoren über mittlere bis hohe Strömungswiderstände. Daher müssen die Anwender von Pulverinhalatoren über ein gewisses Mindestmaß an inspiratorischer Atemflussrate verfügen. Die Wirkstoffpartikel in Pulverinhalatoren sind in der Regel an eine Trägersubstanz, meist Laktose, gebunden. Damit eine Deagglomeration stattfinden kann, d. h. eine Abtrennung der mikronisierten Wirkstoffpartikel von den Trägerteilchen, ist das Zusammenspiel von Gerätewiderstand und inspiratorischem Fluss entscheidend.
Zusammenspiel von Gerätewiderstand und Atemfluss
Die Energie für die Aerosolerzeugung und Dispergierung der Wirkstoffpartikel wird durch eine Kombination aus dem Druckabfall im Gerät und den Scherkräften des Atemflusses erzeugt. Diese beiden Parameter sind invers korreliert. Das heißt, je größer der Druckabfall im Gerät (das bedeutet: je größer der interne Gerätewiderstand) ist, umso geringere Atemflüsse sind für eine ausreichende Aerosolbildung erforderlich und umgekehrt. Bei Pulverinhalatoren mit hohem Gerätewiderstand reichen geringere Atemflüsse für eine effektive Aerosolerzeugung aus. Der hohe Widerstand führt zu einem stärkeren Druckabfall im Gerät, was die Desagglomeration der Wirkstoffpartikel begünstigt. Gleichzeitig werden die Aerosolpartikel abgebremst, was das Risiko eines Partikelverlustes im Mund-Rachen-Raum durch Impaktion reduziert. Patienten empfinden diese Systeme oft als anstrengend, obwohl sie gerade bei eingeschränkter Lungenfunktion vorteilhaft sein können. Es wird eine schnelle und kräftige Inhalation empfohlen. Pulverinhalatoren mit niedrigem Gerätewiderstand erfordern hingegen höhere inspiratorische Flussraten. Bei diesen Systemen spielen die Scherkräfte des Atemstromes eine größere Rolle bei der Aerosolerzeugung. Patienten nehmen diese Geräte subjektiv als leichter zu bedienen wahr, jedoch können insbesondere Personen mit eingeschränkter Lungenfunktion Schwierigkeiten haben, die erforderlichen Flussraten zu erreichen. Zudem kann die starke Partikelbeschleunigung zu vermehrten Partikelverlusten durch Impaktion führen. Bei diesen Inhalatoren wird daher eine langsamere Einatmung empfohlen. Wie Dosieraerosole sind auch Pulverinhalatoren für alle relevanten, inhalativ anwendbaren Wirkstoffgruppen verfügbar. Insgesamt ist die Gruppe der verfügbaren Pulverinhalatoren sehr heterogen. Relevante Unterschiede betreffen die Anzahl der enthaltenen Wirkstoffe, die Wiederverwendbarkeit und Benutzerfreundlichkeit, die Anforderungen an den inspiratorischen Atemfluss und den internen Gerätewiderstand. Inzwischen konnte in zahlreichen klinischen Studien gezeigt werden, dass nahezu alle Patienten über einen ausreichenden Inspirationsfluss für die Anwendung von Pulverinhalatoren verfügen. Auch eine Exazerbation der COPD scheint keine Einschränkung darzustellen. Bei Exazerbationen schnitten Pulverinhalatoren in klinischen Studien ebenso gut ab wie Dosieraerosole und Vernebler.
Sprühvernebler
Sprühvernebler erzeugen durch einen mechanischen Prozess ein sehr feines, monodisperses Aerosol. Dazu werden weder Treibgas noch elektrische Energie benötigt. Die Wirkstofffreisetzung ist weitgehend unabhängig vom Inspirationsfluss des Patienten, das heißt, die Funktion ist auch bei geringen Atemflüssen gewährleistet. Allerdings stehen Sprühvernebler nur für wenige Wirkstoffe zur Verfügung. Die Inhalation sollte noch langsamer als beim Dosieraerosol erfolgen, da die Aerosolfreisetzung über einen längeren Zeitraum erfolgt.
(Elektrische) Vernebler
Bei den Verneblern wird nach dem Konstruktionsprinzip zwischen kontinuierlich arbeitenden und vom Patienten auslösbaren Systemen unterschieden. Vernebler bieten den Vorteil einer breiten Anwendbarkeit – auch in Notfallsituationen und bei eingeschränkter Kooperationsfähigkeit. Sie ermöglichen die Verabreichung während des normalen Atemrhythmus, sind aber umständlich zu transportieren und müssen gereinigt und gewartet werden. Die Inhalationsdauer beträgt ca. fünf bis zehn Minuten und ist damit deutlich länger als bei anderen Inhalationsgeräten. Ein weiterer Nachteil ist die schlechte Dosiskontrolle. Vernebler sind insbesondere dann indiziert, wenn Patienten mit anderen Inhalationssystemen nicht zurechtkommen oder die Handhabung nicht mehr selbst durchführen können.
Einfluss der Wirkstoffformulierung
Bei der Wahl eines Inhalativums kann auch die Formulierung des enthaltenen Wirkstoffes eine wichtige Rolle spielen. Dies zeigt unter anderem ein Vergleich der drei häufig verwendeten inhalativen Kortikosteroide (ICS) Fluticasonfuroat (FF), Fluticasonpropionat (FP) und Budesonid (BUD). Diese Substanzen werden im Allgemeinen als therapeutisch ähnlich angesehen, unterscheiden sich jedoch deutlich in ihrer Rezeptorbindung und ihrem therapeutischen Index. Der therapeutische Index ist ein hilfreicher Parameter, der Hinweise über das Nutzen-Risiko-Profil eines Arzneimittels liefern kann. FF besitzt die höchste Rezeptoraffinität aller ICS, und sein therapeutischer Index ist höher als für andere ICS. FF entfaltet daher bereits in niedriger Dosierung starke antiinflammatorische Effekte. Beim Vergleich der therapeutischen Dosen zeigte FF eine höhere Wirksamkeit auf die Atemwege bei geringerer systemischer Aktivität als FP und BUD. Dies bedeutet, dass z. B. bei der Anwendung von FF in einem Pulverinhalator in der Regel eine einmal tägliche Gabe ausreicht, während andere ICS zweimal täglich inhaliert werden müssen.
Vergleich der Deposition von Triple-Therapien
Unterschiedliche Formulierungen von Inhalativa können sich auch auf die Deposition und damit auf die klinische Wirksamkeit auswirken, selbst wenn sie über den gleichen Gerätetyp verabreicht werden. In einer aktuellen Modellierung wurde die Deposition der drei in Deutschland zur Behandlung der COPD zugelassenen Dreifachfixkombinationen untersucht: Fluticasonfuroat/Umeclidinium/Vilanterol (FF/UMEC/VI), Budesonid/Glycopyrronium/Formoterol (BUD/G/F) und Beclometason/Glycopyrronium/Formoterol (BDP/G/F). Dazu wurden die Lungen von 20 COPD-Patienten mittels funktioneller respiratorischer Bildgebung (FRI) untersucht und daraus dreidimensionale Atemwegsmodelle erstellt. Die in-silico-Simulationen wurden mit einer durchschnittlichen inspiratorischen Flussrate von 30 l/min für jede Inhalation durchgeführt, also eine Flussrate, wie sie für COPD-Patienten realistisch ist. Die Deposition wurde für jede Komponente der drei Triple-Therapien berechnet und in Prozent der verabreichten Dosis angegeben. Die gesamte Lungendeposition war für alle drei Komponenten von BUD/G/F durchweg höher (54,8 bis 57,7%) als für die entsprechenden Komponenten von BDP/G/F (38,6 bis 40,5%) und FF/UMEC/VI (24,0 bis 36,1%). Ebenso zeigte BUD/G/F für alle drei Komponenten die höchste Deposition in den großen Atemwegen im Vergleich zu den anderen Fixkombinationen. Bei beiden Dosieraerosolen war die Deposition der ICS-Komponente in den peripheren Atemwegen höher als beim Pulverinhalator (FF/UMEC/VI), wobei BUD/G/F die höchste Gesamtdeposition von ICS in den peripheren Atemwegen aufwies (BUD/G/F: 31,2 %; BDP/G/F: 26,5 %; FF/UMEC/VI: 10,6 %).
Den individuell optimalen Inhalator finden
Nicht jeder Inhalator eignet sich für jeden Patienten gleichermaßen. Deshalb muss auch das Inhalationssystem individuell auf den Patienten abgestimmt werden. Entscheidend ist, dass kognitive Fähigkeiten, Geschicklichkeit, Kraft, Seh- und Hörvermögen sowie die Fähigkeit, den erforderlichen Atemfluss zu erzeugen, berücksichtigt werden. Ist ein verordneter Inhalator nicht für die individuellen Bedürfnisse eines bestimmten Patienten geeignet, z. B. aufgrund eines unzureichenden inspiratorischen Spitzenflusses, kann dies die Wirksamkeit der Inhalationstherapie beeinträchtigen. Eine unzureichende Wirksamkeit der Therapie kann wiederum die Adhärenz beeinflussen. Gerade bei zunehmender Komplexität der Medikationsschemata ist mangelnde Adhärenz häufig ein Problem.
Besser ein Inhalator statt mehrerer
Der GOLD-Report weist darauf hin, dass sich die Verwendung mehrerer unterschiedlicher Inhalatoren ungünstig auf die Adhärenz auswirkt. Besteht die Möglichkeit, die Wirkstoffe in einer fixen Kombination zu verschreiben, sollte diese aufgrund der höheren Effektivität bevorzugt werden. In einer prospektiven, nicht interventionellen Beobachtungsstudie in Deutschland wurde untersucht, welchen Einfluss die Umstellung von einer Dual- oder Triple-Therapie mit mehreren Inhalatoren auf eine Triple-Therapie mit nur einem Inhalator (BDP/G/F) bei COPD-Patienten mit schlechter Symptomkontrolle hat. Zu Beginn der Studie zeigten etwa zwei Drittel (67,8 %) der Patienten eine gute Adhärenz, etwa ein Drittel zeigte eine mittlere bis schlechte Adhärenz. Nach sechsmonatiger Behandlung mit der Dreifachfixkombination waren fast 77 % der Patienten adhärent, was für die Langzeitkontrolle der COPD von besonderer Bedeutung ist. Die sechsmonatige Behandlung mit der Triple-Fixkombination (BDP/G/F) war außerdem mit einer Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, der COPD-spezifischen Symptome und der Lungenfunktionsparameter assoziiert.
Maßnahmen und Tipps für die Inhalationstherapie
Die korrekte Anwendung von Inhalatoren bei COPD-Patienten ist entscheidend für den Therapieerfolg. Ärzte können durch gezielte Maßnahmen sicherstellen, dass ihre Patienten die Inhalationstechnik richtig beherrschen und anwenden. Ein zentraler Punkt ist die individuelle Auswahl des Inhalationssystems. Das Inhalationssystem sollte an die kognitiven, visuellen und motorischen Fähigkeiten sowie an den inspiratorischen Fluss des Patienten angepasst werden. Systeme wie Dosieraerosole, Pulverinhalatoren oder Sprühvernebler haben unterschiedliche Anforderungen an die Handhabung, die bei der Verordnung berücksichtigt werden müssen. Beispielsweise benötigen Pulverinhalatoren eine kräftige Einatmung, während Dosieraerosole eine gute Koordination zwischen Auslösung und Einatmung erfordern. Ärzte sollten in einem partizipativen Entscheidungsprozess die Vor- und Nachteile verschiedener Inhalatoren mit den Patienten erörtern. Bei der Wahl des geeigneten Gerätes sollte der Umweltaspekt zwar berücksichtigt, jedoch nicht als primäres Kriterium herangezogen werden. Schulungen zur Inhalationstechnik sind essenziell. Die Leitlinien empfehlen, dass Ärzte oder geschulte Fachkräfte die Funktionsweise des Gerätes erklären, den korrekten Gebrauch demonstrieren und die Patienten auffordern, das Gezeigte nachzuvollziehen. Unter anderem ist beim Atemmanöver auf Folgendes achten:
- Vor jeder Inhalation tief ausatmen.
- Bei Pulverinhalatoren in der Regel kraftvoll und schnell einatmen. Das forcierte Einatemmanöver ist dabei deutlich zu hören.
- Bei Dosieraerosolen langsam und kontinuierlich einatmen. Das langsame Einatmen ist nicht zu hören.
- Nach der Inhalation den Atem fünf bis zehn Sekunden lang anhalten, um die Sedimentation der Partikel zu fördern.
Regelmäßige Überprüfungen der Technik sind besonders wichtig bei unzureichender Symptomkontrolle oder vor einer Therapieeskalation. Studien zeigen, dass strukturierte Schulungsprogramme nicht nur die Technik verbessern, sondern auch die Lebensqualität steigern und Exazerbationen reduzieren können. Eine Untersuchung der Uniklinik Aachen zeigte beispielsweise, dass kurze webbasierte Videos der Deutschen Atemwegsliga die Inhalationstechnik von Patienten mit obstruktiven Lungenerkrankungen signifikant verbessern konnten. Nahezu die Hälfte der Patienten machte relevante Fehler bei der Anwendung ihrer als Dauertherapie verordneten Inhalatoren. Nach dem Ansehen der online frei verfügbaren Videos der Atemwegsliga demonstrierten 76 % der Patienten eine korrekte Anwendung. Dieser Effekt hielt auch nach vier bis acht Wochen an. Auf den Webseiten der Atemwegsliga finden Patienten zu allen gängigen Inhalatoren entsprechende Videos zum Anschauen und Checklisten zum Ausdrucken in mindestens acht Sprachen. Die Kata-App (keep active through action) ist eine weitere digitale Unterstützung, die darauf abzielt, das Selbstmanagement von COPD-Patienten zu fördern und somit auch die korrekte Anwendung der Inhalationstechnik zu verbessern. Die Kata-App bietet personalisierte Trainingspläne, Erinnerungsfunktionen zur Medikamenteneinnahme, Informationen zur Erkrankung und Inhalationstechnik sowie die Möglichkeit, den Krankheitsverlauf zu dokumentieren und mit dem behandelnden Arzt zu teilen. Durch die interaktiven Elemente und die individuelle Anpassung an die Bedürfnisse des Patienten kann die Kata-App dazu beitragen, das Verständnis für die Erkrankung und für die Therapie zu vertiefen und die Adhärenz zu erhöhen. Unterstützung durch andere Berufsgruppen, wie Apotheker oder medizinische Fachangestellte, kann ebenfalls helfen, die korrekte Anwendung zu fördern. Zusammenfassend sind eine sorgfältige Auswahl des Gerätes, intensive Patientenschulungen mit der Nutzung von Schulungsvideos und digitalen Hilfsmitteln sowie regelmäßige Überprüfungen der Technik entscheidende Maßnahmen zur Sicherstellung einer effektiven Inhalationstherapie bei COPD-Patienten.
Fazit
Die inhalative Therapie bei COPD zielt darauf ab, Medikamente gezielt in die Lungenperipherie zu bringen, wo sie am effektivsten wirken können. Die Sedimentation ist ein entscheidender Mechanismus für die Deposition inhalierter Partikel in den mittleren und peripheren Atemwegen. Die Galenik spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Wirkstoffen und Devices, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Patienten abgestimmt sind. Verschiedene Inhalationssysteme wie Dosieraerosole, Pulverinhalatoren und Vernebler bieten unterschiedliche Vorteile und Anforderungen an die Atemtechnik. Es gibt nicht die eine perfekte Lösung für alle Patienten, aber durch eine individuelle Auswahl der Therapie und regelmäßige Schulungen können sehr gute Lösungen für fast jeden gefunden werden.
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