Tabakkonsum und Gesundheitsrisiken
Tabakrauchen gilt als wichtigster vermeidbarer Risikofaktor für chronische, nicht übertragbare Krankheiten. Rund 80 % aller Lungenkrebsfälle und mindestens die Hälfte aller COPD-Fälle sind auf den Tabakkonsum zurückzuführen. Zudem haben Raucher im Vergleich zu Nichtrauchern ein mehr als doppelt so hohes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfälle. Selbst bei Menschen, die nur eine Zigarette pro Tag rauchen, ist das kardiovaskuläre Risiko erhöht. Und: Raucherinnen und Raucher sterben zwölf bzw. 13 Jahre früher als diejenigen, die nie geraucht haben. Dabei kann ein Rauchstopp das erhöhte Sterberisiko deutlich verringern.
Rauchen ist nach wie vor verbreitet
Trotz der bekannten Gefahren des Rauchens rauchen hierzulande – je nach Erhebungsmethode – zwischen ca. 23 % und 35 % der Personen ab 14 Jahre. Nach neuesten Daten aus der regelmäßig durchgeführten, repräsentativen „Deutsche Befragung zum Rauchverhalten”-(DEBRA-)Studie sind aktuell ca. 38 % der Männer und 31 % der Frauen Raucher. Die Raucherprävalenz ist am höchsten bei den 30- bis 45-jährigen Männern und bei den 40- bis 50-jährigen Frauen. In sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen, gemessen am Bildungsniveau, an der beruflichen Stellung und an der Einkommenssituation, wird am meisten geraucht. Unter COPD-Patienten greifen etwa 38 % zur Zigarette, wie die deutsche Kohortenstudie DACCORD gezeigt hat. Unter Ärzten ist der Raucheranteil mit 11 % relativ gering, während die Betreuungsberufe im Gesundheitswesen mit 44 % zu den Berufen mit den höchsten Anteilen an Rauchern gehören.
Hohe Bereitschaft für Rauchstopp bei COPD-Patienten
Von den aktuell in der DEBRA-Studie befragten Rauchern haben nur etwa 8 % im vergangenen Jahr mindestens einmal versucht, mit dem Rauchen aufzuhören. Unter COPD-Patienten ist die Motivation deutlich größer: Laut einer Querschnittstudie in deutschen Lungenarztpraxen hat fast die Hälfte (48,5 %) der COPD-Patienten in den letzten zwölf Monaten einen ernsthaften Rauchstoppversuch unternommen. Dabei wird zunehmend versucht, sich mit elektronischen Zigaretten (E-Zigaretten) das Rauchen abzugewöhnen.
Einweg-E-Zigaretten auf dem Vormarsch
E-Zigaretten, auch „Vapes” genannt, sind seit 2007 auf dem deutschen Markt erhältlich – mittlerweile in unzähligen Varianten, die sich in Funktionsweise, Leistungsstärke und Design stark unterscheiden. Neben nachfüllbaren Pens, leistungsstarken Mods und kleinen USB-Stick-ähnlichen Pods beherrscht seit 2021 eine neue Generation von bunten Einweg-E-Zigaretten den Markt. Die wie bunte Textmarker anmutenden E-Zigaretten finden vor allem bei jungen Menschen sowie bei Tabakrauchern großen Anklang. Der regelmäßige Konsum von E-Zigaretten ist vergleichsweise gering: Aktuell (Stand: 07/2024) rauchen etwa 2,2 % der Bevölkerung E-Zigaretten. Die Mehrheit der E-Zigarettenraucher (79 %) sind „Dual-User”, das heißt, sie konsumieren E-Zigaretten und auch Tabak.
Inhaltsstoffe von E-Zigaretten
E-Zigaretten bestehen aus einem Verdampfer mit einem batteriebetriebenen Heizelement, einem Depot mit der zu verdampfenden Flüssigkeit (Liquid) und einer Batterie. Bei einer E-Zigarette wird kein Tabak verbrannt, sondern das Liquid erhitzt und meist bei 150 bis 200 Grad Celsius verdampft. Das Liquid enthält als Grundsubstanzen Wasser, Glyzerin und Propylenglykol sowie Aromen und meist Nikotin; es gibt aber auch nikotinfreie Liquids. Generell variiert die Zusammensetzung der E-Liquids stark. Über 16.000 verschiedene E-Liquid-Aromen sind derzeit erhältlich; im Durchschnitt werden etwa zehn Aromasubstanzen pro E-Liquid verwendet. Manche schmecken nach dem gewohnten Tabak, andere nach Früchten, Süßigkeiten oder Getränken. Es sind vor allem diese Aromen, die E-Zigaretten für die Konsumenten attraktiv machen. Seit ihrer Einführung wird fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die verwendeten Aromastoffe den Vorschriften entsprechend als sicher gelten. Das stimmt jedoch nur für den menschlichen Verzehr durch Einnahme (vereinbar mit ihrer Verwendung in Lebensmitteln) und nicht für die Inhalation nach Erhitzen.
Aromen mit unkalkulierbarem Risiko
Beim Erhitzen der Liquids können gesundheitsschädliche und krebserzeugende Substanzen entstehen. Unter anderem wurden Formaldehyd, Acetaldehyd, Acrolein, freie Radikale, flüchtige organische Verbindungen und giftige Metalle wie z. B. Blei, Chrom, Nickel und Cadmium im E-Zigarettenaerosol nachgewiesen. Für die Mehrheit der Aromen fehlen bisher toxikologische Untersuchungen, sodass deren Risiken unkalkulierbar sind. Im Jahr 2024 wurden mithilfe künstlicher Intelligenz 180 Chemikalien, von denen bekannt ist, dass sie als Aromen in E-Liquids verwendet werden, einem Risiko-Profiling unterzogen. Die Forscher haben untersucht, in welche potenziell risikoreichen thermischen Abbauprodukte diese zerfallen, wenn sie erhitzt werden. Das Ergebnis ist besorgniserregend: Beim Dampfen werden zahlreiche niedermolekulare flüchtige Verbindungen erzeugt, von denen 127 als akut toxisch, 153 als gesundheitsgefährdend und 225 als reizend eingestuft werden. Zudem bewirken die Aromen, dass der Dampf häufiger und tiefer inhaliert wird. Dadurch steigern sie die Nikotinaufnahme und die Aufnahme toxischer Substanzen aus dem Liquid.
Verbote von E-Zigaretten
In Deutschland ist es seit 2016 verboten, Vapes an Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren zu verkaufen; seit dem 1. Januar 2024 gilt ein teilweises Werbeverbot, u. a. auf Außenwerbeflächen und im Internet. Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP) und weitere medizinische Fachgesellschaften fordern u. a. ein Verbot von Aromen in E-Zigaretten. In über 30 Ländern ist der freie Verkauf von E-Zigaretten mit und ohne Aromastoffe bereits verboten. Als erstes Land in Europa will Belgien zum 1. Januar 2025 ein generelles Verkaufsverbot für E-Zigaretten einführen.
Helfen E-Zigaretten bei der Tabakentwöhnung?
Im Dampf von E-Zigaretten befinden sich nach derzeitigem Kenntnisstand im Vergleich zum Rauch von Tabakzigaretten deutlich geringere Mengen krebserzeugender und anderer gesundheitsschädlicher Stoffe. Die Tabakindustrie vermarktet E-Zigaretten daher als sichere Alternative zum Tabak. Doch viele Ausstiegswillige sind Doppelkonsumenten, das heißt, sie rauchen parallel Tabak- und E-Zigaretten und riskieren so eine höhere Schadstoffbelastung und Nikotinabhängigkeit und erhöhen ihr kardiopulmonales Risiko. E-Zigaretten werden nicht zur Tabakentwöhnung empfohlen: Medizinische Fachgesellschaften wie die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) und die European Respiratory Society (ERS) raten von E-Zigaretten zur Tabakentwöhnung ab. Auch in der S3-Leitlinie „Rauchen und Tabakabhängigkeit” sowie in der Nationalen VersorgungsLeitlinie COPD werden E-Zigaretten nicht zur Tabakentwöhnung empfohlen. Es gibt derzeit keine von der Tabakindustrie unabhängigen Forschungsergebnisse, die einen relevanten Vorteil der E-Zigarette gegenüber der Tabakentwöhnung nach medizinischen Leitlinien mit Beratung, Telefonberatung, Gruppenkursen und medikamentöser Unterstützung belegen. Im Gegenteil: Es werden lebensbedrohliche akute Ereignisse, aber auch chronische Auswirkungen nach E-Zigarettenkonsum beschrieben.
Akute Lungenschäden nach E-Zigarettenkonsum
Aus verschiedenen Fallbeschreibungen ist bekannt, dass es zu einer akuten Lungenschädigung nach Konsum von E-Zigaretten kommen kann, die als „E-cigarette or vaping product use-associated lung injury”, kurz EVALI, bezeichnet wird. Statistiken der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) in den USA belegen 2807 Krankenhausaufenthalte und 68 Todesfälle aufgrund von EVALI innerhalb eines Jahres. Das fortgeschrittene klinische Bild gleicht dem eines akuten Lungenversagens (ARDS). Die Diagnose erfolgt als Ausschlussdiagnose und basiert auf der Anamnese des inhalativen Konsums, dem Computertomografie-(CT-)Befund mit Milchglastrübungen in der Lunge und dem Ausschluss anderer pulmonaler Infektionskrankheiten. In vielen – jedoch nicht allen – der bisher beschriebenen EVALI-Fälle wurden Tetrahydrocannabinol-(THC-)haltige Liquids verwendet, die mit Vitamin-E-Acetat (VEA) versetzt waren. Daher wird vermutet, dass EVALI nicht ausschließlich mit THC-haltigen Liquids in Verbindung steht, sondern dass möglicherweise auch Nikotin, Aromen oder andere Substanzen dabei eine Rolle spielen.
Höhere pulmonale Nikotindeposition und Inflammation bei E-Zigaretten
In einer Untersuchung an gesunden Erwachsenen wurde mittels Positronenemissionstomografie (PET) gezeigt, dass nach dem Inhalieren von E-Zigaretten im Vergleich zu herkömmlichen Zigaretten eine höhere Ablagerung von Nikotin in Mund, Luftröhre, Bronchien und Magen erfolgt. In einer weiteren PET-Bildgebungsstudie wurden regelmäßige E-Zigaretten- und Tabakzigarettenkonsumenten auf oxidativen Stress und Entzündungen in der Lunge untersucht und mit Nierauchern verglichen. Die Autoren fanden bei den E-Zigarettenkonsumenten Hinweise auf eine stärkere pulmonale Inflammation als bei den Zigarettenrauchern und Kontrollpersonen.
Rasche Nikotinanflutung fördert die Sucht
Nikotin aus E-Zigaretten wird mit einer ähnlichen Geschwindigkeit im Gehirn angeflutet wie aus herkömmlichen Zigaretten. Ein einziger Zug aus einer E-Zigarette lässt die Nikotinkonzentration im Gehirn rasch ansteigen. Die mittlere Zeit bis zum Erreichen von 50 % der maximalen Nikotinkonzentration im Gehirn betrug 27 Sekunden. Dabei war die Spitzenamplitude bei Frauen 25 % höher als bei Männern. Mittlerweile wurden E-Zigaretten mit einer noch schnelleren Anflutungskinetik entwickelt, sodass eine ausgeprägtere Suchtwirkung erzielt werden kann. Auf diese Weise zementieren E-Zigaretten die Sucht. Vermutlich werden E-Zigaretten daher auch bevorzugt täglich konsumiert, wie eine Umfrage zur Konsumhäufigkeit von E-Zigaretten mit und ohne Nikotin in Deutschland gezeigt hat.
Mögliche langfristige Folgen des Vapens
Forscher fanden in einer kleinen Kohorte von Personen, die drei bis acht Jahre lang E-Zigaretten konsumierten, eine konstriktive Bronchiolitis, d. h. eine Verengung der kleinen Atemwege aufgrund einer Fibrose in der Bronchiolenwand. Da bei allen Patienten dieselbe Art von Lungenschädigung beobachtet wurde und sich die Symptome nach dem Absetzen der E-Zigaretten teilweise verbesserten, kamen die Forscher zu dem Schluss, dass das Vapen die wahrscheinlichste Ursache war. Eine vollständige Rückbildung war aufgrund der verbliebenen Vernarbung im Lungengewebe unwahrscheinlich. Man muss davon ausgehen, dass Patienten mit vorbestehenden Erkrankungen der Atemwege ein höheres Risiko für eine akute Verschlechterung der Atemwegsobstruktion bei Konsum von E-Zigaretten haben.
Erhöhtes COPD-Risiko durch E-Zigaretten
Immer mehr Daten deuten auf einen Zusammenhang zwischen dem Auftreten von COPD und der Verwendung von elektronischen Nikotinabgabesystemen (ENDS): So fanden amerikanische Forscher bei Erwachsenen, die täglich vapen, ein um 53 % erhöhtes Risiko an COPD zu erkranken im Vergleich zu Nienutzern. Bei gelegentlichen ENDS-Verwendern war das COPD-Risiko um 43 % und bei ehemaligen Nutzern um 46 % signifikant erhöht.
Jeder Dritte hat Erfahrung mit Cannabis
Laut Daten aus der DEBRA-Studie haben 4,6 % der deutschen Bevölkerung ab 14 Jahren im letzten Jahr Cannabis konsumiert. Mehr Cannabiskonsumenten finden sich unter den aktuellen Rauchern (10,2 %) sowie unter aktuellen und früheren E-Zigarettenkonsumierenden (13,3 % bzw. 16,0 %). Laut einer Befragung unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland hat bereits jeder Dritte (34,6 %) Erfahrung mit Cannabis, und 5,9 % der jungen Befragten gaben an, regelmäßig Cannabis zu konsumieren.
Cannabis kann Asthma- und COPD-Risiko erhöhen
Aktuelle Forschungsergebnisse geben Hinweise darauf, dass der tägliche Cannabiskonsum das Risiko für die Entwicklung von Asthma und COPD erhöhen kann im Vergleich zu Personen, die kein Cannabis rauchen. Bei Erwachsenen im Alter zwischen 18 und 34 Jahren war der tägliche Cannabiskonsum mit einer um 34 % erhöhten Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von Asthma und einer um 56 % erhöhten Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung von COPD assoziiert. Ähnliche Zusammenhänge wurden bei Erwachsenen über 35 Jahre beobachtet.
Bei Rauchstopp: Bis zu zwölf Jahre mehr Lebenszeit
Wie sehr sich ein Rauchstopp lohnen kann, zeigt eine große Studie, die die Sterblichkeitsrisiken von 1,5 Millionen Rauchern, Exrauchern und Nichtrauchern in den USA, in Großbritannien, Norwegen und Kanada untersucht hat. In den gepoolten Analysen war die Überlebenszeit bis zum 80. Lebensjahr am größten, wenn man vor dem 40. Lebensjahr mit dem Rauchen aufgehört hat (etwa zwölf Jahre Gewinn), gefolgt von einem Rauchstopp im Alter von 40 bis 49 Jahren (ca. sechs Jahre Gewinn). Selbst bei einem Rauchstopp im Alter von 50 bis 59 Jahren betrug der Gewinn an Lebenszeit noch 2,5 Jahre. Die Unterschiede im Überleben nach dem Rauchstopp waren für beide Geschlechter ähnlich.
Erfolge des Rauchstopps bei COPD
Die größte Chance, den natürlichen Verlauf der COPD bei Rauchern zu beeinflussen, bietet die Raucherentwöhnung. Ein Rauchstopp kann die übermäßige Verringerung der Lungenfunktion reduzieren, die respiratorischen Symptome verbessern, das Risiko von Exazerbationen und Hospitalisierungen vermindern und die Überlebensraten verbessern. Mit der entsprechenden Unterstützung können langfristige Erfolgsquoten von bis zu 25 % erreicht werden.
Wie Ärzte bei der Raucherentwöhnung unterstützen können
Bei jedem Patienten sollte der Rauchstatus erhoben werden. COPD-Patienten sollten zudem bei jedem Arztkontakt auf ihr Rauchverhalten angesprochen werden. Dabei kann die Frage nach der Motivation aufschlussreich sein: „Wie wichtig ist es Ihnen, auf einer Skala von Null bis Zehn, mit dem Rauchen aufzuhören?” Erfahrungsgemäß antworten die meisten mit einer Zahl in der Mitte. Dies ist die Gelegenheit nachzufragen, welche Gründe den Patienten bewegen, vom Rauchen loszukommen. Bei den persönlichen Motiven gilt es, anzusetzen und den Patienten in seinem Vorhaben zu bestärken. Einem COPD-Patienten kann man beispielsweise sagen, dass ein Rauchstopp seinen Husten oder die Kurzatmigkeit verbessert und die COPD langsamer voranschreitet. Wer noch keine Bereitschaft zum Rauchstopp zeigt, der sollte beim nächsten Mal erneut darauf angesprochen werden.
Das empfehlen die Leitlinien
Zur Unterstützung der Raucherentwöhnung empfehlen die COPD-Leitlinien sowie die S3-Leitlinie „Rauchen und Tabakabhängigkeit” verschiedene evidenzbasierte Maßnahmen. Bisher wird in Arztpraxen weniger als einem Viertel der Raucher der Rauchstopp angeraten und beim Rauchstopp Unterstützung angeboten. Dabei kann bereits ein kurzes ärztliches Beratungsgespräch die Chancen auf eine erfolgreiche langfristige Tabakabstinenz erhöhen. Die Kurzberatung nach der 5A-Methode beinhaltet folgende Schritte: 1. Abfragen und dokumentieren des Rauchstatus (ask) 2. Anraten des Rauchverzichtes (advice): Individuelle und motivierende Empfehlung zum Rauchstopp geben 3. Ansprechen der Aufhörmotivation (assess) 4. Assistieren beim Rauchverzicht (assist): Bei Aufhörwunsch qualifizierte Unterstützung anbieten oder an ein anerkanntes Entwöhnungsangebot weiterleiten 5. Arrangieren von Folgekontakten (arrange). Die ABC-Methode stellt eine kurze Variante der 5A-Methode dar: 1. Ask: Rauchstatus abfragen und dokumentieren 2. Brief advice: Individuelle und motivierende Empfehlung zum Rauchstopp geben 3. Cessation support: Bei Aufhörwunsch qualifizierte Unterstützung anbieten oder an ein anerkanntes Entwöhnungsangebot weiterleiten.
DiGA zur Raucherentwöhnung
Zu den qualitätsgesicherten mobilen Selbsthilfeprogrammen zählen die digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA). Im Verzeichnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte werden aktuell zwei digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) angeboten, die bei Tabakabhängigkeit (Diagnose F17.2) verordnet werden können. Dabei handelt es sich um evidenzbasierte, leitliniengerechte digitale (Verhaltens)Therapien zur Raucherentwöhnung in Form von Smartphone-Apps. Die Apps können den Patienten – nach Freischaltung durch die Krankenkasse – für drei Monate bei der Raucherentwöhnung begleiten. Dies geschieht u. a. mithilfe eines Chatbots, der tageszeitunabhängige Unterstützung bietet, mit Motivations-Tools, Ablenkungsmöglichkeiten bei akutem Rauchverlangen sowie mit sozialer Unterstützung durch Austauschmöglichkeiten in einem Forum. Es besteht keine weitere Notwendigkeit einer ärztlichen Intervention. Erste publizierte Studienergebnisse zeigen, dass es mit der DiGA signifikant mehr Raucher schaffen konnten, rauchfrei zu werden, als ohne die App. Während Medikamente zur Raucherentwöhnung von den Patienten selbst bezahlt werden müssen, können die DiGA extrabudgetär zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnet werden.
COPD-Patienten fällt der Rauchstopp besonders schwer
Raucher mit COPD fällt es noch schwerer, mit dem Rauchen aufzuhören, als denen ohne die chronische Lungenerkrankung. Gründe dafür sind die stärkere Nikotinabhängigkeit, die geringere Selbstwirksamkeit und das schwächere Selbstwertgefühl. Darüber hinaus leiden COPD-Patienten häufig unter Depressionen, was dazu beitragen könnte, dass Versuche, mit dem Rauchen aufzuhören, fehlschlagen. Werden jedoch trotz dieser widrigen Begleitumstände genügend Zeit und Ressourcen für die Raucherentwöhnung aufgewendet, können langfristige Entwöhnungsraten von 14 % bis 27 % erzielt werden.
Schwere der Nikotinabhängigkeit bestimmen
Die Komplexität des Prozesses der Raucherentwöhnung wird weitgehend durch die Nikotinabhängigkeit bestimmt. Daher sollte bei allen Patienten eine genaue Bewertung der Nikotinabhängigkeit durchgeführt werden. Einige Indikatoren für eine starke Nikotinabhängigkeit sind:
- Rauchen 30 Minuten nach dem Aufwachen
- Rauchen in der Nacht
- Konsum von ≥20 Zigaretten pro Tag
- Wert von 7 bis 10 auf der Fagerström-Skala oder 5 bis 6 auf dem Heaviness of Smoking Index (HSI)
COPD-Patienten eine kombinierte Therapie anbieten
Wie bei allen Rauchern sollte auch bei Menschen mit COPD die Behandlung zur Raucherentwöhnung an die individuellen Bedürfnisse und den Grad der Tabakabhängigkeit angepasst werden. Bei COPD-Patienten gilt insbesondere die Kombination von verhaltenstherapeutischen und pharmakologischen Behandlungen als wirksamster Ansatz zur Unterstützung der Raucherentwöhnung. Daher soll bei entwöhnungsbereiten Patienten mit COPD eine kombinierte Therapie mit Verhaltenstherapie und medikamentöser Entzugssyndrombehandlung nachdrücklich empfohlen und angeboten werden.
Fazit
Tabakrauchen ist der bedeutendste vermeidbare Risikofaktor für COPD und andere schwere Krankheiten. Trotz der bekannten Gefahren rauchen weiterhin viele Menschen, wobei sozial benachteiligte Gruppen besonders betroffen sind. Ein Rauchstopp kann das Sterberisiko erheblich verringern und die Lebensqualität verbessern. Besonders bei COPD-Patienten zeigt sich eine hohe Bereitschaft zur Raucherentwöhnung, und mit der richtigen Unterstützung können langfristige Erfolge erzielt werden. E-Zigaretten werden häufig als Entwöhnungshilfe genutzt, jedoch raten medizinische Fachgesellschaften davon ab, da sie gesundheitliche Risiken bergen und die Nikotinabhängigkeit aufrechterhalten können. Ärzte sollten regelmäßig den Rauchstatus ihrer Patienten erheben und motivierende Kurzberatungen durchführen. Evidenzbasierte Maßnahmen wie Verhaltenstherapie, medikamentöse Unterstützung und digitale Gesundheitsanwendungen können den Erfolg der Raucherentwöhnung unterstützen und sollten in der Praxis vermehrt angeboten werden.
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