Update Wundheilung und Ernährung – Teil 2

Die Wundheilung ist durch komplexe und energieintensive Umbauprozesse gekennzeichnet. Eine ausgewogene Ernährung ist daher essenziell, um die optimale Verfügbarkeit von Makro- und Mikronährstoffen zu gewährleisten. Eine abwechslungsreiche Ernährung, die zugleich den individuellen Energiebedürfnissen gerecht wird, kann Mangelzuständen und somit einer verzögerten Wundheilung vorbeugen. Für die Bereitstellung von Energie sind in erster Linie die als Makronährstoffe definierten Fette, Kohlenhydrate und Proteine verantwortlich. Der ausreichenden Versorgung mit Proteinen kommt insbesondere bei chronischen Wunden eine besondere Bedeutung zu.

Demgegenüber stehen die Mikronährstoffe, die im Organismus beispielsweise bei biochemischen Reaktionen als Cofaktor oder Antioxidans fungieren. Zu den Mikronährstoffen zählen unter anderem Vitamine sowie Spurenelemente. Sie müssen mit der Nahrung zugeführt werden und gelten daher als essenziell. Das ist im besonderen Maße für Nährstoffe wie Zink relevant, für die im Körper keine Speicherkapazität existiert.

Auf Grundlage der Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) erfahren Sie in dieser Fortbildung, von welchen Ernährungsgewohnheiten Menschen mit Wunden profitieren können. Neben Tipps zur ausreichenden Versorgung mit Makro- und Mikronährstoffen werden aktuelle Studien zur Supplementierung dieser vorgestellt.

Kursinfo
VNR-Nummer 2760709123075620014
Zeitraum 16.08.2023 - 15.08.2024
Zertifiziert in D, A
Zertifiziert durch Akademie für Ärztliche Fortbildung Rheinland Pfalz
CME-Punkte 2 Punkte (Kategorie D)
Zielgruppe Ärzte
Referent Dr. Gabriele Dufhues
Moritz Geck
Redaktion CME-Verlag
Veranstaltungstyp Fachartikel
Lernmaterial Handout (pdf), Lernerfolgskontrolle
Fortbildungspartner CME-Verlag GmbH
Bewertung 4.3 (704)

Einleitung

Die Wundheilung ist ein physiologischer Vorgang, der zur Regeneration und Reparatur von bindegewebigen Strukturen wie Haut, Knochen, Muskeln, Sehnen, Bändern und Faszien dient. Unmittelbar nach einer akuten Verletzung oder einer Operation setzen die Wundheilungsmechanismen ein. Neben einer angemessenen Belastung und Entlastung spielt auch die Ernährung eine bedeutende Rolle bei der Wundheilung. Die komplexen Um- und Aufbauprozesse während der Wundheilung gehen mit einem hohen Verbrauch an Energie und Zellbaumaterialien einher. Dabei muss sowohl dem Energiebedarf als auch einer optimalen Zusammensetzung an Makro- und Mikronährstoffen Rechnung getragen werden.

Energiebedarf

Grundsätzlich ist der tägliche Energiebedarf abhängig vom Alter, Geschlecht, Ernährungs- und Gesundheitszustand, Stresslevel sowie vom Aktivitätsgrad. Der Energiebedarf errechnet sich aus dem Grundumsatz multipliziert mit dem Aktivitätsgrad. Bei bettlägerigen Patienten ist der tägliche Energiebedarf aufgrund ihrer geringen körperlichen Aktivität in der Regel geringer. Bei einem gesunden Erwachsenen mittleren Alters wird von einem täglichen Grundumsatz von 24 Kilokalorien (kcal) pro Kilogramm (kg) Körpergewicht (KG) pro Tag (d) ausgegangen. Liegt eine chronische Wunde wie ein Dekubitus vor, wird angesichts der energieintensiven Wundheilungsprozesse die Aufnahme von 30 bis 35 kcal/kg KG/d für normalgewichtige Erwachsene empfohlen. Der Energiebedarf liegt noch höher bei Patienten mit Polytrauma oder großflächigen Verbrennungen. Hier können bis zu 35 bis 40 kcal/kg KG/d erforderlich sein.

Fett

Fette dienen bei hohem Energiebedarf als wichtige Energielieferanten. Ein Gramm Fett liefert etwa 9 kcal Energie und damit doppelt so viel wie die gleiche Menge an Kohlenhydraten oder Proteinen. Außerdem liefern Fettsäuren die Bausteine für die Zellmembranen sowie für die Prostaglandinsynthese. Prostaglandine fungieren als Mediatoren von sowohl pro- als auch antiinflammatorischen Prozessen. Auch die fettlöslichen Vitamine A, D, E und K kann der menschliche Körper nur mithilfe von Fett aufnehmen. Es gibt verschiedene Arten von Fetten mit unterschiedlicher Qualität. Es wird empfohlen, den Anteil an gesättigten Fettsäuren auf weniger als 10 % der täglichen Kalorienaufnahme zu begrenzen, während einfach- und mehrfach ungesättigte Fettsäuren als vorteilhaft gelten. Transfette, die durch längeres Erhitzen von pflanzlichen Ölen mit hohem Gehalt an mehrfach ungesättigten cis-Fettsäureestern oder durch bestimmte industrielle Prozesse entstehen können, gelten generell als schädlich und sollten vermieden werden. Die mehrfach ungesättigten Fettsäuren Omega 6 (Linolsäure) und Omega 3 (α-Linolensäure) können vom Körper nicht selbst hergestellt werden und gelten daher als essenziell. Sie müssen deshalb über die Nahrung zugeführt werden. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) legt den Richtwert für die Zufuhr von Fett bei gesunden Erwachsenen aktuell auf 30 % der täglichen Energiezufuhr fest; für Schwangere und Stillende gelten maximal 35 %. Allerdings könnten die Richtwerte auf Grundlage neuester epidemiologischer Erkenntnisse in Zukunft gegebenenfalls höher angesetzt werden. Der Anteil von essenziellen Fettsäuren am Tagesbedarf sollte zu 2,5 % durch Linolsäure und zu 0,5 % durch α-Linolensäure gedeckt werden. Ungesättigte Fettsäuren finden sich vor allem in pflanzlichen Ölen, in Nüssen und fetten Fischen. Der Nutzen einer Supplementierung von Fettsäuren sowie das optimale Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren sind bislang umstritten. Es gibt Hinweise, dass eine mit Fischöl angereicherte Ernährungsweise mit einem langsameren Voranschreiten von Dekubitus und geringerer systemischer Entzündung assoziiert sein könnte.

Kohlenhydrate

Neben Fett sind Kohlenhydrate die wichtigsten Energielieferanten. Kohlenhydrate liefern etwa 4 kcal/g. Kohlenhydrate lassen sich aufgrund ihrer chemischen Struktur in verschiedene Formen unterscheiden: Glucose ist ein Einfachzucker (Monosaccharid), Laktose besteht aus zwei Zuckermolekülen und wird daher als Disaccharid bezeichnet. Stärke wiederum ist ein Polysaccharid. Zur Metabolisierung von Kohlenhydraten durch die Glykolyse wird Insulin benötigt, das als anaboles Hormon insbesondere in der proliferativen Phase der Wundheilung von Bedeutung ist. Gemäß DGE sollten >50 % der Tageskalorienmenge mit Kohlenhydraten gedeckt werden. Hier könnte jedoch in Anbetracht neuester epidemiologischer Erkenntnisse der Referenzwert in naher Zukunft niedriger angesetzt werden. Der Konsum großer Mengen an Kohlenhydraten ist vor allem mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes assoziiert. Es existieren jedoch Kohlenhydratlieferanten unterschiedlicher Qualität. Vollkornprodukte, Linsen und Möhren haben einen niedrigen glykämischen Index (GI), was bedeutet, dass sie den Blutzuckerspiegel weniger stark und langsamer ansteigen lassen. Dies führt in der Regel zu einem länger anhaltenden Sättigungsgefühl und anderen günstigen physiologischen Effekten. Bei Patienten mit Diabetes mellitus trägt die Blutzuckerkontrolle, die mit dem Hämoglobin-A1c-(HbA1c-)Wert beurteilt werden kann, wesentlich zu einer verbesserten Wundheilung bei. Die Wahl von Kohlehydratquellen mit einem niedrigen GI kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.

Proteine

Proteine (Eiweiße) zählen wie Fette und Kohlenhydrate zu den Makronährstoffen und bestehen aus Aminosäureketten. Der Brennwert beträgt 4 kcal/g. Im menschlichen Körper übernehmen Eiweiße diverse Funktionen. Beispielsweise fungieren sie als Enzyme und katalysieren so den Ablauf biochemischer Reaktionen. Das Glykoprotein Kollagen hat mit ca. 30 % den höchsten Anteil am Gesamteiweißgehalt im Körper und ist unter anderem in der Extrazellulärmatrix der Haut lokalisiert. Bedeutsam sind auch die Plasmaproteine wie Albumin und die Gruppe der Immunglobuline. Während Albumin maßgeblich für die Aufrechterhaltung des kolloidosmotischen Druckes verantwortlich ist, partizipieren Immunglobuline in diversen Prozessen der Immunabwehr. Die empfohlene Tagesmenge an Proteinen ist Gegenstand von teils kontroversen wissenschaftlichen Diskussionen zwischen unterschiedlichen Fachvertretern. Das Gleiche gilt auch für die Nahrungsfette; auch hier werden der zulässige Anteil und die optimale Zusammensetzung kontrovers diskutiert. Bei einem gesunden Erwachsenen sind 0,8 g/kg KG gängige Angaben, je nach körperlicher Betätigung kann dieser bis zu 1,2 g/kg KG betragen. Säuglinge und Kinder sowie schwangere und stillende Frauen haben einen höheren Bedarf. Ab dem 65. Lebensjahr ist ebenfalls von einem erhöhten Proteinbedarf von 1 g/kg KG/d auszugehen. Als Proteinquellen sind Geflügel, Fisch, Rindfleisch, Käse und Quark zu empfehlen. Weitere geeignete Eiweißquellen sind pflanzliche Proteine, z. B. Sojaprodukte, Hülsenfrüchte wie getrocknete Bohnen, Erbsen und Linsen. Bei Menschen mit chronischen Wunden ist die benötigte Eiweißtageszufuhr erhöht. Je nach Lokalisation und Ausmaß der Exsudation der Läsion kann ein Eiweißverlust von bis zu 50 g Protein pro Tag vorliegen. Es erscheint daher sinnvoll, dass Menschen mit ausgedehnteren chronischen Wunden mit etwa 1,25 bis 1,5 g Protein/kg KG/d versorgt werden. Die Proteingabe muss allerdings immer wieder hinsichtlich der Nierenfunktion evaluiert und gegebenenfalls adaptiert werden.

Mikronährstoffe

Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente übernehmen als Antioxidantien und Cofaktoren von Enzymen wichtige Aufgaben bei der Wundheilung. Bereits der Mangel eines einzigen Mikronährstoffes kann die Wundheilung beeinträchtigen. Für die Wundheilung relevant sind vor allem die Vitamine A, C und E sowie die Spurenelemente Eisen und Zink. Die proteinogenen Aminosäuren werden einzeln ebenfalls häufig zu den Mikronährstoffen gezählt. Im Folgenden wird eine Auswahl der für die Wundheilung relevanten Mikronährstoffe diskutiert.

Arginin

Arginin ist eine bedingt essenzielle Aminosäure. Das bedeutet, dass die Synthesekapazität des Körpers in manchen Situationen (wie zum Beispiel bei der Wundheilung) nicht ausreicht, um suffiziente Mengen herzustellen. Des Weiteren ist die Aminosäure für die Synthese von Stickstoffmonoxid (NO) relevant und hat damit unmittelbaren Einfluss auf den Blutdruck. Studien konnten zeigen, dass Argininsupplemente den systolischen und diastolischen Blutdruck signifikant senken können. Bei ausgewogener Ernährung liegt die aufgenommene Argininmenge bei ungefähr 6 g/d. Nahrungsmittel mit einem hohen Arginingehalt sind Nüsse, Hülsenfrüchte, Soja, Mais, Reis, Rind- und Schweinefleisch. Einige Studien weisen darauf hin, dass eine orale Argininsupplementation die Wundheilung günstig beeinflussen kann. Bei Patienten, die Argininsupplemente erhielten, wurde eine signifikant höhere Konzentration von Hydroxyprolin in den Wunden im Vergleich zur Kontrollgruppe festgestellt. Dieser erhöhte Hydroxyprolingehalt wurde als Indikator für eine verstärkte Kollagensynthese gewertet. Die zugeführte Menge betrug dabei bis zu 30 g/d. Aufgrund der begrenzten Anzahl von Studienteilnehmern ist es gegenwärtig nicht möglich, eine allgemeine Empfehlung zur Argininsupplementation zur Unterstützung der Wundheilung abzuleiten.

Vitamin A

Vitamin A, auch bekannt als Retinol, ist ein fettlösliches Vitamin, das eine Vielzahl von Funktionen im menschlichen Körper hat. Im Sehprozess kommt es als all-trans-Retinal im Rhodopsin der Stäbchenzellen vor. Darüber hinaus spielt es eine Rolle bei der Regulation des Zellwachstums und der Differenzierung von Keratinozyten. Die oberste Schicht der Haut, die Epidermis, besteht hauptsächlich aus Keratinozyten. Diese Zellen sind wesentlich an der Erneuerung der Haut und der Heilung von Wunden beteiligt. Die DGE empfiehlt für Männer im Alter von 19 bis 65 Jahren eine tägliche Zufuhr von 0,85 mg (850 µg) Retinol-Äquivalenten. Ab einem Alter von 65 Jahren beträgt die empfohlene Zufuhr 0,8 mg. Für Frauen ab 19 Jahren wird eine tägliche Zufuhr von 0,7 mg (700 µg) empfohlen. Retinol ist hauptsächlich in tierischen Lebensmitteln wie Leber, Fisch und Käse enthalten. Provitamin-A-Carotinoide hingegen kommen auch in pflanzlichen Lebensmitteln wie Süßkartoffeln, Paprika, Kürbis, Aprikosen und Spinat vor. Es gibt keine speziellen Empfehlungen zur Dosierung von Vitamin A bei der Wundheilung. Eine ausgewogene Ernährung deckt in der Regel den Bedarf ab, daher sind in den meisten Fällen keine Nahrungsergänzungsmittel erforderlich.

Vitamin C

Vitamin C, auch bekannt als Ascorbinsäure, ist ein wasserlösliches Vitamin. Die Bedeutung von Vitamin C wird besonders deutlich durch die Krankheit Skorbut, die bei einem Mangel an Vitamin C auftritt. Skorbut kann sich durch zahlreiche Symptome äußern, unbehandelt kann er zu Multiorganversagen und Tod führen. Vitamin C spielt eine wichtige Rolle bei der Geweberegeneration, da es durch die Hydroxylierung der Aminosäuren Prolin und Lysin an der Kollagensynthese beteiligt ist. Es wirkt auch als Antioxidans und schützt empfindliche Zellen vor Oxidationsschäden. Darüber hinaus fördert Vitamin C die Aufnahme von Eisen. Personen mit einem erhöhten Risiko für Eisenmangel können daher von einer ausreichenden Zufuhr von Vitamin C profitieren. Die empfohlenen Referenzwerte der DGE für Vitamin C betragen bei Erwachsenen 110 mg/d für Männer und 95 mg/d für Frauen. Aufgrund höherer Stoffwechselverluste und niedrigerer Vitamin-C-Konzentrationen im Blut, wird Rauchern eine höhere Zufuhr von Vitamin C empfohlen, 135 mg für Frauen und 155 mg für Männer. Menschen mit chronischen Erkrankungen, einschließlich chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, haben ein erhöhtes Risiko für einen Vitamin-C-Mangel. Studien haben gezeigt, dass die Gabe von Vitamin C potenziell die Heilung von chronischen Fußläsionen verbessern kann. Der Nutzen von Vitamin-C-Gaben im perioperativen Setting ist noch nicht abschließend geklärt, aber es wurde eine leichte Reduktion von postoperativen Schmerzen beobachtet. Eine ausreichende Vitamin-C-Versorgung kann in der Regel durch eine ausgewogene Ernährung problemlos erreicht werden, da Vitamin C in fast allen tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln vorkommt. Besonders reichhaltige Quellen sind Hagebutten, schwarze Johannisbeeren und Brokkoli. Aufgrund der Hitze- und Lichtempfindlichkeit von Vitamin C wird eine schonende Zubereitung der Lebensmittel empfohlen. Eine routinemäßige Supplementierung ist aufgrund der vorliegenden Studienergebnisse und der weitverbreiteten Verfügbarkeit von Vitamin C nur bei wenigen Personen erforderlich. Jedoch können die genannten Risikogruppen unter bestimmten Umständen von einer Supplementierung profitieren.

Vitamin E

Vitamin E, auch bekannt als Tocopherol, ist ein fettlösliches Vitamin und wirkt als Radikalfänger. Es schützt die Lipide in den Zellmembranen vor oxidativer Schädigung und ist an der Regulation verschiedener Enzyme beteiligt. Vitamin E hat eine regulierende Wirkung auf entzündliche Prozesse und fördert die Funktion des Immunsystems. Die DGE empfiehlt eine tägliche Zufuhr von 12 bis 15 mg Tocopherol-Äquivalenten für Männer und 11 bis 12 mg für Frauen. Ein Mangel an Vitamin E ist aufgrund seiner Speicherfähigkeit im Fettgewebe selten. Die Auswirkungen von Vitamin E auf die Wundheilung sind in der wissenschaftlichen Literatur nicht eindeutig geklärt. Es gibt keine ausreichende Evidenz, die eine Supplementierung von Vitamin E zur Verbesserung der Wundheilung unterstützt. Es sollte beachtet werden, dass eine übermäßige Dosierung von Vitamin E möglicherweise unerwünschte Nebenwirkungen haben kann. Dosierungen über 130 mg/d können möglicherweise das Risiko für hämorrhagische Schlaganfälle erhöhen. Vitamin E wird ausschließlich von Pflanzen synthetisiert und ist in Lebensmitteln wie Haselnüssen, Kichererbsen und Paprika vorhanden.

Eisen

Eisen ist ein Mineral, das natürlicherweise in vielen Lebensmitteln vorkommt, einigen Lebensmittelprodukten zugesetzt wird und als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich ist. Es fungiert als essenzieller Cofaktor für Proteine und Enzyme, die an Energiestoffwechsel, Atmung, DNA-Synthese, Zellzyklusarrest und Apoptose beteiligt sind. Eisen spielt eine wichtige Rolle bei der Wundheilung. Es ist wesentlicher Bestandteil für die Synthese von Kollagen, einem wichtigen Strukturprotein, das für die Festigkeit und Elastizität des Gewebes verantwortlich ist und auch bei der Wundheilung eine wichtige Rolle spielt. Ein Eisenmangel könnte daher die Kollagenproduktion beeinträchtigen und somit die Wundheilung verzögern. Der Eisenmangel kann in den meisten Fällen anhand der Bestimmung von Ferritin, Transferrinsättigung und dem löslichen Transferrinrezeptor im Blut zuverlässig festgestellt werden. Es wird seit Langem angenommen, dass eine Eisenmangelanämie zu einer gestörten Wundheilung führt. Trotzdem ist die wissenschaftliche Evidenz zu diesem Thema überraschend begrenzt. Aufgrund der wichtigen Rolle, die Hämoglobin beim Transport von Nährstoffen spielt, sollte ein Eisenmangel behandelt werden, um die Wundheilung zu optimieren. Wenn ein Eisenmangel vorliegt, sollte eine Supplementierung mit Vitamin C in Betracht gezogen werden, da Vitamin C für die Aufnahme von Eisen erforderlich ist. Es liegen keine Daten vor, die für eine Eisensupplementierung zur Wundbehandlung ohne nachgewiesenen Mangelzustand sprechen.

Zink

Zink ist ein wichtiges Spurenelement im menschlichen Körper und spielt eine Rolle bei zahlreichen enzymatischen Prozessen und der Genexpression. Es wird nicht im Körper gespeichert und muss daher regelmäßig über die Nahrung aufgenommen werden. Im Zusammenhang mit der Wundheilung wirkt Zink als Cofaktor bei der Kollagensynthese. Lebensmittel wie Fleisch, Eier, Milchprodukte, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte und Nüsse enthalten Zink. Die empfohlene Zufuhr von Zink variiert je nach Ernährungsgewohnheiten. Bei einer ballaststoffreichen Ernährung und geringem Verzehr tierischer Proteinquellen wird eine tägliche Zinkzufuhr von 10 mg bei Frauen und 16 mg bei Männern empfohlen. Dies liegt an der hohen Phytatkonzentration in Vollkorngetreide, die die Zinkaufnahme im Darm hemmen kann. Ein Zinkmangel kann aufgrund der fehlenden Speicherkapazität im Körper bei Mangel- oder Unterernährung auftreten. Studien zeigen, dass vor allem junge Frauen im Alter von 14 bis 18 Jahren und ältere Frauen im Alter von 65 bis 80 Jahren häufig die empfohlene Zinkzufuhr nicht erreichen. Bei Männern im Alter von 65 bis 80 Jahren ist die Situation noch schlechter, da hier ein Großteil den Referenzwert nicht erreicht. Ein Zinkmangel wurde mit einer verzögerten Heilung von Druckgeschwüren in Verbindung gebracht. Studien mit Mäusen zeigten, dass eine zinkarme Ernährung zu prolongierten Verläufen von Druckgeschwüren führte. Dabei wurde vermutet, dass ein Zinkmangel mit erhöhtem oxidativen Stress und verstärkter Apoptose assoziiert sein könnte. Eine Studie im Bereich der Neonatologie deutet ebenso auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Zinkmangel und Dekubitus bei Frühgeborenen hin. Die Bestimmung von Zink erfolgt in der Regel im Serum, jedoch wurde die Validität dieser Messmethode angezweifelt. Bei klinischen Anzeichen eines Zinkmangels sollte eine Substitution in Erwägung gezogen werden, auch wenn die Zinkbestimmung im Serum unauffällig ist.

Selen

Selen ist ein essenzielles Spurenelement und wirkt als Cofaktor für antioxidative Enzyme. Es spielt auch eine Rolle bei der Regulation der Schilddrüsenhormone. In Deutschland ist ein klinisch relevanter Selenmangel selten, obwohl die Selenkonzentrationen in den Böden gering sind. Menschen, die sich vegan ernähren, gehören zu den potenziellen Risikogruppen für einen Selenmangel. Die empfohlenen Referenzwerte für Erwachsene betragen 60 µg/d für Frauen und 70 µg/d für Männer. Paranusskerne enthalten viel Selen, sollten jedoch aufgrund ihres potenziell hohen Radiumgehaltes nur begrenzt verzehrt werden. Bei einer veganen Ernährung können Brokkoli, Zwiebeln, Linsen und Spargel wertvolle Selenquellen sein.

Ernährungsformen

Bisher wurden die Rollen einzelner Nährstoffe in Bezug auf die Wundheilung beschrieben. Allerdings werden diese Nährstoffe in der Regel nicht isoliert verzehrt, sondern als Bestandteile einer spezifischen Ernährungsweise. Dies erhöht die Komplexität bei der wissenschaftlichen Untersuchung der medizinischen Effekte von Ernährung und ist ein bekanntes Problem in der medizinischen Forschung. Dennoch haben sich Forscher auch mit den Auswirkungen der Ernährungsweise auf die Wundheilung auseinandergesetzt. Eine der am besten erforschten Ernährungsformen im Zusammenhang mit Wundheilung ist die sogenannte mediterrane Diät, die hauptsächlich auf frischem Obst und Gemüse, gesunden Fetten, wie sie in Olivenöl und Nüssen enthalten sind, Fisch und Meeresfrüchten, Hülsenfrüchten sowie Kräutern und Gewürzen basiert. Für die mediterrane Diät konnten zahlreiche Gesundheitsvorteile nachgewiesen werden. Ebenso konnte gezeigt werden, dass die mediterrane Ernährungsweise die Heilung von Wunden und Ulzera der unteren Extremität begünstigt. Eine alternative Ernährungsform, die in jüngster Zeit verstärktes medizinisches Interesse geweckt hat, ist die ketogene Diät (KD). Bei dieser Ernährungsweise wird der Kohlenhydratkonsum drastisch reduziert (normalerweise auf weniger als 20 bis 50 g pro Tag), während der Energiebedarf zu über 60 bis 80 % durch Fette gedeckt wird. Dadurch wird der Körper in den physiologischen Zustand der nutritiven Ketose versetzt. Die KD ist insbesondere für die Behandlung der refraktären Epilepsie etabliert. Es wurden Bedenken geäußert, dass die ketogene Diät die Wundheilung bei chirurgischen Patienten beeinträchtigen könnte, obgleich die schwache und bisher rein tierexperimentelle Evidenz bisher keine Schlussfolgerung zulässt. Bei Menschen wurden jedoch positive Effekte der KD auf den klinischen Verlauf bei auf Intensivstationen behandelten Patienten mit mechanischer Beatmung beobachtet.

Fazit

  • Eine ausgewogene und gesunde Ernährung ist für die Wundheilung essenziell.
  • Eine Ernährung mit viel Obst, Gemüse, Vollkorn- und Milchprodukten wird empfohlen.
  • Patienten mit chronischen Wunden profitieren wahrscheinlich von einer erhöhten Proteinzufuhr (1,25 bis 1,5 g/kg KG/d), sofern keine Kontraindikationen bestehen.
  • Die Datenlage zu einzelnen Aminosäuren, Vitaminen und Spurenelementen ist zum Teil widersprüchlich.
  • Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln ohne einen zuvor nachgewiesenen Mangel ist in den meisten Fällen nicht empfehlenswert
  • Ein Mangel an Eisen oder Zink sollte zur Förderung der Wundheilung ausgeglichen werden.
  • Die mediterrane Ernährungsweise scheint positive Auswirkungen auf die Wundheilung zu haben.

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